Pilates-Übungen gegen Schmerzen nach dem Laufen: Viele Läufer leiden unter Plantarfasziitis, Achillessehnenreizungen oder Knie- und Hüftschmerzen. Stefanie Rahn zeigt Pilatesübungen, die diese Beschwerden lindern bzw. beseitigen.
Wie kann Pilates bei typischen Läuferbeschwerden helfen?
Der Mensch ist das einzige Säugetier auf dieser Welt, das aufrecht über weite Strecken laufen kann. Wir sind geborene Läufer. Dafür spricht auch das architektonische Wunderwerk des Fußes mit seinen stabilen und gleichsam elastischen Fußgewölben, die hochelastischen Achillessehnen, die Energie speichern und diese auf wunderbare Weise wieder abgeben können, der Ilio Tibiale Trakt (ITT), die kräftigen Gesäßmuskeln, die das Becken stabilisieren und verhindern, dass wir fallen. Warum leiden dann trotzdem so viele Läufer unter hartnäckigen Verletzungen, Plantarfasziitis, Achillessehnenreizungen oder Knie- und Hüftschmerzen?
Pilates als Begleitendes Bewegungsprogramm
Die Antworten sind deutlich: Wie sollen Füße funktionieren, wenn sie den größten Teil des Tages in unpassendem Schuhwerk stecken und nicht mehr bewegt, ja noch nicht einmal wahrgenommen werden? Wie sollen die Gesäßmuskeln das Becken aufrichten und stabilisieren, wenn sie durch ständiges Sitzen völlig plattgesessen sind? Hier wird auch der Ausdruck „gluteale Amnesie“ verwendet, die den „Gedächtnisverlust“ der Gesäßmuskulatur nach dem Motto „Use it or lose it“ beschreibt.
Ein gesundes, beschwerdefreies Laufen funktioniert nur mit einem begleitenden Bewegungsprogramm bzw. mit Funktionsgymnastik. Diese muss Kraft und Mobilisation fördern, um die Achsengenauigkeit in Füßen, Beinen und Hüften beizubehalten und den Rumpf in der Rotationsbewegung des Beckens und des Schultergürtels zu stabilisieren. Wichtig ist auch die Schulung der Körperwahrnehmung.
Pilates als Athletentraining
Ein Pilatestraining fördert die Komponenten Mobilität, Stabilität und Konzentration und bildet damit eine perfekte Grundlage für alle athletischen Sportarten. Die immer noch bestehende Vorstellung, Pilates sei ein sanftes Dehnprogramm, wird der Methode nicht annähernd gerecht. Brent Anderson, Physiotherapeut und Urgestein in der Pilateswelt, hat 2018 auf einer Konferenz in Sizilien recht treffend formuliert: „You have to get in shape to run, you don‘t run to get in shape.“
Wer also erfolgreich laufen möchte, muss bereits über eine gute Grundlagenfitness verfügen. Gerade Laufanfänger sollten sich im Klaren darüber sein, dass eine adäquate Funktionsgymnastik Voraussetzung für den optimalen Einstieg in den Sport ist. Erfahrene Läufer werden bestätigen, dass jede Leistungssteigerung auf ein begleitendes Training an den lauffreien Tagen zurückzuführen und nur mit diesem erreichbar ist.
Pilates für stabile und mobile Hüft- und Sprunggelenke
Die gezeigte Übungsauswahl zielt zum einen auf die Mobilisation der Hüft- und der Sprunggelenke sowie der Brustwirbelsäule ab. Zum anderen geht es um die Kraft und die Elastizität der Hüftbeuger und -strecker, um das Becken zu stabilisieren und die Beine schwingen zu lassen. Ein übergreifendes Pilatesprinzip ist das Alignmentprinzip, also die optimale Ausrichtung der einzelnen Körperteile zueinander. Beim Laufen geht es dabei natürlich im Besonderen um die untere Extremität, um die Beinachsen mit der Anordnung der Sprung-, Knie- und Hüftgelenke zueinander.
Shoulder Bridge
Ausgangsstellung: Rückenlage mit gebeugten Beinen, die Füße sind unter den Knien aufgestellt.
Ausführung: Mit der Ausatmung rolle Wirbel für Wirbel von der Matte nach oben, bis das Gewicht auf dem Schultergürtel liegt. Verlagere das Gewicht auf den rechten Fuß und strecke das rechte Bein zur Decke. Mit der Ausatmung strecke den Fuß und führe das Bein in einem langen Bogen Richtung Boden. Dabei halte den restlichen Körper stabil. Mit der Einatmung kicke das Bein wieder nach oben, der Fuß ist dabei geflext (Dorsalextension). 4- bis 6-mal wiederholen, danach wechsle auf das andere Bein.
Upstretch – Leg Pull Front Kombination
Ausgangsstellung: Liegestützposition
Ausführung: Mit der Ausatmung schiebe dich von den Händen nach oben und hinten. Die Sitzbeinhöcker ziehen zur Decke, die Fersen schieben Richtung Boden. Einatmend wieder zurück in die Liegestützposition. 6- bis 8-mal wiederholen. Dann in der Liegestützposition bleiben, ausatmend das Gewicht auf ein Bein verlagern, den anderen Fuß strecken und das Bein dynamisch nach hinten oben federn. Der Rumpf bleibt stabil. Einatmend den Fuß wieder aufsetzen. Im Wechsel 4-mal pro Seite wiederholen.
Side Kick Series
Ausgangsstellung: Unterarmstütz in Seitenlage, das untere Bein ist angewinkelt, das obere Bein ist hüftgelenkweit angehoben und parallel über dem Boden.
Ausführung: Mit der Einatmung schwinge das obere Bein mit geflextem Fuß (Dorsalextension) nach vorn, bis du eine Dehnung auf der Beinrückseite spürst. Halte das Becken ruhig und stabil. Am Ende der Bewegung federe 2-mal nach, dann schwinge das Bein ausatmend und mit gestrecktem Fuß zurück, bis deine Hüfte vollständig gestreckt ist. 6- bis 8-mal wiederholen, dann auf die andere Seite wechseln.
Single Leg Stretch
Ausgangsstellung: Rückenlage, Kopf und Schultergürtel sind aufgerollt, die Beine in Table-Top-Position. Von hier strecke ein Bein nach vorn aus. Die Hände fixieren das angewinkelte Knie, wobei die eine Hand innen am Knie und die andere am äußeren Knöchel des gestreckten Beins liegt.
Ausführung: Wechsle jeweils mit der Ausatmung die Beinposition und halte dabei den Oberkörper maximal aufgerollt und ruhig. Wiederhole 5- bis 8-mal pro Seite.
Sissor
Ausgangsstellung: Rückenlage, Kopf und Schultergürtel sind aufgerollt, die Beine in Table-Top-Position. Von hier strecke ein Bein zur Decke und das andere lang nach vorn. Die Hände sind an der Oberschenkelrückseite.
Ausführung: Mit der Einatmung federe sanft das gestreckte Bein 2-mal zum Körper. Eine Dehnung der Beinrückseite ist zu spüren. Ausatmend scheren die Beine schnell aneinander vorbei. 8- bis 10-mal wiederholen
Single Leg Kick
Ausgangsstellung: Cobra mit aufgestellten Unterarmen. Die Bauchdecke ist flach, das Brustbein angehoben und die Unterarme schieben kraftvoll in den Boden.
Ausführung: Mit der Einatmung kicke die rechte Ferse 2-mal zum rechten Sitzknochen (2 kurze Einatemzüge), mit der Ausatmung strecke das Bein lang aus und lege es auf den Boden zurück. Wiederhole den Ablauf mit dem linken Bein. 4- bis 6-mal pro Bein wiederholen.
Autorin und Sportexpertin: Stefanie Rahn
Die Autorin ist Inhaberin eines Pilatesstudios und als Fachbuchautorin und Ausbilderin für mehrere Institute und Hochschulen tätig. Nach Beendigung ihrer Laufbahn als Tänzerin und Choreografin verschrieb sie sich dem Geländelauf und startet bei nationalen Wettkämpfen.
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