Die Wettkämpfe werden immer enger und kleine Unterschiede entscheiden über Sieg und Niederlage. Diese Bereiche sollten im Mountainbike-Training besonders beachtet werden!
Aus dem Anforderungsprofil der olympischen Mountainbike Disziplin Cross-Country geht hervor, dass der Ausbildung der motorischen Grundeigenschaften Ausdauer und Kraft eine große Aufmerksamkeit im Training geschenkt werden muss (vgl. STAPELFELDT et al., 2002). SCHMIDT (2007, S. 86) bestätigt diese Sichtweise, da er durch die niedrigen Trittfrequenzen „besonders hohe Anforderungen“ an die Kraft herausstellt. Weiterhin verweist er darauf, dass „auf die Ausbildung einer möglichst guten aeroben Kapazität Wert gelegt werden (muss), ohne jedoch die anaerobe Mobilisation zu vernachlässigen, die im Mountainbikesport eine ganz entscheidende Rolle spielt“ (SCHMIDT, 2007, S. 85).
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Leistung wird von mehreren Faktoren bestimmt
Abhängig von der Radsportdisziplin, und somit der Belastungsform und –dauer, werden der Bewegungsapparat, das Herzkreislaufsystem und der Stoffwechsel sehr unterschiedlich beansprucht. Die gefahrene Geschwindigkeit gibt noch keine Auskunft über die erbrachte Leistung. Mehrere Faktoren beeinflussen die Leistung beim Radfahren. Dazu zählen in erster Linie die Hangabtriebskomponente, die Rollreibung und der Luftwiderstand. Der Luftwiderstand hat dabei den größten Einfluss auf die Geschwindigkeit (vgl. NEUMANN, 2000, S. 169). Beim Mountainbiken stellt die Bodenbeschaffenheit neben dem Streckenprofil die Hauptkomponente für die zu erbringende Leistung dar. Bei einer Geschwindigkeit von 19km/h muss auf der Straße eine Leistung von ca. 100 Watt erbracht werden. Damit die gleiche Geschwindigkeit auf Wattboden erreicht wird, muss mit 300 Watt in die Pedale getreten werden (vgl. KÖHLER et al., 1994, S. 104). Das Windschattenfahren spielt beim Mountainbike aufgrund der niedrigeren Geschwindigkeiten eine untergeordnete Rolle. In allen Radsportdisziplinen sind unterschiedliche Anforderungen an die Fahrer gestellt. Mountainbike Cross Country Wettkämpfe weisen i.d.R. einen hohen fahrtechnischen Anspruch auf. Die Rennstrecken wurden in den letzen Jahren fahrtechnisch immer anspruchsvoller. Diese Entwicklung und die immer größer werdende Leistungsdichte sorgen dafür, dass neben Ausdauer und Kraft den fahrtechnischen Fertigkeiten der Sportler eine immer größer werdende Bedeutung zukommt. Schaut man sich die Übertragung zum 1. Lauf des MTB Worldcups 2011 in Pietermaritzburg (ZA) an, hat die fahrtechnische Überlegenheit Nino Schurters dazu geführt, dass er den Wettkampf gewinnen konnte. An den Anstiegen konnte sich kein Fahrer entscheidend absetzen, aber in der schwersten Abfahrt spielte Schurter seine Überlegenheit gegenüber Julien Absalon aus, der es nicht mehr schaffte, die dort entstandene Lücke zu schließen.
Ausdauer ist die Grundlage
Dennoch ist der Radsport in erster Linie eine Ausdauersportart. Das wird an den Leistungen deutlich, die Radsportler erreichen. In der Literatur finden sich, abhängig vom Testdesign, Maximalwerte von weit über 500 W in Stufentests, was einer auf das Körpergewicht bezogenen Leistung von bis zu 6,8 W/kg entspricht (MUJIKA et al., 2001, S. 482; PADILLA et al., 1999, S. 884). Die Sportler erreichen bei der maximalen Sauerstoffaufnahme Absolutwerte bis 6,4 l/min, was mit Höchstwerten der relativen maximalen Sauerstoffaufnahme von 84,8 ml/kg/min gleichbedeutend ist. Die zweite wichtige konditionelle Eigenschaft stellt die Kraft dar. Bei Antritten nach Kurven und Attacken werden sehr hohe Leistungsspitzen erzielt. So wurden Leistungsspitzen von über 1400 W am Ende eines MTB-Marathons gemessen (s. Kap. 5.2.2). Auf der Bahn werden Leistungen über 2000 W bei den weltbesten Bahnsprintern gemessen (vgl. HOTTENROTT et al., 1998, S. 16). SCHMIDT (2007, S. 88) erklärt, dass internationale Spitzenfahrer im MTB-Bereich i.d.R. nicht über das gleiche Leistungsniveau verfügen, wie Straßenprofis. Belegt werden kann diese Vermutung jedoch nicht. Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungsprofile der Disziplinen ist jedoch tatsächlich davon auszugehen, dass Straßenradsportler tatsächlich höhere Maximalwerte bzgl. der aeroben Kapazität erzielen. Bzgl. der anaeroben Kapazität und des Maximalkraftniveaus kann es u.U. jedoch anders aussehen. Allerdings ist auch dies derzeit nicht belegbar. Ein hohes Maximalkraftniveau erfordern die im Cross Country vielen kurzen Anstiegen, wie dies aus der bereits genannten Arbeit von STAPELFELDT (2001) hervorgeht. Die höchsten Kraftspitzen werden jedoch beim Start und im Endspurt erreicht. Wie eng das zugehen kann, zeigt das Finale des MTB Worldcups 2010 im englischen Dalby Forrest, als erneut Schurter gegen Absalon gewann, hier jedoch in einem dramatischen Sprint auf den letzten Metern. Es ist auffällig, dass im Sprintduell der beiden fast immer Schurter das bessere Ende für sich hatte (WM 2009, Worldcup Val di Sole 2010).
Kraft wird wichtiger
Der Kraft kommt in Zukunft eine noch größere Bedeutung zu. Seit 2011 finden im Rahmen der Worldcups ein Sprintrennen statt, das so. Cross Country Eliminator (XCE). Auch wenn es (noch) nicht zum Worldcup zählt, werden hier jedoch Weltranglistenpunkte vergeben. Und diese haben einen Einfluss auf die Startaufstellung. Sobald diese Rennen zum Worldcup zählen, wird kaum ein Fahrer um einen Start herumkommen. Aufgrund der vielen harten Antritte kann vermutet werden, dass die Anforderungen denen im Kriterium/Rundstreckenrennen ähneln. Dort wird das Rad aus engen Kurven heraus mit niedriger Trittfrequenz bei langsamer Fahrt wieder beschleunigt. Über 45 mal traten Belastungsspitzen von über 10 W/kg bei einer durchschnittlichen Dauer von ca. 4,5 Sekunden auf (vgl. SCHMIDT, 2007, S. 64). Belastungen über 8 W/kg treten 109-mal auf und müssen im Schnitt jeweils 5,4 Sekunden geleistet werden (vgl. EBERLE, 2003, zitiert nach SCHMIDT, 2007, S. 64). Bei einem Körpergewicht von 65 kg ist daher eine Leistung von 520 W über mehr als 10 Minuten zu leisten. Die Wettkampfdauer ist im XCE deutlich kürzer, sodass die Belastungsspitzen nicht so häufig auftreten. Trotzdem lässt die Untersuchung über die Belastung bei Rundstreckenrennen/Kriterien erahnen, welche Belastungen im XCE an die Fahrer gestellt werden. Je näher die zu erbringende Leistung am individuellen Kraftmaximum liegt, desto größer ist die Bedeutung der Maximalkraft. Antritte und Sprints werden immer mit maximalem Krafteinsatz gefahren und liegen somit sehr nah am individuellen Kraftmaximum. Daher muss das Ziel sein, das Maximalkraftniveau zu erhöhen.
Marc Schäfer
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Quellenangaben
Hottenrott, K./ Zülch, M. (1998). Ausdauertrainer Radsport. Reinbek: Rowohlt.
Köhler, B./Völker, K. (1994). Plädoyer für sorgfältige sportmedizinische Betreuung. TW Sport + Medizin, 6 (2), 100-104.
Mujika, I./Padilla, S. (2001). Physiological and performance characteristics of male professional road cyclists. Sports Med., 31 (7), 479-487.
Neumann, G. (2000). Physiologische Grundlagen des Radsports. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin. 51 (5), 169-175.
Padilla, S./Mujika, I./Cuesta, G./Goiriena, J.J. (1999). Level ground and uphill cycling ability in professional road cycling. Med. Sci. Sports Exerc., 31 (6), 878-885.
Schmidt, A. (2007). Das große Buch vom Radsport. Aachen: Meyer & Meyer.
Stapelfeldt, B. (2001). Kraft- und Ausdauerleistungen im Mountainbikesport. Dissertation, Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg i. Br.
Stapelfeldt, B./Schwirtz, A./ Schumacher, Y.O. (2002). Belastung und Beanspruchung in Mountainbike-Cross-Country-Wettkämpfen. Leistungssport, 32 (2), 21-28.