Trainerinterviews: 7 Fragen an… Maarten Arens

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In den folgenden Wochen werden regelmäßig Interviews mit bekannten und erfolgreichen Judotrainern erscheinen. Allen Trainer werden dieselben 7 Fragen gestellt. Das erste Interview dieser Artikelreihe wurde mit dem niederländischen Bundestrainer Maarten Arens geführt.

In einem Gespräch mit Karin Ritler Susebeek nehmen verschiedene Trainer unter anderem Stellung zu Trainingsintensität und –umfängen, warum sie den Trainerberuf ergriffen haben und was sie als Trainer antreibt.

Maarten Arens ist seit 2005 der Männerbundestrainer für den Niederländischen Judobund. Unter seiner Leitung konnten Altheten wie Guillaume Elmont, Dennis van der Geest und Ruben Houkes Weltmeister werden. Er selbst feierte 1995 seinen größten Erfolg als Europameister und 2000 fügte er mit dem Gewinn des Tournoi de Paris einen weiteren grossen Titel seiner Karriere zu. In der Sportschule Kenamju in Haarlem, einem Nationalen Stützpunkt des Niederländischen Judobundes, trainieren aktuell weitere namhafte Athleten wie Dex Elmont oder Henk Grol bei Maarten Arens. Mit Henk Grol konnte er jeweils 2008 und 2012 eine Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen gewinnen.

1. Warum bist du Trainer? Was treibt dich an? Was oder wer inspiriert oder hat dich als Trainer inspiriert?

Eigentlich wollte ich nie Trainer werden. Zu einem gewissen Zeitpunkt gab mir jedoch der Niederländische Judobund die Möglichkeit, die Trainerausbildung zu absolvieren. Ich dachte, „man weiß ja nie und schaden kann die Ausbildung ja nicht.“ Am Ende meiner Judokarriere begann ich mit Judounterricht für Kinder, auch aus finanziellen Gründen. Ich merkte, dass ich gut ankam, dass ich etwas mitgeben konnte und das gefiel mir. Ich wurde jedoch nicht durch irgendjemanden oder irgendetwas inspiriert, das Ganze begann eher zufällig. Ich finde es jedoch inzwischen einen fantastischen Beruf.

 

2. Wie gehst du als Trainer mit der „Gratwanderung zu viel oder zu wenig“ um? Wie gehst du dieses Problem an? (Intensität wie Umfänge)

Ich denke, es ist ein großer Unterschied, ob man mit Nachwuchssportlern oder mit erwachsenen Athleten arbeitet. Im Nachwuchs sehe ich hier schon ein großes Problem, eigentlich müssten die Sportler in dieser Periode oft mehr tun, als sie können. Wenn man mit erwachsenen Sportlern arbeitet, liegt der Schlüssel in der Beziehung zwischen Athlet und Trainer. Wenn man sich jeden Tag sieht, als Trainer jede Trainingseinheit begleitet, mit dem Athleten kommuniziert, dann sieht man, ob etwas zu viel oder zu wenig für einen Sportler ist, ob es gut läuft oder eben nicht. Wenn ich als Trainer zweifle, was sehr selten vorkommt, dann lasse ich den Athleten testen, bzw. lasse ich ich die Blutwerte untersuchen. Es hängt letztendlich von der Beziehung zum Athleten ab. Ich habe eigentlich mit jedem meiner Athleten, die bei mir trainieren, eine gute Beziehung, so dass ich dieses Problem gut im Griff habe.

 

3. Gibt es im Judo geschlechterspezifische Unterschiede, wenn es um Trainingsplanung, die verschiedenen Trainingsbereiche und die Kommunikation geht?

Bezüglich Trainingsumfänge und -inhalte sehe ich keine großen Unterschiede, doch was die mentale Ebene angeht, denke ich schon, dass Unterschiede gemacht werden müssen. Gerade was die Kommunikation angeht. Aus meiner Sicht sind die Jungs in diesem Bereich etwas einfacher zu handhaben. Frauen wollen immer wissen, was sie tun, ein Frauentrainer ist bezüglich der Kommunikation einfach mehr gefordert. Ich sehe Frauentrainer viel mehr mit den Athleten kommunizieren und auch Überzeugungsarbeit leisten. Frauen haben auch mehr das Bedürfnis zu hören, dass sie auf dem richtigen Weg sind, sie brauchen mehr Sicherheit und Bestätigung. Das gilt natürlich nicht generell für jede Frau.

 

4. Wie siehst du den pädagogischen Auftrag eines Trainers im Leistungssportbereich? Vertrittst du als Trainer gewisse Werte? Sollen Trainer gewisse Werte vermitteln?

Ich bin der Meinung, dass unsere Sportart Judo durch seine Regeln und Werte schon automatisch einen Rahmen vorgibt. Jeden respektieren, wie er ist und auch jeden lassen wie er ist, finde ich persönlich sehr wichtig. Ich habe hierbei als Trainer sicherlich eine Vorbildfunktion und erwarte auch von meinen Athleten, dass sie sich „normal“ verhalten. Wenn nicht, ist es natürlich meine Aufgabe als Trainer, den Athleten darauf hinzuweisen.

 

5. Im trainingswissenschaftlichen Bereich gibt es immer wieder Innovationen, erneute Hilfestellungen und Möglichkeiten. Inwiefern nimmst du als Judotrainer diese in Anspruch? Passt du bisherige Trainingsmethoden und –inhalte immer wieder an?

Die Videoanalyse ist für unseren Sport sehr wichtig und wird immer wichtiger. Inzwischen ist sie sehr präzise und man kann wirklich alles bis ins letzte Detail bearbeiten, besprechen und vorbereiten. Man kann dadurch auch besser mit den Athleten kommunizieren. Auch wenn man an verschiedenen Plätzen der Welt ist, kann man durch die neuen Medien einfach miteinander kommunizieren und trotz Distanz weiterarbeiten.

Der jubelnde Coach Maarten Arens beim Gewinn der Goldmedaille seines Schützlings Ruben Houkes bei den Weltmeisterschaften 2007 in Rio de Janeiro

Was ich bisher noch nicht viel genutzt habe, jedoch in Zukunft noch mehr nutzen möchte, ist das Trainieren mit Monitoren. Das heißt, verschiedene Parameter während des Trainings messen und danach analysieren können. Wir sind nun aktuell an einem Projekt, bei welchem die Athleten 2-mal wöchentlich während dem Randoritraining solche Monitore tragen und es wird untersucht, ob die Athleten so belastet sind, wie wir das wollen und vor allem auch, wie die Athleten es selbst wahrnehmen. In diesem Bereich haben wir noch Möglichkeiten, ich kann jedoch noch nicht sagen, was wir daraus machen und was die Folgen davon sein werden, aber interessant ist es allemal. Ich weiß, dass unsere Nachbarn, die deutschen Judokas, und früher auch die Schweizer, oft auf das Höhentraining zurückgreifen oder zurückgriffen. Ich sehe hierzu jedoch keine Notwendigkeit, da wir keine klassische Ausdauersportart sind. Und aus Motivationsgründen muss ich mit meinen Athleten eher an die Sonne als in die Höhe…

 

6. Welches ist die wichtigste Einsicht aus deiner bisherigen Trainerkarriere?

Das finde ich eine sehr schwierige Frage… Als Trainer muss man alle Möglichkeiten ausschöpfen, alle Voraussetzungen für eine Topleistung legen. Doch ist man am Tag X auch von so vielen anderen Faktoren wie Kampfrichter, Tagesform, Auslosung, Glück usw. abhängig, und diese Tatsache frustriert mich immer mehr. Manchmal sind es auch unkonzentrierte kleine Aktionen des Athleten selbst, die eine geplante und auch mögliche Leistung dann nicht mehr möglich machen. Man kann mit seinen Athleten alles richtig machen, alles optimal geplant und durchgeführt haben, am Ende kann eine kleine Sache dir einen Strich durch die Rechnung machen. Ja, hier empfinde ich als Trainer ein Gefühl der Frustration. Trotz dieser Frustration könnte ich mir keinen besseren Job vorstellen. Ich kann mit motivierten jungen Menschen arbeiten, was will man mehr. Ich hätte auch nie gedacht, dass mir dieser Job so viel Spaß machen würde. 

  

7. Wie siehst du die Beziehung eines Trainers zum Athleten? Welche Faktoren tragen deiner Meinung nach zu einem erfolgsreichen sportlichen Weg bei?

Ja, die Beziehung zwischen Athlet und Trainer ist sehr wichtig. Dadurch, dass man so oft miteinander zu tun hat und gemeinsam trainiert, entwickelt sich automatisch eine Beziehung. Ich arbeite mit fast allen Athleten meines Teams auf einer freundschaftlichen Ebene, wobei die Hierarchien immer klar sind. Es ist für jeden deutlich, dass ich auf der Matte oder im Kraftraum der Chef bin. Ich habe jedoch auch ein paar Athleten im Team, die trainieren nicht hauptsächlich bei mir, hier ist es natürlich schwierig, eine Beziehung aufzubauen. Es ist auch schwierig, diese Athleten zu coachen und zu begleiten. Für diese Athleten übernehme ich eine ganz andere Funktion. Ich habe in den letzten Jahren probiert, auch diese Athleten vermehrt bei mir trainieren zu lassen, aber das ist bisher noch nicht optimal, dies wird sich in Zukunft jedoch ändern. Mit der Unterstützung des neuen technischen Direktors des Niederländischen Judobundes Ben Sonnemans werde ich, wenn alles gut geht, ab dem folgenden Jahr alle Topathleten unter mir haben. Letztendlich ist es in einem kleinen Land wie den Niederlanden nicht anders möglich, Leistung zu bringen, wir müssen unsere Kräfte und Möglichkeiten bündeln.

 

Das Interview wurde durchgeführt, geschrieben und übersetzt von Karin Ritler Susebeek

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Über den Autor

Karin Ritler Susebeek

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