Blutdrucksenker – Wirkung und Nebenwirkungen

0

Blutdrucksenker: Bluthochdruck (Hypertonie) zählt zu den Zivilisationskrankheiten und damit zu den Folgen unseres modernen Lebensstils. Dr. Jens Freese stellt das Krankheitsbild vor und beschreibt die Wirkungen und Nebenwirkungen von blutdrucksenkenden Medikamenten.

Inhaltsverzeichnis

  1. Bluthochdruck
  2. Warum Blutdruck senken?
  3. Wirkungsweise und Nebenwirkungen von Blutdrucksenkern
  4. Wann sollte man Blutdrucksenker einnehmen?
  5. Lebensstil verbessern

Was ist Bluthochdruck?

Betrug die Zahl der Menschen mit systolischen Blutdruckwerten > 140 mmHg im Jahr 2015 weltweit rund 950 Millionen, werden Hochrechnungen zufolge 2025 etwa 1,5 Milliarden Menschen von Hypertonie betroffen sein, so die alarmierende Einschätzung von Professor Felix Mahfoud vom Universitätsklinikum des Saarlandes auf der Jahrestagung 2019 der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie e.V. In Deutschland ist jeder dritte Erwachsene Hypertoniker; das entspricht etwa 25 bis 30 Millionen Menschen. Im Alter zwischen 70 und 79 Jahren sind drei von vier Menschen betroffen. Bluthochdruck, in der Fachsprache „arterielle Hypertonie“ genannt, gilt als der zentrale Risikofaktor für den Killer Nr. 1 in unserer Gesellschaft: Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der Blutdruck steigt, wenn sich die Gefäße dauerhaft verengen. Ab einem oberen (systolischen) Wert von 140 mm Quecksilbersäule (Hg) und/oder einem unteren (diastolischen) Wert von 90 mmHg spricht man medizinisch von Bluthochdruck.

Senken des Blutdrucks beugt Komplikationen vor

Experten weltweit sind sich daher einig: Eine Blutdrucksenkung ist die wichtigste Maßnahme, um Komplikationen wie Schlaganfall, Demenz, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz und Niereninsuffizienz vorzubeugen. Einige klinische Studien schlugen vor einigen Jahren bereits Alarm, dass die Blutdruckempfehlungen einer dringenden Überarbeitung bedürften. 2017 passten die American Heart Association und das American College of Cardiology ihre Empfehlungen zur Hypertoniebehandlung an. Die Interventionsgrenzen und Blutdruckzielwerte wurden in den USA von ≥ 140/90 mmHg auf ≥ 130/80 mmHg abgesenkt. Der Zielkorridor für die Blutdrucksenkung bewegt sich folglich zwischen 120 und 130 mmHg systolisch und zwischen 70 und 80 mmHg diastolisch. Aktuelle Studiendaten demonstrieren, dass bei diesen Werten das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen am niedrigsten ist.

Das bestätigen auch Studien mit Naturvölkern. Reihenuntersuchungen bei Ureinwohnern in Papua-Guinea kamen auf Mittelwerte von 116 mmHg systolisch und 70 mmHg diastolisch. Langzeitdaten von indigenen Völkern am Amazonas veranschaulichen, dass Naturmenschen weder an Bluthochdruck leiden noch an Herz-Kreislauf-Erkrankungen versterben. In Deutschland wird eine Therapie bereits bei Blutdruckwerten von ≥ 130/90 mmHg empfohlen. Bei Grad 2 und 3 (mittelschwerer und schwerer) Hypertonie soll die medikamentöse Therapie laut führenden Fachgesellschaften unmittelbar beginnen, während bei Grad 1 (milder) Hypertonie Lebensstilmaßnahmen vorzuziehen sind.

Welche Blutdrucksenker haben die niedrigsten Nebenwirkungen?

Welche Art von Medikamenten bei Bluthochdruck eingesetzt werden sollte, war Gegenstand mehrerer großer Studien und daraus resultierender Leitlinien. Das grundlegende Ziel der Behandlung ist die Verhinderung der wichtigen Endpunkte der Hypertonie wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzversagen. Hierfür stehen inzwischen zahlreiche Klassen von Bluthochdruckmitteln (Antihypertensiva) zur Verfügung. Zu den am weitesten verbreiteten Medikamenten gehören Thiaziddiuretika, Kalziumkanalblocker, ACE-Hemmer, Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten und Betablocker.

Die Therapie mit einem Betablocker wird seit Neuestem Bluthochdruckpatienten mit Herzinsuffizienz, Angina pectoris, Myokardinfarkt oder Vorhofflimmern sowie jüngeren Frauen empfohlen, die schwanger sind oder eine Schwangerschaft planen. Neu ist zudem die Empfehlung, dass Patienten von Beginn an eine zweigleisige Wirkstoffkombination zur Blutdrucksenkung erhalten sollten. Vorzugsweise wird zu einer Kombination von ACE-Hemmern oder AT1-Rezeptorblockern geraten. Wenn die duale Therapie keine Wirkung zeigt, wird eine Dreifachkombination aus ACE-Hemmer oder AT1-Rezeptorblocker plus Kalziumantagonist plus Diuretikum empfohlen. Die verschiedenen Klassen von Blutdrucksenkern unterscheiden sich nicht nur durch ihre Wirksamkeit, sondern auch durch ihr Nebenwirkungsprofil. Und diese Nebenwirkungen sollten nicht nur Ärzte kennen, sondern auch Trainer.

Wie gefährlich sind Blutdrucksenker?

Mögliche Nebenwirkungen aller Wirkstoffe sind Schwindel, Benommenheit, Blutdruckabfall, Allergien und Magen-Darm-Beschwerden. Zusätzlich können bei den verschiedenen Wirkstoffen folgende weiteren Nebenwirkungen hinzukommen.

  • ACE-Hemmer: ACE-Hemmer blockieren die Aktivität des sogenannten Angiotensin-Converting-Enzyms. Dadurch wird weniger Angiotensin II gebildet. Dieses sorgt zum einen für eine Verengung (Vasokonstriktion) der Blutgefäße, zum anderen für die Hemmung des „Salzhormons“ Aldosteron in den Nebennieren. Denn Aldosteron bremst die Wasser- und Natriumausscheidung in den Nieren und erhöht die Kaliumausscheidung. Dadurch erhöht sich das Flüssigkeitsvolumen in den Gefäßen, wodurch der Blutdruck steigt. Die Hemmung von Aldosteron führt also indirekt zur Blutdrucksenkung. Blutdruck und Wasserhaushalt sind demzufolge eng miteinander gekoppelt. Mögliche Nebenwirkungen sind Wassereinlagerungen in der Haut (Angioödem), ein erhöhter Kaliumspiegel im Blut, Reizhusten und Zinkverluste.
  • AT1-Rezeptorantagonisten: AT1-Rezeptorantagonisten hemmen die Wirkung von Angiotensin II am AT1-Rezeptor. Dadurch werden alle Effektororgane, die von diesem Hormon beeinflusst werden, wie Blutgefäße, Hypophysenhinterlappen, Nebennieren und Nieren, stimuliert. In den Blutgefäßen kommt es dadurch zu einer Entspannung (Vasodilatation), in den Nebennieren zu den gleichen Effekten wie bei den ACE-Hemmern.
  • Kalziumantagonisten: Wirkstoffe dieser Gruppe hemmen den Einstrom von Ca2+-Ionen. Hierdurch kommt es zu einer Abnahme des peripheren Gefäßwiderstands, d. h., an der glatten Muskulatur der Blutgefäße entspannt sich der Tonus (Vasodilatation). Mögliche Nebenwirkungen sind Hautrötung mit Wärmegefühl, Herzklopfen, Kopfschmerzen, verlangsamte Herzfrequenz, Verengung der Bronchien, Verschlechterung bestehender Durchblutungsstörungen in den Extremitäten, Müdigkeit, Schlafstörungen, sexuelle Funktions- oder Potenzstörungen und eine negative Beeinflussung des Zuckerstoffwechsels.
  • Thiaziddiuretika: Thiaziddiuretika sind harntreibende Medikamente, die ebenfalls über die Hemmung der Rückresorption von Natrium und die Ausscheidung von Kalium in den Nieren wirken. Der sich dabei erhöhende osmotische Druck führt zu vermehrter Wasserausscheidung. Mögliche Nebenwirkungen sind Elektrolytstörungen (Magnesium- und Kaliummangel), ein erhöhter Harnsäurespiegel im Blut, eine Verschlechterung des Zuckerstoffwechsels, Mundtrockenheit und Durst.

Wann muss man Blutdrucksenker einnehmen?

Eine aktuelle Studie aus 2020 ergab, dass Blutdrucksenker langfristig besser wirken, wenn man sie abends einnimmt. Von den mehr als 19 000 Studienteilnehmern nahm die Hälfte die Medikamente abends, die andere Hälfte morgens. Über sechs Jahre überprüften Ärzte mindestens einmal im Jahr den Blutdruck der Probanden. Bei der Gruppe mit der abendlichen Einnahme war der durchschnittliche Blutdruck tagsüber und nachts niedriger als in der Morgengruppe. Interessanterweise war das Risiko, an den Komplikationen des Bluthochdrucks zu sterben, in der Gruppe, die ihre Medikamente abends einnahm, um die Hälfte niedriger. Die abendliche Einnahme senkte das Risiko, an Herzgefäßproblemen zu sterben, um 66 Prozent, für Schlaganfälle um 49 Prozent und für Herzinfarkte um 44 Prozent. Der Blutdruck unterliegt im Tagesverlauf regelmäßigen Schwankungen. Morgens und nachmittags werden infolge des zirkadianen Rhythmus (Tag-Nacht-Rhythmus) hohe Werte gemessen, im Schlaf sinkt der Blutdruck unter 120 mmHg.

Was ist der beste natürliche Blutdrucksenker?

Die meisten Hochdruckpatienten könnten vollkommen ohne Medikamente auskommen, wenn sie ihren Lebensstil drastisch ändern würden. Liegt der Ruheblutdruck längere Zeit über 140/90 mmHg, sollten lebensstilverändernde Maßnahmen im Vordergrund stehen, wie führende Fachgesellschaften empfehlen. Das bedeutet eine Gewichtsabnahme bei Übergewicht, eine Umstellung der Ernährung (salzmoderate und mediterrane Kost), täglich 6 000–7 000 Schritte, 3 x pro Woche 30 Minuten Muskeltraining, Rauchverzicht, moderater Alkoholkonsum, Entspannung und die Vermeidung weiterer Risikofaktoren wie z. B. Zuckerkrankheit, zu hohe Blutfettwerte etc.

Eine Langzeitstudie mit 36 000 finnischen Teilnehmern hat die vier Säulen eines gesunden Lebensstils in Bezug auf Hypertonie und Herz-Kreislauf-Erkrankungen identifiziert: Alkoholkonsum von weniger als 50 Gramm pro Woche (etwa fünf kleine Bier), dreimal die Woche Sport (moderat und intensiv), täglich Obst und Gemüse, ein Body-Mass-Index von < 25 – und schon sinkt das Hypertonierisiko auf ein Drittel. Die gleiche Forschergruppe fand in einer Folgestudie mit 38 000 Finnen und einer Nachbeobachtungszeit von über 14 Jahren zudem heraus: Hypertoniker, die blutdrucksenkende Medikamente einnehmen, aber keinen gesunden Lebensstil pflegen, haben ein signifikant höheres Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung als Hypertoniker, die keine blutdrucksenkenden Medikamente einnehmen, aber einen gesunden Lebensstil pflegen. Gesundheit könnte so einfach sein!

Unser Tipp für alle Trainer: Das Trainermagazin

Trainer ist das Fitness-Magazin für alle, denen die Fitness ihrer Trainierenden am Herzen liegt! Denn unser Magazin richtet sich speziell an Personal Trainer, Fitnesstrainer, Physiotherapeuten, sowie an ambitioniert Mannschafts-, Wettkampf- oder Freizeit-Trainer und bietet seit nun mehr als 20 Jahren Know-How zu folgenden Rubriken:

  • Groupfitness
  • Kraft & Cardio
  • Personal Training
  • Gesundheit & Forschung
  • Functional Training
  • Community & Lifestyle
  • Bildung & Business
  • Service

Autor: Rer. Nat. Jens Freese ist Leiter der Dr. FREESE Akademie und des Dr. FREESE Instituts für Sport- und Ernährungsimmunologie.

www.dr-freese.com

Teilen

Über den Autor

Dr. rer. nat. Jens Freese ist Leiter der Dr. FREESE Akademie und des Dr. FREESE Instituts für Sport- und Ernährungsimmunologie.

Comments are closed.