Das Radtraining in der Gruppe

0

Früh im Jahr beginnen Radsportler, an ihrer Grundlagenausdauer zu arbeiten. Besonders motivierend ist das Training in der Gruppe. Wir stellen Ihnen in diesem Beitrag einige Besonderheiten und Tipps vor, damit Sie als Neuling schnell mit dieser neuen Form des Radfahrens zurechtkommen.

Beim Radtraining in der Gruppe wird für gewöhnlich in einer sogenannten Zweier‐Reihe gefahren. Das heißt, die Gruppe besteht aus einer Reihe von paarweise nebeneinander pedalierenden Sportlern, die sich in regelmäßigen Abständen in der Führung abwechseln. Abgesehen von einigen landestypischen Bestimmungen oder Verkehrssituationen ist die Zweier‐Formation die Regel. Alle Sportler müssen in solch einer Gruppe bestimmte Verhaltensweisen berücksichtigen, welche im Individualtraining daheim nicht so wichtig sind.

 

Grundsätzliches

Vorrangig bedingt das Fahren in der Gruppe gegenseitige Rücksichtnahme. Die einzelnen Fahrer in der Gruppe sollten so fahren, dass alle übrigen nicht gefährdet werden. Das bedeutet:

– stets aufmerksam und bremsbereit bleiben

– keine plötzlichen Richtungsänderungen und Bremsmanöver

– alles vermeiden, was in der Gruppe gefährlich sein kann, z. B. freihändig fahren oder Umblicken

– kein Nase‐Schnäuzen oder Spucken in der Gruppe

– Bei Gefahren auf der Straße, Anhalten oder Abbiegen werden Handzeichen verwendet, die von vorn nach hinten weitergegeben werden (welche Handzeichen es gibt, erfahren Sie übrigens in einem der nächsten Beiträge)

 

Vor Fahrtantritt

Vor Fahrtantritt sollte das Trainingsziel besprochen werden. Daraus resultieren Route, Dauer und Intensität. Im Trainingslager sollte zumindest vor der ersten Ausfahrt auf die oben genannten Punkte hingewiesen, die Handzeichen noch einmal für alle erklärt und auf landestypische Verkehrsregeln eingegangen werden.

 

Während der Fahrt

Die Vorausfahrenden tragen die Verantwortung für Tempo, Richtungswechsel und das Anzeigen von Gefahren. Damit für alle Sportler in der Gruppe eine gleichmäßige Trainingsbelastung gewährleistet ist, wird die Führung in regelmäßigen Abständen abgegeben. Der oder die Fahrer an der Spitze vergewissern sich, dass von hinten kein Auto zum Überholen angesetzt hat, geben kurz Handzeichen, scheren zur Seite aus und verlangsamen dann das Tempo, bis sie am Ende des Feldes angekommen sind. Stärkere Fahrer können gerne etwas länger in der Führung bleiben, während schwächere Sportler nur kurz im Wind fahren. Um Durcheinander zu verhindern, gehen schwächere Athleten auch durch die Führung, können sich aber entsprechend früher wieder zurückfallen lassen. Damit das Tempo für die im Windschatten Fahrenden nicht unter Grundlagenniveau abfällt, sollten die Athleten an der Spitze einen Trainingspuls wählen, der am oberen Rand ihres Grundlagenbereichs („Ga1“) liegt. Wer sich noch nicht zutraut, dicht an einem Hinterrad innerhalb der Gruppe zu fahren oder einfach „platt“ ist bzw. einen schlechten Tag hat, fährt am Ende der Gruppe und lässt die aus der Führung nach hinten Zurückfallenden stets vor sich einscheren. In dieser hintersten Position besteht nun auch die Gelegenheit, den Inhalt der Trikottaschen zu ordnen, Kleidung abzulegen, zu essen oder eben alles zu erledigen, was innerhalb der Gruppe zu riskant ist. Die derweil neu in der Führungsposition Fahrenden sollten darauf achten, dass sie die Geschwindigkeit nicht unbewusst steigern. Dazu kann es ganz leicht kommen, wenn die (durch das Fahren im Windschatten) ausgeruhten Athleten den Eindruck haben, sie müssten alle übrigen von ihrer Leistungsfähigkeit überzeugen.

Tipp: Schauen Sie im Moment des Führungswechsels auf den Tacho und halten Sie dann diese Geschwindigkeit.

 

Der Ziehharmonikaeffekt

Dieser Effekt stellt sich schon ein, wenn einige wenige Sportler hintereinander fahren. Beim Losfahren an Ampeln oder nach Kurven entstehen in der Gruppe unweigerlich Lücken. Die Vorderen können ganz normal weiterfahren, während die Hinteren etwas stärker in die Pedale treten müssen, um die Formation wieder herzustellen. Im Einzelfall ist das kein Problem, summiert entsteht so aber eine relevante Zusatzbelastung. Bedenkt man, dass hinten meist konditionell und technisch schwächere Sportler fahren, verstärken sich die negativen Auswirkungen. Früher oder später muss dann das Tempo deutlich gesenkt werden. Die in Führung Fahrenden sollten dieses Problem unbedingt kennen und ihr Tempo in den entsprechenden Situationen anpassen.

 

Anstiege und Abfahrten

Im Flachen gilt es, möglichst dicht und diszipliniert hintereinander zu fahren. Der Windschatteneffekt sorgt dafür, dass auch Leistungsschwächere gut „mitrollen“ können. Kleinere Leistungsunterschiede und unterschiedliche Fahrtechnikfertigkeiten fallen auf ebener und gerader Strecke nicht ins Gewicht. Anders ist dies bei Anstiegen und Abfahrten, die länger als einige hundert Meter sind.

An solchen Anstiegen darf jeder Athlet sein eigenes Tempo wählen bzw. seiner eigenen individuellen Herzfrequenzvorgabe folgen. Gleiches gilt bei Abfahrten. Gerade an kurvigen und steilen Abfahrten stellt das Fahren in Einer‐Reihe und mit größerem Abstand sicher, dass es zu keinen gefährlichen Situationen kommt. Jeder Fahrer kann das Risiko, welches er bereit ist einzugehen, selbst bestimmen und das Tempo seinen Steuerkünsten anpassen. Es versteht sich von selbst, dass die Flotteren dann am Gipfel oder am Fuß der Abfahrt warten, bis auch der letzte wieder an die Gruppe aufgeschlossen hat.

 

Die geliebte „Aeorposition“

Der Gebrauch des Zeitfahraufsatzes hat in der Gruppe nichts zu suchen, es sei denn, Sie haben sich ausdrücklich zum gemeinsamen Zeitfahrtraining verabredet. Gruppentraining erfordert permanente Bremsbereitschaft und exaktes Lenken. Beides ist in der Liegehaltung erschwert. Zudem kann nicht rasch genug auf unvorhergesehene Situationen reagiert werden, Handzeichen können nicht schnell genug weitergegeben werden. Lassen Sie also den Triathlonaufsatz gleich ganz zu Hause, wenn Sie vorrangig in der Gruppe trainieren möchten. Triathleten, die nur ein Zeitfahrrad besitzen, sollten im Gruppentraining ausschließlich in Oberlenkerhaltung fahren. (Lesen Sie auch: Können Smart-Cranks Ihre Motorik stören?)

  

Kommunikation ist wichtig

Erfahrungsgemäß werden nicht immer alle Regeln in der Gruppe konsequent befolgt. Gerne wird die Tempovorgabe von einigen besonders Motivierten bewusst oder unbewusst nicht umgesetzt. Auch das Missachten sonstiger Gruppen‐ oder Verkehrsregeln muss nicht hingenommen werden. Trauen Sie sich ruhig zuzugeben, dass Ihnen das Tempo zu schnell ist. Sprechen Sie an, was Sie stört. Sie sind sicher nicht der einzige und die übrigen Leidensgenossen sind froh, wenn ein Mutiger auf die Einhaltung der Disziplin besteht!

 

Fazit

Ein wenig Disziplin und Rücksichtnahme ist notwendig, um mit Gleichgesinnten zu trainieren, ob für reine Radsportler oder den Triathlon. Eventuell müssen eigene Interessen in manchen Situationen zurückgestellt werden. Letztlich ist aber nichts motivierender, als gemeinsam das tägliche Training zu bestreiten.

Auch wenn Sie planen immer in der Gruppe unterwegs zu sein, sollten Sie kleinere Pannen im Notfall auch selbstständig reparieren können. Führen Sie daher stets Ersatzschlauch, Luftpumpe und Reifenheber mit. Es gibt schließlich nichts Schlimmeres, als in fremder Umgebung hilflos liegen zu bleiben. Für den Fall, dass Sie sich an einem schlechten Tag zur Verkürzung der Ausfahrt entschließen sollten, ist außerdem eine Karte des Trainingsgebiets nützlich.

 

Daniel Kilb

Teilen

Über den Autor

Leave A Reply