Wie Sie Ihr Training individuell gestalten

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Trainingsinhalte an Trainingsperioden zu orientieren kann nicht funktionieren. Zu interschiedlich sind gerade im Freizeitsport die zeitlichen Trainingsmöglichkeiten. Auch die individuellen Voraussetzungen unterscheiden sich.

Diese modellhafte Trainingsstruktur stößt in der heutigen Zeit an ihre Grenzen – man weiß jetzt, wie Belastungen auf den Körper wirken und wie verschiedene Trainingsreize ihre Wirkung gegenseitig beeinflussen. War vor Jahren noch das aerobe Grundlagenausdauertraining der unangefochtene Schwerpunkt für Langdistanztriathleten oder Radsportler weiß man heute, dass dieses, über große Teile des Jahres absolviert, kaum zu einer Leistungssteigerung führt – erst recht nicht bei hochausdauertrainierten Athleten. Stattdessen zeigten Studien, dass auch hochintensives Intervalltraining Auswirkungen auf den aeroben Stoffwechsel haben kann. Intensives Training mit Intervallen kann jedoch nicht der Heilsbringer sein! Der japanische Sportwissenschaftler Izumi Tabata zum Beispiel konnte zwar im Versuch zeigen, dass hochintensives Intervalltraining stärker auf die maximale Sauerstoffaufnahme wirkt, als umfangbetontes Ausdauertraining. Daraus jedoch den Umkehrschluss zu ziehen, dass mit den kurzer- hand nach dem Autor benannten „Tabata- Intervallen“ Ausdauertraining zu ersetzen sei, zeugt von wenig physiologischem Verständnis. Prof. Dr. Georg Neummann weist im Gespräch mit Trainingsworld darauf hin, dass in eigenen Studien Anteile von Intervalltraining über 20 – 30 % des Gesamttrainingsumfanges mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit früher oder später zu Überlastungen und Ermüdungssyndromen führt. Das Hauptproblem bei der Trainingsplanung bleibt immer die Interaktionen der verschiedenen Körpersysteme auf mikrobiologischer und biochemischer Ebene! Was für einen Athleten mit hohem Trainingsalter und großen aeroben Kapazitäten richtig sein kann, muss für einen Anfänger, der berufstätig ist und Familie hat, noch lange nicht funktionieren. 

Wer misst ist klar im Vorteil! 

Wenn Sie wirklich mit System trainieren möchten, müssen Sie sich zunächst einmal mit Ihrem Körper auseinandersetzen und Ihre Stärken und Schwächen erfassen. Eine Spiroergometrie kann Informationen zu Ihrer Ausdauerleistungsfähigkeit geben. Er- kennen Sie so Ihre Stärken und Schwächen und richten Sie Ihr Training daran aus. Auch für Ihr Kraft- und Athletiktraining sollten Sie regelmäßig objektiv Ihren Ist-Zustand ermitteln. Beispielsweise kann Ihnen so ein Functional Movement Screen helfen Schwachstellen zu ermitteln und gezielt an diesen zu arbeiten. Lernen Sie Ihren Körper kennen und passen Sie Ihr Training auch an den Alltag an! Wenig Schlaf, Stress im Beruf und andere Faktoren erfordern, dass Sie Ihr Training beständig anpassen und umplanen müssen! Dabei gibt es keine Wundermittel! Auch wenn Anbieter von Messgeräten zur Herzfrequenzvariablität behaupten, dass sie den Erholungszustand messen können und so „die Superkompensation erkennen“, müssen derartige Versprechen eher in das Reich der Esoterik verwiesen werden. Objektiv einzuordnen ist die HRV aufgrund vielfältiger Einflussgrößen nicht. 

Fazit 

Trainingsplanung ist immer ein Kommunikationsprozess! Der Trainer muss sich mit dem Sportler austauschen und sämtliche Informationen sammeln. Subjektive Daten sind dabei sehr wichtig! Wie habe ich mich nach einer Intervalleinheit gefühlt? Wie im nächsten Training? Wie geht es mir nach einer Krafttrainingseinheit. Diese Informationen, gepaart mit objektiven Daten aus Tests, wie dem Functional Movement Screen oder einer Spiroergometrie, helfen das Training beständig anzupassen. 

Fakt ist, dass die klassischen Periodisierungsmodelle die Komplexität des modernen Trainings nicht mehr abbilden können. Die vielen verschiedenen Trainingsinhalte im Ausdauertraining und auch im Kraft- und Athletiktraining erfordern eine neue Denk- und Sichtweise. Anpassungen an ein Krafttraining unterliegen anderen zeitlichen Verläufen, wie Anpassungen an ein Ausdauertraining. Im Ausdauertraining wiederum spielt es eine große Rolle, ob moderates Grundlagenausdauertraining Umfangsorientiertes Grundlagenausdauertraining, Extensives Intervalltraining oder Hochintensives Intervalltraining trainiert wird. Jede Trainingseinheit hat ganz spezielle Anpassungen zur Folge. Der größte Fehler eines Trainers ist, einfach immer mehr von immer dem selben trainieren zu lassen. Abwechslung im Training und ein organisiertes Chaos sind die Herausforderungen der Zukunft. Dabei darf Ihr Trainingsplan nicht beliebig werden. Ganz im Gegenteil können die vielfältigen leistungsdiagnostischen Verfahren helfen, Anpassungen und Entwicklungen zu dokumentieren. So ergibt sich ein Kunstwerk, an dem der Trainer beständig weiter arbeiten kann.

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Über den Autor

Dennis Sandig

Dennis Sandig arbeitete als Sportwissenschaftler am Institut für Sportwissenschaften der Julius-Maximilians Universität in Würzburg. Aktuell ist er bei der Deutschen Triathlon Union als Wissenschaftskoordinator und Referent für Bildung zuständig, sowie für das umfassende Aus- und Fortbildungsprogramm für Coaches im Triathlon.

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