Einmal springen wie Michael Jordan oder Lebron James, das ist der Traum vieler junger Basketballspieler. Wie kann dieser Traum in Erfüllung gehen, oder bleibt dieser manch einem ambitionierten Talent verschlossen?
Ein kompletter Basketballspieler sollte vielseitig ausgebildet sein. Spielverständnis, Ball-Handling und Treffsicherheit sind sehr elementare Fähigkeiten, die jeder gute Basketballspieler als sein Werkzeug beherrschen sollte. Im modernen Basketball wird jedoch vor allem die Athletik immer entscheidender und ist in der heutigen Zeit Grundvoraussetzung für Erfolg. Die Idee des Basketballspiels, erfunden durch Dr. James Naismith im Jahre 1891, war die des „körperlosen Spiels“. Der Korb hing schon in der damaligen Zeit 10 Fuß, umgerechnet 3,05 Meter, über dem Hallenboden, genauso wie noch heute. Der Basketballsport hat sich jedoch in dieser Zeit extrem entwickelt. Basketballprofis sind scheinbar zu komplexen „Kraftmaschinen“ mutiert, die ein Gesamtrepertoire vorzuweisen haben und den Basketball schier mühelos von oben durch den Ring dunken. Im Vergleich zu ihren europäischen Kollegen sind NBA Profis im Durchschnitt größer, kräftiger und darüber hinaus auch dynamischer. Vor allem die enorme Schnelligkeit und die extreme Sprunggewalt bringt viele Fans und Experten immer wieder zum Staunen.
Beim Basketballtraining sollte regelmäßig an dieser „Dynamik“ gearbeitet werden. Hierzu zählen vor allem die Explosivkraft, Schnellkraft und Maximalkraft. Dynamische Muskel-Kontraktionen, in Form von ,,plyometrischen“ Übungen, verbessern die Reaktivkraft (Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus der Muskulatur) und tragen zu einem Kraft- und Schnelligkeitsgewinn bei. Gerade das Sprungkrafttraining kann mit plyometrischem Training extrem verbessert werden. Dabei beginnt man mit einem Sprung, auf den eine möglichst kurze Boden-Kontaktzeit mit anschließender dynamisch-explosiver Muskelkontraktion folgt.
Sprungkraft ist kontinuierlich trainierbar
„In der Vorbereitungsphase auf eine Saison trainieren Basketballprofis vermehrt die Sprungkraft“, erklärt Karsten Schul, Basketball-Dozent an der Deutschen Sporthochschule Köln und ehemaliger Co-Trainer der Telekom Baskets Bonn. „Während der Saison wird das Training dann aufgrund der vielen Meisterschaftsspiele dosiert“. Schuls Tipp: Allgemeine methodische Grundsätze müssen unbedingt beachtet werden. Besonders für Anfänger gilt: Vom Leichten zum Schwierigen, vom Einfachen zum Komplexen, vom Bekannten zum Unbekannten. Wichtig: Bei Ermüdung und fehlerhafter Technik verringert sich auch der Trainingseffekt erheblich. „Ein zu langes Training mit hohen Reizen ist zwecklos, weil das Zentrale Nervensystem schneller als das muskuläre System ermüdet. Die Steuerungsfähigkeit des ermüdeten Nervensystems schränkt die körperliche Leistung ein“, stellt Norbert Stein dar. Der renommierte Fitnessexperte ist Dozent an der Deutschen Sporthochschule und seit 2006 Konditionstrainer der Frauenfußball-Nationalmannschaft. Einem Schnellkrafttraining kann so schnell zu einem Kraftausdauertraining ohne Zielerreichung degenerieren. Besondere Vorsicht ist jedoch vor allem bei Anfängern geboten. „Anfänger sollten muskulär auf die Belastungen vorbereitet werden. Probleme entstehen oft beim passiven Bewegungsapparat (Knochen, Bänder, Sehnen), der sich nicht optimal einer schnell wachsenden Muskulatur anpassen kann“, so Stein.
Wie sollte ein effektives Sprungkrafttraining aufgebaut sein?
„Allgemein sollte man beim Training spielähnliche Situationen simulieren“, erklärt Stein. Neben Parcourläufen mit Sprungelementen können jedoch auch spezielle Sprungkraftübungen gezielt die Reaktivkraft verbessern. Karsten Schul empfiehlt verschiedene Elemente im Training einzubauen, wie zum Beispiel Kastensprünge, Hürdensprünge, Treppenlaufen und Sandlaufen. Neben dem gezielten Sprungbewegungsablauf, der beim Basketball anders ist als beim Volleyball oder Handball, sollte auch der Spaßfaktor nicht zu kurz kommen. „Die Spieler müssen immer Motivation erlangen. Ein Trainer sollte sich nicht scheuen, aus anderen Gebieten des Sports Übungen einfließen zu lassen. Monotonie ist das Schlimmste für ein erfolgreiches Training“, ist sich Schul sicher.
Bleibt der Traum vom Dunking einigen Hobbybasketballern aufgrund genetischer Gegebenheiten für immer verwehrt?
Optimisten dementieren, dass genetische Dispositionen die zentrale Rolle spielen und sind der Meinung, dass mit harter Arbeit alles erreichbar ist. Realisten wissen, dass die genetischen Faktoren, gepaart mit Trainingsfleiß, der Erfolgsfaktor sind. Selbst im Basketballprofisport gibt es enorme Unterschiede in der Sprungperformance austrainierter Athleten. „Einige Spieler haben das Talent mit minimalstem Krafttrainingsaufwand im Vergleich zu den anderen Kaderspielern am höchsten zu springen“, erklärt Schul der ausgewiesene Basketballexperte. Neben der Genetik spielen noch „weitere Faktoren, wie die Hebelwirkung, Biomechanik und eine gute Sprungtechnik eine entscheidende Rolle“, so Schul.
Einen Trost für alle Sportler mit einer schlechteren genetischen Disposition hat Karsten Schul jedoch parat: „Erfahrungen, die man einfach sammeln muss, sind für eine Karriere mindestens genauso wichtig, aber auch beispielsweise eine optimierte Wurftechnik kann eine schwach ausgeprägte Sprungkraft kompensieren.“ Und auch ein prominentes Beispiel nennt Schul. „Im Alter tritt Sprungkraft mehr in den Hintergrund. Auch Michael Jordan war gegen Ende seiner Karriere nicht schlechter, jedoch konnte er nicht mehr so hoch springen“. Ob Michael Jordan diesbezüglich eher die Ausnahme als die Regel ist, darin können sich Optimisten und Realisten auch in Zukunft streiten.