Die Blutgruppen-Diät

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Auf der Suche nach dem heiligen Gral der Diäten entstanden im Laufe der Zeit immer neue Ideen und Ansätze. Eine zunehmend populärere Variante ist die Ernährung in Abhängigkeit von der Blutgruppe.

Die Kohlsuppen-Diät hat versagt, dauerhaft fett- oder kohlenhydratreduziert zu essen, will einfach nicht gelingen, die Lebensmittelliste der Säure- und Basen-Diäten entspricht nicht den eignen Vorstellungen, vegetarische Speisen erschienen erst als Option, ließen aber dann den Fleischgeschmack zu sehr vermissen … so oder so ähnlich könnte die Liste von vielen Menschen im modernen Diätwahn aussehen. Immer auf der Suche nach dem Stein der Weisen. „Abnehmen ohne Frust“, „Essen, was schmeckt“ – so sollte die ideale Diät aussehen. Ein an die natürlichen Bedürfnisse des Körpertyps angepasstes Ernährungsprogramm verspricht auch die Blutgruppen-Diät. Wie sie funktioniert und was sie taugt, können Sie in diesem Artikel lesen.

 

Exkurs: Blutgruppen

Das Blut eines Menschen ist fast so einzigartig wie ein Fingerabdruck. Es ist abhängig von den Eigenschaften der roten Blutkörperchen, den Erythrozyten.

Nach dem AB0-Blutgruppensystem teilt man Blut in 4 Gruppen ein. Dies beruht auf einer Entdeckung von Karl Landsteiner im Jahr 1901. Er stellte fest, dass auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen zwei verschiedene Antigene vorhanden sein können – A und B. Je nachdem, ob nun 1 Antikörper, beide oder gar keins im Blut festzustellen sind, spricht man von Blutgruppe A, B, AB oder 0.

Gehört man nun zur Blutgruppe A, würde der Körper bei einer Bluttransfusion Antikörper gegen Typ B herstellen, das Blut würde verklumpen, also nicht angenommen. Blutgruppe 0 bildet sogar gegen alle anderen Blutgruppen Antikörper, während der AB-Typ fast jedes Blut verträgt.

Fast! Wäre da nicht noch der Rhesusfaktor. Landsteiner fand knapp 40 Jahre später, 1940, heraus, dass neben den beiden Antigenen A und B noch ein weiteres existiert: das Rhesus-Antigen. Der Großteil der Menschen – etwa 85 % – besitzt dieses Gen, man spricht von Rhesus positiv (RH+), beim Rest fehlt es (Rhesus-Faktor negativ/ RH-). Rhesus negatives Blut reagiert bei der Gabe von Rhesus positiven Transfusionen ebenfalls abwehrend mit einer Antikörperproduktion und stößt das fremde Blut ab. Somit können also Menschen mit AB Rh+ jede Blutgabe vertragen, während der Typ 0 Rh- im Notfall nur aus der gleichen Blutgruppe versorgt werden kann.

 

Wie funktioniert die Blutgruppen-Diät?

Der amerikanische Naturheilkundler D´Adamo – in Deutschland leider häufig fälschlicherweise als Dr. med. tituliert – ist der Meinung, dass die Blutgruppe eines Menschen seinen Lebensstil und seine Ernährung bestimmt. Seine zahlreichen Bücher sind weltweit ein Verkaufserfolg.

Blutgruppe 0 ist der Jäger-Typ. Stark und körperlich sehr aktiv benötigt er vor allem Fleisch. Sein Verdauungstrakt und sein Immunsystem sind sehr robust. Gemüse und Obst gehört auf den Speiseplan, während Milch- und Weizenprodukte vermieden werden sollen. Ebenfalls sind Hülsenfrüchte tabu, da die enthaltenen Lektine laut D´Adamo dem Körper schaden und zu Verklumpungen des Bluts führen.

Blutgruppe A hingegen ist der Vegetarier. Sein Immunsystem ist stark, aber der Magen-Darm-Trakt bereitet ihm Probleme. Obst und Gemüse sowie hin und wieder kleinere Portionen Fisch bestimmen den Speiseplan. Fleisch, Milch und Weizen gehören nicht auf diesen. Hülsenfrüchte können hingegen gegessen werden und haben auf diesen Typ keinen negativen Einfluss.

Als Allesfresser mit Vorliebe für Milchprodukte wir der Blutgruppe B-Typ bezeichnet. Schlecht bekömmlich sind für ihn Weizen-, Roggen- und Geflügelfleischprodukte. Auch die meisten Hülsenfrüchte sind eher als unbekömmlich anzusehen, während sonst alles verzehrt werden darf.

Besonders interessant ist der AB-Typ, welcher als Phänomen der Moderne bezeichnet wird. Er darf als einziger Weizenprodukte in seinen Ernährungsplan aufnehmen, sollte aber Fleisch nur in kleinen Mengen konsumieren. Ansonsten vereint er die Vorteile und Bekömmlichkeit der anderen Blutgruppen und kann alles essen.

D-Adamo begründet seine Einordnung kulturell und zeitgeschichtlich mit der Evolution des Menschen und seiner Entwicklung in den letzten 20.000 Jahren. Er belegt jedoch seine Thesen, vor allem in Bezug auf das angeblich schädliche Lektin, nicht. Der Arzt verspricht aber seinen Patienten und Fans, dass sein Ernährungssystem die meisten Zivilisationskrankheiten heilen kann.

  

Was sagt die Wissenschaft?

Die deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. warnt vor den teils unhaltbaren Versprechungen der Blutgruppen-Diät. Es konnte in keinem Fall nachgewiesen werden, dass Lektine aus Nahrungsmitteln den Körper schädigen. Darüber hinaus produziert der menschliche Körper auch selbst Lektine, die ebenfalls risikofrei sind. Ohnehin würde laut DGE die Lektinaktivität beim Erhitzen in fast allen Lebensmitteln zerstört werden. Generell fehlt es an Beweisen und Studien, die D´Adamos weitere Aussagen belegen. Vermutungen werden als Fakten verkauft und mit der letzten Hoffnung kranker Menschen Geld gemacht.

 

Fazit

Wie bereits in der leicht sarkastischen Einleitung angedeutet, ist der einfache Weg selten der erfolgreiche. Es gibt viele Arten, sich zu ernähren und die meisten beruhen vor allem auf einer individuellen Überzeugung. Daher werden auch moderne Entschlackungsprogramme nie an Wert verlieren, obwohl die Wissenschaft seit Jahrzehnten darauf hinweist, dass es keinerlei „Schlacke“ im Körper gibt. Auch die Blutgruppen-Diät kann wissenschaftlich gesehen ihre gesundheitlichen Versprechen nicht halten. Das heißt nicht, dass eine Ernährung nach den Prinzipien – vor allem der weitgehende Verzicht auf Weizenprodukte – nicht zum gewünschten Erfolg führen kann, sofern dieser in einer Reduktion des Körpergewichts liegt.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ob Sie sich für eine Basen-, Blutgruppen-, Veganer- oder sonstige Ernährungsweise entscheiden, ist ganz alleine Ihnen überlassen. Achten Sie nur darauf, dass Sie Ihrem Körper alle essentiellen Nährstoffe zuführen und überprüfen Sie Ihre Gesundheit gelegentlich mithilfe Ihres Hausarztes. Jeglicher weiterer Erfolg Ihrer „Diät“ für Körper und Fitness wird immer abhängig bleiben von einem dauerhaften Kaloriendefizit, einhergehend mit genug körperlicher Aktivität und nicht zuletzt Willen und Durchhaltevermögen.

 

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Marcel Kremer

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