Mountainbike: Tipps für Ihr Fahrtechniktraining

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Das Fahren im Gelände mit dem Mountainbike oder dem Crossrad wird immer beliebter. Die Bedeutung des Techniktrainings schwankt je nach Disziplin. Während die Technik im Anforderungsprofil der Abfahrtsdisziplinen ganz oben steht, rückt sie in den Ausdauerdisziplinen weiter nach unten.

Das Gros der Mountainbiker, egal ob Wettkampfsportler oder Freizeitbiker, betreibt den Sport in einer der Ausdauerdisziplinen. Und genau dort wird der Fahrtechnik ein zu geringer Stellenwert eingeräumt. Die Fahrtechnik sollte nicht nur im Nachwuchsbereich, sondern auch im Erwachsenenalter regelmäßig in separaten Einheiten trainiert werden. Wer auch bei langsamer Fahrt das Rad sicher unter Kontrolle hat und nicht nervös wird, wenn eine bestimmte Geschwindigkeit unterschritten wird, fährt sicherer und somit auch schneller bergab. Dazu zählen auch Bremsübungen. Wer weiß, wie sich sein Rad beim Betätigen der Vorder- und/oder Hinterradbremse auf unterschiedlichen Untergründen verhält, wird auch in Gefahrensituationen intuitiv richtig reagieren.

Heute möchten wir Ihnen Beispiele nennen, wie Sie das Gleichgewicht und die Radbeherrschung mit wenigen Hilfsmitteln in einem Techniktraining trainieren können.

 

Die Ausgangsposition auf dem Rad

Auf dem Rad gibt es eine Körperposition, die Basis für alle Übungen und auch Abfahrten im Gelände gilt. In dieser Position befinden sich die Pedale in horizontaler Stellung. In dieser Position befindet sich der Körperschwerpunkt immer mittig über dem Rad, also etwa auf Höhe des Tretlagers. Die Beine sind im Kniegelenk leicht gebeugt, die Hüfte ist leicht nach hinten geschoben, der Rumpf dadurch etwas nach unten gesenkt. Die Arme sind im Ellbogengelenk gebeugt, die Ellbogen zeigen nach außen. Der Kopf bleibt aufrecht und die Augen sind immer nach vorne gerichtet. Sie schauen immer ein paar Meter voraus und nie direkt auf das Vorderrad. Grundsätzlich sollten Sie immer dorthin schauen, wo Sie auch hinfahren möchten. In dieser Position genießen Sie eine große Beweglichkeit auf dem Rad und können das Gewicht ohne Problem nach vorne oder hinten verlagern. Die gebeugten Arme und Beine sorgen dafür, dass große Schläge abgefedert werden können. Denn diese sind, trotz fortschreitender Technik bei den Federelementen, immer noch der größte und beste Dämpfer. Die Hände sollen immer leicht sein, die Füße schwer. Dann befindet sich auch der Schwerpunkt an der richtigen Stelle.

 

Auf der Linie fahren

Eine einfache, aber wirkungsvolle Übung zur Verbesserung der Radbeherrschung ist das Fahren auf einer Linie. Dazu markieren Sie einen ca. 30 cm breiten und 10 m langen Bereich auf dem Boden, den Sie langsam und kontrolliert durchfahren. Die erfolgreiche Durchfahrt soll kein Glückstreffer bei einer Hochgeschwindigkeits-Harakiri-Durchfahrt werden, sondern mit Konzentration erfolgen. Sollte die Strecke kein Problem sein, schmälern Sie die Breite der Fahrspur um 5 cm. Was sich wenig anhört, fühlt sich viel an, wenn Sie auf dem Rad wieder durch den Korridor müssen. Fortgeschrittene und erfahrene Mountainbiker sollten in der Lage sein, einen 10 m langen Streifen bis zum Ende zu befahren, der gerade mal so breit ist wie der Reifen selbst.

 

Fahren im Kreis

Geradeaus-Fahren ist das Eine, langsam Um-Kurven-fahren das Andere. Markieren Sie einen Kreis auf dem Boden. Auf einem Sportplatz oder Waldweg lassen sich diese mit dem Fuß ziehen. Starten Sie mit einem Durchmesser von ca. 10 m. Dieser bildet den inneren Rahmen. Markieren Sie die äußere Begrenzung mit einem Abstand von 40 cm. Dieser Kreis muss jetzt durchfahren werden, wobei wichtig ist, dass Vorder- und Hinterrad in der Fahrspur bleiben. Je höher das Leistungsniveau des Sportlers ist, desto kleiner sollte der Kreisdurchmesser werden. Mit dieser Übung lernen Sie, dass man nicht nur das Vorderrad im Auge behalten, sondern auch schauen muss, wo das Hinterrad entlang fährt, da dieses bei einer Kurvenfahrt immer eine kürzere Strecke wählt.

 

Das richtige Überfahren einer Palette

Für Anfänger im Radsport bietet es sich an, die Paletten quer zur Fahrtrichtung auf den Boden zu legen. Damit umgehen Sie die Gefahr, dass das Vorder- oder Hinterrad in die Zwischenräume rutscht und stecken bleibt. Am besten legen Sie mindestens zwei Paletten hintereinander. Sie rollen in der oben beschriebenen Ausgangsposition auf dem Rad auf die Paletten zu. Kurz bevor das Vorderrad die Palette berührt, verlagern Sie den Körperschwerpunkt schlagartig nach hinten. Die Arme werden dabei gestreckt, sodass Sie am Lenker ziehen und das Vorderrad vom Boden abhebt. Gerade Einsteiger neigen dazu, zu schnell auf die Palette zuzufahren. Starten Sie langsam und konzentrieren Sie sich auf das Vorderrad, um das richtige Timing zu finden. Sollte dies kein Problem mehr darstellen, heben Sie nach dem Vorder- auch das Hinterrad auf die Palette. Wer das kann, schont sein Material und reduziert das Risiko eines Plattfußes deutlich. Dazu müssen Sie, nachdem das Vorderrad auf der Palette ist, den Körperschwerpunkt sehr schnell nach vorne verlagern. Indem Sie Spannung zwischen Lenker und Pedale in Ihrem Körper aufbauen, heben Sie durch die Gewichtsverlagerung das Hinterrad an, ohne kräftig am Pedal ziehen zu müssen. Als weitere Steigerung legen Sie die Paletten verkehrt herum, sodass die drei Fußbalken der Palette nach oben und in Fahrtrichtung zeigen. Sie beginnen mit einer Palette und versuchen diese auf dem Mittelsteg zu überfahren. Als Steigerung verlängern Sie die Strecke immer um eine weitere Palette.

Eine Vielzahl an Beispielen zum Techniktraining mit Paletten finden Sie auf der Webseite des Bund Deutscher Radfahrer. Hier wurden einige Beispiele zusammengetragen (http://www.rad-net.de/html/bdr/generalausschreibungen/ 2009/mtb-geschicklichkeitsparcours- 2009.pdf).

 

Richtig Bremsen

Das richtige Bremsen ist neben dem richtigen Schalten eine der zentralen Fertigkeiten, die ein Mountainbiker beherrschen sollte. Viele denken, dass man dabei gar nichts falsch machen kann, da es automatisch passiert. Aber: Wissen Sie, welche Bremse das Vorderrad bedient und welche das Hinterrad? Und: Die meisten Bremsprobleme aufgrund zu heiß gewordener Bremse passieren im Breitensport. Wenn Sie dem Bremsen mehr Aufmerksamkeit widmen, werden Sie schneller bergab fahren. Lopes et al. (2010) widmen dem Thema Bremsen ein ganzes Kapitel. Und Sie nennen es „Brake better to go faster“. Je weniger Sie bremsen, desto besser ist es. Wenn Sie bremsen, bremsen Sie hart und lassen die Bremse anschließend wieder frei. Selbst kurze bremsfreie Phasen helfen, dass die Bremsscheibe abkühlt. Häufig ist jedoch zu beobachten, dass die Bremse vom Gipfel bis ins Tal schleifen gelassen wird. Dann kommt es zum Fading – dem Überhitzen der Bremse, was dazu führt, dass die Bremskraft nicht mehr ausreicht, um das Rad zum Stehen zu bringen. Bei modernen Scheibenbremsen ist es ausreichend, mit dem Zeigefinger zu bremsen. Bremsen Sie vor oder nach einer Kurve, nicht während der Durchfahrt. Wenn Sie die Bremse stark ziehen, während das Rad in die Kurve geneigt ist, wird sich das Rad entweder aufstellen oder wegrutschen. Beides sollte verständlicherweise vermieden werden. Nutzen Sie beide Bremsen und haben Sie keine Angst vor der Nutzung der Vorderrradbremse. So lange Sie diese dosiert einsetzen, wird nichts passieren. Das können Sie auch auf losem Untergrund gut trainieren. Ziehen Sie die Vorderradbremse bei mittlerer Fahrgeschwindigkeit plötzlich und lassen Sie sie sofort wieder los. Das Rad wird kurz rutschen, sich nach dem Loslassen der Bremse aber wieder selbstständig stabilisieren. Dies sollten Sie jedoch nur in separatem Techniktraining durchführen. In der Abfahrt darf das Vorderrad nie blockieren. Eine alte Sportlerweisheit besagt: „So lange das Vorderrad rollt, kann nichts passieren!“ Wie können Sie nun Ihr Bremsverhalten trainieren?

Neben der bereits genannten Vollbremsung mit der Vorderradbremse, sind auch Zielbremsungen sinnvoll. Markieren Sie eine Stelle, an der Sie zum Stehen kommen wollen. Wählen Sie die Geschwindigkeit und den Bremspunkt so, dass Sie erst kurz vor der markierten Stelle zum Stehen kommen. Hier können Sie verschiedene Varianten durchspielen:

a) nur Hinterradbremse,

b) nur Vorderradbremse und

c) beide Bremsen.

 

Üben Sie diese Varianten auf unterschiedlichen Untergründen. Starten Sie auf Asphalt und wechseln Sie danach auf eine Wiese und zuletzt einen Schotterweg. Schauen Sie, wie sich der Bremsweg verändert, wenn Sie während der Verzögerung das Gewicht nach hinten verlagern. Des Weiteren können Sie auch Ihre gewohnten Abfahrten fahren und nutzen nur eine der beiden Bremsen. All das hilft Ihnen, dass Sie lernen, wie sich ihr Rad beim Bremsen verhält und welcher Bremsweg zur Verzögerung nötig ist.

 

Legen Sie das Rad in die Kurve, nicht Ihren Körper

Wenn Sie eine Kurve durchfahren, gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten, wie Sie die Kurve durchfahren:

– Sie legen sich und Ihr Rad im gleichen Winkel in die Kurve.

– Sie legen sich weiter in die Kurve als das Rad.

– Sie legen das Rad mehr in die Kurve als sich selbst.

 

Die erste Variante, in der sich das Rad und der Körper immer in gleichem Winkel zur Fahrbahn befinden, ist die Version, die am häufigsten zu beobachten ist. Wenn Sie mit einem Rennrad auf der Straße unterwegs sind, ist das kein Problem. Reifen und Asphalt bieten genug Grip, sodass hier nichts passieren wird, solange Sie nicht versuchen, die Grenzen der Physik zu verschieben. Im Gelände ist diese Art der Kurvendurchfahrt in Ordnung, wenn der Kurvenradius sehr groß ist und Sie sich kaum in die Kurve hineinlegen müssen.

Variante 2 ist dann zu beobachten, wenn auf nasser Straße eine enge Kurve mit hoher Geschwindigkeit durchfahren werden soll oder Sie auf einer nassen Holzbrücke eine Kurve fahren müssen. Im Gelände ist diese Kurventechnik häufig bei losem Untergrund oder nach außen abfallenden Kurven zu beobachten.

Die dritte Position stellt das Optimum im Mountainbikesport dar. Sie legen das Rad in die Kurve, bleiben selbst aber aufrechter. Der kurveninnere Arm wird gestreckt, der kurvenäußere gebeugt, sodass durch diese Bewegung der Arme im Ellbogengelenk das Rad in Kurvenlage gedrückt wird. Das kurveninnere Pedal ist oben und die ganze Last liegt auf dem kurvenäußeren, am unteren Totpunkt befindliche Pedal. Das Becken ist dabei zur Kurvenaußenseite gedreht und zeigt in Fahrtrichtung. Der Vorteil dieser Position liegt darin, dass der Körperschwerpunkt mittig im Rad, ca. auf Höhe des Tretlagers, liegt. Das verleiht den Reifen zusätzlichen Grip. „In almost every turn, this is the best, safest and fastest way to go“.(2)

Die hier vorgestellten Übungen sollten fester Bestandteil des Techniktrainings sein. Wie eingangs erwähnt, erhält die Fahrtechnik im Training eine zu geringe Wertschätzung. Natürlich ist es einfacher, sich auf das Rad zu setzen und die Trails so herunterzufahren, wie man das immer macht. Das Techniktraining ist, wie das Ausdauertraining auch, mit Arbeit verbunden. Fahren Sie als Techniktraining nicht einfach „blind“ die Trails herunter, die Sie schon immer fahren. Diese können Sie irgendwann schnell fahren, aber können Sie das auch, wenn Sie die Abfahrt nicht schon unzählige Male unter die Reifen genommen haben? Suchen Sie sich einen ruhigen Platz und führen Sie dort die o.g. Trockenübungen durch. Und wenn Sie wieder in Ihrem Lieblingstrail unterwegs sind, denken Sie daran, dass Gelernte dort auch umzusetzen.

 

Fazit

Wenn Sie konsequent an Ihrer Fahrttechnik arbeiten, erreichen Sie viel für Ihre Gesamtleistung: Sie sind insgesamt schneller unterwegs und dazu noch sicherer. Ihre Fahrttechnik im Gelände stellt bei MTBVeranstalungen für Leistungs- und Freizeitsportler eine Leistungsreserve dar und führt bei Verbesserungen unmittelbar auch zu Leistungssteigerungen. Das vorgestellte Fahrtechniktraining eignet sich aber grundlegend auch für Jedermann und Jederfrau auf einem Fahrrad. Denn seit ihrer Erfindung sind Fahrräder eben nicht nur Sportgeräte, sondern auch Verkehrsmittel!

 

Marc Schäfer

 

Literaturangaben:

1. Bund Deutscher Radfahrer (BDR) (2010). MTB Geschicklichkeitsparcours 2010. Frankfurt.

2. Lopes, B., Mc Cormack, L. (2010). Mastering Mountain Bike Skills. Second Edition. Human Kinetics: Champaign.

3. Meyer, H., Rögner, T. (2010). Bike Fahrtechnik (9. Auflage). Bielefeld: Delius Klasing.

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Über den Autor

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