Wie wichtig ist die Radbiometrie?

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Benötigen Sie als Hobby-Radsportler eine biometrische oder biomechanische Vermessung zur Bestimmung Ihrer Sitzposition auf dem Rad? Oder ist das geschulte Auge des Fachhändlers gar nicht so falsch? Wir nehmen das Thema einmal unter die Lupe.

Radsport ist faszinierend: Das Zusammenspiel von Athlet und Technik wird deutlich, wenn Sie Carbonfelgen, elektrische Schaltungen und die leichten Rahmen in Aktion betrachten. Rennräder von 6-7 Kilo werden bei Antritten, Sprints oder am Berg mit Belastungsspitzen um 1500 Watt belastet – teilweise sogar noch mehr! Neben den hohen Belastungen sind bei Profis und auch bei Jedermann sehr lange Ausfahrten üblich. Beim Ötztaler Radmarathon fahren rund 4000 Hobby-Sportler 238 Kilometer mit rund 5500 Höhenmetern. Das dabei ihre Sitzposition eine große Bedeutung haben kann, liegt auf der Hand. Derzeit wird das Thema „Radbiometrie“ sehr breit als Angebot bei Orthopädietechnikern, Physiotherapeuten, Radläden und Sportwissenschaftlern forciert. Die Angebote sind dabei oftmals sehr unterschiedlich.

 

Was tun gegen Rückenschmerzen?

Wer kennt sie nicht, die Schattenseiten des Radfahrens:

– Brennende Füße

– schmerzender Rücken und

Knieschmerzen.

 

Ursachen gibt es viele verschiedene – teilweise ist eine falsche Radposition der Auslöser. Aber auch Trainingsfehler können solche Probleme auslösen. Zwar kann das Fahrrad mit verschiedenen Anbauteilen an Sie und Ihre Körpermaße angepasst werden – nicht immer ist dies jedoch die Ursache für die genannten Probleme! Wenn Sie nach einem langen Winter, ohne große Radumfänge und vielleicht sogar ohne Krafttraining in die ersten langen Ausfahrten starten, dürften Ihre Rückemschmerzen auch durch eine veränderte Radeinstellung nicht unmittelbar verschwinden.

 

Woher stammen Fehlbelastungen?

Fehlbelastungen auf dem Fahrrad können unterschiedliche Ursachen haben. Zum einen kann das Fahrrad grundlegend falsch auf Sie und Ihre Körpermaße eingestellt sein. Das Anpassen der Einstellungen wäre dann eine mögliche Veränderung, die Fehlbelastungen reduzieren kann.

Zum anderen kann aber auch Ihre anatomische Struktur Auslöser für Fehlbelastungen sein – dann sind Anpassungen schon deutlich komplizierter und Veränderungen können neue Probleme verursachen, wenn sie nicht fachgerecht ausgeführt werden. Das Ausgleichen einer Beinlängendifferenz bei einem Läufer, der mit beiden Beinen Erdkontakt hat, kann beispielsweise nicht mit der Situation auf dem Fahrrad verglichen werden. Hier sitzen Sie auf dem Sattel und Ihre Beine sind nie ganz gestreckt – eine Beinlängendifferenz macht sich so bei geringen Unterschieden gar nicht bemerkbar. Wird nun bei einer Radbiometrie eine Differenz festgestellt und diese ausgeglichen, kann das bei bestimmten Voraussetzungen zu beschwerden in der Hüfte oder dem Rücken führen. Sie sehen: Anatomie und Physiologie des Menschen sind sehr komplex.

 

Never Change a winning Team!

Wenn Sie Probleme und Schmerzen haben, kann Ihnen eine Radbiometrie helfen, mögliche Ursachen zu finden. Oftmals reicht es aber schon aus, wenn Sie zu einem erfahrenen Fachhändler gehen und sich beim Radkauf ausführlich beraten lassen. Thomas Fühlberth von Radsport-Frankfurt.de in Frankfurt am Main vertraut hier auf seine Erfahrung. „Das Ziel des Sportlers und seine Fahrweise kann von keiner Videoanalyse erkannt werden“, so dass die Radbiometrie gerade bei Einsteigern, die gerade erst mit dem Radsport auf der Straße oder im Gelände starten, keinen großen Nutzen hat. Der Fahrkomfort, die Geometrie des Rahmens und die Fähigkeit, Kurven schnell fahren zu können, beeinflussen die Radeinstellung ebenso wie die Anatomie. Schon das Verändern der Vorbaulänge oder der Sattelposition kann die Fahreigenschaften eines Rads stark beeinflussen. Es kann also durchaus sein, dass Sie nach einer Radvermessung zwar biomechanisch lehrbuchmäßig auf Ihrem Rad sitzen, sich aber nicht mehr wohlfühlen, wenn Ihr Rad auf der Abfahrt zu „flattern“ beginnt. Wenn Sie sich auf Ihrem Rad wohlfühlen und keine Probleme auftreten, ist also eine Radbiometrie nicht immer von Vorteil! Für Thomas Fülberth ist aus diesem Grund das Gespräch mit dem Kunden die wichtigeste Grundlage für den Radverkauf und das anschließende Einstellen des neuen Gefährts.

 

Biometrie – aber wie?

Schaut man sich den Markt der Radbiometrie an, fällt auf, dass die Ausführungen sich hier stark unterschieden. Videoanalysen, Motion Capturing Systeme, Satteldruckmessungen und Fußdruckmessungen sind gägnige Methoden, um den Sportler auf dem Rad zu vermessen. Hinzu kommt oftmals eine anatomische Grundanamnese in Ruhe. Leider handelt es sich bei der „Biomechanik“ und der „Radbiometrie“ um nicht geschützte Begriffe, so dass sich auf dem Feld viele Anbieter mit sehr unterschiedlichen Qualifikationen tümmeln. Erkundigen Sie sich genau, bevor Sie sich für einen Anbieter entscheiden. Grundlegend skeptisch sollten Sie sein, wenn im Angebot mögliche Leistungssteigerungen in Prozent angegeben werden. Solche Aussagen sind aufgrund der Komplexität im Zusammenspiel von Mensch und Material eher unseriös.

 

Fazit

Fehlbelastungen sind oft Ursachen für Probleme und Schmerzen auf dem Rad. Wenn Ihnen Anpassungen der Position nicht helfen, sollten Sie eine professionelle Radbiometrie ins Auge fassen. Anbieter wie Lloyd Thomas von Cyclefit.de bieten ein sehr umfangreiches Angebot für verschiedene Zielgruppen. Wenn Sie sich aber wohlfühlen oder vor der Entscheidung zum Kauf eines neuen Rads stehen, sollten Sie sich zunächst einmal auf die Beratung eines Fachhändlers verlassen! (Lesen Sie auch: Mountainbiken – Die optimale Sitzposition)

  

Dennis Sandig

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Über den Autor

Dennis Sandig arbeitete als Sportwissenschaftler am Institut für Sportwissenschaften der Julius-Maximilians Universität in Würzburg. Aktuell ist er bei der Deutschen Triathlon Union als Wissenschaftskoordinator und Referent für Bildung zuständig, sowie für das umfassende Aus- und Fortbildungsprogramm für Coaches im Triathlon.

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