Gehirnjogging mit Erfolg: Wie bekommt man ein besseres Gedächtnis?

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Fitness verlangt konstantes Training. Nur derjenige, der regelmäßig Ausdauertraining betreibt, hat auch eine gute Kondition. Und nur derjenige, der regelmäßig Gewichte hebt, verfügt über ausgeprägte Muskeln. Bei unserem Hirn ist es zwar nicht sichtbar, es gilt prinzipiell aber das Gleiche. Nur konstantes Training stellt sicher, dass wir über ein gutes Gedächtnis verfügen. Nicht umsonst existiert das Wort „Gehirnjogging“. Das Hirn möchte auf Trab gehalten und herausgefordert werden, damit es kognitive Aufgaben gut erledigen kann. Neben unseren Muskeln können also sehr wohl auch unsere Synapsen zum Glühen gebracht werden – und es tut ihnen gut.

Mittels Vorstellungskraft Begriffe und Listen einprägen

Für ein bessers Gedächtnis in allen Lebenslagen: Mit den Tipps von Gedächtnistrainer Gregor Staub erreichen Sie neue kognitive Höchstleistungen. Ob beim Einprägen von Einkaufslisten, mathematischen Formeln oder abstrakten Begriffen: Das „Fitnessstudio fürs Gehirn“ beschert Ihrem Gehirn eine Frischzellenkur. | JETZT BESTELLEN

Gregor Staub ist einer der erfolgreichsten Gedächtnistrainer Europas und gibt in seinem Buch „Fitnessstudio fürs Gehirn“ Tipps für ein durchtrainiertes Gedächtnis. Er zeigt auf, wie wir es mittels Vorstellungskraft schaffen, uns abstrakte Begriffe, Hauptstädte, Einkaufslisten und sogar mathematische Formeln leichter zu merken. Dazu gibt Staub Ratschläge, wie man am besten dabei vorgeht, sich persönliche Ziele zu setzen. Durch eine realistische und strukturierte Zielsetzung verspürt man beim Gedächtnistraining nicht nur einen Fortschritt, sondern auch Motivation. Und das resultiert in etwas, das praktisch unbezahlbar ist: Erfolg.

Mega Memory – Wie alles begann

Vier Uhr morgens in Amerika

Als ich 16 Jahre alt war, bedeutete Auswendiglernen für mich den reinsten Horror. Ich hatte in der Schule jede Mühe damit, und das ging so weit, dass ich die Mittelschule verlassen musste. Vielleicht können Sie sich vorstellen, was das heißt, plötzlich nicht mehr dazuzugehören. Ich kam mir vor wie ein Ausgestoßener. Ich hatte versagt. Und strampelte mich eben irgendwie weiter durch.

Tatsächlich schaffte ich es später auf dem zweiten Bildungsweg doch noch, ein Studium zu absolvieren. Nicht dass mir das Auswendiglernen da leichter fiel! Nein, ich drückte mich darum, wann immer es möglich war. Dachte mir Strategien aus, wie ich mir das Wesentliche merken konnte – Strategien, die eher im schriftlichen Bereich lagen.

Eine unverhoffte Entdeckung

Und dann passierte es: Es war vier Uhr morgens und ich war – damals 36 Jahre alt – in Amerika und sah mir fasziniert eine Verkaufsshow im Fernsehen an. Pfannen sollte ich kaufen und Autopoliermittel und Sprachkurse. Brauchte ich alles nicht. Aber dann gab es da auch ein Produkt, mit dem man Gedächtnistraining betreiben konnte. Gedächtnistraining? Hatte ich alles hinter mir. Und ich wusste ja wirklich, dass ich so etwas wie ein Gedächtnis nicht besitze. Oder? Doch die Show – sie hieß übrigens Amazing Discovery (die Entdeckung, die in Erstaunen versetzt) – kam am nächsten Tag wieder. Und ich saß wieder um vier Uhr morgens vor dem Fernseher.

Meine innere Uhr sagte: Der halbe Arbeitsvormittag ist bereits gelaufen. Also konnte ich nicht schlafen. Und was kann man in aller Herrgottsfrühe schon anfangen! Und als ich zum fünften oder sechsten Mal von diesem angeblich so phänomenalen Gedächtnistraining hörte, das von einem gewissen Kevin Trudeau präsentiert wurde, juckte es mich doch in den Fingern: Um was geht es da eigentlich?

Cäsar und Aristoteles: Eine Gedächtnis-Technik von den ganz Großen

Mit großem Eifer machte ich mich ans Nachforschen und stellte zu meinem großen Erstaunen fest, dass es sich dabei nicht etwa um eine bahnbrechende neue Erfindung von Kevin Trudeau handelte, sondern um eine uralte Technik, die meinem ersten Eindruck nach ungeheuer clever war. Kevin hatte sie irgendwo aufgespürt und aufbereitet, sodass sie nunmehr der breiten Masse zur Verfügung stand.

Schon Michelangelo und Leonardo da Vinci, Cicero, Cäsar und Aristoteles waren Anwender dieser Form von Gedächtnistraining gewesen. Offensichtlich, so schlussfolgerte ich, handelt es sich dabei wirklich um eine Technik, die funktioniert. Die in der Schule angewendet werden könnte oder ganz allgemein im Alltag eines jeden Einzelnen. Könnte … aber sie wird nicht. Ich habe Schulen besucht und gefragt: „Bringen Sie den Kindern eine sinnvolle Technik bei, wie sie ihr Gedächtnis trainieren können?“

Kaum ein Lehrer konnte diese Frage bejahen. Wo ist der Haken? Ich glaube, die Leute scheitern zum großen Teil einfach daran, dass sie nicht wissen, wie man das Gedächtnis trainiert. Oder haben Sie schon einmal etwas von Mega Memory gehört? Und selbst wenn es einem in der Werbung unterkommt – die normale Reaktion ist dann doch eher Ablehnung. Wer glaubt schon alles, was die in der Werbung verheißen und versprechen!

Erste Schritte mit Mega Memory

Gelernt und nie wieder vergessen: Der Transfer ins Langzeitgedächtnis

Bevor wir ans Werk gehen und die Baumliste in konkreten Beispielen einsetzen, wollen wir erst die Frage beleuchten: Wie kriege ich eine Information vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis? Schließlich will ich das, was ich jetzt gelernt habe, auch in fünf Monaten oder vielleicht sogar fünf Jahren noch beherrschen! Ich möchte Ihnen an dieser Stelle nicht allzu viel Theorie zumuten, sondern einfach nur sagen, wie Sie es anstellen können. Einverstanden?

Also gut. Sie gehen folgendermaßen vor: Wenn Sie französische Vokabeln lernen, irgendwelche Namen, die wissenschaftlichen Bezeichnungen für Tiere oder Pflanzen oder meinetwegen sämtliche Staaten eines Kontinents oder was auch immer – dann beginnen Sie nach 20 bis 25, allerspätestens nach 30 Minuten, die gerade gelernte Information zu wiederholen. Das ist die goldene Regel für ein besseres Gedächtnis.

Wiederholen in kurzen Abständen

Ich neige dazu, diesen Schritt bereits nach 10 Minuten durchzuführen, das ist auch in Ordnung. Aber mindestens fünf Minuten sollten Sie auf alle Fälle verstreichen lassen. Frederik Vester beschreibt in seinem Buch Denken, Lernen und Vergessen ganz einleuchtend die Vorgänge, die während dieses Prozesses im Gehirn ablaufen. Wenn ich das in ganz schlichten Worten zusammenfassen darf: Die Chance, am nächsten Tag eine gelernte Information noch zu wissen, ist geringer, wenn Sie das Gelernte nicht nach 20 Minuten wiederholen.

Hingegen ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass Sie die Daten im Gedächtnis behalten, wenn Sie die beschriebene Wiederholung durchexerzieren. Sie befinden sich dann einigermaßen sicher im Kurzzeitgedächtnis. Für den Transfer ins Langzeitgedächtnis sind insgesamt sechs weitere Wiederholungen notwendig, deren erste nach 24 Stunden und deren letzte nach einem Abstand von mindestens drei Tagen erfolgen sollte.

Ich wiederhole: Sie lernen maximal eine halbe Stunde, wiederholen dann nach einer Pause von fünf bis 20, maximal 30 Minuten die gelernten Fakten. Und wiederholen dieselben nach 24 Stunden noch einmal. Für den vollständigen Transfer ins Langzeitgedächtnis sind weitere fünf Wiederholungen nötig, die über mindestens drei Tage verteilt erfolgen müssen.

Karteikarten: Beherrschbares abtrennen vom Neuen

Um die Angelegenheit konkreter zu machen, stellen Sie sich nun bitte vor, Sie haben 20 Kärtchen vor sich, auf denen französische Vokabeln stehen. Karteikarten sind übrigens sehr gute Hilfsmittel für den Lernprozess, weil sie Ihnen gestatten, die Information, die Sie bereits beherrschen, abzutrennen von der Information, die Sie noch erarbeiten müssen. Ich lerne also meine 20 Vokabeln auf den Kärtchen; lege dabei die Kärtchen, die ich gut beherrsche, beiseite und wiederhole nur die anderen, die noch nicht flutschen. Wenn ich an dem Punkt angelangt bin, an dem ich alle Wörter intus habe, lege ich die Kärtchen für 20 Minuten beiseite. Dann hole ich sie wieder hervor, um alles zu wiederholen. Gut für heute.

Die 20 Kärtchen werden gesondert für sich in einem Stapel abgelegt und am nächsten Tag erneut wiederholt. Ich werde nicht alle richtig wiedergeben können. Also trenne ich: Die Kärtchen mit Wörtern, die ich kann, bilden einen neuen Stapel, während die anderen auf dem alten Stapel liegen bleiben. Nun lerne ich 20 neue Wörter in der beschriebenen Weise, wiederhole sie nach 20 Minuten und lege sie zu den Restkandidaten von gestern auf den ersten Stapel. Nun habe ich zwei Stapel: Der eine beinhaltet die Wörter, die ich von gestern her noch richtig beherrscht habe (vielleicht 17 von 20), der zweite die neuen Wörter von heute plus die alten Wörter, die noch nicht sitzen.

Am folgenden Tag mache ich nach demselben Modus weiter: Ich wiederhole den Stapel vom ersten Tag. Das, was sitzt, bleibt in diesem Stapel; was ich nicht mehr weiß, lege ich auf einen neuen Stapel. Dann wiederhole ich den Stapel vom zweiten Tag (sprich gestern). Wiederum bleibt das, was sitzt, in diesem Stapel, während der Rest auf den neuen Stapel gelegt wird. Schließlich lerne ich 20 ganz neue Vokabeln, die ebenfalls zum neuen Stapel hinzugenommen werden. Ich habe nun also insgesamt drei Stapel. Und wenn ich auf diese Weise fortfahre, liegen am sechsten Tag sechs Stapel vor mir. Der letzte davon hat insgesamt sechs erfolgreiche Wiederholungen erfahren: Diese Information sitzt nun sicher im Langzeitgedächtnis.

 

Einkaufen ohne Zettel

Prägen Sie sich die folgende Baumliste gut ein. Jede Zahl von 1 bis 20 ist einem bestimmten Begriff zugeordnet, wobei jede Zuordnung durch eine bestimmte Assoziation motiviert ist. Der Hocker hat drei Beine, die Katze neun Leben, eine Fußballmannschaft besteht aus elf Spielern usw. Wir benutzen die Baumliste jetzt um uns eine Einkaufsliste einzuprägen.

Baumliste:

1 Baum _der Stamm gleicht einer Eins

2 Lichtschalter _zwei Wörter, ein/aus, hell/dunkel, zwei Schrauben

3 Hocker _drei Beine

4 Auto _vier Räder, vier Türen, Vierradantrieb

5 Hand _fünf Finger

6 Würfel _sechs Seiten, eine Sechs würfeln

7 Zwerg _sieben Zwerge hinter den sieben Bergen

8 Achterbahn _geformt wie eine Acht

9 Katze _neun Leben hat die Katze

10 Bibel _die Zehn Gebote

11 Fußball _elf Spieler, Elfmeter

12 Geist _Mitternacht = Geisterstunde

13 Lift _ohne dreizehntes Stockwerk

14 Herz _14. Februar = Valentinstag, Tag der Liebe

15 Ritter _15. Jahrhundert: Ende des Mittelalters

16 Teenager _Jugend, Romantik

17 Kartenspiel _„Siebzehn und vier“

18 Feierabendverkehr _findet etwa um 18 Uhr statt

19 Abendessen _findet oft um 19 Uhr statt

20 Tagesschau _Hauptausgabe um 20 Uhr

Der erste Versuch

Sie finden unten eine Liste von 20 Dingen, die wir einkaufen wollen. Diese Liste lesen Sie langsam durch. Einmal und noch ein zweites Mal. Dann schauen Sie beiseite und zählen 50, 49, 48, …, 40, damit Sie ein wenig auf andere Gedanken kommen. Sie nehmen ein Blatt Papier und notieren darauf alle Begriffe, an die Sie sich erinnern, und zwar möglichst genau. Versuchen Sie auch, die richtige Reihenfolge hinzubekommen. Das ist nicht ganz einfach! Doch versuchen Sie es.

Mir geht es an dieser Stelle darum, Ihnen den Unterschied zu zeigen. In diesem ersten Versuch werden Sie die Liste ohne eine besondere Technik einfach aus dem Gedächtnis aufschreiben. Danach zeige ich Ihnen, wie es auch anders gehen kann. Schnell, amüsant – und viel perfekter. Lassen Sie sich dieses Erfolgserlebnis nicht entgehen, indem Sie jetzt gleich weiterlesen. Sondern gehen Sie so vor, wie ich es oben beschrieben habe: Sie lesen die Liste zweimal in Ruhe durch, lassen etwa zehn Sekunden verstreichen und machen sich dann ans Werk.

Einkaufsliste

Eier

1 Dose braune Schuhcreme

Spaghetti

Rosenkohl

zum Optiker gehen

Zahnseide

schwarzer Pfeffer

Schreibpapier

1 frische Ananas

Nähseide

Prospekt aus dem Reisebüro holen

Seife

Nagellack

Batterien

Briefmarken

Briefumschläge

Rinderfilet

Ketchup

Honig

Toilettenpapier

Wie die Post im Briefkasten: Jeder Begriff braucht seinen festen Platz

Sehr schön. Sie haben nun also Ihr Bestes getan und die Liste so gut wie möglich wiedergegeben. Ich weiß nicht, an wie viele Begriffe Sie sich erinnern konnten. Bei den meisten Menschen sind es etwa zehn, bei manchen auch nur zwei, bei anderen gar 15. Das ist ganz unterschiedlich. Sie dürfen jedoch davon ausgehen: Wenn Sie mehr als zehn Begriffe geschafft haben, arbeiten Sie bereits so, dass man von einer Merktechnik sprechen kann. Vor allem dann, wenn Sie auch noch die Reihenfolge einigermaßen hingekriegt haben. Das schafft nämlich kaum jemand ohne eine gute, gelernte und geübte Technik. Und um genau die kümmern wir uns jetzt: Wo lag denn eigentlich das Problem? Haben Sie wirklich alles wieder vergessen? War es nicht vielmehr so, dass Sie schlicht und einfach nicht wussten, wo in Ihrem Kopf Sie die gelesenen Begriffe abgelegt haben?

Ich frage anders: Wie kommt es, dass Sie beim Nachhausekommen ohne Schwierigkeiten Ihre Post finden? Logisch, sagen Sie nun und schmunzeln vielleicht, genau wie es meine Seminarteilnehmer an dieser Stelle zu tun pflegen: Ich habe doch einen Briefkasten! Na klar. Aber angenommen, Sie hätten einen kreativen Postboten, der sich jeden Tag neue Plätze ausdenkt, um die Post abzulegen – was wäre dann?

Angenommen, Ihre Briefe liegen heute in der Badewanne, morgen im Kühlschrank und übermorgen im Gartenhäuschen – müssten Sie dann nicht jeden Abend erst auf die Suche gehen? Müssten Sie wohl, und das wäre am ersten und zweiten Tag vielleicht noch lustig (Ostereier suchen macht ja auch Spaß!), aber auf die Dauer doch ziemlich ärgerlich. Und Sie wären froh, wenn der Typ seine Kreativität an anderer Stelle auslebt und Ihnen die Post wieder schön brav in den Briefkasten legt. (Dieser Vergleich stammt übrigens aus einem Seminar von Uschi Eichinger; ich habe ihn von ihr übernommen, weil er so plastisch und einleuchtend ist.)

Die Lösung

Vielleicht haben Sie bereits erkannt, worauf es hinausläuft: Wir selbst benehmen uns wie der kreative Postbote. Wir merken uns Zahlen, Namen, Fakten – und legen sie irgendwo ab, mal hier und mal da. Wir kümmern uns zu wenig darum, wo in unserem Kopf die gespeicherte Information zu finden ist. Das kann nun alles anders werden. Denn Sie haben ja bereits die Fähigkeit entwickelt, jede Zahl zwischen 1 und 20 in Ihrem Kopf zu lokalisieren: Die 16 etwa ist der Teenager, die 13 der Fahrstuhl, die 9 eine Katze und 19 bedeutet Abendessen. Diese Baumliste wird in Ihrer linken Hirnhälfte verarbeitet. Die beiden Hirnhälften unterscheiden sich bekanntlich in den Funktionen; während die linke mehr für das logische, rationale Denken zuständig ist, sitzt die Kreativität mehr in der rechten Hirnhälfte (ganz allgemein gesprochen).

Die Logik mit der Kreativität verknüpfen

Was wir nun tun, ist Folgendes: Wir verknüpfen die Logik mit der Kreativität. Mit anderen Worten: Wir „hängen“ die Begriffe der Einkaufsliste an den Begriffen der Baumliste auf. Das klingt sonderbarer, als es ist. Wir stellen uns einfach einen Baum vor, an dem Eier wachsen. Obwohl es natürlich keinen Eierbaum gibt, funktioniert die Vorstellung hervorragend, denn unser Gehirn lechzt geradezu nach aberwitzigen Bildern. Ihm sind diesbezüglich keine Grenzen gesetzt. Je toller Sie sich etwas vorstellen, desto besser können Sie es sich merken. Eier und Baum. Das kann also ein Baum sein, an dem ganz kleine Eier wachsen; es könnte natürlich auch ein Vogelnest sein, in dem Eier liegen. Oder Sie platzieren ein Straußenei auf den Baum, das von dort herunterkugelt und mit einem lauten Geräusch auf der Erde zerbricht. Kein Straußenei? Na, dann vielleicht ein faules Ei, das oben auf dem Baum vor sich hin stinkt.

Schuhcreme auf dem Lichtschalter und Spaghetti auf dem Hocker

Sie merken schon, worum es mir geht. Sie sollen experimentieren, mit welcher Vorstellung Sie am besten zurechtkommen. Der eine findet den leichtesten Zugang über optische Bilder, der andere tut sich mit Geräuschen leichter oder mit Gerüchen. Man kann sich auch den Geschmack etwa eines Marzipaneis vorstellen. Wäre das nichts, ein Baum, auf dem Marzipaneier wachsen? Je klarer und deutlicher, je plastischer die Bilder für Sie sind, desto besser funktioniert das Lernen.

Gehen wir weiter zum zweiten Posten auf der Einkaufsliste, der braunen Schuhcreme. Und nun stellen wir uns einen Lichtschalter vor, den wir – ein Lausbubenstreich! – mit Schuhcreme einschmieren. Der Nächste, der hinlangt, wird zurückzucken und dieses schmierige Gefühl an den Fingern haben, er wird den Geruch der Creme in der Nase haben und auf die braune Farbe starren. Na, ist das plastisch?

Oder stellen Sie sich einen Hocker vor, auf dem eine Schüssel mit Spaghetti steht. Vielleicht dampfen die Spaghetti noch. Dann kommen Sie, setzen sich auf den Hocker – und die Nudeln kleben Ihnen quasi am Gesäß. Können Sie sich das Gefühl vorstellen? Gut. Also glasklar: Baum und Eier; Lichtschalter und Schuhcreme; Hocker und Spaghetti. Beim Auto fällt Ihnen Rosenkohl ein, weil die Räder aus Rosenkohl sind, zum Beispiel. Und wenn Sie eine Brille in die Hand nehmen, dann ergibt sich ganz leicht: 5 war „zum Optiker gehen“. Schließen Sie nun die Augen, wiederholen Sie die ersten fünf Begriffe der Baumliste und überprüfen Sie, ob sich die ersten fünf Posten auf Ihrer Einkaufsliste vor Ihrem geistigen Auge präsentieren. Danach dürfen Sie die Augen wieder öffnen und weiterlesen.

Clever kombiniert: Das Gedächtnis freut sich

Ich bin mir fast sicher, dass Sie die fünf Dinge nicht nur wiedergefunden haben, sondern dass sie Ihnen direkt entgegengesprungen sind. Wenn Sie nur an den Hocker dachten, standen bereits die dampfenden Spaghetti vor Ihnen. Bei der 4 kicherten Sie über die Räder aus Rosenkohl (wie lange die wohl die Fahrt überdauern?), beim Lichtschalter bedauerten Sie insgeheim den Armen, der die Schuhcreme abbekommt, der Baum hing voller Eier und in der Hand hielten Sie eine Brille.

Nun aber weiter. Aus dem Würfel machen wir ein Mobile, indem wir ihn mit Zahnseide an der Decke befestigen. Und die sieben Zwerge haben gerade ihren neckischen Tag und streuen dem armen Schneewittchen Pfeffer ins Bett, sodass es abends immer niesen muss. Zum Papier gehört die Achterbahn. Wie bekommt man das zusammen? Etwa indem man sich vorstellt, die Achterbahn sei aus Papier gemacht, und man kann die Angst fühlen, die einen beschleicht, wenn man sich so einer unsicheren Fahrgelegenheit anvertrauen soll. Neun war Katze, der neunte Posten war die Ananas. Lassen wir die Katze eine Ananas im Mäulchen davontragen, um sie genüsslich zu verspeisen … ob sie das Fell wieder sauber bekommt, das vom Saft ganz klebrig geworden ist?

Es folgt die Bibel und die Nähseide. Bücher sind mit Faden gebunden; oder Sie nähen während des Bibellesens; oder Sie markieren sich wichtige Stellen mit einem Stück Nähseide. Sie sehen: Ihrer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Schließen Sie nun wieder die Augen und denken Sie an den Würfel. Baumelt er an der Zahnseide von der Decke? Vermutlich sind auch die Zwerge immer noch damit beschäftigt, Schneewittchens Bett zu pfeffern. Sie sehen die Achterbahn aus Papier, die Katze mit der Ananas, die Bibel mit der Nähseide. Wunderbar. Und nun schließen Sie noch einmal die Augen und wiederholen sämtliche zehn Posten, die wir bis hierher auf unserer Baumliste abgelegt haben.

Die Bilder müssen Spaß machen: Absurdes vergisst man nicht

Die Hälfte ist bereits geschafft. Es war doch nicht schlimm, oder? Gehen wir also den Rest auch noch an. Bei der 11 denken wir an einen Torwart, der in Gedanken bereits seinen Urlaub plant; er steht an den Torpfosten gelehnt und blättert interessiert in einem Reiseprospekt, während der Stürmer der gegnerischen Mannschaft einen Elfmeter im Tor landet. Na? Mussten Sie ein wenig lächeln? Gut so. Denn etwas Komisches oder Absurdes hinterlässt in Ihrem Gedächtnis viel markantere Spuren als etwas Lapidares. Etwa wenn Sie sich vorstellen, der Torwart denkt an seine Ferien und Punkt. Sie sollten sich also immer wirklich etwas einfallen lassen. Die Bilder müssen richtig Spaß machen. Dabei können sie absurd und komisch sein, verrückt und drollig oder auch erotisch oder schmerzhaft. Hauptsache, es funktioniert.

Nagellack im Fahrstuhl, Batterien zum Valentinstag

Morgens werden Sie von einem Geist geweckt – Achtung, nicht erschrecken! Er drückt Ihnen ein Stück Seife in die Hand, wohl eine Aufforderung, aufzustehen und sich zu waschen. Und Sie merken sich bei der 12 ein Stück Seife. Tja, und jetzt fahren Sie im Fahrstuhl und lackieren sich dabei die Nägel. Besonders pikant dann, wenn Sie männlichen Geschlechts sind … Natürlich können Sie als Mann auch einer Frau die Nägel lackieren, das wäre überhaupt eine gute Idee. Vorsicht, der Fahrstuhl hält … ach, wo ist nur der Lack abgeblieben! So merken Sie sich bei der 13 den Nagellack.

Kommen wir zur 14. Herz und Valentinstag. Sie fragen sich: Kann ich meiner Frau vielleicht Batterien schenken? Ein wenig profan ist das schon. Aber vielleicht besitzt sie irgendetwas, wofür sie Batterien braucht. Oder ich überlege, ihr ein Wellness- Wochenende zu schenken, damit sie ihre inneren Batterien aufladen kann. Auch so etwas wäre denkbar.

Manchmal erfordert es schon etliches an Kreativität, um eine Verbindung herzustellen. Fühlen Sie sich völlig frei, lassen Sie Ihren Gedanken freien Lauf. Dann gelingt es Ihnen sogar, ein Herz mit Batterien in Verbindung zu bringen. Und wenn wir nun noch einen Ritter mit Briefmarken zugeklebt haben, sind bereits die nächsten fünf Posten unserer Einkaufsliste fest in unserem Gedächtnis verankert – und zwar so, dass wir sie dort jederzeit wiederfinden können. Also: Der Torwart träumt mit Reiseprospekt in der Hand, während der Elfmeter ins Tor knallt, der Geist weckt uns mit Seife, im Lift werden Nägel lackiert, die Frau kriegt zum Valentinstag irgendwelche Batterien und dann kleben wir noch einen Ritter mit Briefmarken zu.

Ketchup im Feierabendverkehr

Endspurt: Sie drücken irgendwelchen Teenagern ein paar Briefumschläge in die Hand, damit sie all ihre Gefühle per Brief an den Freund oder die Freundin  verschicken können. Währenddessen verzehren Sie in aller Ruhe beim Kartenspielen Ihr Rinderfilet … ja, und das lässt sich so richtig schön unappetitlich gestalten: Wie die Fleischsoße auf die Karten tropft und sie aufweicht; wie Sie vielleicht während des Kauens Ihre Ansagen machen oder Pfefferkörner mit einer Spielkarte vom Filet fegen – igitt! Ob Sie sich bei 17 an das Rinderfilet erinnern können? Nun verbinden wir Ketchup mit Feierabendverkehr, indem wir uns vorstellen, wir bespritzen einen Raser, der uns frech überholt, mit Ketchup. Und zum Abendessen gibt es Brot mit Honig. Bliebe noch das Toilettenpapier, na ja, nach der Tagesschau ziehen Sie sich während einer Werbepause an ein stilles Örtchen zurück, wo Sie just dieses Toilettenpapier brauchen.

Wiederholen Sie mit mir: Bei 16 denke ich an einen Teenager – und siehe da, der steckt gerade einen Liebesbrief in einen Umschlag. Dann sehe ich mich Rinderfilet kauend beim Kartenspiel, mit Ketchup um mich werfend im Feierabendverkehr, mit klebrigem Honigbrot beschäftigt beim Abendessen. Und schließlich mit Toilettenpapier bewaffnet nach der Tagesschau ein stilles Örtchen aufsuchend.

Die Wiederholung

Nun nehmen Sie bitte noch einmal ein Blatt Papier, notieren darauf die Zahlen 1 bis 20 und schreiben dann mit Hilfe der Baumliste Ihre Einkaufsliste auf. Bei 1 denken Sie an den Baum, und was immer an diesem Baum hängt, das schreiben Sie hin. Wenn Sie beispielsweise bei 5 angelangt sind, sehen Sie auf Ihre Hand: Moment, das habe ich mit der Hand gemacht … und alles ist klar. Wahrscheinlich werden Sie noch nicht alle 20 Posten fehlerfrei hinschreiben können. Doch das macht nichts.

Holen Sie Ihren ersten Versuch hervor, als Sie die Liste aus dem Gedächtnis aufgeschrieben haben, ohne eine Technik dabei einzusetzen. Vergleichen Sie. Sind Sie besser geworden? Ich wette, Sie sind. Bestimmt konnten Sie zwischen 14 und 18 Posten der Einkaufsliste benennen und an der richtigen Stelle platzieren. Wenn nicht, lesen Sie sich weiter oben ab dem Vergleich mit dem kreativen Postboten noch einmal durch, welche Verknüpfungsmöglichkeiten ich aufgezeigt habe. Versuchen Sie dann ein zweites Mal, die Einkaufsliste wiederzugeben, notfalls auch ein drittes Mal. Bestimmt sind Sie dann so weit, dass Ihnen kein Fehler mehr unterläuft.

Das bessere Gedächtnis: Weil man weiß, wo die Information liegt

Vielleicht fragen Sie sich, warum das so gut funktioniert. Ganz einfach: Weil Sie jetzt wissen, wo Sie in Ihrem Kopf nach der gewünschten Information suchen müssen. Die Zahl 15 bedeutet Ritter und der Ritter ist assoziativ verknüpft mit den Briefmarken. Kommen Sie zur 17, fällt Ihnen gleichzeitig mit dem Kartenspiel das Rinderfilet ein; und bei der 13 steht Ihnen der Nagellack im Lift vor Augen. Es ist ein tolles Erlebnis. Wenn wir im Seminar diesen Prozess erstmals durchexerzieren, dann höre ich, wie die Leute laut lachen oder wie sie ausrufen: „Das ist ja unglaublich! Ich hätte mir das nie im Leben zugetraut!“ Genau dieses Gefühl wünsche ich Ihnen jetzt auch. Es gibt keine bessere Motivation, um dranzubleiben und weiter zu üben. Doch vor allem möchte ich mich an dieser Stelle bei Ihnen bedanken, dass Sie die Energie aufgebracht und bis hierhin durchgehalten haben.

 

 

 

Autor: Gregor Staub

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