Als eine der erfolgreichsten deutschen Sportarten bei den Olympischen Spielen über viele Jahre hinweg, könnte man meinen, dass diese Frage überflüssig ist. Doch wird der Kanusport oft mit dem Rudersport verwechselt und ist zudem ist zudem variantenreich, unterteilt in Kajak und Canadier.
Eine eigene Definition
Kanurennsport ist eine Kraftausdauersportart, die unter die Kategorie Wasserrennsport fällt. Hierbei muss der Sportler eine festgelegte Strecke in einem Boot sitzend (Kajak) oder kniend (Canadier) möglichst schnell auf einem „ruhigen“ Gewässer zurücklegen. Als Hilfsmittel dient dem Sportler hierbei ein Paddel. Gewinner ist derjenige, der als erster mit der Spitze des Bootes die Ziellinie passiert hat.
Da mit dieser kleinen Definition noch längst nicht alles geklärt ist, werde ich im Folgenden versuchen, über die einzelnen Details aufzuklären.
Der Begriff „Kanu“
Fangen wir zunächst einmal mit dem Begriff „Kanu“ an. Dieser führt oftmals schon zur Verwirrung. Im deutschen sehen wir „Kanu“ als Überbegriff für die verschiedenen genutzten Bootsgattungen an. Im Kanurennsport unterteilt man diese in Kajak und Canadier.
Das Kajak kennen wir in der Regel aus den kälteren Regionen der Erde – nämlich von den Inuit, welche diese Boote für die Jagd erfunden haben. Hierbei sitzt der Kanute in dem Boot und hat ein Doppelpaddel in der Hand. Mittels wechselseitigem durchziehen des Paddels durch das Wasser wird das Boot angetrieben. Im Kanurennsport haben die Kajaks zudem eine Steuerflosse am Heck des Bootes, welches mittels eines Steuerstabs zwischen den Füßen betätigt werden kann.
Den Canadier hingegen sollten die meisten von uns vor allem aus den Winnetou-Filmen kennen. Hierbei bewegt sich der Sportler in einem offenen Boot kniend mittels eines Stechpaddels vorwärts. Durch eine besondere Schlagtechnik kann der Sportler die ganze Zeit das Paddel nur auf einer Seite des Bootes durchziehen und trotzdem geradeaus fahren.
Abgrenzung zum Rudern
Ein fundamentales Problem ist die Abgrenzung des Kanusports gegenüber dem Rudersport. Trotz der vielen Erfolge des Kanusports bei den Olympischen Spielen verwechseln selbst sportbegeisterte Menschen den Kanu- mit dem Rudersport, wie ich in meinem Sportstudium feststellte. Deshalb versuche ich hier zunächst einmal mit einer sehr bildlichen Darstellung den Unterschied klar zu machen.
Wir Kanuten erklären den Unterschied sehr gern mit folgendem Vergleich: Ein Kanute sieht die Kneipe, und steuert darauf hinzu. Ein Ruderer hingegen fährt an der Kneipe vorbei und sieht erst dann, dass er sie verpasst hat.
Mit diesem Vergleich ist auch direkt der auffälligste Unterschied zwischen Rudern und Kanufahren dargestellt. Kanuten fahren mit der Blickrichtung nach vorn in Fahrtrichtung. Ruderer hingegen fahren rückwärts, also mit dem Rücken der Fahrtrichtung zugewandt. Weitere Unterschiede sind:
– Ruderer sitzen eher auf anstatt in dem Boot,
– sie haben einen Rollsitz, der sich nach vorn und hinten rollen lässt,
– die Paddel (hier übrigens Skulls oder Riemen genannt) sind am Boot über Ausleger befestigt,
– die größte Kraft beim Rudern kommt aus den Beinen.
Das sind nur ein paar, aber die zunächst auffälligsten Unterschiede zwischen Kanu- und Rudersport, die eine Verwechslung unmöglich machen sollten.
Bootsformen beim Kanurennsport
Natürlich gibt es die oben genannten Bootsformen in allen möglichen Varianten und Formen, sodass es für jegliche Anwendung ein passendes Boot gibt. Da wir im Kanurennsport natürlich möglichst schnell und im besten Falle mit möglichst geringem Kraftaufwand vorwärts kommen wollen, haben sich mit der Zeit für Canadier und Kajak besondere Formen entwickelt:
Die Boote sind so schmal wie nur möglich gebaut und zudem nach vorn und hinten spitz zulaufend, damit sie möglichst wenig Wasser verdrängen. Ein Canadier ist mittlerweile nicht mehr viel breiter als eine Regenrinne, denn es müssen quasi „nur“ Knie und Füße Platz finden. Die Kajaks sind noch ein wenig breiter, da hier auch der Hintern im Boot sitzen muss. Diese extrem schmale und zudem am Unterschiff abgerundete Bootsform sorgt dafür, dass die Boote sehr instabil und wackelig sind. Es braucht viel Übung, bis man in einem solchen Boot sitzen bleiben kann. Das ist auch der Grund dafür, dass man bei Wettkämpfen oftmals sieht, wie die Sportler direkt auf der Ziellinie umkippen. Denn nachdem die Sportler sich über die Strecke vollkommen verausgabt haben, bleibt oftmals keine Kraft und Konzentration mehr, um sich danach im Boot halten zu können.
Eine Vorgabe für die Boote ist allerdings, dass die Sportler wirklich IN dem Boot sitzen, bzw. knien müssen.
Bootsklassen
Beim Kanurennsport gibt es, wie in vielen anderen Sportarten auch, neben den Einzel- auch Mannschaftswettbewerbe. Hierbei sitzen/knien dann mehrere Sportler zusammen in einem Boot. Damit die Bedingungen für alle Sportler möglichst gleich und fair sind, gibt es Bestimmungen, die Größe und Gewicht der Boote vorgeben.
Für die Kajakwettbewerbe gibt es folgende Bootsklassen:
Kajak-Einer (K 1), maximale Länge: 520 cm, minimales Gewicht: 12 kg
Kajak-Zweier (K 2), maximale Länge: 650 cm, minimales Gewicht: 18 kg
Kajak-Vierer (K 4), maximale Länge: 1100 cm, minimales Gewicht: 30 kg
Und für die Canadier:
Canadier-Einer (C 1), maximale Länge: 520 cm, minimales Gewicht: 16 kg
Canadier-Zweier (C 2), maximale Länge: 650 cm, minimales Gewicht: 20 kg
Canadier-Vierer (C 4), maximale Länge: 900 cm, minimales Gewicht: 30 kg
Canadier-Achter (C 8), maximale Länge: 1100 cm
Wettkampfdistanzen
Bei den Wettkämpfen (welche wie auch beim Segeln und Rudern Regatten genannt werden) gibt es die folgenden Wettkampfdistanzen, die von den Sportlern in den verschiedenen Bootsklassen und –gattungen zurückgelegt werden müssen:
200-Meter Sprintstrecke, ca. 35-40 Sek.*
500-Meter Kurzstrecke, ca. 1:35 – 1:45 Min.*
1000-Meter Mittelstrecke, ca. 3:25 – 3:45 Min.*
2000-Meter Langstrecke (für 13/14 jährige Schüler), ca. 8:00 – 10:00 Min.*
6000-Meter Langstrecke (ab 15 Jahren), ca. 25:00 Min. und mehr*
*Die Zeiten sind nur ungefähre Angaben und beziehen sich auf Leistungen im Spitzenbereich im Einzelwettbewerb. In Mannschaftsbooten werden teilweise deutliche schnellere Zeiten erreicht. Da es bedingt durch die unterschiedlichen Gewässer und Witterungsbedingungen beim Kanu keine Rekorde gibt, kann man hier keine genaueren Angaben machen.
Dies sind die in der Regel durchgeführten Wettkampfstrecken auf den Regatten. Außerdem gibt es beim Kanurennsport auch noch Marathonveranstaltungen. Diese beginnen ab einer Streckenlänge von 10.000 Metern und bilden eigene, von den „normalen“ Regatten unabhängige Wettkämpfe.
Wo wird gepaddelt?
Die Wettkämpfe finden in der Regel auf relativ stillen und strömungsarmen Gewässern (Flüsse, Kanäle und Seen) statt. Die kleineren Regatten gehen dabei oftmals nicht über komplett ruhige Strecken, da diese nicht überall vorhanden sind. Somit müssen die Sportler vielfach mit Strömungen und nicht ganz optimalen Bedingungen kämpfen. Wettkämpfe auf Landes-, Bundes- oder internationaler Ebene finden aber im Normalfall auf Gewässern statt, die den Sportlern faire Bedingungen bieten. Für solche Veranstaltungen werden Regattastrecken auch künstlich angelegt.
Auf den Strecken von 200–1000 Metern fahren die Sportler innerhalb von Bojen-Reihen. Hier können dann bis zu 9 Sportler nebeneinander antreten. Auf den längeren Strecken gibt es so genannte Massenstarts und die Sportler können die gesamte Fläche des Gewässers nutzen.
Gesonderte Wettkämpfe für die Kleinsten
Für die jüngeren Sportler (12 Jahre und jünger) gibt es meist gesonderte Wettkämpfe auf den Regatten, die sogenannten „Schülerspiele“. Hierbei müssen sich die Sportler in verschiedenen Wettkämpfen (Paddeln, Laufen, Athletische Übungen) messen und es wird am Ende ein Gesamtsieger gekürt.
Olympische Spiele
Bei den Olympischen Spielen wird in den folgenden Bootsklassen und Distanzen um die Medaillen gefahren:
Herren-Kajak
– 200 m K1, K2
– 1000 m K1, K2, K4
Damen-Kajak
– 200 m K1
– 500 m K1, K2, K4
Herren-Canadier
– 200 m C1
– 1000 m C1, C2
Die 200-m-Strecke ist erst ab den diesjährigen Olympischen Spielen in London als Wettkampfstrecke hinzugekommen. Zuvor wurden nur die 500- und die 1000-Meter-Distanz gefahren. Übrigens ist eine Kanusportlerin, Birgit Fischer, die erfolgreichste deutsche Olympionikin aller Zeiten (12 Medaillen: 8 x Gold, 4 x Silber). Der deutsche Kanurennsport ist im Allgemeinen bei den Olympischen Spielen immer sehr erfolgreich und darf sich als einer der zuverlässigsten Medaillengaranten für Deutschland bezeichnen. Und das schon seit vielen Jahren.
Quellenangabe
www.kanu.de