Das Gehirn trainiert mit

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Den Kopf frei kriegen, einfach mal abschalten, an nichts denken und den Arbeitsstress hinter sich lassen, sind gute Gründe, öfter einmal Sport zu treiben. Doch wer glaubt, dass das Gehirn beim Sport sozusagen im Leerlauf mitfährt, irrt sich gewaltig.

Auch wenn Sport die Psyche beruhigt, Stress abbaut und entspannend wirkt, muss unser Gehirn ständig Höchstleistungen erbringen. Sportwissenschaftler der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) wollten nun einmal genau wissen, wie sehr das Gehirn beim Sport belastet wird und welche Auswirkungen die Belastung für das Gehirn auf die Effektivität des Trainings hat.

Tatsächlich vollbringt unser Denkorgan Höchstleistungen, wie ein Forscherteam der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) dank einer neuen Messmethode herausgefunden hat. Das gilt selbst dann, wenn man selber das Gefühl hat, beim Training abschalten zu können.

Dabei haben die Art und der Zeitpunkt des Trainings enorme Auswirkungen auf die Leistung des Gehirns, das durch seine Arbeit den Organismus vor körperlicher Überforderung schützt. Wenn man dabei weiß, wie der Kopf auf Belastung reagiert, kann man auch sein Training entsprechend optimieren, so die Forscher. Das gilt dabei nicht nur für Leistungssportler. Auch Breitensportler können mit den Erkenntnissen ihr Training effektiver gestalten.

 

Die Studienbedingungen

Für ihre Untersuchung maßen die Sportwissenschaftler in einem Speziallabor die Hirnströme von 16 Probanden während einer körperlichen Belastung. An der Untersuchung nahmen unter anderem Radsportler, Moutainbiker oder Triathleten teil, die alle ein vergleichbares Leistungsniveau hatten.

Zunächst absolvierten die Sportler eine Eingangsuntersuchung und mussten einen Leistungstest auf dem Fahrradergometer absolvieren. Nach jeweils einer Woche mussten sie vier verschiedene Trainingsprogramme absolvieren, bei denen jeweils ihre Gehirnströme gemessen wurden. Die Forscher untersuchten dabei verschiedene Belastungskenngrößen wie etwa Dauer, Intensität und Bewegungsfrequenz sowie der Einfluss von Sauerstoffmangel während des Trainings.

 

Die Auswertung

Als erstes konnten die Forscher nachweisen, dass die Hirnaktivität bei einer Belastung zunächst ansteigt. Bei zunehmender körperlicher Müdigkeit nimmt die Hirnaktivität allerdings wieder ab. Studienleiter Thomas Gronwald kommentiert das Ergebnis: „Daraus können wir schlussfolgern, dass für eine hohe sportliche Leistung auch eine hohe Hirnaktivität erforderlich ist. Sie ist notwendig, um den Organismus zu kontrollieren.“ Auch dass die Hirnaktivität mit zunehmender Müdigkeit abnimmt, ist dadurch zu erklären: „Der Organismus soll vor Überlastung geschützt werden. Ein ausgeklügeltes System ist das“, sagt der Sportwissenschaftler.

 

Besser trainieren

Dass auch das Gehirn bei zunehmender Belastung müde wird, hat der eine oder andere bestimmt auch schon an sich beobachten können. Insofern stellt sich die Frage, wie man als Sportler die Studienergebnisse für sich nutzen kann. Auch dazu haben die Sportwissenschaftler einen Tipp: Man sollte so variabel wie möglich trainieren. Für Jogger bedeutet das beispielsweise, dass sie nicht nur 40 Minuten in einem einheitlichen Tempo vor sich hin traben sollen, auch wenn man dabei herrlich abschalten kann. Möchte man schneller werden, sollte man seinem Körper immer neue Reize setzen. Bergsprints, Tempointervalle, Hügelläufe, Steigerungsläufe, Fahrtenspiel oder auch einmal einen Treppenlauf können solche Reize sein, die neben den Körper auch das Gehirn trainieren.

Die Forscher räumen ein, dass die Zahl der Probanden sehr klein war und sie bisher auch nur herausgefunden haben, dass die Hirnaktivität durch Sport gesteigert wird und bei Ermüdung nachlässt. Einen konkreten Hinweis, dass abwechslungsreiches Training auch die Ermüdung des Gehirns verlangsamt, gibt es noch nicht. Dies wollen die Wissenschaftler in weiteren Versuchsreihen herausfinden. Doch auch dann bleibt die Frage, was zuerst einsetzt; die Ermüdung des Geistes oder die des Körpers.

 

Christian Riedel

 

Die Publikation:

Gronwald, Thomas (2012). Hirnaktivität im Sport – Analyse der zentralnervalen Aktivierung während definierter Ausdauerbelastungen auf dem Fahrradergometer unter Normoxie und Hypoxie. Hamburg: Verlag Dr. Kovac.

 

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Christian Riedel

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