Der Einfluss der Ernährung auf das Immunsystem

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Wie kommt es, dass einige Humanstudien einen positiven Zusammenhang zwischen Bewegung und erhöhter Immunität herstellen, andere jedoch nicht? Hier sind die individuelle Körperzusammensetzung und die Ernährungsgewohnheiten als Störfaktoren zu berücksichtigen.

Wenn sitzend gehaltene Mäuse regelmäßig Bewegung bekommen, wird ihr Immunsystem deutlich gestärkt.(1) Leider haben Bewegung und Training nicht immer den gleichen positiven Effekt auf das menschliche Immunsystem.

Insbesondere intensive Trainingstätigkeit wirkt sich nicht positiv auf die Lymphozyten und Neutrophilen aus – die weißen Blutkörperchen, die teilweise für die Infektionsabwehr zuständig sind. So zeigen z. B. Studien, dass Marathonläufer in der Woche nach einem Rennen mit einer 6-fach höheren Wahrscheinlichkeit an einer Atemwegsinfektion erkranken als die entsprechende bewegungsarm lebende Vergleichsgruppe.

Auch die langfristigen Effekte sehen nicht unbedingt besser aus: 2 bedeutende Studien haben keinen Unterschied der natürlichen Immunität durchtrainierter im Vergleich zu untrainierten Personen festgestellt.(2,3) 2 weitere Langzeitstudien zeigen, dass Bewegung keinen wesentlichen Einfluss auf die Aktivität natürlicher Killerzellen bei älteren Testpersonen sowie bei Personen mit Gelenkrheumatismus nimmt.(4,5) Natürliche Killerzellen (NK-Zellen) sind spezielle weiße Blutkörperchen, die Tumorzellen sowie virusinfiziertes Gewebe aktiv zerstören.
Erfreulicherweise haben einige Querschnittsstudien eine erhöhte natürliche Immunität von Top-Radsportlern und Läufern im Vergleich zu bewegungsarm lebenden Vergleichspersonen festgestellt.(6,7)

Wieder andere Studien zeigen erhöhte Ruhephasen der natürlichen Killerzellen bei älteren Frauen nach einem 16-wöchigen Training, bzw. bei leicht korpulenten Frauen nach 15-wöchigem leichtem Training.(8,9) Wie kommt es also, dass einige Humanstudien einen positiven Zusammenhang zwischen Bewegung und erhöhter Immunität herstellen, andere jedoch nicht? Sicherlich sind hier die individuelle Körperzusammensetzung und die Ernährungsgewohnheiten als Störfaktoren zu berücksichtigen.

 

Wie Körperfett Ihre Immunität beeinflusst

Der Fettanteil im Körper steht zum Beispiel im umgekehrten Zusammenhang zur Aktivität der NK-Zellen. Je dicker man ist, desto schwerfälliger sind die NK-Zellen. Grundsätzlich wirkt sich ein hoher Körperfettgehalt offensichtlich negativ auf die Immunität aus.(10) Ebenso gibt es Anzeichen dafür, dass eine fettarme Ernährung die Tätigkeit des Immunsystems stimuliert.(11) Daher ist möglicherweise nicht die Trainingsaktivität entscheidend für die erhöhte NK-Zellaktivität einiger Sportler, sondern in erster Linie die Ernährung und Körperzusammensetzung.
Eine weitere Studie sollte den Einfluss der Ernährung auf die Immunsystemfunktionen regelmäßig aktiver Sportler hervorheben. Dazu ließen Dr. B. K. Pederson und seine Kollegen in Kopenhagen kürzlich 20 gesunde junge Männer im Durchschnittsalter von 27 Jahren über einen Zeitraum von 7 Wochen gezielt trainieren.(12) Die Testpersonen wiesen alle vergleichbare Trainings- und Ernährungsgewohnheiten auf und wurden willkürlich in 2 Ernährungsgruppen eingeteilt. Eine Gruppe erhielt während der Testphase kohlenhydratreiche Ernährung, die andere Gruppe sehr fettreiche Kost. 20 weitere Männer, die nicht trainierten, wurden ebenfalls in die entsprechenden Kohlenhydrat- und Fettgruppen eingeteilt und dienten als Vergleichsgruppe.
Während der ersten 4 Wochen trainierten die aktiven Testpersonen 3-mal pro Woche; in den letzten 3 Wochen der Studie trainierten sie 4-mal wöchentlich. Die Trainingsintensität variierte zwischen 50 % und 85 % des VO2max-Wertes. Die kohlenhydratreiche Ernährung bestand zu 65 % aus Kohlenhydraten, zu 15 % aus Proteinen und zu 20 % aus Fetten. Die fettreiche Ernährung hingegen beinhaltete 62 % Fette, 17 % Proteine sowie 21 % Kohlenhydrate. Die Energieaufnahme über Proteine wurde bei beiden Gruppen absichtlich ähnlich gehalten, damit die Aufnahme von Fetten und Kohlenhydraten die Schlüsselvariablen darstellen würden.
Welche Auswirkungen zeigte das 7-wöchige Training nun auf das Immunsystem der 20 Testpersonen? Bei der Gesamtanalyse der beiden Testgruppen wurde durch das Training die Konzentration einer bestimmten Art wichtiger NK-Zellen (hier insbesondere CD 16, CD 56 und CD 3 Zellen) nahezu verdoppelt. Darüber hinaus stieg der VO2max-Wert um ca. 11 %. Die Aktivität der NK-Zellen wurde durch das Training jedoch nicht beeinflusst. Und auch die Konzentration anderer weißer Blutkörperchen, wie zum Beispiel Neutrophile und Lymphozyten, blieb unverändert.
Wie sieht die Situation nun innerhalb der beiden Ernährungsgruppen aus? Es stellte sich heraus, dass die Aktivität der NK-Zellen in der kohlenhydratreichen Testgruppe von 16 % auf 27 % anstieg. In der fettreichen Testgruppe sank sie hingegen durch die Trainingsaktivität von 26 % auf 20 %. Statistisch gesehen war der Trainingseffekt auf die Aktivität nicht stimulierter NK-Zellen bei beiden Gruppen sehr unterschiedlich. Während die „Killer-Aktivität“ der Kohlenhydrat-Spezialisten zunahm, erlitt die Fett-Gruppe einen klaren Einbruch bei der Zerstörungskraft ihrer NK-Zellen.
Die dänischen Forscher leiten daraus ab, dass die Ernährungszusammensetzung bei Sportlern den natürlichen Immunitätsstatus beeinflussen kann, ebenso wie sich die Zuführung fettreicher Nahrung während des Trainings nachteilig auf das Immunsystem auswirkt. Diese Schlussfolgerungen stimmen vom Grundsatz her auch mit den Ergebnissen früherer Studien überein.(13) Auch bei Studien, die hauptsächlich die kurzfristigen Trainingseffekte auf das Immunsystem untersuchten, schnitt die stark kohlenhydratreiche Ernährung gut ab. Insbesondere scheint es, dass die Anzahl an Immunzellen im Blut nach anstrengendem Training bei einer höheren Kohlenhydrataufnahme stabiler bleibt.(14)

 

Die andere Seite der Medaille

Bei der Auslegung dieser neuen Studie ist jedoch Vorsicht geboten. So sind zum Beispiel die Mechanismen, mit denen Kohlenhydrate die Aktivität der natürlichen Killerzellen ankurbeln (und Fette diese entsprechend unterdrücken), nicht bekannt. Die klinische Relevanz der dänischen Forschungsergebnisse ist ungewiss: Ist eine Zunahme der NK-Zellaktivität von 16 % auf 27 % ausreichend, um auch vor einem breiteren Krankheitsspektrum zu schützen? Und reicht der Rückgang von 26 % auf 20 % aus, um das Ausbrechen einer Krankheit zu fördern? Die Funktionsweise des Immunsystems ist unglaublich kompliziert. Störungen in Anzahl und Aktivitätsgrad bestimmter Teilsysteme müssen nicht zwingend dazu führen, dass auch das Gesamtsystem anders arbeitet.

Zudem sind Fette keine starren Gebilde. Es kann gut sein, dass einige Fette das Immunsystem und Ihre Gesundheit stärker stören als andere.(15) So hat sich zum Beispiel herausgestellt, dass Omega-3-Fettsäuren im Gegensatz zu bestimmten ’n-6’-Fetten sogar positiv auf die Regulierung des Immunsystems wirken. Und man kann auch davon ausgehen, dass sich ein erhöhter Konsum von Omega-3-Fetten anders auf das Immunsystem auswirkt als ein paar zusätzliche Portionen Rinderfett.

 

Fazit

Schlussendlich darf man ruhig hoffen, dass nicht allzu viele Sportler ihren Kalorienbedarf mit einem 62 %igen Fett- und nur 21 %igen Kohlenhydratanteil decken, wie es die dänischen Versuchskaninchen taten. Es bleibt jedoch zu klären, ob eine nur geringe Zunahme in der Fettaufnahme ebenfalls zu einer solch signifikanten Abnahme der NK-Zellaktivitäten führen würde.

 

Sie wollen es konkreter? Immunsystem und Ernährung – Darauf sollten Sie als Sportler achten 

 

Quellenangaben:

1. Journal of Sports Medicine and Physical Fitness, 1994, Bd. 34, S. 83–90

2. Journal of Clinical Immunology, 1985, Bd. 5, S. 321–328

3. International Journal of Sports Medicine, 1995, Bd. 16, S. 329–333

4. Medicine and Science in Sports and Exercise, 1993, Bd. 25, S. 823–831

5. Neurobiol Aging, 1991, Bd.. 12, S. 47–53

6. Scandinavian Journal of Medicine and Science in Sports, 1991, Bd. 1, S. 163–166

7. Medicine and Science in Sports and Exercise, 1995, Bd. 27, S. 986–992

8. Gerontology, 1989, Bd. 35, S. 66–71

9. International Journal of Sports Medicine, 1990, Bd. 11, S. 467–473

10. Nutrition Reviews, 1994, Bd. 52, S. 37–50

11. American Journal of Clinical Nutrition, 1989, Bd. 50, S. 861–867

12. European Journal of Applied Physiology, 2000, Bd. 82, S. 98–102

13. Nutrition Research, 1989, Bd. 9, S. 956–975

14. Journal of Applied Physiology, 1998, Bd. 84, S. 1252–1259

15. American Journal of Clinical Nutrition, 1994, Bd. 59, S. 572–577

 

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