In der wissenschaftlichen Diskussion spielt eine fett-eiweißbetone Ernährungsweise mittlerweile eine interessante Rolle. Während noch vor wenigen Jahren Ausdauersportler empfohlen wurde, ihr Hauptaugenmerk auf die Kohlenhydrataufnahme zu legen, wird hierüber aktuell sehr kontrovers diskutiert.
Die Forschung zu kohlenhydratreduzierter Ernährung weitet sich zunehmend aus. Das Ziel ist es, die Bedeutung einer veränderten Zusammensetzung der Nährstoffe in Ihrer Nahrung zu erkennen. Hintergrund ist, dass es immer mehr theoretische Hinweise darauf gibt, dass ein Zuviel an Kohlenhydraten gesundheitliche Risiken birgt. Interessant ist für Sie als Ausdauersportler die Erkenntnis, dass Sie im Trainingsverlauf mit veränderten Nährstoffanteilen Ihre Leistungsfähigkeit gezielt unterstützen können.
Die Basis Ihrer Leistungsfähigkeit liegt in der Ernährung
Als Sportler suchen Sie sicher auch regelmäßig nach Wegen und Möglichkeiten, das tägliche Training zu optimieren und Ihre Leistungsfähigkeit weiter zu steigern. Ihrer Ernährung kommt dabei eine maßgebliche Rolle zu, denn die Zusammensetzung der Grundbestandteile Ihrer Lebensmittel hat einen erheblichen Einfl uss auf Ihre Energiebereitstellung. Zudem zeigt sich, dass die rechtzeitige Aufnahme von Nährstoffen auch Ihre Regeneration nachhaltig verbessern kann. Das ist umso bedeutender, da Sie als Sportler einen wesentlich größeren Teil Ihrer Zeit mit Regeneration als mit Training verbringen.
Die Energielieferanten Ihres Körpers
Die Kohlenhydrate nehmen in der Ernährung eine wichtige Grundfunktion ein. Sie sind gemeinsam mit den Fetten die Energieträger Ihres Körpers. Ganz allgemein werden Kohlenhydrate auch als Zucker bezeichnet. Der Vorteil gegenüber dem Fett liegt darin, dass Kohlenhydrate ohne Sauerstoff (anaerob) sehr viel schneller eine große Energiemenge liefern können als Fette. Aufgrund ihres biochemischen Aufbaus wurden Kohlenhydrate in der Vergangenheit in „einfache“ und „komplexe“ Kohlenhydrate unterteilt. Man unterschied bei den „einfachen“ Kohlenhydraten zwischen Einfach-Zuckern und Zweifach-Zuckern.(1) Zu den „komplexen“ Kohlenhydraten zählen Mehrfach-Zucker und Vielfach-Zucker. Bei dieser Einteilung schloss man von der Molekülanzahl der Kohlenhydrate auf die Verfügbarkeit für den Organismus. Einfache Kohlenhydrate sollten schnell in den Organismus aufgenommen werden und komplexe Kohlenhydrate galten als langsam absorbierbar. Für die physiologische Bedeutung ist diese Einteilung allerdings wenig geeignet und überholt, da die Größe des Saccharids nicht zwangsläufi g Einfl uss auf die Geschwindigkeit der Aufnahme hat. So wird die Glukose aus der Stärke z. B. schneller ins Blut aufgenommen als Saccharose.
Zu viele Kohlenhydrate gefährden Ihre Leistung
In den täglichen Mahlzeiten finden sich häufig große Mengen an Kohlenhydraten. Zunehmend wird in Studien die Vermutung gestärkt, dass die aufgenommene Menge an Kohlenhydraten einen Einfluss auf das Entstehen und den Verlauf des metabolischen Syndroms zu haben scheint. Mit dem
metabolischen Syndrom bezeichnet man das kombinierte Vorliegen von Erkrankungen und Stoffwechselstörungen wie
– Adipositas (Fettsucht)
– Bluthochdruck
– Diabetes mellitus Typ 2.
Wiederholte starke Auslenkungen des Blutzuckerspiegels durch übermäßigen Konsum von hochglykämischen Lebensmitteln, die sehr schnell von Ihrem Körper aufgenommen werden, führen vermutlich zu Insulinresistenz bzw. einem manifesten Typ-2-Diabetes. Darüber hinaus steigen durch starke Blutzuckerschwankungen auch Ihre Triclyceridspiegel, was wiederum Fettstoffwechselstörungen auslösen kann. Durch Ablagerungen in den Gefäßen werden diese starr und sind nicht mehr so elastisch. Dies fördert unter anderem die Entstehung von Bluthochdruck. Der übermäßige Anstieg des Blutzuckers nach dem Genuss von stark kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln führt zu einer postprandialen Hyperinsulinämie. So versucht Ihr Körper die Glukose schnell in die Zellen zu schleusen und somit den Blutzuckerspiegel wieder auf ein normales Niveau zu senken. Diese kurzfristige übermäßige Insulinausschüttung kann allerdings nach ca. 3 Stunden einen Unterzuckerungszustand hervorrufen, der als reaktive Hypoglykämie bezeichnet wird. So wird erneut Hunger ausgelöst und die Entstehung von Übergewicht begünstigt.
Die Bedeutung der Kohlenhydrate – nur ein Mythos?
Ausdauersportlern werden von Ernährungsgesellschaften immer noch sehr hohe Kohlenhydratzufuhren von bis zu 70 % empfohlen. Allerdings existieren für diese Empfehlungen keine wissenschaftlichen Grundlagen.(1) Stattdessen führen diese Vorgaben zu einer einseitigen Ernährungsweise, die etliche Gefahren für Ihre Gesundheit, aber auch für Ihre optimale Leistungsentwicklung birgt. Allenfalls im Rahmen eines Carboloadings können derart hohe Kohlenhydratkonzentrationen sinnvoll sein, um Ihre Vorbereitung auf eine sportliche Höchstleistung wie einen Marathon oder einen Triathlon abzuschließen. Dabei werden die Kohlenhydratspeicher Ihrer Muskulatur gefüllt und so gewährleistet, dass Sie Ihr sportliches Ziel mit großen Energiereserven an Kohlenhydraten beginnen. Kohlenhydrate können aber zu einer Verminderung Ihrer Fettverbrennung beitragen, wenn
– sie vor der Belastung zugeführt werden,
– während der Belastung zugeführt werden oder
– Ihre Muskelglykogen-Speicher gefüllt sind.
Die Kohlenhydratzufuhr vor dem Sport hemmt also ungünstigerweise die Fettverbrennung. Das gilt auch für moderate extensive Belastungen. Das ist jedoch genau das Gegenteil dessen, was Sie durch ein extensives Grundlagentraining erreichen möchten, denn das Ziel ist das Verbessern der Fettoxidation. In einer Studie reduzierte sich die Fettverbrennung sogar um 34 %.(2) Die Oxidation von Fettsäuren wird aber auch durch während der Belastung zugeführte Kohlenhydrate gehemmt. Zudem hat der Füllungsgrad der Glykogenspeicher der Muskulatur einen hemmenden Einfluss auf die Fettverbrennung.(3)
Kcal % Kohlenhydrate |
Kcal % Fett | Kcal % Eiweiß |
Leistung bis zum Abbruch in Minuten |
VO2max |
50 | 38 | 12 | 91,2 | 66,4 |
61 | 24 | 14 | 69,3 | 63,7 |
73 | 15 | 12 | 75,8 | 59,6 |
Tab. 1: Fettenergiegehalt einer isokalorischen Testdiät bei Läufern und die dazugehörige Sauerstoffaufnahme und Leistungsfähigkeit
Fett- und Eiweißanteil im Grundlagenausdauertraining
Das von Jan Prinzhausen entwickelte und nach ihm benannte Prinzip zur Leistungssteigerung durch eine phasenbetonte Ernährung setzt in der Vorbereitungsphase, die zum Ziel hat die aerobe Grundlagenausdauer und hier insbesondere die Fettverbrennung zu schulen, auf eine kohlenhydratreduzierte Kost. Das Ziel ist so, die an Ihrem Fettstoffwechsel beteiligten Enzymsysteme zu aktiveren, so dass die Betaoxidation effektiver ablaufen kann. Gleichzeitig sollen die Muskelfettspeicher durch höhere Fettanteile in der Nahrung vergrößert werden. In der althergebrachten Ernährungslehre wird diese Kostform jedoch als zu fettbetont beschrieben. Die fehlenden Kohlenhydrate sollen die Leistung mindern. In einer Studie bestätigte sich jedoch, dass eine Ernährungsform mit 35 %-kcal Fett zwar zu reduzierten Muskelglykogenspeichern, jedoch nicht zu verminderter Leistung führte – Ihr Körper ist eben in der Lage auch Fette zur Energiebereitstellung heranzuziehen. Kurz vor dem Wettkampf bzw. in hochintensiven Belastungsphasen wird das Verhältnis der Nährstoffe jedoch verändert. Eine steigende Kohlenhydrataufnahme soll nun helfen, die Speicher in der Muskulatur zu füllen und so eine erhöhte Leistungsfähigkeit zu gewährleisten.
Trainingsinhalte | Ernährungszusammensetzung |
Extensives Grundlagenausdauertraining |
Kohlenhydratreduziert, fett-eiweißbetont über den gesamten Tag |
Intensives Training am Vormittag | Kohlenhydratbetont Abends zuvor |
Intensives Training am Mittag | Kohlenhydratbetont ab dem Frühstück |
Intensives Training am Abend | Kohlenhydratbetont ab Mittag |
Tab. 2: Beispiele für Ernährungsanpassung an das Training (nach Prinzhausen, 2009)
Fett-eiweißreich essen und die Grundlage verbessern
In der aktuellen Forschungslage zeigt sich der enge Zusammenhang zwischen der Ernährung und den gewünschten Trainingsanpassungen besonders deutlich. Insbesondere das Beeinflussen des Fettstoffwechsels ist einer der gewünschten Effekte bei der Umstellung Ihrer Ernährung in Phasen, in denen Sie Ihren Fettstoffwechsel trainieren wollen. In dieser Zeit sollten Sie die Aufnahme von Kohlenhydraten reduzieren und gleichzeitig den Eiweißanteil erhöhen. Ihren Energiebedarf decken Sie dabei über eine zusätzliche Fettzufuhr. Gleichzeitig erhöhen Sie die Energieausbeute aus den zur Verfügung stehenden Fettspeichern. Intensive Belastungsphasen, in denen Intervalle und anaerobes Training auf Ihrem Plan stehen, erfordern jedoch die zusätzliche Aufnahme von Kohlenhydraten. Sie müssen Ihre Ernährungszusammensetzung demnach Ihrer Trainingsphase anpassen. (Lesen Sie auch: Low-Carb-Diäten wirken besser auf die Körperzusammensetzung als Low-Fat-Diäten)
Passen Sie Ihre Ernährung an Ihr Training an!
Dass Sie mit einer fett-eiweißreichen Ernährung Ihren Fettstoffwechsel unterstützen können, zeigt, wie eng das körperliche Training und Ihre Ernährung zusammenhängen. Ein kohlenhydratreduziertes Ernährungskonzept unterstützt zwar Ihren Fettstoffwechsel, hemmt aber gleichzeitig auch Ihre anaeroben Kapazitäten. Wenn Ihr anaerober Stoffwechsel arbeitet, verbrennt dieser immer Kohlenhydrate. Sind Ihre Speicher entleert, hat Ihr Organismus keine Kohlenhydrate zum Verbrennen und folglich arbeiten auch Ihre Enzymsysteme nicht im anaeroben Glykogenstoffwechsel. Sie würden also von einem solchen Training nicht profitieren. Passen Sie Ihre Ernährungsweise also den Anforderungen in Ihrem Training an! Wenn Sie beispielsweise eine sehr intensive Trainingseinheit planen, sollten Sie bereits in den Tagen vor dem Training beginnen, Ihre Kohlenhydratspeicher aufzufüllen. Ähnliches gilt unmittelbar vor einem Wettkampf, den Sie auf keinen Fall mit entleerten Glykogenspeichern angehen sollten. Hier können Sie durch eine vorangegangene kohlenhydratreduzierte Phase zudem die Menge der gespeicherten Kohelnhydrate über das normale Maß anheben!
Trainingstipps
– Nehmen Sie unmittelbar vor einem Grundlagenausdauertraining keine Kohlenhydrate auf.
– Führen Sie während der ersten Trainingszeit keine Kohlenhydrate zu.
– Gute Nahrungsfette erhöhen die Fettspeicher in Ihrer Muskulatur und Kcal % verbessern die Energieausbeute.
Quellenangaben
1. Sportscare, 2005, Bd. 1, S. 2–7
2. American Journal of Physiology, 1997, Bd. 2 (1), S. 268–275
3. Journal of Applied Physiology, 2005, Bd. 99, S. 707–714
Dennis Sandig
Fachsprache
postprandial – die Phase direkt im Anschluss an die Nahrungsaufnahme
Carboloading – ist eine Strategie um die Kohlenhydratspeicher in den Muskeln maximal zu füllen. Nach einer Woche mit reduzierter Kohlenhydrataufnahme werden über 24 Stunden große Mengen kohlenhydrathaltiger Nahrungsmittel wie Nudeln gegessen.