Adipositas: Ursachen, Risikofaktoren und Maßnahmen

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Adipositas: Die Zahl übergewichtiger und adipöser Menschen steigt rasant. Ursachen können unter anderem ein ungesunder Lebensstil, Essstörungen, Stress und Schlafmangel sein. Die Behandlung basiert daher auf einer Ernährungsumstellung, ausreichend Bewegung und einer Verhaltenstherapie. In manchen Fällen kommen Medikamente und sogar Operationen zum Einsatz.

Was ist Adipositas genau?

Die folgenden Zahlen sind alarmierend: Weltweit hat sich die Zahl der adipösen Menschen seit 1975 nahezu verdreifacht. So waren im Jahr 2016 mehr als 1,9 Milliarden Erwachsene übergewichtig, von diesen waren mehr als 650 Millionen adipös. Wenn man die Zahlen in Deutschland betrachtet, ergibt sich ein ähnlich dramatisches Bild: So sind in Deutschland rund zwei Drittel aller Männer und die Hälfte aller Frauen übergewichtig, ein Viertel der Erwachsenen leidet unter Adipositas. Unter den Kindern und Jugendlichen sind rund 15 Prozent übergewichtig und 6 Prozent adipös.

Übergewicht und Adipositas werden nach wie vor durch den Body Mass Index (BMI) definiert. Ab einem BMI von 25 gilt man als übergewichtig, ab einem BMI von 30 als adipös. Dabei unterscheiden Experten bei Erwachsenen zwischen

  • Adipositas Grad I (BMI: 30–34,9),
  • Adipositas Grad II (BMI: 35–39,9) und
  • Adipositas Grad III (BMI: ≥ 40).

Der BMI sollte laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) jedoch nur als grober Anhaltspunkt dienen. Wichtig zur Bestimmung des gesundheitlichen Risikos, besonders dem für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ist zudem das Fettverteilungsmuster. So ist das Erkrankungsrisiko höher bei einer bauchbetonten Adipositas – dem sogenannten Apfeltyp. Um den viszeralen Fettanteil zu bestimmen, eignet sich die Messung des Taillenumfangs. Weisen Frauen einen Taillenumfang von ≥ 88 cm und Männer einen Taillenumfang von ≥ 102 cm auf, so liegt eine abdominale Adipositas vor. Damit erhöht sich das Risiko für Folgeerkrankungen.

Auch das Verhältnis zwischen Bauch- und Hüftumfang (waist-to-hip-ratio) spielt eine Rolle. Bei Frauen sollte der Wert unter 0,85 liegen, bei Männern ≤ 1,0. Das Verhältnis zwischen Bauchumfang und Körpergröße (waist-to-height-ratio) kann Hinweise auf ein erhöhtes Erkrankungsrisiko liefern. Ein Wert über 0,5 ist für Menschen unter 40 Jahren kritisch. Für Personen zwischen 40 und 50 Jahren liegt die Grenze zwischen 0,5 und 0,6. Für über Fünfzigjährige liegt die Grenze bei 0,6.

Welche Risikofaktoren begünstigen Adipositas?

Es gibt eine Reihe von Faktoren, die Übergewicht und Adipositas verursachen können. Dazu gehört zum einen der Lebensstil, d. h. Bewegungsmangel und Fehlernährung. Aber auch andere Faktoren bedingen laut den Autoren der S3-Leitlinie „Prävention und Therapie der Adipositas“ Übergewicht und Adipositas. Dazu gehören:

  • familiäre Disposition,
  • genetische Ursachen,
  • ständige Verfügbarkeit von Nahrung,
  • Schlafmangel,
  • Stress,
  • depressive Erkrankungen,
  • niedriger Sozialstatus,
  • Essstörungen (z.B. Binge-Eating-Disorder, Night-Eating-Disorder),
  • endokrine Erkrankungen (z.B. Hypothyreose, Cushing-Syndrom),
  • Medikamente (z. B. Antidepressiva, Neuroleptika, Phasenprophylaktika, Antiepileptika, Antidiabetika, Glukokortikoide, einige Kontrazeptiva, Betablocker) und
  • andere Ursachen (z. B. Immobilisierung, Schwangerschaft, Nikotinverzicht).

Psychische Probleme können mitunter dazu führen, dass Menschen entweder zu viel oder zu wenig Nahrung zu sich nehmen. Essen dient dabei nicht nur der Sättigung, sondern erfüllt weitere Funktionen. Oft sind Nahrungsaufnahme und emotionale Zustände gekoppelt.

Was sind Begleiterkrankungen von Adipositas?

Adipositas kann zahlreiche Folgeerkrankungen nach sich ziehen. Beispielsweise haben adipöse Menschen ein dreifach erhöhtes Risiko, an Diabetes mellitus, Cholezystolithiasis, Dyslipidämie, Insulinresistenz, Fettleber und Schlaf-Apnoe-Syndrom zu erkranken. Außerdem ist das Risiko für u. a. eine koronare Herzkrankheit, Bluthochdruck, Gonarthrose, Gicht und Refluxösophagitis um das Zwei- bis Dreifache erhöht. Ein ein- bis zweifach erhöhtes Risiko besteht für Krebs, ein polyzystisches Ovarsyndrom, Koxarthrose, Rückenschmerzen, Infertilität und Fetopathie.

Ist Adipositas heilbar?

Eine Kombination aus Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie bildet die Basis für das Gewichtsmanagement von Patienten. Medikamente kommen erst dann zum Einsatz, wenn man durch eine Umstellung der Ernährung und Bewegungsgewohnheiten das Gewicht nicht oder nicht ausreichend verringern kann. Wenn Betroffene Medikamente einnehmen, so sollten diese nur in Kombination mit dem Basisprogramm aus Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie gegeben werden. Wenn eine extreme Adipositas besteht und eine konservative Therapie nicht zum Ziel führt, kann eine Operation erwogen werden.

Konkrete Bewegungsempfehlungen

Empfehlungsgrade sind Handlungsvorschläge, die auf Evidenz einer bestimmten medizinischen Maßnahme basieren, dabei gibt es drei Empfehlungsgrade:

  • Grad A = „Soll“-Empfehlung
  • Grad B = „Sollte“-Empfehlung
  • Grad C = „Kann“-Empfehlung

Quelle: www.flexikon.doccheck.com

Die Autoren der Leitlinie „Prävention und Therapie der Adipositas“ geben folgende Empfehlungen zur Bewegungstherapie für Menschen mit Adipositas:

  • „Übergewichtige und adipöse Menschen sollen ermutigt werden, sich mehr körperlich zu bewegen. Körperliche Aktivität soll neben der Ernährungs- und Verhaltenstherapie ein Bestandteil der Maßnahmen zur Gewichtsreduktion sein.“ (Empfehlungsgrad A)
  • „Es sollte sichergestellt werden, dass übergewichtige und adipöse Menschen keine Kontraindikationen für zusätzliche körperliche Aktivität aufweisen.“ (Empfehlungsgrad B)
  • „Für eine effektive Gewichtsabnahme sollte man sich > 150 Min./Woche mit einem Energieverbrauch von 1 200 bis 1 800 kcal/Woche bewegen. Krafttraining allein ist für die Gewichtsreduktion wenig effektiv.“ (Empfehlungsgrad B)
  • „Menschen mit einem BMI > 35 kg/m2 sollten unter Berücksichtigung der individuellen Situation ermutigt werden, für den Bewegungsapparat nicht belastende Sportarten zu betreiben.“ (Empfehlungsgrad B)
  • „Menschen mit Übergewicht und Adipositas sollen dazu motiviert werden, ihre körperliche Aktivität im Alltag zu steigern.“ (Empfehlungsgrad A)
  • „Übergewichtige und adipöse Menschen sollen auf die gesundheitlichen Vorteile (metabolische, kardiovaskuläre und psychosoziale) der körperlichen Aktivität hingewiesen werden, die unabhängig von der Gewichtsreduktion entstehen.“ (Empfehlungsgrad A)
  • „Im Rahmen der Patientenberatung sollen verständliche und realistische Ziele für die Ausübung der körperlichen Aktivität gesetzt werden.“ (Empfehlungsgrad A)
  • „Vermehrte körperliche Aktivität soll zur Gewichtsstabilisierung nach Gewichtsreduktion empfohlen werden.“ (Empfehlungsgrad A)

Wie kann man Übergewicht vorbeugen?

Ernährung und Bewegung stehen ebenfalls im Fokus, wenn es darum geht, Übergewicht und Adipositas vorzubeugen. Die Autoren der Leitlinien raten dazu, sich bedarfsgerecht zu ernähren, sich regelmäßig körperlich zu bewegen und das Gewicht regelmäßig zu kontrollieren. Außerdem sollte der Verzehr von Lebensmitteln mit hoher Energiedichte reduziert und der von solchen mit geringer Energiedichte erhöht werden. Diese Empfehlung wird von der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) und der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) allerdings nicht vollständig unterstützt.

So schreibt die DEGAM: „Übergewicht gemessen nach BMI ist als alleiniger Prädiktor zur Einschätzung des individuellen Risikos ohne jede Kenntnis der Begleitfaktoren nicht hilfreich. Entsprechend besteht kein Grund jedem übergewichtigen Patienten vom Verzehr von Lebensmitteln mit hoher Energiedichte mit dem Empfehlungsgrad B abzuraten.“ Die DGEM wiederum betont: „Die Prävention von Adipositas umfasst mehr wirksame diätetische Optionen als die hier (…) genannten Empfehlungen. Zudem ist eine Umstellung der Ernährung auf mediterrane Kost empfehlenswert, um Übergewicht und Adipositas zu verhindern. Die inverse Assoziation zwischen Mediterraner Diät und Adipositasrisiko wurde in verschiedenen Studien bestätigt.“

Weitere Empfehlungen der Leitlinie zur Prävention von Übergewicht und Adipositas sind:

  • Den Verzehr von Fast Food, Alkohol und zuckerhaltigen Softdrinks reduzieren,
  • sich regelmäßig körperlich bewegen, sitzende Tätigkeiten vermeiden, ausdauerorientierte Bewegungsformen fördern.
  • Außerdem sollten Präventionsmaßnahmen, die mehr Bewegung und/oder gesunde Ernährung am Arbeitsplatz fördern, angeboten werden.

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Autorin: Dr. Miriam Sonnet

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