Schneller, höher, weiter – der Mensch möchte immer noch etwas mehr. Und auf der Suche nach dem ultimativen Trainingsplan tauchte vor einigen Jahren eine ominöse Abkürzung auf: FST 7. Angeblich trainieren internationale Topathleten nach diesem System. Aber was ist FST 7 überhaupt?
Die Zahl 7 übt seit jeher eine Faszination auf den Menschen aus: Gott ruhte am 7. Tag, Karat ließ uns über 7 Brücken gehen, Schneewittchen besuchte die 7 Zwerge und Eisensportler machen 7 Sätze! Und auf der Suche nach dem ultimativen Trainingsplan tauchte sie vor einigen Jahren in einer ominöse Abkürzung auf: FST 7. Angeblich trainieren internationale Topathleten wie Jay Cutler und Phil Heath (beide gewannen die begehrteste Auszeichnung im Profi-Bodybuilding, den Mr. Olympia-Titel) nach diesem System. Aber was ist FST 7 überhaupt?
Der Grundgedanke
Die Abkürzung steht für Fascia Stretch Training und die Nummer 7 gibt die Anzahl der auszuführenden Sätze an. Ausgedacht hat sich das Ganze der amerikanische Trainer Hany Rambod. Nachdem Hatfield bereits versucht hat, möglichst viele Bauteile des Muskels in das Training mit einzubeziehen, geht Rambod noch einen Schritt weiter und betrachtet das den Muskel umgebende Gewebe.
Diese sogenannten Faszien, welche in dreierlei Arten im Körper vorkommen, umgeben neben den Knochen auch die Muskelfasern, Muskelbündel und letztlich den gesamten Muskel. Neben diesen tiefen Faszien besitzt der Mensch auch noch oberflächlichere Faszien im Unterhautgewebe sowie viszerale Faszien, welche die inneren Organe „befestigen“.
Der hohe Kollagenanteil der Faszie macht sie relativ fest, was ihre Flexibilität einschränkt und somit auch das Dickenwachstum der Muskulatur begrenzt. Anzumerken ist jedoch, dass diese Einschränkung erst bei sehr muskulösen Menschen auftritt und im normalen Breitensport kein Problem darstellt. Daher ist an diesem Punkt bereits festzuhalten, dass FST 7 sich hauptsächlich an (Wettkampf-)Bodybuilder richtet.
Um dieser Einschränkung entgegenzuwirken, zielt Rambods FST 7 darauf ab die Faszien zu dehnen. Anders als bei klassischen Dehnmethoden versucht er das aber nicht durch Stretching und Einwirkungen von außen, sondern durch eine Dehnung von innen. Was im ersten Moment seltsam klingen mag, ist für die meisten Sportler seit Jahren bereits Praxis. Durch ein „Aufpumpen“ des Muskels drückt dieser wie ein aufgeblasener Ballon gegen die Faszien und zwingt diese sich auszudehnen.
Also ist FST 7 nichts anderes als ein bisschen „Pump“ zum Abschluss des Krafttrainings? Im Prinzip ja. Neben der Dehnung sollen dem Muskel gleichzeitig möglichst viele Aufbaustoffe zugeführt werden. Um die erhöhte Blutzirkulation zu nutzen, sollte während des FST 7 Trainings daher viel getrunken werden. So gelangen Sauerstoff, Vitamine, Mineralien, Aminosäuren und Co in großer Anzahl zum Zielmuskel – vorausgesetzt diese sind im Körper verfügbar. Auch dieser Trainingsgedanke kommt natürlich nicht ohne eine zielgerichtete und gut geplante Ernährung aus.
Trainingsaufbau
Rambold empfiehlt kleine Muskeln 2-mal und große 1-mal pro Woche zu belasten. Da die FST 7-Technik nur ein Teil des Trainings ist, besteht der Rest aus klassischem, schweren Volumen-Training. Durch die hohe Anzahl an Trainingstagen und – dank der 7 Sätze zum Abschluss – ebenfalls recht hohen Satzzahlen ist dieses Training nur für Menschen zu empfehlen, die einen Großteil ihres Lebens auf Bodybuilding ausrichten. Neben der Ernährung muss vor allem ausreichend Zeit für die Regeneration eingeplant werden. Genügend Schlaf ist genauso wie ein aktives Erholungsprogramm daher besonders wichtig.
Als Übungskatalog für den FST 7-Satz gibt Rambold hauptsächlich Isolationsübungen an, sprich Übungen, die sich auf einen oder wenige Muskeln konzentrieren. Eine solche Aussage mag in Zeiten des funktionellen Trainings seltsam wirken. Bedenken Sie jedoch, dass das Ziel das Dehnen der Faszien ist. Vergleichen Sie es daher mit klassischen Dehnübungen für Ihre Muskulatur. Auch hier fokussieren Sie einen bestimmten Bereich und versuchen nicht, den gesamten Körper auf einmal zu dehnen.
Um den empfohlenen Rhythmus einzuhalten sollten mindestens 5 Trainingstage eingeplant werden. Im Idealfall könnte sogar das Tagestraining in eine Einheit morgens und eine am Abend aufgeteilt werden. Planen Sie 2-4 Übungen pro Muskel mit jeweils 3-4 Sätzen ein. Abweichend von Rambolds Standard sind hier aber auch diverse andere Trainingsmodelle denkbar – etwa 5×5 oder German Volume Training.
Erst am Ende Ihres gewohnten Trainings – und zeitlich auf Basis Ihrer körperlichen Entwicklung ebenso erst nach dem Erreichen des eigenen Plateaus – setzt FST 7 jetzt mit 7 Sätzen je 7 Wiederholungen an. Die Pausen sollten verhältnismäßig kurz bleiben, zwischen 20 und 45 Sekunden. Das Gewicht ist zweitrangig, darf aber nicht zu leicht gewählt werden.
Auch wenn einige Seiten im Internet sich dafür aussprechen, FST 7 wie eine Intensitätstechnik nur hin und wieder oder nur über kurze Zeit einzusetzen, macht der Grundgedanke des Faszien-Stretchings nur Sinn, wenn es regelmäßig und langfristig genutzt wird, da der Effekt nur temporär auftritt. So sichern Sie sich die besten Ergebnisse, sollten sich aber stets über die oben genannten Voraussetzungen im Klaren sein. Hier sei noch einmal erwähnt, dass die Vorteile des FST 7-Prinzips nur bei sehr muskulösen Menschen greifen, deren Faszien tatsächlich ein weiteres Wachstum der Muskulatur verhindern.
Selbstverständlich kann auch bei Fitness-Sportlern das gelegentliche Aufpumpen zum Abschluss der Trainingseinheit nicht schaden und zu guten Ergebnissen führen. Ursache und Wirkung sind in diesem Fall jedoch vom FST 7-Klientel zu unterscheiden.
Zusammenfassung des Trainings
– Starten Sie mit einem klassischen Krafttraining.
– Anschließend führen Sie eine Übung mit 7 Sätzen und 7 Wiederholungen aus.
– Halten Sie die Pause kurz.
– Trinken Sie viel.
– Trainieren Sie kleine Muskeln 2-mal und große 1-mal in der Woche.
Fazit
Nach dem großen Hype und den Erfolgen seiner Athleten ist FST 7 nüchtern betrachtet relativ unspektakulär. Für den Großteil der Trainierenden ist der Grundgedanke der den Muskel einschnürenden Faszie mehr Wunschtraum als Wirklichkeit. Dennoch ist die Tendenz, über den Tellerrand zu schauen und ein allumfassendes Training für den gesamten Körper zu kreieren, sicherlich wünschenswert. Letztlich bekommt somit die altbewährte Tradition des „Pumpens“ zum Abschluss eine theoretische Grundlage, die über das „Aufblasen für den Ausgeh-Abend“ hinausgeht.
Marcel Kremer