Fitnesstrend Massagepistole: Was bewirken Vibrationsmassagen?

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Die Massagepistole: Vibrationsmassagen zeichnen sich durch einen externen Stimulus aus, der mit unterschiedlichen Frequenzen über die Haut in den Körper eindringt. Durch die technischen Weiterentwicklungen werden die Einsatzmöglichkeiten, die Anwendungsgebiete und letztlich auch die Massagetechniken vervielfältigt.

Inhaltsverzeichnis

  1. Effekte einer klassischen Massage
  2. Was bringt die Massagepistole?
  3. Wie sinnvoll ist eine Massagepistole?
  4. Auf was muss man bei der Anwendung von Massagepistolen achten?
  5. Wie massiert man mit einer Massagepistole?
  6. Wie benutze ich eine Massagepistole richtig?

Effekte einer klassischen Massage

Die physiologischen Effekte der vibratorischen Massagen ähneln jenen der manuellen Massagemethoden. Die Effekte einer reinen Massage als Regenerationsmaßnahme sind in der Wissenschaft umstritten (Poppendieck et al., 2016). Insbesondere bleibt ungeklärt, zu welchem Zeitpunkt, in welchem Ausmaß und bei welcher Zielgruppe eine Massage leistungssteigernde Effekte erzielen kann. In Bezug auf die gerätegestützte Massage bedeutet dies, dass jeder deiner Kunden anders darauf reagieren wird.

In erster Linie führt eine klassische Massage zu einer erhöhten Durchblutungssituation in den oberflächlichen Blutgefäßen und in der Muskulatur. Dadurch können die Spannungen der Muskeln reduziert und Schmerzen gelindert werden. Tiefere Massagen führen dabei zu einer stärkeren lokal erhöhten Durchblutungssituation, die mit einer von außen sichtbaren Histamin-Ausschüttung einhergeht: Die Haut errötet und die lokale Temperatur nimmt zu. Zumeist entwickelt sich dieser Effekt nach etwa einer Stunde wieder zum Ausgangswert zurück (Goats, 1994).

Was bringt die Massagepistole?

Per se ist es völlig unterschiedlich, wie das Nervensystem auf die entsprechenden Reize reagiert. Im Allgemeinen führen schnelle, oberflächliche und rhythmische Massagen zu einer Tonuserhöhung. Hingegen führen langsame, tiefe und monotonische Bewegungen zu einer Tonussenkung. Diese Reize werden nicht nur vom zentralen Nervensystem verarbeitet, sondern auch vom vegetativen Nervensystem, das wiederum einen wesentlichen Einfluss auf andere Systeme, wie bspw. das Hormonsystem oder das Fasziensystem, hat.

Gleichzeitig erfolgt über die mechanischen Reize eine Stimulation der unterschiedlichen Mechanorezeptoren, welche die Signale der Schmerz-/Spannungsrezeptoren überlagern können. Das ist der Grund dafür, warum wir uns schon fast unbewusst über den Ellenbogen reiben, nachdem wir uns gestoßen haben. In Bezug auf die diversen Therapien ist hierbei jedoch fraglich, ob man immer eine Schmerzüberlagerung erreichen möchte, um die Performance zu steigern oder sie überhaupt erst zu ermöglichen. Insbesondere bei Selbstanwendungen ist darauf zu achten. Selten ist das „Da-wo’s-Prinzip“, also „da, wo‘s weh tut“, langfristig erfolgversprechend. Vielmehr sollte man ergründen, warum der Körper einen Schmerz kommuniziert und welche Auslöser daran beteiligt sind.

Wie sinnvoll ist eine Massagepistole?

Der große Vorteil vibratorischer Reize ist ein höherer neuronaler Reiz, der dementsprechend eine größere sensorische Stimulation mit sich bringt. Das bedeutet, dass man diese Art von Anwendung insbesondere zur Aktivierung vor dem Sport (oberflächlich und zügig) sowie auch gegen Schmerzen und zur Entspannung (tiefer, länger verweilend und monoton) nutzen kann. Sicherlich steht allgemein hierbei allerdings der schmerzreduzierende bzw. schmerzüberlagernde Effekt im Vordergrund (Shagufta et al., 2014). Die Druckschmerzempfindlichkeit des Gewebes kann durch vibratorische Reize verringert werden (Cheatham et al., 2017). Einige sehr spannende Ergebnisse der Wissenschaft zeigen in jüngster Vergangenheit auch zentrale/ seitenübergreifende schmerzlindernde Effekte durch Selbstmassagen (Cheatham et al., 2017). Das bedeutet, dass man bereits durch einseitige Anwendungen zugleich schmerzlindernde Effekte auf der kontralateralen Seite sowie in anderen Arealen der gleichen Seite erzielen kann. Insbesondere im therapeutischen Anwendungsgebiet kann das von hoher Bedeutung sein, bspw. dann, wenn an einer Seite noch nicht gearbeitet werden darf.

Auf was muss man bei der Anwendung von Massagepistolen achten?

  • Einen angenehmen Modus finden: Unser Gehirn schenkt diesen Vibrationen eine besonders hohe Aufmerksamkeit, weil sie für das zentrale Nervensystem mit hoher Frequenz einen enormen sensorischen Reiz darstellen. Sie „schießen“ mit bis zu 3.000 Vibrationswiederholungen pro Minute in das Gewebe. Um dabei ebenfalls positive Ergebnisse zu erzielen, sollte die Vibrationsmassage in einem angenehmen Modus erfolgen. „Angenehm“ heißt insbesondere bei der Anwendung einer neuartigen Massagepistole, dass es nicht zu enormen Schmerzen kommen, aber auch nicht kitzelig sein sollte. Richtig, an manchen Stellen wird sogar auch ein sehr tiefer Druck kitzelnd wirken. Das lockert zwar eventuell die Stimmung, aber nicht die Gewebsspannung.
  • Kontraindikationen beachten: Alle Gebiete im muskuloskelettalen Bereich sind bei gesunden Menschen bedenkenlos zu massieren. Aufpassen solltest du auf prominente Knochenstrukturen und in organischen Bereiche. Selbstverständlich gibt es auch bei diesen vibratorischen Massagen Kontraindikationen, wie unter anderen Thrombosen, Fieber, Tumore, Herzprobleme (Insuffizienzen etc.), Frakturen, offene Wunden, akute Entzündungen, fortgeschrittene Osteoporose, Marcumar-Patienten. Im Sinne des Kunden ist es auch sinnvoll, die Massageeinheit an einem ruhigen Ort durchzuführen, sodass er sich auf sich und die Anwendung konzentrieren kann. Oftmals locken diese neuartigen Geräte auch neugierige Zuschauer an, was sich dann im Einzelfall negativ auf die Maßnahme auswirken kann.

Wie massiert man mit einer Massagepistole?

Im Anwendungsbereich sind der Kreativität im Grunde keine Grenzen gesetzt. Viele Kombinationen sind möglich und sinnvoll. Neben der alleinigen Anwendung des Gerätes kann man auch jegliche Arten von manuellen Therapietechniken mit der Massagepistole kombinieren. Folgende Grundvarianten stehen zur Verfügung:

Klassische passive Anwendungstechnik in Ruhestellung

Das Gewebe wird passiv in Ruhestellung massiert. Dabei lassen sich die Druckintensitäten individuell verändern.

Passive Anwendungstechnik in Muskeldehnstellung

Das Gewebe wird passiv in Muskel-/Faszien-Dehnstellung massiert. Dies gilt für alle Areale, die zu massieren sind. Das Gewebe wird dabei in maximale, aber schmerzfreie Dehnstellung gebracht.

Passive dynamische Anwendungstechnik

Die Wirbelsäule wird passiv (vom Coach) während der Anwendung bewegt. Während das Gewebe in Dehnstellung massiert wird, bewegt der Coach den Körper des Kunden in aktive und multidirektionale Dehnstellungen hinein.

Aktive dynamische Anwendungstechnik

Der Kunde bewegt die Wirbelsäule wird aktiv während der Anwendung. Die gleiche Dehnstellung wird nun vom Kunden aktiv und in möglichst vielen variablen Winkeln der Dehnstellung eingenommen.

Passive kombinierte manuelle Anwendungstechnik

In Ruhe- oder Dehnstellung manuelle Mobilisations- und Dehnreize ergänzen. Dabei kann das Gewebe entgegen der Steifigkeit/Einschränkung in Länge und Querausdehnung mobilisiert werden, währenddessen weitere Massagereize erfolgen.

Wie benutze ich eine Massagepistole richtig?

Bei allen Techniken kann man Druck und der Richtungsvektor variieren. Im Rahmen des Drucks kann bspw. bereits eine ganz sanfte Berührung der Haut mit den hochfrequentierten Vibrationen vorhandene Schmerzprozesse lindern. Mit stärkerem Druck erhöhen sich die bereits vorgestellten Durchblutungsprozesse. Dabei kann längs oder quer zum bearbeitenden Faserverlauf gearbeitet werden. Insbesondere bei adhäsiven Faszien bieten sich Scherkräfte und transversale Gewebsmobilisationen (wie bspw. bei Anwendungstechnik 5) an (Zheng et al., 2012; Pollak, 2012).

Die aktive Anwendungstechnik kann auch direkt bei der schmerzhaften Bewegung eingesetzt werden. Dadurch können bewegungsinduzierte Schmerzmuster aufgelöst werden. Für aktivierende Techniken, die schnell und oberflächlich erfolgen, genügen bereits 20–30 Sekunden Anwendungsdauer auf den entsprechenden Körperregionen. Im Fall der Entspannung kann man die Anwendungsdauer deutlich erhöhen. Das ist dann von der palpatorischen Kontrolle abhängig. In der Regel sollten dafür aber mindestens ein bis zwei Minuten pro Körperregion eingeplant werden. Das Anwendungstempo sollte hierbei dann wie beschrieben möglichst langsam und in einer angenehmen Drucktiefe erfolgen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Vibrationsmassage, wie mit einer Massagepistole, eine hervorragende Ergänzung in der Schmerztherapie und der Sportregeneration sein kann, die zudem bei den Kunden sehr gut ankommt.

Literaturquellen:

  • Poppendieck W., Wegmann M., Ferrauti A., Kellmann M., Pfeiffer M., Meyer T. (2016). Massage and Performance Recovery: A Meta-Analytical Review. Sports-Medicine, 46(2), 183–204
  • Goats G.C. (1994). British Journal of Sports Medicine, 28(3)
  • Shagufta I., Zubia V., Shareef M.Y. (2014). To Compare the Effect of Vibration Therapy and Massage in Prevention of Delayed Onset Muscle Soreness (DOMS). Journal of Clinical & Diagnostic Research, 8(1), 133–136
  • Cheatham S.W., Stull K.R., Kolber M.J. (2017). Comparison of a Vibrating Foam Roller and a Non-vibrating Foam Roller Intervention on Knee Range of Motion and Pressure Pain Threshold: A Randomized Controlled Trial. Journal of Sport Rehabilitation
  • Cheatham S.W., Kolber M.J. (2017). Does Self-Myofascial Release with a Foam Roll Change Pressure Pain Threshold of the Ipsilateral Lower Extremity Antagonist and contralateral Muscle Groups? An Exploratory Study. Journal of Sports Rehabilitation
  • Zheng L., Huang Y., Song W., Gong X., Liu M., Jia X., Zhou G., Chen L., Li A., & Fan Y. (2012). Fluid Shear Stress regulates metalloproteinase-1 and 2 in human periodontal ligament cells: in volvement of extracellular signal-regulated kinase (ERK) and P38 signaling pathways. Journal of biomechanics, 45(14), 2368– 2375.
  • Pollak, G. H. (2012). Third International Fascia Research Congress Retrieved from http://www.fasciacongress.org/2012/program

Autor und Sportexperte: Berengar Buschmann

Der Autor ist (Sport-)Physiotherapeut (B. Sc.) und studierter Sportwissenschaftler. Er ist Experte auf dem Gebiet der funktionellen Rehabilitation und Diagnose sowie des funktionellen myofaszialen Trainings. Er ist Geschäftsführer der Firma „TYMGYM – Transform Your Movements“ und Mitarbeiter der Fascia Research Group.

www.transformyourmovements.de

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