Regeneration im Triathlon

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In der praktischen Arbeit mit Triathleten fällt auf, dass die Trainingspläne von Freizeitsportlern und Profis voll, ja oft übervoll sind. Ruhetage – also Tage ohne Training – sind eher selten. Dabei kommt der Erholung die größte Bedeutung zu, wenn es um die optimalen Trainingseffekte geht.

Gerade für berufstätige Triathleten ist ausreichende Erholung grundlegend wichtig, wenn Überlastungssyndrome und unerklärliche Leistungseinbrüche vermieden werden sollen. Neben den Ruhetagen können möglicherweise auch regenerationsfördernde Maßnahmen unterstützend wirken.

Trainingsbedingte Überlastungen stellen nach wie vor eine sehr große sportwissenschaftliche und sportmedizinische Herausforderung dar.(1) Leistungseinbrüche ohne organische Ursache treten gerade bei unausgewogener Abstimmung von Erholung und Belastung auf. Derzeit gibt es keine zuverlässige Methode anhand von Blutparametern Überlastungssyndromen, früher als Übertraining bezeichnet, festzustellen. Eine Erholtheitsdiagnostik hingegen gibt es keine einfache – wir stellen Ihnen hier einige wichtige Tipps und Tricks für eine optimale Regeneration vor!

 

Liebes Tagebuch

Zu den wichtigsten Prinzipien, die Sie für Ihr Training berücksichtigten sollten, ist das Prinzip der „Dokumentation“. Wer einen modernen Lauf- oder Radcomputer nutzt, hat die Möglichkeit jede einzelne Trainingseinheit zu dokumentieren. Wenn Sie kein Spezialgerät nutzen, können Sie auch mit Ihrem Smartphone Ihre Trainingseinheiten erfassen und auswerten. Gute Programme für Ihr Smartphone sind:

– Polar Beat

– Nike Running+

– LogYourRun

– Runtastic Pro

 

Neben diesen Programmen für Ihr Smartphone gibt es auch Programme, die Trainer verwenden, um Trainingseinheiten im Zeitverlauf auszuwerten. Das Trainingstool Atleta beispielsweise kann aufgezeichnete Trainingsinhalte jahres-, monats- oder tageweise auswerten, so dass Sie oder Ihr Trainer stets einen Überblick über die absolvierten Umfänge und Intensitäten haben. Ein Trainingstagebuch kann Ihnen helfen, Ihr Training rückwirkend zu analysieren. So können Sie sehen, ob Sie Ihre Trainingsumfänge oder Ihre Intensitäten zu stark gesteigert haben und ob Sie ausreichend Ruhetage in Ihr Training eingebaut haben. Wenn Sie dabei auf elektronische Hilfsmittel verzichten möchten, können Sie auch ein klassisches leeres Schulheft nehmen und Ihr Trainingstagebuch handschriftlich führen.

Abb. 1 Ausschnitt aus einem Trainingstagebuch mit subjektiven und objektiven Daten (PDF)

 

Was gehört in ein Trainingsprotokoll?

Ein Trainingstagebuch und Ihre Trainingsdokumentation bringt Ihnen nur dann einen wirklichen Vorsprung, wenn Sie auch die richtigen Informationen speichern. Neben Strecke, Belastungszeit und den Trainingsintensitäten sind insbesondere auch subjektive Informationen zu Ihren Trainingseinheiten wichtig. Schreiben Sie auf, wie Sie sich während der Trainingseinheit oder in den Intervallen gefühlt haben. Auch Informationen zu Ihrer Schlafqualität und der privaten oder beruflichen Beanspruchung können sehr interessant sein. Auf Basis dieser Informationen können Sie Überlastungsphasen analysieren und mögliche Fehler in Ihrer Trainingsplanung oder Ihrem Erholungsmanagement erkennen, um diese zukünftig vermeiden zu können. Ergänzende Informationen moderner Trainingscomputer können sein

– Verlauf der Höhenmeter

– % Anstieg

– % Gefälle

– GPS-Daten mit Kartenabgleich

 

Objetktive Trainingsdaten Subjektive Trainingsdaten
Absolvierte Kilometer Stress
Absolvierte Trainingszeit Schlaf
Zeit in den verschiedenen Belastungszonen Trainingsbelastung
Leistung (wenn Leistungsmesser vorhanden) Erholung nach dem Training
Verlauf der Herzfrequenz

 

Aktive Erholung ist die Basis!

Zum Fördern der Regeneration werden viele verschiedene Produkte angeboten. Produkte, die mit dem Ziel angeboten werden, Ihre Regeneration zu verbessern, sind:

– Kompressionssocken

– Ganzkörper-Kompressionskleidung

– Elektrostimulation

– Spezielle Nährstoffmischungen

 

Studien zu diesen Produkten werden sehr viel finanziert, ohne dass eindeutige Ergebnisse vorliegen. Stattdessen schneiden derlei Produkte im Vergleich zu aktiver Erholung – also Bewegung niedriger Intensitäten schlechter ab. Gerade zu Fragen, zu deren Klärung leider keine Industriefinanzierung existiert, scheinen jedoch die größten Effekte in Bezug auf optimale Regeneration zu erwarten zu sein:

– Schlaf und

– Optimales Training

 

Aktive Erholung

Nach 2-4 Belastungstagen sollten Sie Ihre Trainingsroutine mit einem Ruhetag unterbrechen. An diesem Ruhetag müssen Sie nicht unbedingt auf Bewegung verzichten. Aktive Erholung – also das Bewegen mit sehr niedrigen Intensitäten scheint die Regeneration stärker zu unterstützen wie „Nichtstun“. Die Regeneration

beginnt jedoch nicht erst an einem nominellen Ruhetag sondern unmittelbar nach Ihrem Training. Aus diesem Grund sollten Sie nach jeder Trainingseinheit ein aktives „Abkühltraining“ einbauen. Ein solches „Cooldown“ ist insbesondere dazu geeignet, unmittelbar mit dem Abbau der angefallenen Stoffwechselmetaboliten zu beginnen. Das Cooldown sollte aus leichter Bewegung bestehen. Dehnübungen müssen nicht unbedingt in ein solches Abkühltraining eingebaut werden. Gerade nach hochintensiven Belastungen sind Dehnübungen sogar kontraproduktiv, da die hohen Spannungen Muskelkater verstärken können. Wenn Sie aktive Erholung auf dem Fahrrad durchführen, sollten Sie 45 – 60 Minuten einplanen. Laufen hingegen kann bis 30 Minuten regenerationsfördernd eingesetzt werden. Trainierte Sportler können die Zeiten leicht erhöhen. In regelmäßigen Abständen sollten Sie auch immer wieder Tage ohne Training einbauen. Solche trainingsfreien Tage sind wichtig, um auch vom Kopf her einmal abzuschalten. Alternative Trainingsformen sind aber auch an solchen Tagen erlaubt: Skiken oder Inlineskaten sind spannende Möglichkeiten, einmal ein „Crosstraining“ einzubauen.

 

Schlafen Sie ausreichend!

Neben dem Training und der Bewegung spielt insbesondere auch der Schlaf eine sehr wichtige Rolle bei der Regeneration. Hormonelle Rückkopplungen und Reperationsprozesse gehen hier Hand in Hand. Es gibt sogar Sportler, die ihre Stunden und Trainingsinhalte dem Schlafrhythmus anpassen und intensive Trainingseinheiten nach zu kurzen Nächten mit unter 6 Stunden Schlaf aus ihrem Trainingsplan streichen. Wenn Ihr Arbeitsalltag aus 5 Stunden Schlaf besteht, sollten Sie Ihre sportlichen Ambitionen noch einmal überdenken und zumindest einsehen, dass zu intensive und umfangreiche Trainingseinheiten für Sie über kurz oder lang zu Überlastungen führen können. Bereits eine Woche Schlafmangel kann sich negativ auf Ihre Glukoseabsorption und Ihren Kortisolspiegel auswirken. Für Ihre Schlafqualität sind insbesondere die so genannten REM-Phasen wichtig. In diesen Phasen sind schnelle Augenbewegungen registrierbar (Rapid Eye Movement). In der ersten Non-REM Phase schlafen wir nur leicht. Dabei entspannen sich die Muskeln während die Augenbewegungen reduziert sind. In der 2. Non-REM Phase sind keine Augenbewegungen erkennbar und die messbaren Hirnwellen laufen langsam. In der dritten Non-REM Phase erreichen Sie Tiefschlafstatus. Hier werden Hormone wie das HGH (Human Growth Hormon) ausgeschüttet. Erst in der vierten Phase wird der REM Schlaf erreicht. In dieser Phase werden Erinnerungen und Erlerntes im Gehirn verankert. Während des kompletten Nachtschlafes wiederholen sich die 2. und die 3. Non-REM Phase und die REM Phase mehrfach. Vollständige Erholung ist nur dann gewährleistet, wenn Sie alle Schlafphasen in angemessener Länge durchlaufen.

 

Ruhetage und Belastungstage

Sie müssen Ihr Training so aufbauen, dass Sie regelmäßig Ruhetage nutzen, um Ihrem Körper ausreichend Zeit zur Erholung zu geben. Nur so können Sie ausgeruht effektive Trainingsreize setzen, ohne sich durch das Training ständig zu überfordern. Gerade im Triathlon ist das Abstimmen der 3 Teildisziplinen aufeinander eine große Herausforderung. Sie sollten in Ihrem Training davon abkommen, alle Disziplinen durchgängig aneinanderzureihen. Triathlontraining besteht nicht aus dem Kombinieren von Schwimmen, Radfahren und Laufen: Triathlontraining ist vielmehr Triathlontraining. Aus diesem einfachen Leitsatz müssen wir ableiten, dass Ihr Training von heute auch Ihr Training von morgen und übermorgen beeinflusst. Regenerationsprozesse schwingen in unterschiedlichen zeitlichen „Lags“ und überschneiden sich. Während einzelne Prozesse in Stunden ablaufen, benötigen andere Prozesse mehrere Wochen, um ihren Ausgangstatus wieder erreicht zu haben. Gerade wenn Sie als beruflich aktiver Mensch Triathlon betreiben möchten, müssen Sie darauf achten, Ihr Training auf Ihre Erholung abzustimmen. (Lesen Sie auch: Sommerpause: Regeneration für die einen – Ausgleichsport für die anderen)

  

Fazit

Auch im Triathlon haben sich Verhältnisse von 3:1 Belastungstagen etabliert. Vereinzelt sind auch 4:1 denkbar. Grundlegend sollten Sie aber pro Woche mindestens 1-2 Regenerationstage in Ihren Trainingsplan einbauen. Ein Trainingstagebuch kann Ihnen dabei helfen, Ihr Training auf Planungsfehler hin zu untersuchen.

Grundlegend muss den Sportlern die Angst vor der Pause genommen werden. Gerade die Ruhephase ist der wichtigste Faktor der Leistungsentwicklung. Nur wenn Sie sich im Anschluss an eine Trainingseinheit auch ausruhen und erholen können Sie Ihre Leistung weiter entwickeln. Gerade da einige Anpassungen an intensitve Kraft- und Ausdauertraining erst 2-3 Wochen nach einer Trainingseinheit erfolgen, ist Geduld gefragt. Die wenigsten Sportler trainieren zu wenig – oftmals ist eher zu langes, zu häufiges oder zu intensives Training die Ursache für unerklärliche Leistungseinbrüche! Gerade das zu dichte Training an einem Wettkampf kann problematisch werden. Sportler befinden sich auf der Heimreise in Topform, wenn beispielsweise Krafttraining zu dicht an den Jahreshöhepunkt gelegt wird. Selbst nach einer zehntägigen Pause kann nach einem Krafttraining mit maximalen Lasten noch ein Kraftanstieg gemessen werden. Ähnliches gilt für intensives und hochintensives Ausdauertraining mit Intervallen. Haben Sie also Mut zur Pause und lassen Sie sich nicht von Ihren Sportfreunden anstacheln – es gewinnt nicht der Sportler ein Rennen, der die meisten Kilometer trainiert hat. Diese Tonnenideologien sind wenig erfolgversprechend. Trainieren Sie mit Köpfchen und setzen Sie ausgeruht intensive Trainingsreize. 

 

Dennis Sandig

 

Literaturangabe:

1. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 2002, Bd. 53 (4), S. 121–122.

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Über den Autor

Dennis Sandig

Dennis Sandig arbeitete als Sportwissenschaftler am Institut für Sportwissenschaften der Julius-Maximilians Universität in Würzburg. Aktuell ist er bei der Deutschen Triathlon Union als Wissenschaftskoordinator und Referent für Bildung zuständig, sowie für das umfassende Aus- und Fortbildungsprogramm für Coaches im Triathlon.

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