Im zweiten Teil des Artikels über Sportverletzungen der Muskulatur erklärt Expertin Angi Peukert Symptome, Diagnosen und Behandlungsmethoden von Muskelkrämpfen, Muskelzerrrungen, Muskelfaserrissen sowie Muskelrissen.
Muskelkrämpfe
Charakteristisch für Muskelkrämpfe sind akute krampfartige Spannungsvermehrung und die Zwangshaltung in den betroffenen Muskelabschnitten. Des Weiteren ist es nicht mehr möglich, den Muskel willkürlich anzusteuern. Diese Funktionsstörung kann häufig auch Nachts auftreten.
Oft haben der Elektrolytverlust durch starkes Schwitzen und zu wenig Flüssigkeits- bzw. Mineralaufnahme Schuld daran. Weitere Gründe können Überlastung, falsches Schuhwerk, alte Einlagen, Durchblutungsstörungen und muskuläre Dysbalancen sein. Ein Arzt beziehungsweise Physiotherapeutenbesuch wäre ratsam, um Fehlstellungen zu diagnostizieren und mit Einlagenversorgung und Kräftigung zu behandeln.
Soforthilfen sind Dehnen, kühlende Salben, Trinken und die Gewährleistung einer genügenden Flüssigkeits-Magnesium-Calciumzufuhr.
Wenn das alles nicht hilft und die Krämpfe heftig und rezidivierend sind, sollte auf jeden Fall Arzt aufgesucht werden, da es im schlimmsten Fall in Richtung diverser Krankheitsbilder gehen kann.
Muskelzerrung
Wenn es zu einem plötzlichen Schmerz im betroffenen Muskel mit Funktionseinbußen kommt, die Dehnung und Anspannung schmerzhaft sind und es zu einem Bluterguss unter der Haut und über dem Muskel kommt, handelt es sich um eine Muskelzerrung. Diese tritt nach einer Überdehnung der Strukturen, welche aber generell intakt bleiben, auf. Soll heißen, die Kontinuität der Muskelfasern bleibt erhalten. Durch das Erreichen der Dehnbarkeitsgrenze kommt zu Mikrorissen. Einblutungen in den Muskel sowie eine tastbare Delle entstehen nicht.
Gründe für Muskelzerrungen sind Koordinationsstörungen, Muskelermüdung, erhöhter Muskeltonus und Narbenbildung altgeschädigter Strukturen. Bei einem schnellen Antritt bei Explosionssportarten wie Fußball, Eislaufen und Sprinten sind meist die 2-gelenkigen Muskeln betroffen. Bei Frauen ist meist die fehlende Kraft das Problem, bei Männern eher die geringe Flexibilität (Dehnbarkeit) der Muskulatur.
Muskelfaserrisse
Zu Muskelfaserrissen kommt es durch Überdehnungen mit Überschreitung der Kraft des Muskels. Der messerstichartige Schmerz, der ohne Vorwarnung eintritt, tritt meist nach Schnellkraftbeanspruchung ein. Dazu zählen plötzliches Antreten und Abbremsen (exzentrische Muskelarbeit), aber auch rasche Beschleunigungen (konzentrische Muskelarbeit). Es kommt zur Einblutung in den Muskel und eine tastbare Delle bildet sich im Faserverlauf, da die Kontinuität unterbrochen ist.
Zur näheren Diagnose wird der Ultraschall hinzugezogen. Die Erstversorgung ist hier besonders wichtig. Neben dem Sportabbruch und dem sofortigen Kühlen sollte ein Kompressionsverband angelegt werden, der für ca. 20 Minuten draufbleiben sollte, um die Einblutung zu unterbinden. Diesen Verband sollte man dann für 5 Minuten lösen, dann wieder anlegen und das Ganze bis zu 5-mal wiederholen. Anschließend arbeitet man mit Salbenverbänden.
Eine Sportpause von 3-6 Wochen sollte mit Lymphdrainage, Elektrotherapie, sanften Massagen, Mobilisation der umliegenden Gelenke und Tapeanlagen unterstütz werden. Ab dem 5. Tag darf mit sanften aktiven Belastungen wie Joggen begonnen werden. Die Belastung kann dann im schmerzfreien Bereich beliebig gesteigert werden. Nach drei Wochen kann mit ersten milden Schnellkraftbelastungen begonnen werden. (Sportverletzungen: Der Muskelfaserriss – Risikofaktoren und Therapie)
Muskelriss
Die Symptome sind ähnlich wie beim Faserriss, nur deutlich stärker ausgeprägt. Durch ein akutes Ereignis kommt es zu starken Schmerzen, sowie zu einer deutlich stärker ausgeprägteren Delle. Meist nimmt der Schmerz über Nacht zu, da durch die Hämatombildung ein erhöhter Druck auf die umliegenden Strukturen entsteht. Die vollständige Trennung des Muskelbauches führt zu einem Zusammenziehen der Rissenden an den Rissstellen. So entstehen zu der tastbaren Dellen zusätzlich zwei Knubbel.
Für die Erkennung des Rissausmaßes sowie eventueller Begleitverletzungen sollte eine Sonographie oder ein Kernspin durchgeführt werden.
Häufig kommt es durch Anpralltraumata bei Kontaktsportarten zu dieser Sportverletzung. Begünstigt wird der Riss durch die Einnahme von Anabolika.
Je nach Muskel, Ausmaß der Verletzung, Leistungslevel des Sportlers, sowie Alter wird der Riss operativ versorgt. Eine konservative Behandlung (deutlich seltener) wird wie bei einem Faserriss durchgeführt.
Zu den Komplikationen zählen Funktionsminderung und Myositis ossificans. Dabei handelt es sich um eine entzündliche Erkrankung, die zu einer Muskelverknöcherung führen kann. Diese lokale Metaplasie (d. h. Umwandlung der Gewebsart) entsteht durch die Einlagerung von Kalksalzen.
Fazit
Wichtig bei allen Muskelverletzungen ist vor allem eine sofortige Erstversorgung, um die schnelle Abheilung der Traumata zu erreichen. Für die Nachbehandlung sollte nicht vergessen werden, dass eine Steigerung der Belastung immer im schmerzfreien Bereich stattfinden sollte, da es sonst zu langfristigen Muskelschäden kommen kann.
Ein geplantes Training sowie gute Trainingsbedingungen sind Grundvoraussetzung für eine optimale Wettkampfvorbereitung. Der Aufbau sollte folgende Punkte beinhalten:
– Warm-up
– Trainingsaufbau von leicht nach schwer
– gutes Schuhwerk
– Schulung aller motorischer Fähigkeiten wie Flexibilität (durch Streching), Kraft, Koordination, Schnellkraft und Ausdauer
– das Cool-down
– ausgiebige Regenerationsphasen.
Nur so kann muskulären Dysbalancen und den dazugehörigen Problematiken vorgebeugt werden.
Angi Peukert