Zurzeit werden verschiedene Methoden genutzt, mit denen man den optimalen Schwellenwert im Training bestimmt und die aerobe und anaerobe Kapazität nachweist. Um die aerobe Kapazität beim Schwimmen zu messen, hat sich außerdem die KSG (Kritische Schwimmgeschwindigkeit) bewährt.
Zurzeit werden verschiedene Methoden genutzt, mit denen man den optimalen Schwellenwert im Training bestimmt und die aerobe und anaerobe Kapazität nachweist. Dazu gehören die Festsetzung des Laktatschwellenwerts (anaerober Schwellenwert), Laktat-Sprint-Sätze, der Beginn der Blutlaktatansammlung, das Laktatminimum (LM), der maximale Sauerstoffverbrauch (VO2max) und die Messung der Herzschlagrate.
Diese Tests nutzt man,
– um jegliche Veränderungen bei den Schwimmern, die als Folge einer Trainingsperiode auftreten könnten, zu überprüfen (z. B. Verbesserung oder Verschlechterung der aeroben oder anaeroben Kapazität), und
– um eine gewisse Trainingsintensität festzulegen, von der man ausgeht, dass sie den Leistungsstand der Schwimmer steigern kann.
Die Bestimmung des Laktatschwellenwerts soll dabei helfen, das Ausdauerpotenzial festzustellen. Es ist der Zeitpunkt, ab dem sich mehr Laktat im Blut ansammelt als im Ruhezustand vorhanden ist. Dies geschieht während Belastungen mit steigender Intensität. Bei leichter und mittelschwerer Belastung steigt der Blutlaktatwert nur leicht über den Ruhewert, erst bei intensiverer Anstrengung steigt er rapide an. Die Methode, das Ausdauerpotenzial über die Laktatschwelle (LS) zu bestimmen, wird kontrovers diskutiert. Denn die Muskeln produzieren Milchsäure bevor der Schwellenwert erreicht ist, obwohl diese von den langsamen oxidativen Muskelfasern abgebaut wird. Daher ist es nicht immer eindeutig, wann der Schwellenwert erreicht ist. Aus diesem Grund werden häufig vorgegebene Laktatwerte genutzt. Ein angenommener Wert von 4 mmol/l zeigt den Zeitpunkt an, ab dem die Laktatansammlung im Blut beginnt.
Eine weitere Möglichkeit ist der Laktatminimum-Test, mit dessen Hilfe man den individuellen anaeroben Schwellenwert feststellen kann, und es scheint, als könnte man so die optimale Geschwindigkeit für das Ausdauertraining festlegen. Zunächst einmal braucht man für diesen Test einen hohen Blutlaktatwert, den man z. B. dadurch erreichen kann, dass zunächst 2 x 50-m-Sprints geschwommen werden. Danach folgt eine 5-er- oder 6-er-Serie à 300 m, bei der das Tempo stufenweise gesteigert wird. Die Idee dabei ist, dass die Blutlaktatkonzentration sinkt, wenn sich der Körper erholt, also bei einem Tempo, das niedriger ist als das Laktatminimum (LM). Wenn das Tempo überschritten wird, dann steigt die Konzentration wieder an. LM ist also das Tempo, an dem mehr Milchsäure auf- als abgebaut wird.
Allerdings ist das Testen des Laktatgehalts nicht ideal, denn es erfordert Blutproben, Fachpersonal und ist zudem relativ teuer und zeitaufwendig. Dafür spricht jedoch, dass sehr genaue und individuelle Werte damit ermittelt werden können. Nichtsdestotrotz braucht man objektive Methoden, die nicht invasiv sind, weniger kosten und leichter durchzuführen sind. Eine solche Methode ist die der Ermittlung der „Kritischen Schwimmgeschwindigkeit“ (KSG).
Was ist die kritische Schwimmgeschwindigkeit?
Das Konzept der KSG hat sich als zuverlässige und aussagekräftige Methode herausgestellt, wenn es darum geht, die aerobe Kapazität zu messen. Die Vorteile sind, dass sie nicht invasiv ist, dass alle Trainer sie durchführen können und man nur eine Stoppuhr dazu braucht.
Es geht dabei um die Schwimmgeschwindigkeit, die man theoretisch kontinuierlich beibehalten kann, ohne zu ermüden. Es ist die höchste durchzuhaltende Bewegungsrate, bei der das Laktatlevel unverändert bleibt, sich also Produktion und Abbau von Laktat die Waage halten.
Bei einer Studie im Jahr 1991 ließ Wakayoshi 6 Probanden in unterschiedlichem Tempo im Wasserkanal schwimmen. Bei jeder der Geschwindigkeiten schwammen die Teilnehmer bis zur Erschöpfung. Die Zeit (T) wurde in Sekunden gemessen, die Distanz (D) berechnet (Geschwindigkeit x T). Die Regressionsgerade wurde zwischen D (in Metern) und T gezogen. Die Neigung dieser Linie (b) bestimmte die KSG (Geschwindigkeit in m/Sek.), während die Unterbrechung auf der Y-Achse die anaerobe Schwimmkapazität (ASK) (a) angibt. In einer zweiten Studie 1992 stellte Wakayoshi eine praktische Methode vor, mit der Trainer die KSG in einem einfachen Schwimmbecken bestimmen können. Die Teilnehmer schwammen 4 Distanzen (50 m, 100 m, 200 m und 400 m) mit maximaler Geschwindigkeit. Die Zeit wurde in Sekunden gemessen. Die Leistungskurve wurde aufgezeichnet und die KSG und die ASK festgehalten. Signifikante Übereinstimmungen fanden sich bei der KSG im Schwimmbecken und der Geschwindigkeit bei Beginn der Laktatansammlung, zwischen dieser Geschwindigkeit und der KSG im Wasserkanal und zwischen der KSG im Pool und der im Wasserkanal. Man beschloss dann, dass die KSG, die man nicht invasiv feststellen konnte, der Standardwert sein soll mit dessen Hilfe man die optimale Trainingsintensität für jeden Schwimmer festlegen kann.
Eine weitere Methode zur Messung der KSG
Ein anderer Forscher, Ginn, bestimmte 1993 die KSG anhand zweier Strecken, über 50 m und 400 m. Er legte Wert darauf, dass die Strecken im Training geschwommen wurden und nicht einfach Wettkampfzeiten genommen wurden. Der Start musste durch Abdrücken vom Rand geschehen. Die KSG wurde hierbei anders bemessen als bei Wakayoshi, nämlich mit folgender Formel:
Das Ergebnis ist die KSG in Metern pro Sekunde (m/Sek.). Wenn ein Schwimmer also beispielsweise 50 m in 30,2 Sekunden schwimmt und 400 m in 290,5 Sekunden, dann berechnet sich die KSG wie folgt:
Ginn schlug vor, den KSG-Wert zu nutzen, um Trainingszeiten für Sätze verschiedener Distanzen zu bestimmen. Für einen Satz von 6 x 400 m würde die Zeit wie folgt berechnet:
Ginn ließ später viele Informationen aus seinen KSG-Forschungen in tatsächliche Trainingspläne einfließen, und er fand dabei heraus, dass sie etwa bei 80–85 % der maximalen Schwimmgeschwindigkeit für 100 m liegt, oder bei 90–95 % der 400-m-Geschwindigkeit. Ein System von Trainingsintensitäten wurde ausgearbeitet, das wie folgt aussieht:
Trainingslevel | % der Geschwindigkeit | % von max. 400 m* |
---|---|---|
Level 1 | 75-80 | > 75 |
Level 2 | 80-90 | 75-85 |
Level 3 | 90-100 | 85-95 |
Level 4 | 100 | 100 |
Level 5 | 100-110 | 105 |
Tab.1: Ein einfaches System zur Trainingsintensität, basierend auf KSG-Berechnungen (*ungefähre Werte, individuell verschieden)
Diese Klassifizierung ähnelt den Kategorien, die schon vor einigen Jahren veröffentlicht wurden, und mit denen sich der Goldmedaillengewinner von Barcelona, Alexandre Popov, vorbereitet hat (Touretski, 1993).
Einfluss des Trainings auf die KSG
1996 untersuchte Cooper 8 Schwimmer, die sowohl im Kraulen als auch im Brustschwimmen erfolgreich waren, und bestimmte ihren KSG-Wert für beide Schwimmarten. Auch der Laktatschwellenwert und die Geschwindigkeit für den Beginn der Laktatansammlung (4 mmol/l Laktat) wurden gemessen. Die 3 Schwimmtempi aus den Tests (m.s-1) wurden dann verglichen.
KSG | Laktatschwellenwert (m.s-1) | Geschwindigkeit bei Beginn der Laktatansammlung (m.s-1) (4mM) | |
---|---|---|---|
Brustschwimmen | 1,02 | 1,03 | 1,05 |
Kraulen | 1,34 | 1,25 | 1,32 |
Tab.2: Durchschnittliche Rahmenwerte beim Brustschwimmen und Kraulen
1997 betrachtete Coulson den Einfluss des Trainings auf die KSG, um herauszufinden, ob aerobes/anaerobes Training die KSG steigert/mindert (im Vergleich von Sprintern und Mittelstreckenschwimmern). 12 Probanden (7 Männer und 5 Frauen) wurden zu 3 Zeitpunkten während der Schwimmsaison getestet. Dies geschah einmal in der Vorsaison (September), dann in der post-aeroben Trainingszeit (November) und in der post-anaeroben Trainingszeit (Dezember). 4 Strecken wurden mit maximaler Geschwindigkeit geschwommen (50 m, 100 m, 200 m und 400 m) und anhand einer Regressionsgerade grafisch aufgezeichnet, um die KSG-Werte zu ermitteln. Die Hypothese der Untersuchung war, dass aerobes Training die KSG und anaerobes Training die ASK steigen lasse.
Die Ergebnisse zeigten, dass als Folge des aeroben Trainings ein signifikanter Anstieg der KSG (1,38 m.s-1 zu 1,42 m.s-1 war der durchschnittliche Wert der gesamten Gruppe) erreicht wurde, durch anaerobes Training stagnierte die KSG hingegen. Dies wurde besonders beim Vergleich zwischen den Sprintern und den Mittelstreckenschwimmern deutlich, da sie aufgrund ihrer hohen anaeroben Werte stärker auf eine Veränderung ihrer aeroben Kapazität reagierten. Tabelle 3 zeigt die durchschnittliche KSG der beiden Gruppen.
Sprinter | Mittelstreckenschwimmen | ||||
---|---|---|---|---|---|
KSG (m.S-1) | KSG (m.s-1) | ||||
Vorsaison | Postaerob | Postanaerob | Vorsaison | Postaerob | Postanaerob |
1,37 | 1,43 | 1,43 | 1,40 | 1,40 | 1,41 |
Tab.3: Durchschnittliche Schwimmgeschwindigkeit für Sprinter und Mittelstreckenschwimmer
Schwimmtrainer könnten also die KSG als ein vorsichtiges Maß nehmen, um das Training zu messen. Wenn ein Trainer nur begrenzt Zeit hat, stellt sich die Frage, wie viele maximale Schwimmstrecken notwendig sind, um die KSG zu ermitteln.
Coulson betrachtete 1997 2er-, 3er- und 4er-Sätze verschiedener Strecken, zurückgelegt in maximaler Geschwindigkeit, und er fand dabei heraus, dass die 2-fache Probe von 200- und 400-m-Strecken für die KSG-Bestimmung am geeignetsten war.
Schlussfolgerung
Die KSG ist eine zuverlässige und wertvolle Methode zur Bestimmung der aeroben Kapazität im Schwimmen. Jeder Trainer kann damit arbeiten, es kostet kaum etwas, ist nicht invasiv, man benötigt keine Fachleute dazu. Als Ausrüstung braucht man nur eine Stoppuhr.
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