Wenn „dick sein“ zur Krankheit wird

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Irgendwann geht die Hose nicht mehr zu und die liebgewonnen Wohlstandsrundungen erreichen Ausmaße, die das Leben auf die ein oder andere Art beeinträchtigen. Warum Sie einen Bodymaßindex über 30 nicht auf die leichte Schulter nehmen sollten…

Seit einigen Jahren rangiert Deutschland im europäischen Vergleich an vorderster Stelle, wenn es um das Übergewicht der Bevölkerung geht. Auch zum internationalen Spitzenreiter, den USA, holen wir stetig auf. Beinahe jeder 2. Deutsche ist zu dick und seit Jahren nimmt vor allem die Zahl der fettleibigen Kinder dramatisch zu. Ein alarmierender Zustand, bei dem das Krankheitsbild Adipositas nur die Spitze des Eisbergs darstellt.

 

Adipositas – Was ist das eigentlich?

Adipositas ist eine deutliche Fettsucht, die dann vorliegt, wenn der Fettanteil des Körpers als zu hoch und damit gesundheitsgefährdend eingestuft wird. Dies geht mit einer starken Zunahme an Körpermasse einher. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat festgelegt, dass Menschen mit einem Bodymaßindex von über 30 als adipös gelten. Auf Grund der berechtigen Kritik am BMI können auch Körperfettmessungen als ausschlaggebend herangezogen werden. Die Auswertung variiert nach Alter und Geschlecht. Als Orientierung dient die folgende Tabelle:

Klassifikation Körperfettanteil weiblich Körperfettanteil männlich
Normal 20 – 29,9 % 10 – 19,9 %
Grenzwertig 30 – 34,9 % 20 – 24,9 %
Adipositas 35 – 44,9 % 25 – 34,9 %
Extreme Adipositas > 45 % > 35 %

Adipositas selbst wird in Deutschland nicht als Krankheit angesehen, jedoch zieht sie eine schwerwiegende Folgeerkrankung nach sich.

 

Unterschiedliche Formen der Adipositas

Exogene Adipositas

Das Wort bedeutet soviel wie „von außen verursachte“ Fettleibigkeit, sprich die Gründe liegen bei dem Betroffenen selbst. In erster Linie ist sie meist auf eine übermäßige Kalorienzufuhr zurückzuführen. Gleichzeitig schließt sich ein Bewegungsmangel an, durch den die aufgenommene Energie nicht verbrannt werden kann. Die typische Verteilung des Fetts ist bei Männern oft am Rumpf (Bierbauch) und bei Frauen verstärkt an den Oberschenkeln und Oberarmen. Die Kennzeichen sind des Weiteren ein drohender Hitzeschlag, da die Körperwärme durch die starke (Fett-)Isolationsschicht nicht ausreichend abgegeben werden kann, schwache Muskulatur und zu geringe Herz- und Lungenfunktion, weshalb schwere Menschen schneller außer Atem sind.

 

Endogene Adipositas

Die endogene Adipositas ist äußerst selten und bezieht sich auf eine Stoffwechselstörung oder andere Ursachen, die im Inneren des Körpers entstehen und für die Betroffene keine Schuld tragen. Anfällig ist vor allem die Schilddrüse, aber auch medizinische Eingriffe in den Hormonhaushalt können eine Ursache darstellen. Abhilfe ist hier in der Regel nur medikamentös zu verschaffen.

 

Gesundheitliche Nachteile

Eine ganze Reihe von Folgeerkrankungen wird heutzutage auf starkes Übergewicht zurückgeführt. Auch wenn man sagen muss, dass Fettleibigkeit, ebenso wie Rauchen, keine Garant für gesundheitliche Beschwerden ist, so stellt es doch in jedem Fall ein deutlich erhöhtes Risiko dar und sollte ernst genommen werden.

 

Herzkreislauf-System

Bluthochdruck

Koronare Herzkrankheit

Herzinsuffizienz/Herzversagen

Vergrößerung der linken Herzkammer

Stoffwechselbedingte und hormonelle Funktion

Diabetes Typ II

Fettstoffwechselstörung

Erhöhung des Harnsäurespiegels

Blutgerinnsel

Atmung

Atemstillstand im Schlaf

Pickwick-Syndrom

Leber und Galle

Fettleber

Gallen-/Cholesterinsteine

Bewegungsapparat

Kniegelenksathrose

Fersensporn

Sprunggelenksathrose

Haut

Wundsein

Dehnungsstreifen

Neoplasie Erhöhtes Risiko der Tumorbildung
Sexualfunktion

Verminderte Fruchtbarkeit

Komplikationen bei der Geburt

Psyche

Schlechtes Selbstbewusstsein

Diskriminierung

Soziale Isolation

Sonstiges

Erhöhtes Operationsrisiko

Erschwerte Untersuchungsbedingungen

Reduzierte Beweglichkeit und Ausdauer

 

Wie wird man übergewichtig?

Wie bereits zuvor erwähnt, ist das größte Problem eine positive (schlechte) Energiebilanz, das heißt, es wird dem Körper tagtäglich mehr Energie zugeführt, als verbraucht wird. An diesem Punkt gibt es nur 2 Möglichkeiten:

1) Kontrolle und Reduktion der zugeführten Nahrung

2) Erhöhung des Energiebedarfs durch Bewegung.

 

Diese Möglichkeiten schließen sich natürlich nicht aus, im Gegenteil, eine Kombination ist dringend angeraten. Allerdings ist die Energiebilanz leider nicht das einzige Problem, bzw. sie trifft nicht auf jeden Menschen zu. Es gibt Menschen, die wesentlich mehr Energie aufnehmen, als sie durch Arbeit, Bewegung und Aufrechterhaltung der Grundfunktionen verbrauchen können, und die trotzdem nicht zunehmen. Andersherum gibt es eben auch Menschen, die mit einer geringen Energiezufuhr einfach nicht abnehmen. (Lesen Sie dazu auch: Moderne Bewertung von Körperbau und Gewicht: Über Stoffwechseltypen und Körperbautypen)

Unser Körper ist ein komplexes und sehr individuelles System. Jeder Körper arbeitet mit einer unterschiedlichen Wirtschaftlichkeit und Wärmebildung. Somit ist es zum Beispiel möglich, dass der Körper durch eine erhöhte Thermogenese (Wärmeabgabe) überschüssige Energie nicht einlagert, sondern verbrennt. Es wird vermutet, dass diese Thermogenese bei dickeren Menschen gestört ist. Als nächstes kommt hinzu, dass jeder Körper ein bestimmtes „Wunschgewicht“ anstrebt, der sogenannte Set-Point. Der Organismus strebt also ständig das Ziel an, ein bestimmtes Gewicht zu erreichen. Dies wird über das Hormon Leptin gesteuert und betrifft unter anderem den Appetit und das Sättigungsgefühl. Diese Regulationsmechanismen werden oder sind bei Fettleibigen gestört. Der Körper reagiert kaum noch auf Leptin und es tritt kein Sättigungsgefühl mehr ein. Glücklicherweise lässt sich der Set-Point jedoch mit der Zeit verlagern und der Körper stellt sich auf ein neues Zielgewicht ein. Neben diesen biologischen Merkmalen können aber auch Stress und Schlafmangel ein entscheidender Faktor für die Frage sein, wieso Menschen übergewichtig werden.

 

Was kann man tun?

Zuerst sollten Sie mit einer Kombination aus Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie versuchen, Ihr Gewicht zu senken. Bleiben diese Maßnahmen erfolglos, sind weitere medikamentöse oder chirugische Maßnahmen möglich.

 

Marcel Kremer

 

Lesen Sie auch: Fettverbrennung im Schlaf 

 

Quellenangaben/weiterführende Literatur:

1. http://www.adipositas-gesellschaft.de/

2. http://www.bfr.bund.de/de/adipositas-54476.html

3. http://flexikon.doccheck.com/de/Adipositas

4. Kasper: Ernährungsmedizin und Diätetik, 9. Aufl., 2000.

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