Training für die Gelenke | Tipps, Ratgeber und Übungen

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Training für die Gelenke: Bei jeglicher Form von Bewegung geht es eigentlich darum, die Knochen mithilfe muskulärer Spannungen zu bewegen. Diese Bewegung findet in den Gelenken statt. Für Ihr Gehirn, das die Spannung des Muskels steuert, ist es verständlicherweise essenziell, diese wichtigen Bereiche sicher und stabil zu wissen. Lars Lienhard!

Mögliche Ursachen für Einschränkungen der Gelenke

Durch unzureichende reflexive Stabilitätsbedingungen, mangelnde motorische Kontrolle, einseitige Bewegungen und Belastungen kann es zu negativen Anpassungen der verschiedenen Gewebestrukturen in und um Ihre Gelenke kommen – Bänder, Sehnen, Gelenkflächen und auch Knochen können davon betroffen sein. Diese werden in ihrer Funktionalität eingeschränkt und nach und nach auch in ihrer Struktur verändert. Die Form folgt der Funktion.

Das Zusammenspiel von Gehirn und Gelenken

Funktionalitätseinschränkungen und Strukturveränderungen führen wiederum unweigerlich zu qualitativ und quantitativ schlechteren sensorischen Informationen aus diesen Bereichen. Diese sensorischen und funktionellen Einschränkungen reduzieren die Vorhersehbarkeit und stellen neuronal betrachtet eine permanente Bedrohung für das Gehirn dar.

Eine gute Vorhersehbarkeit in den außerordentlich bedeutenden Bereichen der Gelenke ist für das Gehirn jedoch besonders wichtig, um Entscheidungen darüber zu treffen, wie viel Spannung erzeugt werden darf. Verletzungen in diesen Strukturen hätten schließlich extrem negative Folgen für den Organismus.

Gelenkschmerzen vermeiden: Gesunde und stabile Gelenke

Zusammenfassend lässt sich also sagen: Die Gesundheit und Funktionalität von Strukturen, die Knochen miteinander verbinden, ist von höchster Bedeutung, wenn es um Krafterzeugung geht. Gewährleisten diese Bereiche nicht ausreichend gute Informationen und Stabilität, wird eine hohe Spannung und Kraftübertragung in diesen Bereichen nicht zugelassen. Aus einer neurozentrierten Perspektive ist es daher unumgänglich, diese Strukturen in ihrer Funktionalität und Qualität zu verbessern. Auch für die Gelenkbewegungen gibt es Repräsentationen im Gehirn, die es gilt, bestmöglich aufzubauen.

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Wie kann ich meine Gelenke stärken?

In der sensorischen Stimulation und einer optimalen spezifischen Belastung der Gelenke liegt wohl der beste und einfachste Weg, diese Bereiche zu trainieren. Hierfür eignet sich besonders das sogenannte Loaded-Mobility-Training, das im Folgenden vorgestellt wird.

Mit Loaded-Mobility Sehnen, Bänder und Gelenke stärken

Im Loaded-Mobility-Training geht es darum, über elastische Kraftbänder eine dynamische Kräftigung der Gelenkstrukturen zu erzeugen. Im Gegensatz zu dem Training mit Gewichten ist es mithilfe der Bänder möglich, eine kontinuierliche Beschleunigung und Spannungsentwicklung über die gesamte Bewegungsweite zu erzielen, die nicht willkürlich abgebremst werden muss. Die Fähigkeit, das Gelenk im gesamten Bewegungsumfang zu kontrollieren, ist vor allem im Sport eine wichtige Komponente der Leistungsfähigkeit.

Aufgrund ihrer elastischen Eigenschaften sind die Bänder zudem schwieriger zu stabilisieren als Gewichte oder Geräte. Hierdurch bewirken sie mehr Kontrolle im Gelenk und reflexive Stabilität.

Vorteile des Loaded-Mobility-Trainings in Hinsicht auf das Training der Gelenke

Der wahrscheinlich größte Vorteil jedoch ist, dass ein Loaded-Mobility-Training ein sicheres Training am Ende der Bewegungsweite zulässt. Die Bewegung am Ende der Bewegungsweite wird vom Gehirn grundsätzlich als potenziell bedrohlich eingestuft. Durch die im Loaded-Mobility-Training erworbene Kontrolle und Stabilität am Ende der Bewegungsweite werden diese Gelenkpositionen vom Gehirn neu beurteilt und eingestuft. Durch ein Loaded-Mobility-Training wird die Bewegung für Ihr Gehirn vorhersehbarer und lässt mehr Spannung und Kraft zu.

Zusätzlich werden beim Loaded-Mobility-Training verschiedene Rezeptoren aktiviert, deren Informationen für eine optimale Vorhersehbarkeit des Gelenks essenziell sind – durch ein klassisches Krafttraining können diese meist nicht stimuliert werden. Durch das Loaded-Mobility-Training haben Sie die Möglichkeit, diverse sehr positions-, bewegungs- und geschwindigkeitsabhängige Rezeptoren zu aktivieren. Vor allem im Sport sind die Rezeptoren besonders wichtig, die verschiedene Bewegungsformen – wie etwa Scherbewegungen – registrieren.

Ein weiterer Vorteil des Loaded-Mobility-Trainings ist, dass es sämtliche Strukturen, die mit einem Gelenk in Verbindung stehen, verbessert. Besonders Systeme, die die Gelenke umspannen, werden in ihren Funktionen positiv beeinflusst. Dazu gehören beispielsweise die peripheren Nerven, die sensorische Informationen zwischen Rezeptoren und Gehirn hin- und zurückleiten, sowie das verbindende und formgebende Fasziensystem.

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Die optimale Anwendung der Kraftbänder

Wenn Sie mit einem elastischen Kraftband arbeiten möchten, legen Sie eine Schlaufe um einen stabilen und gut befestigten Gegenstand, beispielsweise einen Kraftturm, eine Sprossenwand oder Ähnliches, und überprüfen dessen Sicherheit. Falls Sie einen Trainingspartner haben, weisen Sie ihn noch einmal auf die Wichtigkeit Ihrer Sicherheit während der Übungsausführung hin. Befestigen Sie das andere Bandende nahe ober- oder unterhalb des zu trainierenden Gelenks. Dann beginnen Sie die jeweilige Übung.

trainingstipps und übungen für die gelenke

Wählen Sie die Stärke des Bands zu Beginn nicht zu hoch, damit die Qualität und der Umfang Ihrer Gelenkbewegung nicht eingeschränkt werden. Sie sollten den Widerstand während der Bewegung lediglich gut spüren. Im Allgemeinen können Sie für Sprunggelenk, Knie und Ellenbogen eine leichte bis mittlere Bandstärke und für die Brustwirbelsäule einen etwas stärkeren Widerstand wählen. Für den Schulter-, Hüft- und Handgelenkbereich eignet sich wiederum eine leichte Bandstärke.

Wenn Sie die Übungen gut beherrschen, sollte die Bandstärke so gewählt werden, dass Sie qualitativ hochwertige Bewegungen ausführen können und zum Ende der Übungen eine deutliche Ermüdung in Ihrem Gelenk spüren.

Variieren Sie Ihr Gelenktraining regelmäßig

Beim Training sollten Sie die Zugrichtung des Bands beständig variieren. Entweder kann Ihr Trainingspartner seine Position wechseln oder Sie nehmen einen anderen Winkel zur Bandbefestigung ein. Dies bietet Ihnen die Möglichkeit, sämtliche Bereiche der Bewegung sowohl konzentrisch als auch exzentrisch zu beanspruchen und Ihre Gelenke umfangreich unter Spannung zu setzen.

Zieht das Band zum Beispiel Ihr Knie nach innen, so veranlasst diese Zugrichtung, dass die Kniebewegung nach außen mehr überwindende Arbeit (konzentrisch) und die Kniebewegung nach innen mehr abbremsende Arbeit (exzentrische) verrichten muss. Besonders im Sport ergeben sich so zahlreiche Möglichkeiten, die Gelenkbewegungen den jeweiligen Belastungsbedingungen spezifisch anzupassen. Je variantenreicher Sie arbeiten, desto mehr Aktivität bewirken Sie auch in wichtigen Hirnbereichen wie dem Kleinhirn oder Ihrem primär-motorischen Kortex. Für Ihre Leistungsfähigkeit bringt dies zahlreiche positive Auswirkungen mit sich.

Loaded-Mobility-Training für ausgewählte Gelenke

Eine Bewegung ist immer nur so gut, wie jedes an der Bewegung beteiligte Gelenk auch vorhersehbar ist, das heißt, seine Bewegung soll dem Gehirn als voll verfügbar und aktiv kontrollierbar erscheinen. Dies bezieht sich insbesondere auf die Fähigkeit, im Gelenk ausreichend Spannung zu erzeugen, speziell wenn sich Ihr Gelenk in extremeren Bewegungspositionen befindet. Sämtliche Strukturen, die mit Gelenken in Verbindung stehen, werden über ein dynamisches Kräftigen der Gelenke in ihrer Funktion verbessert.

Lernen Sie, Ihre Gelenke aktiv zu kontrollieren

Um optimale Bedingungen für das Loaded-Mobility-Training zu schaffen, sollten Sie zuvor lernen, Ihre Gelenke isoliert und aktiv zu kontrollieren. Je besser Sie diese Fähigkeit entwickelt haben, desto mehr können Sie aus Ihrem Loaded-Mobility-Training herausholen. Üben Sie, die einzelnen Gelenke mit Kreisbewegungen in vollem Bewegungsumfang und mit so wenig Spannung wie möglich zu aktivieren. Wer sich intensiver damit auseinandersetzen möchte, dem empfehle ich weitere Übungen aus dem Titel Training beginnt im Gehirn.

Besonders Systeme, die die Gelenke miteinander verbinden, profitieren von diesem Training, etwa Sehnen und Bänder, periphere Nerven und fasziale Strukturen.

Loaded-Mobility-Training führt schnell zur Ermüdung

Für die meisten Menschen ist dieses gezielte Erzeugen von Spannung neu und führt daher recht schnell zu lokaler Ermüdung. Diese Ermüdungserscheinungen sind natürlich erwünscht, es ist anfangs jedoch wichtig, dass trotz Ermüdung eine gute technische Ausführung beibehalten wird. Wählen Sie die Stärke des Bands daher zu Beginn etwas leichter und konzentrieren Sie sich auf die Qualität der Gelenkbewegung. Es ist im Loaded-Mobility-Training nicht notwendig, stets alle beziehungsweise möglichst viele Gelenkpositionen zu trainieren. Lassen Sie sich Zeit und arbeiten Sie sich Gelenk für Gelenk vor.

Einfache aber effektive Trainingstipps für die Gelenke

Jeder Sportler sollte in der Lage sein, alle wichtigen Gelenke im gesamten Bewegungsausmaß in jeder Geschwindigkeit aktiv durch optimale Spannungserzeugung kontrollieren zu können. Einerseits ist dies bedeutsam, um so wenig Leistungseinschränkungen wie möglich zu erfahren, andererseits um seine Bewegung im vollen Ausmaß nutzen zu können.

Übung für das Sprunggelenk: Sprunggelenkkreisen

Material: elastisches Band

Das Sprunggelenk ist ein wichtiges Gelenk in der Kraftübertragungskette. Es besitzt ein hohes Maß an Bewegungsmöglichkeiten, wird im Alltag jedoch meist sehr einseitig benutzt. Bei vielen Menschen hat es auch schon leichte Verletzungen erlebt, zum Beispiel durch Umknicken oder Prellungen. Hier zeigen sich häufig Defizite, adäquat und umfangreich Spannung erzeugen zu können. Das Sprunggelenkkreisen ist die einfachste Art, das Sprunggelenk in einem großen Bewegungsausmaß zu kontrollieren und zu stabilisieren.

  1. Befestigen Sie das Band auf Höhe Ihres Sprunggelenks an einem festen Gegenstand oder bitten Sie einen Trainingspartner, das Band entsprechend zu halten. Legen Sie das andere Ende des Bands um Ihr Sprunggelenk. Nehmen Sie den neutralen Stand ein und gehen Sie dann mit Ihrem rechten Bein in eine leichte Ausfallschrittstellung nach vorn.
  2. Heben Sie die rechte Ferse leicht an. Kreisen Sie Ihren Fuß nun über das Sprunggelenk erst 5- bis 15-mal im Uhrzeigersinn, dann gegen den Uhrzeigersinn – arbeiten Sie gegen den Widerstand des Bands. Halten Sie Ihren Fußballen während der ganzen Bewegung auf dem Boden. Die Bewegung erfolgt nur aus dem Gelenk. Wiederholen Sie die Übung 2- bis 5-mal.

effektive übungstipps für die Gelenke: Sprunggelenkkreisen

Übung für das Kniegelenk: Kniekreisen

Material: elastisches Band

effektive übungstipps für die Gelenke: KniegelenkkreisenVerletzungen ereignen sich im Sport meist am Ende der Bewegungsweite. Besonders das Knie ist davon häufig betroffen. Im Sport und besonders im Krafttraining ist das Knie hohen Belastungen ausgesetzt. Durch die großen Hebel ist es schwieriger zu stabilisieren. Daher ist es wichtig, diesen Bereich optimal kontrollieren und stabilisieren zu können. Kniekreisen stellt die leichteste Methode dar, um viele dieser Gelenkpositionen zu erschließen.

Befestigen Sie das Band auf Höhe Ihres Kniegelenks an einem festen Gegenstand oder bitten Sie einen
Trainingspartner, das Band entsprechend zu halten. Beginnen Sie im neutralen Stand. Gehen Sie von dort mit dem rechten Bein in einen kleinen Ausfallschritt leicht diagonal nach rechts vorn. Das rechte Knie ist gestreckt. Aus der Streckung beginnend, kreisen Sie das Knie 3- bis 5-mal über innen im Uhrzeigersinn nach außen.

Achten Sie darauf, dass Sie es nach jedem Kreis wieder vollständig strecken und dass die Bewegung in der Kniegelenkfläche stattfindet. Das Becken bleibt parallel nach vorn ausgerichtet und die Wirbelsäule ist, wie im neutralen Stand, locker und lang. Im Anschluss kreisen Sie das Knie über außen 5- bis 15-mal gegen den Uhrzeigersinn. Wiederholen Sie die Übung 2- bis 5-mal.

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Lars Lienhard ist der Pionier des Neuroathletiktrainings in Deutschland. Er arbeitet als Trainer, Berater und Ausbilder im Spitzensport. Der Sportwissenschaftler und ehemalige Leistungssportler ist der führende Experte für neurozentriertes Training in Europa. Er hat zahlreiche Athleten auf die Olympischen Spiele vorbereitet und unterstützt als Trainer und Berater Vereine und Verbände bei sportlichen Großveranstaltungen und in konzeptionellen Fragen. So war er unter anderem als Trainer 2014 bei der FIFA Fußballweltmeisterschaft in Brasilien und 2016 bei den Olympischen Spielen in Rio. 2018 erschien im riva Verlag sein Grundlagenbuch zum Thema Training beginnt im Gehirn.

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