Clustertraining für mehr Kraft und Muskelmasse

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Clustertraining: Was nicht wehtut, kann nicht wachsen, denken sich viele Fitnessbegeisterte und trainieren für Kraftzuwachs und Hypertrophie selbstverständlich bis zum Muskelversagen. Es lohnt sich jedoch, das Gewicht innerhalb eines Satzes auch mal abzulegen, um sich so seine Kraft besser einzuteilen. Denn dieses sog. Clustertraining bietet die Möglichkeit, ein schwereres Gewicht häufiger zu bewegen, dem Muskel so insgesamt mehr Arbeit aufzudrücken und den Kraftzuwachs zu begünstigen.

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist Clustertraining?
  2. Vorteile von Clustertraining
  3. Akute Trainingseffekte
  4. Chronische Trainingseffekte
  5. Fazit

Was ist Clustertraining?

Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen Krafttrainingsmethoden. Das traditionelle Krafttraining z. B. ist gekennzeichnet durch kontinuierliche Wiederholungsbereiche über eine bestimmte Wiederholungs- und Satzzahl hinweg, die meist auch mit entsprechend definierten Pausen zwischen den Sätzen absolviert werden (Tufano et al., 2017). Man macht also zum Beispiel drei Sätze à zehn Wiederholungen mit einer Satzpause von ein bis zwei Minuten. Diese Art von Krafttraining ist wahrscheinlich die bekannteste und auch in Fitnessstudios gang und gäbe. Doch was geschieht, wenn man auch zwischen den einzelnen Wiederholungen kleine Pausen macht? Normalerweise wird dies im Studio direkt als „Fehler“ geahndet und der Trainer korrigiert sofort das Absetzen des Gewichts während des Satzes. Doch genau das wird als sogenanntes Clustertraining bezeichnet.

Anders als traditionelle Krafttrainingsmethoden, ist das Clustertraining durch Intra-Satzpausen gekennzeichnet. Durch diese Pausen wird das Gewicht bei der jeweiligen Übung nach bestimmten Wiederholungsrhythmen kurz abgesetzt. Dadurch reduziert sich der Leistungsverlust über die Sätze hinweg und es können im Idealfall ein höherer Overload und höhere Trainingsintensitäten erreicht werden (Haff et al., 2003; Haff et al., 2008; Tufano et al., 2017). Von diesem Overload an Leistung kann wahrscheinlich nicht nur die Kraft, sondern auch die Hypertrophie (Muskeldickenwachstum) profitieren. Diese Ansicht ist aus wissenschaftlicher Sicht zwar noch nicht völlig geklärt, aber es gibt zwei Theorien, die sie plausibel erläutern.

Welche Vorteile hat das Clustertraining?

Zum einen wird die Gesamtbelastungszeit für den Muskel größer (Time Abbildung: Prof. Dr. Stephan Geisler under Tension), da man wesentlich mehr Wiederholungen mit einem gegebenen Gewicht absolvieren kann. Außerdem wirkt wie immer auch der „Reiz des Neuen“, der in der englischsprachigen Literatur gerne auch als „Novelty Effect“ bezeichnet wird. Dieser wäre vor allem bei erfahrenen Kraftsportlern zu vermuten, die lange Zeit immer die gleiche Trainingsmethode nutzen.

Clustersätze verursachen zwar weniger metabolischen Stress, der übrigens auch als ein Faktor der Hypertrophie gehandelt wird, lassen aber dafür eine insgesamt erhöhte Intensität (Lastvolumen) des Trainings zu. Hierbei spricht man von einem verschobenen Gleichgewicht zwischen einer mechanischen und einer metabolischen Belastung, das im Zweifel – und im Sinne des Novelty Effects –durchaus sinnvoll sein kann. Zudem kann das Clustertraining auch aus zeitökonomischen Gründen sinnvoll sein. Bei kurzen Pausen zwischen den Sätzen kann der Athlet sowohl hohe Intensitäten als auch hohe Volumina absolvieren, was sein Training insgesamt sehr zeiteffizient gestaltet.

Wie wirksam diese Trainingsmethode gegenüber traditionellem Krafttraining (TKT) ist, lässt sich aus den folgenden Studienergebnissen gut ableiten. Die Anpassungen sind dabei in eine akute und eine chronische Form zu unterteilen.

Akute Trainingseffekte von Clustertraining (Latella et al., 2019):

  • Geschwindigkeit und Power: Höhere Geschwindigkeiten und eine signifikant höhere Power können beim Clustertraining gegenüber klassischem Krafttraining beobachtet werden.
  • Kraft (Force): Kein Unterschied zwischen Cluster- und klassischem Training.
  • Übungen: Insbesondere mehrgelenkige Krafttrainingsübungen und Gewichthebeübungen profitieren vom Clustern.
  • Intensität: Vorteile vom Clustern können von niedrigen Intensitätsbereichen (< 60 Prozent 1-RM) bis zu hohen Intensitätsbereichen (> 80 Prozent 1-RM) beobachtet werden.
  • Expertise: Benefits des Clusterns scheinen von Hobbytrainierenden bis hin zu Athleten zu reichen.
  • Clustersysteme: Alle oben genannten Clustersysteme sind hinsichtlich Geschwindigkeit und Power effektiver als traditionelles Training.

Chronische Trainingseffekte von Clustertraining (Davies et al., 2021):

  • Muskelkraft: Keine signifikanten Unterschiede zwischen Clustern und Klassisch.
  • Power: Keine signifikanten Unterschiede zwischen Clustern und Klassisch.
  • Geschwindigkeit: Kein Unterschied zwischen Clustern und Klassisch hinsichtlich einer verbesserten Bewegungsgeschwindigkeit, auch wenn es im Schnitt einen Anstieg der Bewegungsgeschwindigkeit um 2,5 plus/ minus 13,4 Prozent gab (Cluster) sowie im Schnitt eine Reduktion der Geschwindigkeit um 3,4 plus/minus 8,9 Prozent gab (klassisch).
  • Hypertrophie: Keine signifikanten Unterschiede zwischen Clustern und Klassisch.
  • Muskelausdauer: Keine signifikanten Unterschiede zwischen Clustern und Klassisch.

Fazit

Clustertraining scheint im Großen und Ganzen zu ähnlichen neuromuskulären Adaptationen zu führen wie traditionelles Krafttraining. Ein Vorteil von Clustern gegenüber regulärem Krafttraining könnte außerdem die reduzierte Erschöpfung über die Sätze hinweg sein, die eine wichtige Eigenschaft in einem periodisierten Training darstellen kann und die Bewegungsqualität optimieren könnte (Hardee et al., 2013). Weiterhin könnten Vorteile eine Reduktion der empfundenen Anstrengung sein (Jukic et al., 2019) und aus therapeutischer Sicht die kurzen, relaxierenden Pausen, die den Blutdruck ad hoc wieder sinken lassen. Diese Art von Training wäre also nicht nur dem Leistungssportler, sondern vielleicht auch dem Reha-Sportler zu empfehlen. Hierzu bedarf es aber noch weiterer Studien, um genauere Empfehlungen geben zu können.

Schaut man sich im Hochleistungssport die unterschiedlichen Kraftsportarten an, so wird schnell klar, dass z. B. beim Olympischen Gewichtheben von jeher so trainiert wird. Hier werden fast ausschließlich Einzelwiederholungen in einem Cluster von drei bis fünf Wiederholungen absolviert. Da Gewichtheber zu den stärksten Athleten gehören, kann diese Form des Krafttrainings schon aus Erfahrung definitiv nicht schlecht sein. Daher sollten auch Fitnessstudios für diese Trainingsmethode offen sein und nicht nur das Prinzip der „Continuous Tension“ verfolgen. Haben Sie Mut zur Pause, es könnte sich lohnen.

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Autor: Prof. Dr. Stephan Geisler ist Veranstaltungspräsident der ersten NSCA Germany Online-Conference, die am 4. und 5. Dezember 2021 stattfindet. Ziel der NSCA Germany ist es dabei, in einem offenen Verhältnis eine Plattform zum wissenschaftlichen Austausch mit dem gemeinsamen Ziel der Qualitätssicherung im Bereich Strength & Conditioning zu schaffen. Darüber hinaus ist er Professor für Fitness und Gesundheit an der IST-Hochschule Düsseldorf, Dozent für Olympisches Gewichtheben an der Deutschen Sporthochschule Köln, Mitbegründer des Fitnesswissenschaftsrats und als „Fitnessprofessor“ von Youtube bekannt.

Literatur

  • Davies, T. B., Tran, D. L., Hogan, C. M., Haff, G. G., & Latella, C. (2021). Chronic Effects of Altering Resistance Training Set Configurations Using Cluster Sets: A Systematic Re[1]view and Meta-Analysis. Sports Medicine. Advance online publication. https://doi.org/10.1007/s40279-020-01408-3
  • Haff, G. G., WHITLEY, A., McCOY, L. B., O’BRYANT, H. S., KILGORE, J. L., HAFF, E. E., PIERCE, K., & STONE, M. H. (2003). Effects of Different Set Configurations on Barbell Velocity and Displacement During a Clean Pull. The Journal of Strength and Conditioning Research, 17(1), 95. https://doi.org/10.1519/1533-4287(2003)0172.0.CO;2.
  • Haff, G., Burgess, S., & Stone, M. (2008). Cluster Training: Theoretical and Practical Applications for the Strength and Conditioning Professional. https://www.uksca.org.uk/ uksca-iq/article/resistance-training/136/cluster-training-theoretical-practical-applications-for-the-strength-and-conditioning-professional
  • Hardee, J. P., Lawrence, M. M., Zwetsloot, K. A., Triplett, N. T., Utter, A. C., & McBride, J. M. (2013). Effect of cluster set configurations on power clean technique. Journal of Sports Sciences, 31(5), 488–496. https://doi.org/10.1080/02640 414.2012.736633
  • Jukic, I., & Tufano, J. J. (2019). Shorter But More Frequent Rest Periods: No Effect on Velocity and Power Compared to Traditional Sets Not Performed to Failure. Journal of Human Kinetics, 66, 257–268. https://doi.org/10.2478/ hukin-2018-0070
  • Latella, C., Teo, W.-P., Drinkwater, E. J., Kendall, K., & Haff, G. G. (2019). The Acute Neuromuscular Responses to Cluster Set Resistance Training: A Systematic Review and Meta-Analysis. Sports Medicine, 49(12), 1861–1877. https:// doi.org/10.1007/s40279-019-01172-z
  • Tufano, J. J., Brown, L. E., & Haff, G. G. (2017). Theoretical and Practical Aspects of Different Cluster Set Structures: A Systematic Review. Journal of Strength and Conditioning Research, 31(3), 848–867. https://doi.org/10.1519/ JSC.0000000000001581
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Stephan Geisler

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