Im Ausdauersport werden für das Training verschiedene Zonen empfohlen, denen eine bestimmte Trainingswirkung zugeschrieben wird. Wenn Sie Ihre Ausdauer trainieren möchten und sich über mögliche Trainingsinhalte informieren, stoßen Sie zwangsläufig auf die Trainingsbereiche.
Bei den Trainingsbereichen wird einer bestimmten Trainingsintensität eine Wirkung zugeschrieben. Weit verbreitete Fehlannahmen können dazu führen, dass Sie Ihr Training in völlig falschen Bereichen durchführen. Wir verraten Ihnen, wie Sie solche Fehler vermeiden und wie Sie ihr Training optimal steuern.
Wenn Menschen sich dazu entschließen, mit dem Ausdauertraining zu beginnen, stellen sich ihnen viele verschiedene Fragen. Vom richtigen Laufschuh, dem passenden Rad oder gar einem Pulsmesser gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, sich mit moderner Ausrüstung auszustatten. Viel brennender interessiert jedoch die meisten wie schnell oder besser gesagt wie intensiv ein Training sein sollte. Muss man beim Laufen bis an die maximale Herzfrequenz kommen, um optimal trainiert zu haben? Sollte man total fertig auf der Couch liegen, wenn das Training beendet ist? Dass dies nicht nötig ist, kann man mittlerweile in vielen Ratgebern lesen. Allerdings bleibt weiter unklar, welche Belastungsintensität denn nun die richtige ist.
Der Sportler im Fokus!
Letztendlich muss die Frage nach der richtigen Belastungsintensität immer mit der Antwort „kommt drauf an“ begegnet werden. Zunächst einmal muss das Ziel klar sein, das mit dem Sport treiben erreicht werden soll. Doch selbst wenn es einfach darum geht „ausdauernder“ zu werden oder sich einfach fitter zu fühlen, müssen Sie sich mit Belastungsintensitäten auseinandersetzen. In der Literatur findet man unterschiedliche Möglichkeiten, die Belastungsintensität zu bennen. Leider finden Sie auch viele unterschiedliche Begrifflichkeiten, so dass oftmals unklar wird, was denn eigentlich gemeint ist. Da viele Trainingsbegriffe aus dem Leistungssport abgeleitet werden, fällt es schwer diese Begriffe auf den Freizeitsport zu übertragen. So haben sich verschiedene Begriffe etabliert, die dazu führen, dass oftmals dieselben Trainingsinhalte mit unterschiedlichen Begriffen verbunden werden. Der Austausch zwischen Trainern, Sportlern und Sportmedizinern wird so erschwert.
Was sagt Ihnen Ihr Herz?
Im Training verwenden viele Sportler eine Pulsuhr. Diese liefert sehr wertvolle Informationen, denn Ihre Herzfrequenz kann Ihnen Hinweise zu Ihrem Training und Ihrer Fitness liefern. Wenn Sie wissen, wie oft Ihr Herz pro Minute schlägt, lassen sich Rückschlüsse auf Ihre Belastungsintensität ziehen. Sie können also anhand der Herzfrequenz Rückschlüsse auf die Arbeitsweise Ihres Körpers ziehen. Erst so können Sie Ihrem Training eine Wirkung zuordnen!
Achtung: Trainingsbereich ≠Trainingsmethode
Ein weit verbreiteter Fehler ist, dass Sportler und Trainer Trainingsbereiche und Trainingsmethoden gleichsetzen. Wenn Sie Ihre Grundlagenausdauer verbessern wollen, bedeutet das nicht automatisch, dass Sie nur noch locker im Grundlagenbereich trainieren dürfen. Sportler, die bereits eine sehr gute Grundlagenausdauer haben, profitieren eher vom intelligenten Einbau eines hochintensiven Intervalltrainings. Sie verbessern Ihre Sauerstoffaufnahme effektiver durch ein polarisiertes Training. Anfänger und beruflich stark eingespannte Sportler können sich durch ein Intervalltraining sehr schnell überlasten. Leider gibt es im Training kein Patentrezept. Die Zusammensetzung der Trainingsinhalte muss sich immer nach Ihren Leistungsvoraussetzungen, Ihrer zeitlichen Verfügbarkeit und Ihrem Trainingszustand richten. Pauschale Empfehlungen, wie sie oft zu hören sind, taugen in der Praxis nichts. Seien Sie immer wachsam, wenn Sie extreme Trainingsphilosophien nahegelegt bekommen. Ausdauersportler sollten weder ausschließlich im Bereich der Grundlagenausdauer mit der Dauermethode trainieren noch sollte ein hochintensives Intervalltraining die Inhalte dominieren. Intelligentes Training ist komplexer!
Laufbereiche | Radtrainingsbereiche | Gesundheitstraining | Funktion |
---|---|---|---|
Regenerativer Dauerlauf (RDL) | Kompensationsbereich (KB) | Leichte Trainingsintensität | Leichtes und regeneratives Ausdauertraining |
Langer Dauerlauf (LDL) | Grundlagenausdauerbereich 1 (GA 1) | Moderate Trainingsintensität | Training bei dominierend aerober Stoffwechsellage |
Mittlerer Dauerlauf (MDL) | Grundlagenausdauerbereich 2 (GA 2) | Moderate Trainingsintensität | Training bei dominierend aerober Stoffwechsellage |
Tempodauerlauf (TDL) | Entwicklungsbereich (EB) | Hohe Trainingsintensität |
Training im Mischstoffwechsel bis hin zum Training bei dominierend anaeroberStoffwechsellage |
Extensive Tempoläufe (ETL) | Spitzenbereich (SB) | Hohe Trainingsintensität |
Training im Mischstoffwechsel bis hin zum Training bei dominierend anaeroberStoffwechsellage |
Tab. 1 Auswahl verschiedener Trainingsbereiche
Was sagt Ihnen die maximale Herzfrequenz?
Es gibt immer noch Empfehlungen, bei denen einem Prozentsatz der maximalen Herzfrequenz bestimmte Trainingszonen zugeordnet werden. Für Ihr Training sind solche Einteilungen jedoch gänzlich ungeeignet – sie eignen sich streng genommen nicht einmal als mögliche Näherung. Zum einen lässt sich die maximale Herzfrequenz nicht ohne weiteres erfassen. Sämtliche Tests sind abhängig von der Motivation des Sportlers in einem gewissen Zeitraum maximale Leistung zu bringen. Berechnungsverfahren, bei denen die maximale Herzfrequenz abgeschätzt wird, gibt es zwar. Beispielsweise die recht einfache Formel Maximale Herzfrequenz = 220 – Lebensalter. Diese Formel trifft jedoch auf die allerwenigsten Menschen zu. In der Praxis unterscheiden sich die Entwicklungen zu stark. In Einzelfällen sind Sportler auch jenseits des 30. Lebensjahres noch in der Lage eine Herzfrequenz jenseits der 190 zu erreichen. Die körperlichen Reaktionen auf sportliche Belastung sind zu unterschiedlich, als dass pauschale Formeln passende Aussagen für Ihr persönliches Training zulassen würden.
Die maximale Sauerstoffaufnahme als Kenngröße?
Neben der maximalen Herzfrequenz wird oft auch die maximale Sauerstoffaufnahme als Möglichkeit gesehen, Trainingsbereiche festlegen zu können. Dabei wird ausgehend von der maximalen Sauerstoffaufnahme einem prozentual abgeleiteten Bereich eine bestimmte Trainingsintensität zugeordnet. Allerdings lauert hier die selbe Problematik wie bei der maximalen Herzfrequenz. Zum einen ist das Messen der maximalen Herzfrequenz an eine Ausbelastung gekoppelt und bedarf einer hohen Motivation.(1)
Ungeeignet: Die Herzfrequenzvariabilität
Die Herzfrequenzvariablität gibt den Abstand zwischen den einzelnen Herzschlägen an. Die Variabilität dieser Abstände wird bei gutem Trainingszustand größer. Über die Herzfrequenzvariabilität lässt sich eine Grenze feststellen, bei der zunehmend anaerober Stoffwechsel hinzugeschaltet wird. Einige Hersteller von Herzfrequenzmessgeräten geben über fixe prozentuale Verteilungen an diesen Bereichen Trainingszonen vor. Diesen wird eine bestimmte Wirkung zugeschrieben. Allerdings ist das Steuern des Trainings über diese OwnZone nicht möglich. In einer Studie wurden diese Bereiche mit den Reaktionen des Muskelstoffwechsels verglichen1. Dabei traten sehr große interindividuelle Variationen auf, die darauf hindeuten, dass ein individuelles Training mit der OwnZone nicht möglich ist.(1) Insbesondere die höheren Trainingsbereiche lassen sich nicht erfassen. (Lesen Sie dazu auch ausführlicher: Was ist Herzfrequenzvariabilität?)
Messen statt glauben!
Wenn Sie Ihr Ausdauertraining optimieren wollen, sollten Sie überlegen, eine Leistungsdiagnostik zu absolvieren. Bei einem Laktatstufentest oder einer Spiroergometrie erfahren Sie, wie Ihr Training bislang bei Ihnen gewirkt hat. Zudem lassen sich so Ihre Trainingsbereiche sehr exakt bestimmen. Allerdings gibt es auch bei einer Leistungsdiagnostik qualitative Unterschiede! Achten Sie darauf, dass in Ihrer Auswertung jeweils die Schwellen benannt sind. Gerade auch bei einer Spiroergometrie sollten die Schwellen aus der Atemgasanalyse eine wichtige Rolle spielen. Derzeit sind auch Geräte auf dem Markt, bei denen ohne Schwellen der Anteil der verbrannten Fette und Kohlenhydrate gemessen werden. Diese Systeme sind nicht in der Lage, Ihre Trainingsbereiche exakt zu bestimmen. Das Bestimmen der Trainingsbereiche muss Ihnen vom Diagnostiker ausführlich erklärt werden.
Fazit: Pflicht zur gemeinsamen Sprache
Für Sportler jeder Leistungsklasse ist es wichtig, die Grundlagen des Trainings zu kennen. Dabei müssen Sie nicht unbedingt die physiologischen Hintergründe kennen. Viel wichtiger ist es zu wissen, was der Trainer meint bzw. was genau in Ihrem Trainingsplan steht. Derzeit besteht eine große Vielfalt hinsichtlich der Trainingsbegriffe. Wir müssen im Sport jedoch eine einheitliche Sprache finden, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, uns im Training zu verzetteln!
Dies ist keineswegs so banal, wie es auf den ersten Blick klingen mag! Ein Beispiel aus dem Krafttraining kann dies weiter verdeutlichen: Wenn sich 2 Trainer über das Schnelligkeitstraining unterhalten, kann es leicht zu folgendem Missverständnis kommen. Trainer A ist der Meinung, im Krafttraining einen Schwerpunkt im Schnelligkeitstraining gesetzt zu haben. Trainer B widerspricht ihm und stellt heraus, dass er einen Schwerpunkt eher im Maximalkrafttraining legen würde. An dieser Stelle haben beide Trainer eine bestimmte Methode mit dem zu erwartenden Trainingseffekt gleichgesetzt. Während der eine der Meinung ist, dass die Schnellkraftmethode mit geringer Last und hoher Bewegungsgeschwindigkeit trainiert wird, möchte der andere mit der Maximalkraftmethode die Schnellkraft steigern. Beides sind mögliche Wege zum Ziel. Trainer A spricht jedoch über die Trainingsmethode, während Trainer B mit der Schnellkraft die Struktur der Kraft beschreibt und die Maximalkraftmethode als möglichen Trainingsinhalt empfiehlt. Ähnliches gilt auch für das Ausdauertraining. Trainingsmethoden und Trainingsbereiche müssen inhaltlich klar voneinander differenziert werden. Eine klare Sprache und eine inhaltliche Abgrenzung der Bedeutungen sind dafür notwendig. Die Komplexität und Kompliziertheit vieler theoretischer Inhalte im Training und in der Sportwissenschaft können nicht mit der Kompliziertheit des Gegenstandes erklärt werden. Das Problem ist eher, dass Begriffe aus naturwissenschaftlichen Teilbereichen wie der Physik entlehnt werden, die jedoch nicht trennscharf verwendet werden. Die Leistung kann beispielsweise im Ausdauersport einmal physikalisch oder leistungsphysiologisch beschrieben werden. Die Leistung besteht dann aus dem Energieumsatz pro Zeiteinheit. Da der Energieumsatz im Muskelstoffwechsel jedoch über unterschiedliche Bereitstellungsformen erzeugt werden kann, liegt ein unterschiedliches Verständnis der Leistung zu Grunde. Trainer, Sportler und Sportwissenschaftler müssen eine gemeinsame Sprache finden, um die Trainingslehre und die Sportpraxis mit neuen Erkenntnissen versorgen zu können. Wissensmanagement und Austausch von Ideen und Erfahrungen sind ein möglicher Entwicklungsmotor für sportliches Training – im Gesundheitsbereich und auch im Leistungssport.
Tipps für Ihr Training
– Die Maximale Herzfrequenz ist keine Kenngröße für Ihr Training
– Auf die Herzfrequenzvariabilität oder die OwnZone sollten Sie sich nur verlassen, wenn Sie Einsteiger sind und locker trainieren.
Literaturangaben:
1. British Journal of Sports Medicine, 2012, Bd. 46 (1), S. 23-9.
2. Abstracts. Dvs-Symposium München, 2003.