Diäten erfreuen sich, aufgrund der zunehmenden Zahl an übergewichtigen und fettleibigen Menschen in unserer Gesellschaft, an großem Interesse. Prof. Dr. Stephan Geisler und Dr. Eduard Isenmann analysieren zwei Ernährungsformen, die gerade voll im Trend liegen: die zeitlich begrenzte Ernährung und die makronährstoffbasierte Ernährung mit Kaloriendefizit im Hinblick auf die Körperzusammensetzung des Menschen.
Inhaltsverzeichnis
- Übergewicht in Deutschland
- Diätstrategie 1: zeitlich begrenzte Ernährung
- Diätstrategie 2: makronährstoffbasierte Ernährung
- Die Untersuchungen
- Ergebnisse
- Wie lang kann man eine Diät durchhalten?
- Fazit
- Praxisempfehlung – so klappen alle Diäten!
Wie viel Prozent der Deutschen sind übergewichtig?
Die Zahl der Menschen, die als übergewichtig und fettleibig deklariert werden, hat in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen. Untersuchungen haben ergeben, dass in der westlichen Welt jeder zweite Bürger übergewichtig und jeder sechste fettleibig ist. Werden aktuelle Zahlen aus Deutschland betrachtet, so ist deutlich zu erkennen, dass auch in Deutschland die Zahlen besorgniserregend sind. Untersuchungen haben gezeigt, dass etwa 61,6 Prozent der Männer und 46,7 Prozent der Frauen einen Body-Mass-Index (BMI) von über 25 aufweisen und folglich als zumindest übergewichtig eingestuft werden (Normalgewicht: 18,5–24,9, Übergewicht ≥ 25–29,9, Adipositas ≥ 30). Etwa 18,1 Prozent der Befragten wurden sogar als adipös eingestuft.
Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Angaben zur Ermittlung des BMI auf Selbstauskünften in Bezug auf das Körpergewicht und die Körpergröße beruhen. Das Körpergewicht wird oftmals unterschätzt. Folglich kann man vermuten, dass die tatsächliche Zahl der übergewichtigen und adipösen Menschen in Deutschland sogar noch höher ausfallen könnte. Dennoch muss in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass der BMI kein reliables Messinstrument für die Körperzusammensetzung ist und eher als erste Orientierung für den Gesundheitszustand verstanden werden sollte.
Was gibt es alles für Diäten?
Interessanterweise kann man beobachten, dass mit steigender Zahl an übergewichtigen und adipösen Menschen auch die Zahl an Ernährungsstrategien und Diäten gestiegen ist. Zwei Diätstrategien sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden: die zeitlich begrenzte Ernährung und die makronährstoffbasierte Ernährung mit kontinuierlicher Energierestriktion. Die zeitlich begrenzte Ernährung (TRF) ist eine Unterkategorie der intermittierenden Energierestriktion. Neben der zeitlich begrenzten Ernährung gibt es noch das intermittierende Fasten, das mit seinen verschiedenen Formen „alternate day fasting“, „alternate day modified fasting“ und „fasting two days per week“ die zweite Unterkategorie der intermittierenden Energierestriktion bildet.
Im Gegensatz zum intermittierenden Fasten wird bei der zeitlich begrenzten Ernährung kein Fastentag durchgeführt, sondern die Nahrungsaufnahme wird auf ein bestimmtes Zeitfenster von 4 bis 10 Stunden pro Tag reduziert. Die bekannteste Form ist die 16:8-Methode, bei der 16 Stunden keine Nährstoffe dem Körper zugeführt werden dürfen und das Zeitfenster für die Nahrungsaufnahme auf 8 Stunden festgelegt wird. Eine bestimmte Anzahl an Mahlzeiten oder Kalorien wird dabei nicht vorgeschrieben.
Welche Makronährstoffverteilung hilft beim Abnehmen?
Bei der makronährstoffbasierten Ernährung (MBD) liegt hingegen der Schwerpunkt auf der Verteilung der Makronährstoffe (Proteine, Kohlenhydrate und Fette). Mit dieser Ernährungsform wird postuliert, dass in erster Linie die Makronährstoffe („if it fits your macros“) passen müssten, um ein gewünschtes Ziel zu erreichen, und erst sekundär die Nahrungsquelle entscheidend sei. Folglich ist es bei dieser Ernährungsform legitim, Nahrungsmittel mit hoher Energiedichte, wie z. B. Erdnussbutter, zu konsumieren, wenn die zugeführte Portion in die Verteilung der Makronährstoffe passt.
Bei der Verteilung der Makronährstoffe orientiert man sich hauptsächlich an den Empfehlungen der „International Society of Sports Nutrition“ (ISSN) für Diäten mit einem geringen Fettanteil. Die ISSN empfiehlt, dass etwa 45–65 Prozent der Gesamtenergie aus Kohlehydraten aufgenommen wird. Etwa 20–35 Prozent sollten jeweils aus Fetten und Proteinen gewonnen werden. Beide Ernährungsformen werden seit einiger Zeit sowohl in der Wissenschaft als auch von Praktikern wie Trainern, Ernährungsberatern und Physiotherapeuten rege diskutiert. Folglich wurden in den letzten Jahren diverse Untersuchungen zu beiden Ernährungsformen durchgeführt.
Wie effektiv sind die Diäten?
Im Vergleich zur makronährstoffbasierten Ernährung wurde die zeitlich begrenzte Ernährung schon sehr ausführlich von verschiedenen Arbeitsgruppen untersucht. Hierbei wurde u. a. der Einfluss der zeitlich begrenzten Ernährung auf die Glukosetoleranz und die Insulinsensitivität untersucht. Außerdem wurde die Wirkung von zeitlich begrenzter Ernährung auch bereits in einigen Studien hinsichtlich der Veränderung der Körperzusammensetzung wie Körpergewicht, Fettmasse, Körperfettanteil, BMI, fettfreie Körpermasse, Taillenumfang und Hüftumfang untersucht.
Die meisten Studien untersuchten die Auswirkungen bei überwiegend kranken, übergewichtigen oder fettleibigen Personen. Im Durchschnitt verringerten die Teilnehmer über einen Zeitraum von 8 bis 16 Wochen ihr Körpergewicht um 2,6 Prozent bis 4,0 Prozent, ihre Fettmasse um 4,0 Prozent bis 5,9 Prozent, ihren BMI um 1,09 bis 1,15 und ihren Taillenumfang um 4,46 cm. Außerdem wurde mit der zeitlich begrenzten Ernährung ein tägliches Kaloriendefizit von 200 bis 550 kcal festgestellt. Zudem untersuchten nur wenige Studien die zeitlich begrenzte Ernährung bei gesunden, normalgewichtigen Personen in Bezug auf die Körperzusammensetzung. Ein ähnlicher Effekt zeigte sich für die Parameter Körpergewicht, Fettmasse und fettfreie Körpermasse. Im Gegensatz dazu sind uns nur zwei Untersuchungen zur makronährstoffbasierten Ernährung bekannt. Erste Beobachtungen haben dabei ausschließlich die Makro- und Mikronährstoffverteilung bei Bodybuildern untersucht. Hierbei konnten keine Unterschiede zu einer klassischen Bodybuilding-Diät beobachtet werden.
Die Untersuchungen
Die zweite Untersuchung wurde von uns selbst durchgeführt. Hierbei verglich man die Wirkung der makronährstoffbasierten Ernährung mit Kalorienrestriktion (300–500 kcal/Tag) mit der Wirkung der zeitlich begrenzten Ernährung. In einer randomisierten kontrollierten Untersuchung über 14 Wochen wurde der Einfluss beider Ernährungsformen auf die Körperzusammensetzung und die Adhärenz (Einhaltung) überprüft. Für diese Untersuchung wurden insgesamt 42 Personen (m = 21, w = 21) in einem lokalen Fitnessstudio rekrutiert.
Ein Einschlusskriterium, um an der Untersuchung teilzunehmen, war u. a. eine regelmäßige sportliche Betätigung. Der Konsum von Medikamenten oder Nahrungsergänzungsmitteln war vor und während der Untersuchung untersagt. Vor Beginn der Untersuchung wurde die Ernährung aller Teilnehmer mittels Ernährungstagebuch (FDDB Extender) überprüft. Im Anschluss daran erfolgte eine 8-wöchige Intervention mit Betreuung der Teilnehmer. Abschließend führten alle Teilnehmer eine 6-wöchige Phase ohne Betreuung durch. Während des gesamten Interventionszeitraums wurde insgesamt zu vier Messzeitpunkten die Körperzusammensetzung gemessen und die Adhärenz-Tagebücher überprüft (siehe Abb. 1).
Ergebnisse der Diäten
Insgesamt hatten 35 Teilnehmer (m = 14, w = 21) erfolgreich die Untersuchung abgeschlossen. Nach statistischer Analyse konnten zu Beginn keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden. Sowohl hinsichtlich der Körperzusammensetzung (Tabelle 1), als auch hinsichtlich der Trainingshäufigkeit (Tabelle 2).
Nach Analyse der Ernährungstagebücher zeigte auch kein Unterschied in der Gesamtkalorienzufuhr und der Makronährstoffverteilung zwischen den Gruppen in der 8-wöchigen Interventionsphase. Interessanterweise hatte die Gruppe der zeitlich begrenzten Ernährung intuitiv etwa 500 kcal/Tag weniger zu sich genommen, als sie verbraucht hatte (Tabelle 3) .
Bezüglich der Körperzusammensetzung konnte bei beiden Gruppen eine signifikante Reduzierung des Körpergewichts, des BMI, der Fettmasse, des Taillenumfangs und des Hüftumfangs festgestellt werden (Tabelle 4 und 5). Bei der fettfreien Masse hingegen konnte man bei beiden Gruppen keine deutliche Verringerung beobachten. Einen Unterschied zwischen den beiden Gruppen konnte bei keinem der gemessenen Parameter festgestellt werden. Erstaunlicherweise konnten auch nach sechs weiteren Wochen (Tabelle 3) keine Veränderungen der Körperzusammensetzung bei beiden Gruppen dokumentiert werden.
Wie lang kann man Diäten durchhalten?
Wird die Adhärenz der beiden Ernährungsstrategien betrachtet, so kann man deutlich erkennen, dass sich beide Gruppen in den ersten 8 Wochen sehr stark an ihre Vorgaben gehalten hatten. Die Gruppe der zeitlich begrenzten Ernährung hatte sich im Schnitt 55,1 ± 1,1 Tage von 56 Tagen an ihr Zeitfenster für die Ernährungsaufnahme gehalten. Dies entspricht einer Adhärenz zu dem Zeitfenster von 98 Prozent und einem wöchentlichen Durchschnitt von 6,9 ± 0,2 Tagen.
Die Gruppe der makronährstoffbasierten Ernährung hatte sich im Schnitt 49,8 ± 4,9 Tage von 56 Tagen an ihre Makronährstoffverteilung gehalten. Das entspricht einer Adhärenz von 88,9 Prozent. Der wöchentliche Durchschnitt lag bei der Gruppe der makronährstoffbasierten Ernährung bei 6,2 ± 0,6 Tagen. Nach der Phase mit Betreuung konnte bei beiden Gruppen eine deutliche Reduzierung der Adhärenz festgestellt werden. Die Gruppe der zeitlich begrenzten Ernährung hatte sich in der zweiten Phase im Schnitt 5,0 ± 2,0 Tage und die der makronährstoffbasierten Ernährung 4,5 ± 1,3 Tage an ihre Vorgaben gehalten.
Fazit
Beide Ernährungsstrategien können zu einer Reduzierung der Fettmasse, des BMI, des Hüftumfangs und des Taillenumfangs führen. Das, ohne dass die fettfreie Körpermasse ebenfalls stark sinkt. Dennoch konnte festgestellt werden, dass einzelne Probanden ihre fettfreie Körpermasse sogar trotz Abnahme des Körpergewichts und der Fettmasse steigern konnten. Bei anderen Probanden konnte man hingegen eine Verringerung der fettfreien Körpermasse feststellen, obwohl eine ausreichende Proteinzufuhr über den Tag gewährleistet wurde.
Ein entscheidender Faktor ist jedoch bei beiden Ernährungsformen die Einhaltung der Rahmenvorgaben der jeweiligen Ernährungsform. Es ist deutlich zu erkennen, dass durch das Absinken der Adhärenz auch die Veränderung der Körperzusammensetzung stagnierte. Bei sportlich aktiven Personen, die einen BMI um 25 besitzen, wird voraussichtlich eine Adhärenz von mehr als 5 Tagen pro Woche (>70 Prozent) benötigt, um die Fettmasse zu reduzieren. Nach Empfehlungen der ISSN ist in erster Linie die Einhaltung eines anhaltendes Kaloriendefizit entscheidend. Mit welcher Ernährungsstrategie man das Ziel erreicht ist dabei nicht entscheidend. Nach aktuellem Forschungsstand kann zudem keiner der Ernährungsstrategien ein Vorteil zugesprochen werden.
Praxisempfehlung – so klappen alle Diäten!
- Im Vorhinein Informationen über die Ernährungsformen sammeln.
- Überprüfen, ob die Ernährungsform im persönlichen Alltag umsetzbar ist; sich gegebenenfalls mit einem Experten (Ernährungsberater, -coach) austauschen.
- Die wichtigsten Merkmale der Ernährungsform notieren und mit der persönlichen Planung beginnen
- Bei der Zielsetzung „Fettreduktion“ ein Kaloriendefizit erreichen (circa 300–500 kcal/Tag). Je höher der BMI und die Fettmasse sind, desto stärker kann das Kaloriendefizit durchgeführt werden.
- Bei der Zielsetzung Muskelerhalt/ -wachstum sollte man eine ausreichende Proteinzufuhr gewährleisten (1,4–2,0g/kg Körpergewicht oder 2,3– 3,1g/kg fettfreier Körpermasse).
- Je niedriger der BMI oder die Fettmasse ist, umso stärker muss man sich an die Rahmenvorgaben der Ernährungsstrategie halten.
Die Studie wurde von Joshua Dissemond betreut. PMID: 34578999
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Autoren:
Prof. Dr. Stephan Geisler ist Veranstaltungspräsident der ersten NSCA Germany Online-Conference, die am 4. und 5. Dezember 2021 stattfindet. Ziel der NSCA Germany ist es, in einem offenen Verhältnis eine Plattform zum wissenschaftlichen Austausch mit dem gemeinsamen Ziel der Qualitätssicherung im Bereich Strength & Conditioning zu schaffen. Darüber hinaus ist er Professor für Fitness und Gesundheit an der IST-Hochschule Düsseldorf, Dozent für Olympisches Gewichtheben an der Deutschen Sporthochschule Köln, Mitbegründer des Fitnesswissenschaftsrats und als „Fitnessprofessor“ von Youtube bekannt.
Dr. Eduard Isenmann hat Sport und Chemie studiert und in der Naturwissenschaft promoviert. Er leitet an der IST-Hochschule das Modul Sporternährung und forscht an der Deutschen Sporthochschule Köln im Bereich der Nahrungsergänzung.