Moro-Reflex und Co. auflösen für bessere Trainingserfolge

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Der Moro-Reflex ist einer von mehreren frühkindlichen Reflexen. Die frühkindliche Entwicklung hat enorme Auswirkungen auf unsere spätere Haltung, Bewegung und Bewegungsabläufe vor. Die Experten Markus Friedrich und Dr. Matthias Welkner erklären, wie Trainer feststellen können, ob hinter den Problemen ihrer Patienten möglicherweise unaufgelöste frühkindliche Reflexe stecken und wie diese Probleme behoben werden können.

Inhaltsverzeichnis

  1. Die Rolle frühkindlicher Reflexe für die Leistungsfähigkeit
  2. Warum werden frühkindliche Reflexe nicht abgebaut?
  3. Was passiert, wenn der Moro-Reflex nicht verschwindet?
  4. Welche Folgen haben persistierende Reflexe?
  5. Moro-Reflex selber testen

Welche Rolle spielen frühkindliche Reflexe für unsere Leistungsfähigkeit?

Stellen Sie bei Ihren Patienten auch häufiger fest, dass es zum Beispiel an der richtigen Atemtechnik mangelt, dass starke Gleichgewichtsprobleme vorherrschen oder dass Bewegungsmuster nur sehr schwer oder teilweise gar nicht erlernt werden können? Nehmen wir als Beispiel den Hip Hinge, den wir für die Ausführung eines sauberen Deadlifts brauchen. „Hip Hinge“ bedeutet übersetzt „Hüftscharnier“ und zählt folglich zu den hüftdominanten Übungen. Um diese Bewegung korrekt ausführen zu können, braucht es eine ausreichende Mobilität bzw. Flexibilität in der Hüfte und der umliegenden Muskulatur sowie die nötige motorische Kontrolle über die richtige Bewegungsausführung.

Noch aktive frühkindliche Reflexe wie der Moro-Reflex, auf den wir später noch eingehen, können all diese genannten Aspekte negativ beeinflussen. Wie Sie wissen, ist ein Reflex eine unwillkürliche, stereotype Bewegung. Das heißt, diese Bewegungen können wir nicht bewusst selbst steuern und sie können auch immer wieder auftreten. Wenn nun frühkindliche Reflexmuster noch im Erwachsenenalter aktiv sind, führt dies unweigerlich zu Kompensationsbewegungen und muskulären Fehlspannungen, die nicht einfach mit einem Foam Roller beseitigt werden können.

Der Körper wird nämlich immer wieder in die „falsche“ Position gezogen, weshalb man manche Bewegungen koordinativ einfach nicht auf die Reihe bekommt. Und das gilt nicht nur für den Hip Hinge. Nötig ist dann eine neuronale Umprogrammierung, damit wir die tatsächlichen Ursachen gestörter Bewegungsmuster und damit verbundener muskulärer Fehlspannungen auflösen und letztlich unserem Körper seine volle Funktionalität zurückgeben.

Warum werden frühkindliche Reflexe nicht abgebaut?

Lange Zeit herrschte die Meinung vor, dass die frühkindlichen Reflexmuster auch nur in der frühkindlichen Phase aktiv sind und ab dem Zeitpunkt, ab dem wir laufen können, spätestens aber mit dem dritten Lebensjahr verschwunden sind. Dies ist aber nicht der Fall. Frühkindliche Reflexe können über das dritte Lebensjahr hinaus noch aktiv sein und so im späteren Leben die Ursache zahlreicher Probleme werden.

In unserer frühkindlichen Entwicklung gibt es drei sensible Phasen: die Schwangerschaft, den Geburtsvorgang und das erste Lebensjahr des Neugeborenen. Greifen wir bewusst oder unbewusst in eine oder mehrere dieser Phasen des Heranwachsenden ein, beeinflussen wir den von der Natur vorgegebenen Entwicklungsprozess, was zu langfristigen Auswirkungen und Problemen führen kann.

Wie greifen wir bewusst oder unbewusst in die natürliche Entwicklung unserer Kinder ein?

  • Kaiserschnittgeburt, Saugglocke o.Ä. (Wichtig: Medizinisch notwendige Geburtshilfen sind unabdingbar!)
  • Unzureichende Stimulierung des Fötus über die Bewegungen der Mutter (wenn diese z. B. während der Schwangerschaft viel liegen muss)
  • Starke elektromagnetische Strahlen (via Handy etc.)
  • Alkoholkonsum und ungesunde Ernährung der werdenden Mutter
  • Eingreifen/„Mithelfen“ bei den ersten Entwicklungsschritten unseres Babys (z.B. das Baby immer wieder beim Krabbeln und Rollen unterstützen)
  • Lauflernwägen oder der dauerhafte Gebrauch von Maxi-Cosis

Durch all diese Möglichkeiten des Eingreifens können wichtige Schritte im Entwicklungsprozess übersprungen, ausgelassen oder verzögert werden, was dazu führt, dass frühkindliche Reflexe selbst nach dem dritten Lebensjahr hinaus noch aktiv bleiben.

Was passiert, wenn der Moro-Reflex nicht verschwindet?

Am Beispiel des Moro-Reflexes erklären wir nun die Bedeutung und Aufgabe von frühkindlichen Reflexen und typische mögliche Symptome bei persistierenden (noch aktiven) Reflexen. Des Weiteren zeigen wir Ihnen, wie Sie feststellen können, ob bei Ihnen oder Ihren Patienten der Moro-Reflex noch aktiv ist, und welche Übungen dabei helfen, diesen Reflex aufzulösen. Der Moro-Reflex trainiert zum einen die Atemmuskulatur des Babys. So wirkt er unmittelbar nach der Geburt durch den ersten Schrei dabei mit, die Atmung in Gang zu setzen. Zum anderen ist dieser Reflex auch beim Fallen aktiv, wenn wir uns zunächst strecken, um noch nach etwas greifen zu können, und uns anschließend so klein wie möglich machen, um uns zu schützen. Probleme, die durch einen noch aktiven Moro-Reflex entstehen können:

  • Überempfindlichkeit des vestibulären Systems (Gleichgewichtsprobleme)
  • Überempfindlichkeit auf sensorische Reize (Licht, Berührung, Geräusche, etc.)
  • Körperliche Schutzspannung und muskuläre Verhärtungen
  • Eingeschränkte Mobilität und Beweglichkeit Schwierigkeiten mit der Atmung (Kurzatmigkeit)
  • Hohes Stresslevel, Angst und Anspannung
  • Eingeschränktes peripheres Sichtfeld
  • Häufig wiederkehrende Kraft- und Energielosigkeit

Durch die Integration, sprich die Auflösung des Moro-Reflexes, können Sie die tatsächlichen Ursachen dieser und vieler weiterer Probleme bei Ihnen und Ihren Patienten gezielt und effektiv therapieren. Denken Sie an die Ursachen! Um Bewegungsabläufe besser zu verstehen, ist es wichtig, dass wir zukünftig den Blick auf unsere frühkindliche Entwicklung richten. Durch die Integration bzw. Auflösung frühkindlicher Reflexe gehen Sie zukünftig an den Kern spezieller motorischer Probleme heran und schaffen somit ein neues Fundament lebenslang gesunder Bewegung und Bewegungsabläufe. Denn das Ziel sollte immer sein, die tatsächlichen Ursachen körperlicher Blockaden und Beschwerden zu beseitigen.

Welche Folgen haben persistierende Reflexe?

  • Wirbelsäulenfehlstatiken (Buckel, Skoliose etc.)
  • Bandscheibenvorfälle
  • Kopfschmerzen sowie Migräne
  • Muskuläre Verspannungen und körperliche Fehlbelastungen
  • Gleichgewichts- und Koordinationsprobleme
  • Falsche Bewegungsmuster
  • Ernährungs-, Verdauungs- und Organprobleme
  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten
  • Verminderte Leistungsfähigkeit
  • Angststörungen und Erschöpfung

Wie teste ich den Moro-Reflex?

Auslösen des Reflexes: Der Patient liegt entspannt in Rückenlage, die Augen sind geöffnet. Der Trainer setzt einen plötzlichen Reiz, z. B. lautes Klatschen, an den Füßen ziehen o. Ä.

Mögliche reflexbedingte Reaktionen: Der Patient zuckt mit den Armen (Schutzmechanismus/-spannung) oder reagiert sehr sensibel auf den Reiz.

Übung zur Integration des Moro-Reflexes:

Wie der Moro-Reflex und andere persistierende Reflexe erkannt, aufgelöst und daraus folgende Probleme behoben werden können.

Der Patient legt sich auf eine Liege oder Matte und wiederholt dreimal folgendes Reflexmuster: Während der Einatmung den Körper komplett öffnen (Arme über Kopf strecken, Beine seitlich abspreizen, Blick nach hinten; Bild oben). Anschließend während der Ausatmung komplett verschließen (Arme und Beine überkreuzen, Kinn zur Brust, Fäuste machen und Augen schließen; Bild Mitte).

Im Anschluss legt sich der Patient entspannt ab, die Beine sind gestreckt und eine Hand liegt auf dem Solarplexus. Der Trainer legt eine Hand auf den M. tensor fasciae latae (seitliche Hüfte) und die zweite Hand auf die Stirn (Bild unten). Nun atmet der Kunde ruhig und gleichmäßig für vier bis acht Atemzüge ein und aus. Währenddessen denkt er an folgende Affirmation: „Ich kann mich vollständig fallen lassen und mich selbst komplett schützen.“ Der Trainer integriert den Reflex, indem er bei jedem Ausatmen des Kunden auf seinem Scheitel parasagittal vor- und zurückklopft. Diese Übung zwei- bis achtmal wiederholen, bis sich eine tiefe Entspannung beim Patienten einstellt.

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Autoren:

Markus Friedrich ist Diplom-Sportwissenschaftler, Deutschlands erster Sportomneologe sowie Trainer und Ausbilder der F&W Reflexintegration. Sein Bestreben ist es, Störungen im Bewegungsapparat und die damit verbundenen Syndrome mit der tatsächlichen Ursache zu beseitigen.

Dr. Matthias Welker ist Allgemein- und Orthomolekularmediziner; er ist Gründer und Entwickler der Medizinischen Omneologie sowie Ausbilder der F&W Reflexintegration. Mit seiner Erfahrung und seinen ganzheitlichen Methoden verhilft er Menschen zu mehr Gesundheit, Kraft und Freiheit.

www.fundw-reflexintegration.de

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Über den Autor

Trainingsworld

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