Nachdem der 1. Teil dieses Artikels erläutert hat, warum ein komplexes und alltagsnahes Training monotonen Übungen an Maschinen im Fitnessstudio vorzuziehen ist, geht es nun an die Grundlagen des komplexen Trainings.
Lesen Sie auch den ersten Teil des Artikels: Komplexität statt mehr Widerstand
Was macht Sinn und was ist sinnlos?
Es gibt viele Möglichkeiten eine Übung komplexer zu machen. Die jahrelange Erfahrung hat aber Folgendes gezeigt: Es macht keinen Sinn, direkt mit sehr komplexen Übungen zu beginnen. Die Gefahr der Überforderung und einer unsauberen Trainingsausführung ist hier zu groß. Bei komplexem Training gilt es, zuerst die Basiselemente komplett zu beherrschen. Wenn das Fundament steht, können wir mit dem weiteren Aufbau beginnen.
Komplexe Sprünge – Ein Beispiel aus der Praxis
Das Fundament für Sprünge sind freie Kniebeugen. Erst wenn jemand tiefe Kniebeugen mit seinem Körper beherrscht, kann er mit den diversen Sprüngen beginnen.
Stufe 1
Gerader Sprung auf eine Kiste (die Höhe richtet sich nach dem aktuellen Leistungsstand)
Stufe 2
Sprung aus einer tiefen Kniebeuge auf eine Kiste (dabei kann ein Medizinball als Begrenzung für den Start dienen)
Stufe 3
Sprung aus einer tiefen Kniebeuge über eine Kiste. Nach der Landung eine 180 Grad Drehung durchführen, um mit der nächsten Wiederholung zu beginnen. Dabei kann immer noch ein Medizinball als Begrenzung für den Start dienen. Hier wäre es möglich, auch mit 2 Medizinbällen (einer auf jeder Seite) zu trainieren. Bei dieser Variante muss beachtet werden, dass der 180 Grad Sprung im Vorfeld geübt werden muss.
Stufe 4
Sprung aus einer tiefen Kniebeuge mit sofortiger 180 Grad Drehung in der Luft. Bei Landung sofort wieder in die tiefe Kniebeuge absinken und die nächste Wiederholung beginnen.
Ein komplexeres Training als Variante 4 haben wir in der Praxis bis jetzt noch nicht testen können, da die Technik darunter gelitten hätte.
Bewegungsqualität vor Stufensteigerung
Da dieses Training äußerst komplex ist, ist es angeraten, die Bewegungsausführung bei mindestens 80 % von möglichen 100 % zu halten. Sobald die Form unter gefühlte (oder durch den Coach gesehene) 80 % fällt, macht es keinen Sinn mehr, an dieser Übung weiter zu trainieren. Man arbeitet ab diesem Punkt gegen sich und gegen seine Gesundheit. Je sauberer eine Übung augeführt wird, desto mehr Nutzen hat sie.
Fitness oder mehr?
Fitness wird bei uns wie folgt definiert: „Fitness beschreibt einen Zustand, der die körperliche Leistungsfähigkeit bzw. die Entwicklung der konditionellen (motorische /physische Grundeigenschaften) und koordinativen Fähigkeiten umfasst: Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Beweglichkeit, Koordination. Darüber hinaus geht es aber auch um psychische und soziale Komponenten, Gesundheit und Wohlbefinden.“
Die Komponenten, die bei einem komplexen Training geschult werden, sind nicht nur die Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination. Wir trainieren Aufmerksamkeit, Genauigkeit, Treffsicherheit, Balance (das ist etwas anderes als Koordination) und Timing.
Das Beispiel der Sprünge ist nur eine Möglichkeit des komplexen Trainings. So gibt es natürlich auch für diverse andere Übungen komplexe Steigerungen. Übungen, die wir erfolgreich getestet haben, sind unter anderem: Ausfallschritte, Liegestütze, diverse Planken, Vierfüßler-Läufe, Klimmzüge etc.
Solch ein Training hilft uns nicht nur, weiterhin Trainingsfortschritte zu machen. Dieses komplexe Training hilft uns, unseren Körper besser kennenzulernen und im Alltag sicher mit ihm umgehen zu können. Außerdem entdecken Viele bei dieser Art des funktionellen Trainings den Spaß am Training wieder.
Karol Szwand
Lesen Sie auch Teil 1: Komplexität statt mehr Widerstand