Komplexität statt mehr Widerstand

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In der Regel ist Trainingserfolg für die Meisten ganz einfach definiert: Es gilt, mehr Gewicht an der Trainingsmaschine oder in der gewählten Übung zu bewältigen. Es scheint, als ob mehr Widerstand die einzige Möglichkeit sei, seinem Trainingsziel näherzukommen. Aber ist das wirklich so?

Monotones Training

Für viele ist folgender Einstieg in das Training normal. Aber selbst nach mehreren Jahren des Trainings kommt es immer wieder folgendes vor. Ein Trainingsplan wird erstellt, mit dem einfachen Ziel, in einem bestimmten Zeitraum mehr Gewicht zu bewältigen. Die Ansage ist hier: „Steiger das Gewicht so oft du kannst“. Dieser Trainingsplan sieht meist so aus:

– Latziehen an der Maschine

– Brustpresse

– Schulterpresse

– Bicepscurl

– Armstrecken am Seil

– Crunches am Gerät

– Hyperextension

– Beinstrecker

– Beinbeuger

– Adduktoren

– Abduktoren

 

Erkennt das Jemand wieder? Diese Trainingsplanung wird sehr gerne in Fitnesstudios eingesetzt und führt leider auf lange Sicht nur zu Langeweile und Monotonie im Training. Desweiteren kommt solch eine Trainingsplanung aus dem herkömmlichen Bodybuilding und macht für einen Bodybuilder sicherlich am Anfang Sinn. Aber, Hand aufs Herz – wer geht ins Fitnessstudio, um seine Muskeln aufzupumpen? Die Zielsetzung ist heute bei den Meisten eher die Verbesserung der Gesundheit mit einem funktionellen Training.

Gesundheit kann man von vielen Seiten betrachten. Zum Beispiel von der Seite der Prävention. Nicht nur die Prävention im Sinne der Körperoptimierung, sondern zum Beispiel die Fall- oder Sturzprävention. Wenn ich einen sicheren Ausfallschritt machen kann, dann ist mein Risiko zu stürzen viel geringer, als wenn ich nur monotone Bewegungen an einem Gerät mache.

 

Warum ist der oben erwähnten Trainingsplan nicht länger als 2 Wochen sinnvoll?

Unser Körper ist ein Wunderwerk der Natur und kann sich in kürzesten Zeiträumen an gegebene Belastungen anpassen. Vor allem wenn es um eindimensionale Bewegungen im Sitzen geht, sind wir sehr schnell angepasst. Das liegt mit daran, dass wir schon den ganzen Tag sitzen. Machen wir diesen Trainingsplan zum ersten Mal, bekommen wir etwas Muskelkater. Die Voraussetzung dafür ist, dass das Trainingsgewicht richtig gewählt wurde. Nach der zweiten Trainingseinheit haben die Meisten schon keinen Muskelkater mehr. Es ist häufig nicht mal eine merklich erhöhte Muskelspannung zu spüren.

 

Was bedeutet das?

Ganz einfach. Der Organismus hat sich an den Trainingsreiz angepasst und hat es nicht mehr nötig, sich weiterhin anzupassen. Das Resultat ist Stagnation. Genau aus diesem Grund (häufig aber auch ernährungsbedingt) haben viele Menschen in Fitness und im Training keinen Fortschritt.

 

Was bedeutet Monotonie für das Gehirn?

Unser Gehirn ist eine Schaltzentrale, die ebenfalls auf Training reagiert. Es reagiert mit einer Anpassung und erhöhter Aufnahmefähigkeit und Weiterverarbeitung von Informationen. Aber nur, wenn wir es regelmäßig fordern. Das funktioniert aber auch in die andere Richtung. Wenn wir ein monotones Leben führen (oder nur noch einfache Bewegungen durchführen), brauchen wir so eine ausgeprägte Schaltzentrale nicht mehr. Das Gehirn „baut ab“. Der Spruch „wer rastet, der rostet“ oder „use it or loose it“ gilt nicht nur für Gelenke und Muskeln, sondern auch für unser Gehirn.

 

Was bedeutet „komplexes Training“?

Komplexes Training bedeutet ganz einfach, dass es nicht darauf ankommt, mehr Gewicht zu bewältigen. Es geht darum, die Übung komplexer zu machen, wenn die Standardausführung in sauberer Form eingeübt ist. Komplexes Training beschäftigt sich aber nicht damit, eine Übung irgendwann auf einem Pezziball mit Widerstandsbändern an den Armen auszuführen. Es geht darum, alltagsnahe Bewegungen zu üben, um für die Ausnamesituation bereit zu sein.

 

Was bedeutet alltagsnah?

Alltagsnah bedeutet, sich auf festem oder steinigem Untergrund zu bewegen. Nicht auf einer Schaumstoffmatte oder einem Wackelbrett. Das ist nicht real! Alltagsnah bedeutet des Weiteren aber auch, dass die Trainingsumgebung variiert. Das Training kann in einem Gebäude, unter einem Unterstell oder auch draußen durchgeführt werden. Alltagsnah bedeutet, auch mal an einem Hang zu trainieren oder bei Regen beziehungsweise Schnee. (Lesen Sie dazu auch: Gibt es etwas Zweckmässigeres als Alltagstauglichkeit?)

  

Nicht zum „Extremo“ werden

Alltagsnah heißt aber nicht, dass wir jedes Mal draußen bei strömendem Regen oder mitten in einem Schneesturm trainieren müssen. Wenn wir es hinbekommen, dass ungefähr 10 % bis 20 % des Trainings draußen stattfindet, dann ist das schon super.

 

Lesen Sie in Teil 2 des Artikels Wichtiges über die Grundlagen des komplexen Trainings

 

Karol Szwand 

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