Craniomandibuläre Dysfunktion – CMD: Verspannte Kaumuskulatur? Nackenschmerzen? Zähneknirschen? Dr. Torsten Pfitzer benatwortet die wichtigsten Fragen und gibt effektive Behandlungstipps. Die Hilfe zur Selbsthilfe.
CMD: Eine echte Volkskrankheit
Gut möglich, dass auch bei Ihnen Beschwerden auftreten, die auf eine bisher weitgehend unbekannte Volkskrankheit zurückzuführen sind. Diese hat mit Störungen am Kiefergelenk zu tun und trägt den Namen CMD.
Was ist eine craniomandibuläre Dysfunktion?
CMD steht für craniomandibuläre Dysfunktion. Wie relativ üblich in der Medizin, werden Beschwerden, bei denen nicht 100 Prozent klar ist, was sich wirklich ursächlich dahinter verbirgt, als »Dysfunktion« einer Struktur beschrieben oder als »Syndrom« zusammengefasst. So ist es auch hier.
Insofern beschreibt die Bezeichnung streng genommen lediglich eine Funktionsstörung zwischen Cranium, dem lateinischen Wort für Schädel, und der Mandibula, dem Unterkiefer. Diese craniomandibulären Verbindungen sind also ganz einfach unsere Kiefergelenke. So erklärt, hört sich craniomandibuläre Dysfunktion fast schon nach einer lapidaren Problematik an, doch es wäre ein fataler Irrtum, dies so zu sehen.
Mindestens 20 Prozent der Deutschen sind von CMD betroffen
Es ist zwar relativ schwierig, einheitliche Zahlen zur Häufigkeit der CMD in Deutschland zu finden, aber eines ist sicher: Von craniomandibulärer Dysfunktion betroffen zu sein ist ein vielfach geteiltes Schicksal. Vermutlich liegt die Zahl irgendwo zwischen 7 und 16 Millionen, wobei man von einer ziemlich hohen Dunkelziffer nicht diagnostizierter Personen ausgehen kann. Die Gesellschaft für Zahngesundheit, Funktion und Ästhetik (GZFA) geht davon aus, dass mittlerweile mindestens 20 Prozent der Bevölkerung von behandlungsbedürftigen CMD-Symptomen betroffen sind. Gut ein Drittel knirscht und presst nachts mit den Zähnen, was Funktionsstörungen im Kausystem auslösen oder sogar verstärken kann.
CMD bei Frauen
Auch wenn es eigentlich wenig tröstlich ist: Als Frau mit CMD befinden Sie sich zumindest in zahlreicher Gesellschaft. Denn wie in internationalen Studien gezeigt werden konnte, ist die Zahl der Frauen mit einer Fehlregulation im Kausystem signifikant höher als die der Männer. Die Floskel »geteiltes Leid ist halbes Leid« lässt sich in diesem Fall wohl leider schwer anwenden.
Allerdings finden Frauen immerhin schneller eine weibliche Mitstreiterin, wenn sie nach einer gleichgeschlechtlichen Unterstützung für einen Maßnahmenplan in Sachen CMD suchen. Tatsächlich ist es enorm hilfreich, wenn Sie bei Übungen und gegebenenfalls bei Veränderungen im Lebensstil jemanden haben, um sich gegenseitig zu begleiten, zu unterstützen und zu motivieren.
Wie entsteht eine CMD?
Tatsächlich gleicht die Ursachensuche bei der craniomandibulären Dysfunktion einer Detektivarbeit, denn die Fehlregulation kann alle direkt oder indirekt am Kauapparat beteiligten Strukturen umfassen. Die Funktionsstörung kann in den Kiefergelenkstrukturen selbst, durch den Aufbiss der Zähne (Okklusion) oder – relativ häufig – in der Kaumuskulatur entstehen. Doch damit nicht genug. Auch Haltungsabweichungen weiter unten liegender Körperbereiche, wie der gesamten Wirbelsäule oder des Beckens, können verantwortlich sein.
Letztlich umfasst der Bereich, in dem die Ursachen der CMD liegen können, den gesamten Körper bis hinunter zu den Füßen. Häufig ist auch ein Zusammenspiel unterschiedlicher Störfaktoren für die Beschwerden verantwortlich. Gerade dieses gegenseitige Anstacheln ist ein wahrer Teufelskreis, der letztendlich die wahre Ursache chamäleonartig verschleiert. Entsprechend dem ursächlichen Entstehungsort wird die Situation entweder als ab- oder aufsteigend bezeichnet.
- Absteigend ist die Bezeichnung, wenn der Auslöser der Beschwerden oben im Kausystem, also den Kaumuskeln, den Kiefergelenken oder dem Aufbiss, liegt und sich auf untere Körperbereiche auswirkt. Interessant ist, dass sich das Leben dieser Menschen meist auch mehr im oberen Körperbereich, nämlich im Kopf, abspielt. Das heißt, sie sind eher Denker und Sprecher.
- Aufsteigend ist die Bezeichnung, wenn der Ursprung aus anderen, oft tiefer liegenden Strukturen, wie beispielsweise einer Halswirbelsäulenblockade oder einem Beckenschiefstand, herrührt. Diese bedingen folglich die Störung im Kausystem. Bei diesen Personen stehen meist auch eher die unteren Körperbereiche im Vordergrund, die Bewegung ins Leben bringen. Sie sind Macher.
CMD: Symptome und Spätfolgen
Aufgrund der weitreichenden Verknüpfungen bleibt eine CMD oft unerkannt. Oder schlimmer: Es werden zwar Kiefergelenkstörungen festgestellt, die jedoch unbeachtet bleiben, da sie nicht mit den Beschwerden in häufig auch entfernter liegenden Körperstrukturen in Zusammenhang gebracht werden. Typische CMD-Symptome sind unter anderem Schwindel, Kopfschmerzen, Zähneknirschen, Nackenschmerzen und Sehstörungen.
Verheerende Spätfolgen: Bandscheibenvorfall, Beckenschiefstand, Karpaltunnelsyndrom
Wenn in solchen Fällen eine CMD zugrunde liegt, diese aber übersehen, unzureichend behandelt oder sogar komplett ignoriert wird, so kann es über die Zeit zu Spätfolgen kommen. Diese können bis zu therapieresistenten, chronischen Multierkrankungen reichen, bei denen die Betroffenen dann eine jahrelange Ärzteodyssee durchlaufen, da keiner mehr eine Kauapparatsstörung als ursprünglichen Auslöser im Blick hat. Mögliche Spätfolgen und Langzeitauswirkungen sind beispielsweise:
- Kiefergelenkarthrose mit Gelenksteifheit und eventuell Kiefergelenkarthritis
- Zahnschäden durch starke Abnutzung des Zahnschmelzes (Abrasion)
- Haltungsschäden wie Beckenschiefstand und Verkrümmungen der Wirbelsäule (Skoliose)
- chronische Nacken-, Rücken- und Gelenkschmerzen bis hin zu Fibromyalgie
- Bandscheibenvorfälle
- Nervenreizungen (zum Beispiel Trigeminusneuralgie)
- Karpaltunnelsyndrom
- Organstörungen (zum Beispiel Verdauungs- und Herzfunktionsstörungen)
- Abgeschlagenheit, Leistungs- und Konzentrationsabfall
Kann CMD geheilt werden?
Grundsätzlich kann man sagen: Je länger ein gesundheitliches Problem besteht, desto länger wird die Lösung desgleichen dauern. Das können Sie sich wie in anderen Lebensbereichen vorstellen. Schieben Sie ein Problem vor sich her, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es nach und nach zu mehr Verstrickungen kommt. Das Problem wird immer größer und zieht oft sogar noch weitere Probleme nach sich.
Was kann ich selbst tun bei CMD?
Nur selten hilft es, problematische Situationen im Leben einfach auszusitzen. Das gilt für die CMD umso mehr: Wer hier nicht bereit ist, auch eigenverantwortlich etwas an seiner Situation zu verändern, darf kaum mit Spontanheilungen rechnen. Vorbeugen beziehungsweise rechtzeitig handeln ist hier also ausgesprochen sinnvoll, um Langzeitauswirkungen auf die Gesundheit zu verhindern.
Glaubt man Untersuchungen, so sind 80 bis 90 Prozent der Beschwerden des Muskel-Skelett-Apparats durch Störungen der Schädel-Kreuzbein-Verbindung, des sogenannten craniosacralen Systems, verursacht. Und der Großteil dieser Störungen ist wiederum auf den Kauapparat zurückzuführen. Dies verdeutlicht den zunächst sicherlich unerwartet großen Einfluss dieses gemeinhin wenig beachteten Körperbereichs auf den gesamten Organismus und seine enorme Wichtigkeit.
Effektive Übungen zur Behandlung einer CMD finden Sie hier!
CMD: Wie sich Störungen des Kiefers auswirken
Der Kiefer, den wir umgangssprachlich so lapidar – und manchmal fast schon abschätzig – als »Kauleiste« bezeichnen, hat einen extrem großen Einfluss auf den gesamten Organismus, die Körperspannung und damit sowohl auf die körperliche als auch auf die psychoemotionale Gesundheit.
Dies erklärt auch die vielfältigen Symptome einer CMD. Allein schon die Erkenntnis, dass der Kaumuskel »Masseter« bei der Kräftemessung im Vergleich zu allen anderen Muskeln die Goldmedaille erringt, macht deutlich, wie groß der Einfluss des Kauapparats auf das restliche Körpersystem ist. Dabei können die Störungen über verschiedene Wege auf andere Körperbereiche übertragen werden.
Wie bei Zahnrädern, die nicht korrekt ineinander greifen
Ist nun beispielsweise der Aufbiss nicht symmetrisch, überträgt sich diese Asymmetrie über myofasziale Spannungen wie bei aneinandergereihten Zahnrädern, bei denen ein Zahnrad die Kraft an das nächste weitergibt. Dieser Ausgleichsversuch führt in der Folge zu Dysbalancen in den vernetzten Körperbereichen. Das können sowohl nahe gelegene Strukturen als auch weiter entfernte sein, die dann im Sinne einer absteigenden CMD zu einer veränderten Statik und Haltung führen.
Eine besonders neuralgische Rolle spielt dabei das Genick, kurz AO-Gelenk für Atlas-Occiput-Gelenk. Der Atlas ist der oberste Halswirbel, auf dem der Kopf mit der Schädelbasis balanciert. Die Schädelbasis wird unter anderem vom Occiput, dem Hinterkopfknochen, gebildet. Der Atlas steht seinerseits in direkter funktioneller Verbindung zum zweiten Halswirbel, dem Axis. Der Name des AO-Gelenks ist tatsächlich Programm, denn eine richtige Positionierung des Schädels auf der Halswirbelsäule ist das A und O für die gesamte Statik des Körpers.
CMD: Die Spee’sche Kurve
Einen wesentlichen Einfluss hat hierbei die bereits angesprochene Spee’sche Kurve, also die Linie, die bei seitlicher Betrachtung unsere aufeinandergebissenen Zähne bilden. Denn sind der Kauapparat und die Schädelknochen ausgeglichen, verläuft diese durch die Kiefergelenke weiter zum zweiten Halswirbel. Liegen Störungen in dieser Verbindung vor, so kann es zu Beschwerden in anderen Muskeln und Gelenkachsen wie Wirbelsäule, Schultergürtel, Hüfte und Kniegelenken bis hinunter zu den Sprunggelenken kommen. In der Osteopathie werden das Kiefergelenk, das Schultergelenk und das Hüftgelenk als Strukturen gesehen, die gemeinsam reagieren. Das erklärt, warum Menschen mit Kiefergelenkstörungen oft gleichzeitig über Schulter- und Hüftprobleme klagen.
Die Verbindung von Kiefer, Schädelknochen und Wirbelsäule über die Spee’sche Kurve ist sowohl funktioneller als auch neurologischer Natur. Das bedeutet, dass diese Bereiche nicht nur über Muskeln, sondern auch über das Nervensystem miteinander kommunizieren. In diesem Regelkreis ist der Trigeminusnerv der große Steuermann. Über ihn kann das Kommando ergehen, dass Stressreize, die auf das craniosacrale System einwirken, über andere Körperbereiche, insbesondere die Wirbelsäule und das Becken, ausgeglichen werden.
CMD wird oft zufällig entdeckt
Die Skoliose, eine seitliche Verkrümmung und Verdrehung der Wirbelsäule, sowie ein Beckenschiefstand in Verbindung mit Nackenverspannungen, Rückenschmerzen und verschiedenen anderen Schmerzsyndromen können aus solchen Ausgleichsversuchen resultieren. Oft gehen Patienten ursprünglich wegen solcher Beschwerden zum Arzt. Tasächlich sind diese allerdings oft Folgebeschwerden – eine CMD wird erst im Nachhinein festgestellt.
Wenn sich Kiefergelenkstörungen, wie beispielsweise ein Schrägstand der Kauebene, auf räumlich zugehörige oder angrenzende Schädelknochen wie die Schläfenbeine, das Keilbein und den Hinterkopfknochen auswirken, können sich diese Knochen leicht verdrehen oder verschieben. Spürbar wird das dann letztendlich durch Beschwerden wie Kopfschmerzen, Nackenverspannungen, Sehstörungen, Schwindel, Ohrenschmerzen, Tinnitus und sogar funktionelle Organstörungen. Tatsächlich gibt es auch Verbindungen des Kiefersystems zu verschiedenen Organen.
Auswirkungen auf Organe
Verdauungsstörungen können zum Beispiel über einen gereizten Vagusnerv ausgelöst werden. Der Kiefer geht uns dann sprichwörtlich auf die Nerven. Ein anderer organischer Zusammenhang besteht über die sogenannte energetische Muskel-Akupunkturleitbahn-Beziehung, die der Osteopath George Goodheart beschrieben hat. Er ordnete die Muskulatur des Kiefersystems dem Magenmeridian zu, was erklärt, warum sogar Magenprobleme durch eine CMD entstehen können.
Auch die Zähne stehen über Meridianbahnen mit unterschiedlichen Organen in Wechselbeziehung. Ein kranker Zahn kann darüber dann das zugehörige Organ schädigen. Beispielsweise seien hier, um im Verdauungstrakt zu bleiben, die Verbindungen zwischen den Backenzähnen im Unterkiefer und den Mahlzähnen im Oberkiefer mit dem Magen genannt.
Unruhe und Stress als Folgen einer CMD
Dass Stress jeglicher Art Ursache wie auch Einflussfaktor einer CMD sein kann, wurde bereits dargestellt. Diese Beziehung gilt interessanterweise auch andersherum, sodass verspannte Kaumuskeln innerliche Unruhe und Stress auslösen können. Die Seele informiert also nicht nur den Körper, sondern der Körper informiert auch die Seele. Das ist sozusagen die Sprache des Körpers, um mit uns zu kommunizieren, und stammt aus uralten Zeiten.
Im »Reptilienhirn«, also dem ältesten Gehirnteil, der für die Überlebenssicherung verantwortlich ist, ist muskuläre Anspannung ganz eng mit Gefahr verknüpft, um in einer gefährlichen Situation aufgeweckt, schnell und kraftvoll handeln zu können. Heutzutage weiß man, dass der Signalweg auch andersherum funktioniert. Allein schon die Anspannung der Muskeln führt zur Aktivierung dieser Reptilienhirnanteile und startet das uralte Überlebensprogramm, das mit »Achtung, Gefahr!« verknüpft ist. Konkret heißt das, dass harte und verspannte Kaumuskeln auch dazu führen, dass der Betroffene sich – wie in einer echten Gefahrensituation – unruhig und gestresst fühlt.
Autor: Dr. Torsten Pfitzer
Dr. rer. nat. Torsten Pfitzer ist Heilpraktiker und Experte für die ganzheitliche Behandlung von Schmerzen am Bewegungsapparat. In seinem Viersäulenkonzept, bestehend aus Körpertherapie, Ernährungsberatung, Entspannungstraining und Bewusstheitscoaching, kombiniert er verschiedene therapeutische Ansätze wie Osteopathie oder psychoemotionale Kinesiologie.
Als ehemals selbst Betroffener von Rückenschmerzen blickt er über den Tellerrand hinaus: Er sieht es als seine Berufung, Menschen auch mit Anleitungen zur Selbstbehandlung ursächlich und nachhaltig von ihren Schmerzen zu befreien. Neben seiner Praxistätigkeit in München gibt er seine Erfahrungen und sein Wissen in Coachings (auch per Skype und Telefon), Vorträgen und Workshops sowie in Büchern weiter.
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