Orthorexie: „Krankhafte Gesundesser“ – so beschrieb der amerikanische Arzt Dr. Steven Bratman 1997 erstmals das Krankheitsbild der Orthorexie. Betroffene zwingen sich regelrecht zu gesunder Ernährung und haben oftmals Angst, durch ungesunde Lebensmittel zu erkranken. Gemäß ICD-10 und DSM-5 handelt es sich bei der Orthorexie jedoch um keine eigenständige Erkrankung. Ernährungsexperte Peter Marks klärt über die Risiken auf und erläutert, wie Fachärzte die Betroffenen unterstützen können.
Inhaltsverzeichnis
- Zu welchen gesundheitlichen Risiken führt eine Orthorexie?
- Worin liegt die Rolle des Arztes bei der Behandlung?
- Worauf sollten ernährungsbewusste Menschen generell achten?
Zu welchen gesundheitlichen Risiken führt eine Orthorexie aus Sicht eines Mediziners?
Peter Marks: Einerseits kann es durch eine einseitige Ernährungsweise, wie sie typischerweise bei Eliminationsdiäten und eben der Orthorexie auftritt, zu einer Mangel- oder Unterversorgung an Nährstoffen und Vitaminen kommen. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Ernährungsform aus medizinischen Gründen erforderlich ist oder nicht. Andererseits kann es durch eine vielleicht auch zu gut gemeinte Supplementation zu einer Überdosierung an Vitaminen und folglich sogar zu einer Organschädigung kommen, die ohne ärztliche Kontrolle erst bei Auftreten von Symptomen erkannt wird. So steigt auch beispielsweise bei einer auf gesättigten Fetten fokussierten Ernährung das Risiko für kardiovaskuläre Erkankungen. In vielen Fällen kann es dann allerdings schon zu spät sein. Wird sie nicht rechtzeitig behandelt, kann eine Orthorexie schnell in eine andere Form der Essstörung übergehen.
Worin sehen Sie in der Behandlung die Rolle des Arztes?
Peter Marks: Ich denke, der Arzt sollte hier eine beratende und unterstützende Rolle einnehmen. Grundsätzlich ist es als positiv zu werten, wenn Menschen sich so sehr um eine gesunde Ernährung bemühen. Das sollte nicht unnötig problematisiert, allerdings aber in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Mögliche gesundheitliche Risiken einer Orthorexie sollten durch gründliche Anamnese, Labordiagnostik und individualisierte Risikoerhebung abgewogen und besprochen werden. Der Arzt kann hier den Patienten begleiten und im weiteren Verlauf drohende Mangelzustände oder Überdosierungen durch Laborkontrollen frühzeitig erkennen. Bei entsprechendem Erfahrungsschatz kann der Arzt auch als Korrektiv fungieren, um für den Patienten schädliche Ernährungsformen aufzuzeigen und ggf. gesündere Alternativen anzubieten. Hier etablieren sich aktuell Ernährungsmediziner mit gleichlautender Zusatzbezeichnung – diese wurde 2020 mit einer angepassten Weiterbildungsordnung auf den Weg gebracht.
Worauf sollten ernährungsbewusste Kunden und Ernährungsberater generell achten?
Peter Marks: Vor einer geplanten Ernährungsumstellung die Hausaufgaben machen. Was ist das Ziel der Maßnahme? Sprechen gesundheitliche Gründe gegen die Ernährungsform? Handelt es sich ggf. um eine grundsätzlich zu hinterfragende Ernährungsweise, die vielleicht als Modeerscheinung und eher finanziell motiviert Verbreitung findet? Hier sollten unbedingt die Quellen geprüft und ggf. professioneller Rat von neutraler Seite eingeholt werden.
Interview mit Peter Marks, Facharzt für Chirurgie und Experte mit Schwerpunkbildung Ernährungsmedizin
Erschienen in der body LIFE
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