Athletiktraining im Fußball – mehr als reine Zeitverschwendung!

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Zuletzt wurde deutschlandweit immer wieder von zunehmenden Belastungen deutscher Fußballprofis gesprochen. Diese müssen in 3 Wochen bis zu 7 Spiele bestreiten und können den hohen Anforderungen auf dem Platz auf Dauer nicht gerecht werden. Gefordert wird daher eine Entzerrung der „Englischen Wochen“.

Anderenfalls käme es zu Verletzungssorgen, so wie es sich in den vergangenen Wochen mit Javi Martinez, Bastian Schweinsteiger, Thiago Alcantara und neuerdings auch David Alaba zugetragen hat. 

Der moderne Fußball erfordert aggressives Verteidigen

Doch handelt es sich hierbei wirklich um eine reine Überbelastung der Spieler? Führt der moderne, technisch anspruchsvollere und vor allem schnellere Fußball dazu, dass sich jede Spitzenmannschaft nun einen 40-Mann-Kader aufbauen muss, nur um den Verletzungssorgen gerecht zu werden? 

Fakt ist, der moderne Fußball hat sich tatsächlich verändert. Galt vor 30 Jahren noch das berühmte „Abwehrbollwerk“, bei dem die gegnerische Verteidigung im gegnerischen Angriff bis zum Strafraum zurückzog, herrscht heute das Gegenpressing vor, bei dem bereits 80 Meter vor dem eigenen Tor mit aggressivem Verteidigen dagegengehalten wird. Daneben absolvieren die Spieler zumeist bis zu 40 Hochgeschwindigkeitsläufe während eines Spiels. Hinzu kommt der technische Fortschritt. Die moderne Generation von Fußballschuhen, die Leichtathletik-Spikes nachempfunden sind, erlauben eine höhere Griffigkeit in den Rasen als auch eine verbesserte situationsbedingte Reaktionsmöglichkeit. Jedoch muss sich der Körper auf jene ruckartigen Bewegungsänderungen stets aufs neue anpassen. Anderenfalls drohen auch hier ernste Verletzungen, etwa in den muskulären Strukturen, aber auch in den Gelenken. (Klein, 2014) 

Dysbalancen können zu Verletzungen führen

Im Profibereich sind solche Verletzungen verhältnismäßig einfach zu beheben. Man bedient sich dort dem großen Betreuerstab, der Physiotherapeuten, Athletik– und Konditionstrainer, Mannschaftsärzte, gar Ernährungsberater und Mentaltrainer umfasst, um mit jener Verletztensituation möglichst schnell zurecht zu kommen und somit bald wieder auf dem Platz stehen zu können. Anders sieht dies im Amateurbereich aus. Eine Verletzung, die den Spieler für 6 Monate oder gar länger aus dem Verkehr zieht, wird nicht gerne vom Arbeitgeber gesehen. Doch hier gibt es eben nicht jene Möglichkeiten wie sie die Profivereine haben. 

Als Co-Trainer der U17-Landesliga-Mannschaft der Spvgg SV Weiden und studierter Fitnessökonom mit mehrjähriger Erfahrung im Rehabereich sehe ich regelmäßige Athletik als notwendige Maßnahme in einem professionell agierenden Fußballverein an. Die Gesundheit ist nunmal das höchste Gut eines jeden, dies gilt auch für jeden Fußballer, sei es im Amateur- oder Profibereich. Aufgrund von monotonen Belastungen in Schule und Beruf neigen bereits die jungen Talente zu Fehlhaltungen und -belastungen. Genau diese Dysbalancen können mit zunehmendem Alter zu ernsten Problemen führen. Gerade deswegen ist es notwendig, dass die Spieler einen Ausgleich zu dieser Monotonie erhalten. 

Regelmäßig ein halbstündiges Athletiktraining

Ein Baustein davon ist das allgemeine Fußballtraining, das die Elemente Gruppen- aber auch Individualtaktik beinhaltet. Daneben bedarf es aber auch regelmäßigem Athletiktraining, bei dem auch diese Monotonien (besonders in der Hüftflexibilität, der Rumpfregion und der Beinachsen) ausgeglichen werden. 

Das Athletiktraining der U17 der Spvgg SV Weiden ist aktuell über diverse Mobilisationsübungen („Movement Preps“) zusammen mit dem Konzept „Fifa 11+“ gesteuert. Daneben findet in regelmäßigen Abständen ein halbstündiges Athletikraining, aufgebaut als hochintensives Zirkeltraining, statt (siehe Video in Teil 2). In Zukunft soll das hierfür ausgearbeitete Konzept „Move Forward“ greifen. 

Erfolg von Mobilisationsübungen lässt sich feststellen

Move Forward wurde kürzlich beim Bayerischen Fußballverband vorgestellt und soll zunächst als Pilotprojekt bei der Spvgg SV Weiden auf Tauglichkeit getestet werden. Der Ablauf dieses Konzepts ist relativ einfach gehalten. So erfolgt zu Beginn ein Eingangscheck. Funktionelle Defizite können mithilfe von sportartspezifischen Tests diagnostiziert werden. Anschließend geht es ans Training, hier sollen jene funktionelle Definitive wieder ausgeglichen werden. Oftmals verfügen mehrere Spieler über ähnliche Bewegungseinschränkungen. Daher erfolgt das Training auch in Kleingruppen. Über Monate hinweg soll über gezieltes Training eine Funktionsverbesserung der Spieler ermöglicht werden. Der Erfolg wird dabei über die Verletzungsanfälligkeit der Spieler festgestellt. 

Der Erfolg der Mobilisationsübungen lässt sich bereits jetzt feststellen. So konnte die Verletztenzahl seit Beginn der Saison, als 7 von 23 Spielern verletzt waren, auf < 2 Spieler verringern. Dies kann als signifikanter Erfolg festgehalten werden.

Lesen Sie weiter Die „Big 5“ des Fußball-Athletiktrainings.

Quellen: 

Klein, Günther (2014). Zu viele Verletzte: Was ist los im Profi-Fußball? Zugriff am 03.11.2014. Verfügbar unter http://www.merkur-online.de/-3945107.html 

Thömmes, Frank (2014). Faszientraining. Copress Sport: München, 3. Auflage 

Verstegen, Mark (2011). Core Performance – Das revolutionäre Workout-Programm für Körper und Geist. Riva: München, 9. Auflage

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Über den Autor

Stefan Witetschek

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