Prähabilitationsübungen

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Der Begriff  „Prähabilitation” oder Präventionstraining erlangt unter Trainern und Therapeuten, die in der Leistungsvorbereitung tätig sind, zunehmende Bekanntheit. Prähabilitation beinhaltet unter anderem Kraft- und Ausdauerübungen für bestimmte Muskeln, die dafür sorgen, dass die Verletzungsgefahr schon vor dem Auftreten eines Unfalls reduziert wird. Sie folgt damit dem klassischen Trainingsansatz, „Vorsicht (in diesem Falle Vorsorge) ist besser als Nachsicht (bzw. Nachsorge)“.

Prähabilitationsprogramme werden an jede Sportart angepasst und zielen auf die Vermeidung häufiger, durch die jeweilige Sportart hervorgerufener Verletzungen und Kraftdysbalancen ab.

 

Tennisspieler leiden beispielsweise häufig unter einer Schultersehnenentzündung. (Ein prominentes Beispiel hierfür war im vergangenen Jahr Tim Henman.) Die Entzündung wird oft hervorgerufen durch eine hohe Krafteinwirkung auf die Schulter beim Überkopfaufschlag sowie durch den Umstand, dass Tennisspieler Dysbalancen in der Schultermuskulatur entwickeln. Hier sind insbesondere die vorderen Schultermuskeln und die inneren Rotatoren im Vergleich zur hinteren Schulter und den äußeren Rotatoren zu stark ausgebildet.

Mit Hilfe der entsprechenden sportartspezifischen Information und dem Wissen, dass Schulterverletzungen sehr häufig sind, sollte der Personal Trainer oder Therapeut, der mit dem Tennisspieler arbeitet, Empfehlungen aussprechen. In diesem Fall wäre das z. B. die Integration von Übungen zum Aufbau der hinteren Schultermuskulatur und zur Kräftigung der Rotatorenmanschetten in das Krafttraining. Dies würde potenziellen Kraftdysbalancen vorbeugen und es dem Körper ermöglichen, den Krafteinwirkungen beim Aufschlag besser standzuhalten – also Pre-Habilitation statt Re-Habilitation. Es folgt eine kurze Zusammenfassung der häufigsten Verletzungen, der verletzungsspezifischen Sportarten sowie der empfohlenen Übungen zur Prehabilitation.

 

Schultersehnenentzündung

Sportarten: Schwimmen, Tennis, Speerwerfen, Diskuswerfen, Kugelstoßen

Wie schon vorher angemerkt ist eine Schultersehnenentzündung eng verbunden mit einer schwach ausgebildeten Muskulatur der Rotatorenmanschetten und Kraftdysbalancen in der Schulter. Die folgenden Übungen sollen Schulterverletzungen vorbeugen.

  • Rückwärtiger Schulter-Diagonalzug mit Trainingsband: Diese Übung trainiert den gesamten hinteren Deltamuskel, die Rautenmuskeln, den kleinen und großen Rundmuskel, den Ober- und Untergrätenmuskel (siehe Abbíldungen  unten).
  • Einarmiges Rudern: Diese Übung trainiert den hinteren Deltamuskel, die Rautenmuskeln, den Kappenmuskel sowie den breiten Rückenmuskel.
  • Schulter-Außenrotation mit Trainingsband: Diese Übung trainiert den Untergrätenmuskel und den kleinen Rundmuskel sowie die hintere Schultermuskulatur.
  • Abb.: Schulter-Außenrotation mit Band

    Tennis-/Golfellbogen

    Sportarten: Tennis, Golf

    Diese Verletzung wird häufig durch eine schlechte Spieltechnik hervorgerufen, infolge derer die Muskulatur der Handgelenke zu stark belastet wird. Diese Belastung kann etwas vermindert werden, indem die Handgelenkmuskeln, insbesondere die Streckmuskeln, gestärkt werden.

    • Handgelenkdehnung: Nehmen Sie eine Kurzhantel in jede Hand. Setzten Sie sich auf einen Hocker und stützen Sie sich mit jedem Ellbogen auf einem Knie ab. Halten Sie Ihre Hände so, dass sich die Handgelenke frei bewegen können. Ihre Handflächen zeigen nach unten. Beugen Sie jetzt Ihre Handgelenke. Ziehen Sie Ihren Handrücken nach oben und heben Sie dabei das Gewicht an. Senken Sie das Gewicht jetzt langsam wieder ab und wiederholen Sie die Übung.

    Die gleiche Übung kann auch mit einem Fitnessband durchgeführt werden. Der Vorteil des Bands besteht darin, dass es zusätzlich eine Rotation in der Bewegung ermöglich und die Übung somit noch zielgerichteter für die betreffenden Sportarten ausgeführt werden kann.

    Schmerzen im vorderen Kniegelenk (Retropatellare Schmerzen)

    Sportarten: Laufen, Squash, Tennis

    Retropatellare Schmerzen betreffen häufig das Patellofemoralgelenk (vorderer Bereich des Kniegelenks) und gehen mit Problemen der Patellaführung einher. Eine andere verbreitete Knieverletzung bei Überbeanspruchung ist die Patellasehnen-Entzündung. Bei beiden Verletzungen sitzt der Schmerz häufig im vorderen Knie – daher auch der englische Name „Anterior knee pain“

    Um diese Verletzungen zu vermeiden, sind starke Quadrizeps-Muskeln äußerst wichtig, insbesondere ein gut ausgebildeter Beinstrecker (vastus medialis obliquus = VMO). Der VMO befindet sich an der Innenseite des Knies, direkt über dem Gelenk. Die VMO-Muskelfasern sind nach innen ausgerichtet und ziehen die Patella zur Mitte hin, halten sie ausgerichtet und lassen sie sanft über den Oberschenkel gleiten. Bei einer Fehlausrichtung kann der an der Unterseite der Patella liegende Knorpel beschädigt werden. Die folgende Übung ist sehr hilfreich zur Stärkung der Quadrizeps.

    • Beinpresse: Die beste Ausgangsposition für diese Übung ist eine Kniewinkelstellung von 90 °. Das Übungsniveau kann erhöht werden, indem die Übung nur mit einem Bein durchgeführt wird. Ich empfehle, zuerst 4 Wochen lang 2 Trainingseinheiten mit 3 Sets à 10 Wiederholungen durchzuführen, danach für weitere 4 Wochen 2 Trainingseinheiten mit 3 Sets à 6 Wiederholungen. Dabei sollte das schwerstmögliche Gewicht gedrückt werden. 

     

    Nicht-Kontakt Verstauchung des vorderen Kreuzbandes (ACL) bzw. des inneren Seitenbandes (MCL)

    Sportarten: Fußball, Korbball, Skifahren

    Diese schwere Knieverletzung tritt häufig auf, wenn das Knie gestreckt und gleichzeitig verdreht wird. Dies geschieht z. B. bei der Landung von einem Sprung oder bei Stürzen.

    Das Unfallrisiko kann durch starke Quadrizepsmuskeln und eine starke hintere Oberschenkelmuskulatur verringert werden. In der Tat hat sich gezeigt, dass sich das Risiko einer Kniebänderverletzung verringert, wenn die hinteren Oberschenkelmuskeln in einem guten Kräfteverhältnis zu den Quadrizepsmuskeln stehen. Denn die hinteren Oberschenkelmuskeln unterstützen den Zug des vorderen Kreuzbandes auf das Schienbein.

  • Beuge: Übungen wie die Beuge sind exzellente Funktionsübungen für die Quadrizepsmuskel. Zum optimalen Kraftaufbau absolvieren Sie die Sets und Wiederholungen wie weiter oben für die Beinpresse beschrieben.
  • Beinbeuge: Beinbeugen dienen insbesondere der allgemeinen Stärkung der hinteren Oberschenkelmuskeln. Wenden Sie auch hier das weiter oben beschriebene Trainingsschema mit den entsprechenden Sets und Wiederholungen an.
  • Übungen zur Eigenwahrnehmung des Körpers (Propriozeption): Es ist äußerst wichtig, bei einer Landung elastisch und mit gebeugten Knien auf dem Boden aufzukommen. Ebenso wichtig ist es, die Richtung wechseln oder sich von einer Seite über eine Drehung zur anderen Seite hin bewegen zu können. Auch hier sollte die entsprechende Bewegung mit leicht gebeugten Knien ausgeführt werden, um die Stabilität zu erhöhen. Diese Bewegungsabläufe können geübt werden, um das Geschicklichkeitsniveau und den Lagesinn zu fördern und somit das Unfallrisiko zu reduzieren.
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    Verstauchung des Fußgelenks

    Sportarten: Rugby, Korbball, Fußball

    Fußgelenkverstauchungen sind häufig Folge eines Unfalls und stehen dabei in Zusammenhang mit der Bodenoberfläche, auf der der Sport ausgeübt wird. Eine gut ausgebildete untere Beinmuskulatur sowie ein guter Lagesinn in den Fußgelenken können jedoch das Unfallrisiko vermindern. Die folgenden Übungen helfen dabei.

    Abb.: Wadenheben mit Trainingsband

  • Wadenheben mit Trainingsband: Diese Übung stärkt den Stabilisator im Fußgelenk, während sie gleichzeitig den Wadenmuskel trainiert und so seine Funktionsfähigkeit verbessert. Der Athlet muss dem Zug des Trainingsbands standhalten und das Fußgelenk soll stabil bleiben, während er auf die Zehenspitzen geht (siehe Abb. oben).
  • Eversion des Fußgelenks: Diese Übung stärkt die äußeren Fußgelenkmuskeln und macht sie resistenter gegen seitliches Wegknicken. Dadurch, dass dem Zug des Trainingsbands nach hinten standgehalten wird, wird besonderes Augenmerk auf die Excenterkraft gelegt (s. Abb. unten).
  • Abb.: Eversion des Fußgelenks

     

    Raphael Brandon

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