Leistungssteigerung und Stabilisation des Körpers sind die Ziele des so genannten Core-Trainings. Inhaltlich wird die Trainingsform zwischen Funktionsgymnastik und Koordinationstraining eingeordnet.
Fitnesstrainer aus den Vereinigten Staaten brachten zur Fußballweltmeisterschaft 2006 eine Trainingsform nach Deutschland, die nicht neu war, aber hier nicht sehr weit verbreitet. Nicht bei allen Fitnesstrends, die es über den großen Teich nach Europa schaffen, steht wirklich Ihr Körper oder Ihre Leistungsverbesserung im Vordergrund. Oft geht es einfach darum, Spaß und Unterhaltung anzubieten und weniger um effektives Training. Das so genannte Core-Training hingegen soll helfen Ihre Leistung zu steigern und Ihren Körper stabiler zu machen. Dabei muss es inhaltlich zwischen der Funktionsgymnastik und einem Koordinationstraining angesiedelt werden. Der oftmals mit dieser Trainingsform verbundene Begriff „Krafttraining“ ist jedoch eher fehl am Platz, da die Widerstände hierfür zu gering sind. Angewendet wird das Core-Training als Regenerationstraining genau so wie im Hochleistungssport und im Fitnesstraining. (Hintergrund: So regenerieren Sie richtig)
Fitness durch Rumpftraining?
Gerade im Bereich der Fitness geht es vielen Sportlerinnen und Sportlern darum, Ihren Körper zu formen und die Optik zu verbessern. Dieses Ziel ist beim Core-Training eher zweitrangig. In erster Linie geht es darum, ein umfassendes Gesundheitskonzept im Training zu verankern und die Voraussetzungen für kraftvolle und funktionale Bewegungen zu schaffen.(1) Das Verbessern der so genannten Core-Stabilität soll die Grundlage für eine größere und bessere Kraftübertragung der oberen und unteren Extremitäten sein.(1) Die Grundidee ist, dass Sie beim Laufen und bei Handlungen mit den Armen immer den Rumpf zur Kraftübertragung benötigen. Wenn Ihr Rumpf untrainiert ist, gelingen diese Übertragungen nur uneffektiv oder können sogar Schmerzen verursachen. Gemeint sind dabei alltägliche Bewegungen, wie das Tragen eines Babys, ebenso wie sehr spezielle Bewegungen beim Sport, wie das Schwingen eines Schlägers. Es geht beim Core-Training also ganz konkret darum, Sie fitter und schneller werden zulassen. Das versprechen allerdings viele Trainingsmethoden, ohne dass die Effekte dann auch wirklich eintreten. Deshalb müssen wir zuerst einmal die Frage beantworten, wie mit denn die Leistungsfähigkeit und Ihr körperliches Potential mit dieser Trainingsmethode verbessert werden sollen. Allerdings beziehen sich die Anpassungen in erster Linie auf Anpassungen auf der Ebene Ihres Metabolismus und der verbesserten Koordination.
Ihr Rumpf als Kern
Der aus dem englischen stammende Begriff „Core“ beschreibt den Körperkern und meint damit im Wesentlichen den Rumpf. Die Muskeln, die im Zusammenhang mit Ihrem Körperkern beschrieben werden, sind:
– Die Muskeln an der Hüfte
– Die Muskeln im Becken
– Ihre Unterleibsmuksulatur
– Die Muskeln des unteren Rückens
– An und zwischen den Rippen befindliche Muskulatur und
– Die Muskeln zwischen Ihren Schulterblättern
Insgesamt handelt es sich also um diejenigen Muskeln, die Ihren Rumpf-Bauch-Bereich mit dem Schultergürtel einerseits und der Beckenregion andererseits verbinden. Da sich sämtliche Ihrer Bewegungen über den kompletten Raum erstrecken ist die aus dem Fitnessstudio bekannte Konzentration auf die isolierten Streck- und Beugebewegungen unvorteilhaft. Trainieren Sie die stabilisierende Muskulatur und Sie werden auch Ihre sportartspezifi schen Bewegungen unterstützen, da bei diesen immer auch Ihre Körpermitte beteiligt ist. Das Training der Core-Muskeln hilft Ihnen dabei, Ihren Rumpf zu stützen und erzeugt so eine stabile Ausgangslage für das Übertragen von Kräften. Die Zielsetzungen ähneln also den Übungen, die Sie bereits aus unserer Serie zum Athletik-Training kennengelernt haben. Allerdings bezieht sich das hier vorgestellte Training im Wesentlichen auf die Muskeln des Körperkerns, während das funktionelle Athletiktraining auch die Extremitäten und die Kondition in ihrer Betrachtung berücksichtigen. Bei jeder Bewegung wird der Rumpf nun als Überträger der Kräfte gesehen. Wenn Sie beispielsweise Laufen, stabilisiert Ihr Rumpf das Standbein und überträgt die Kraft, indem das Bein um eine Achse im Körper rotiert. Die Trainingseffekte beruhen also im Wesentlichen auf dem Verbessern der Kraftflüsse durch den Rumpf und verbesserten Balancefähigkeiten. Rotationen und Drehungen um die verschiedenen Dimensionen der menschlichen Bewegung bilden das Grundgerüst der Theorie zum Core-Training.
Die Bedeutung des Core-Trainings
Obwohl sich das Core-Training großer Popularität erfreut, gibt es nur wenige wissenschaftliche Studien, die sich mit den Effekten eines solchen Trainings bei Leistungssportlern beschäftigen. Gerade deshalb ist es wichtig, sich kritisch mit den Empfehlungen aus den gängigen Büchern zu beschäftigen und die für die eigene Sportart nützlichen Übungen zu entdecken und zu verwenden. Auch das Einplanen eines solchen Trainings in den Jahresverlauf ist eine Schwierigkeit, für die es keine Rezepte gibt, außer dass Sie den besten Weg für das eigene Training finden müssen. Tasten Sie sich heran und seien Sie kritisch. Beim Erstellen eines Jahrestrainingsplans biete sich der Einsatz eines Core-Trainings aber primär in der Vorbereitungsphase an, auch um wichtige Grundlagen für das leistungsorientierte Krafttraining zu legen. Freizeitsportler hingegen können Programme mit dem Ziel, den Rumpf zu kräftigen und zu stabilisieren, ganzjährig einsetzen, um ihre Leistungsfähigkeit zu behalten und präventiv orthopädischen Problemen z. B. im Rücken vorzubeugen.
Wissenschaftlich erprobt?
Die theoretischen Herleitungen des Core-Trainings sind sehr gut und an wichtigen Grundlagen der Kinesiologie, also der amerikanischen Bewegungslehre, ausgerichtet. Diese Trainingsform fand nicht zuletzt aufgrund der Popularität von Jürgen Klinsmanns Fitness-Trainern um Mark Verstegen weite Verbreitung und wurde so zu einem Trend in der Rehabilitation, in der Fitnessbranche und im Leistungssport. Mittlerweile werden unter dem Core-Training auch die Hüftstabilisation, das Koordinationstraining und andere Trainingsformen zusammengefasst. Trotz der sehr weiten Verbreitung ist die wissenschaftliche Absicherung dieser Trainingsform noch sehr dünn.(1) Gerade deshalb sind Aussagen zu den Effekten auch immer mit Vorsicht zu genießen und zu hinterfragen. Interessant ist, dass angenommene Effekte einer wissenschaftlichen Analyse nur bedingt standhalten. So wurde in einer amerikanischen Studie der Effekt eines Core-Trainings auf die 5000-m-Leistung von Läufern untersucht.(2) Dabei wurde neben der Laufleistung auch die Wirkung auf die Bodenreaktionskräfte und die Beinstabilität überprüft. In einem randomisierten Test-Retest-Verfahren wurde der Einfluss auf jede der genannten Variablen überprüft. Dabei wurden signifikante Verbesserungen in der Core- Trainingsgruppe im Vergleich zur Trainingsgruppe ohne Core-Training festgestellt. Allerdings wurde weder eine signifikante Veränderung der Bodenreaktionskräfte noch eine verbesserte Stabilität des Beins festgestellt.(2) Es fehlen weiter grundlegende Hinweise auf die Art der Wirkung, die durch Studien abgesichert ist. Trotzdem kann in der Praxis das Core-Training zu Verbesserungen der Leistung führen.
Trainingspraxis
Die Bereiche, in denen das Rumpfkrafttraining angewendet wird, reichen von der Rehabilitation bis hin zum Training im Leistungssport, wobei die Unterschiede weniger in der Übungsauswahl als vielmehr in der Übungsintensität liegen. Dabei einem verletzten die Muskulatur ja dieselbe ist, wie bei einem gesunden Menschen, sind auch die effektiven Übungen identisch. In der Trainingspraxis werden je nach Autor bis zu 7 verschiedene Trainingsbestandteile unterschieden:
– Movement Prep – das Aufwärmen
– Prehab – Übungen zur Verletzungsprävention
– Beweglichkeit
– Pezziballtraining
– Kraft
Die Übungen werden dabei mit dem eigenen Körpergewicht, mit Zusatzlasten oder mit einigen Zusatzgeräten durchgeführt. Zu den wichtigsten Hilfsmitteln gehören:
– Medizinbälle
– Gymnastikbälle / Pezzibälle
– Zusatzgewichte und Sandsäcke
In all diesen Einsatzbereichen können Übungen mit allen Zusatzgeräten eingesetzt werden. Das Ziel bleibt dabei jeweils, die Rumpfmuskulatur zu kräftigen und zu stabilisieren. Der theoretische Ausgangspunkt ist, dass Ihr Rumpf den Mittelpunkt sämtlicher Bewegungen bildet. Vor allem wenn Sie hier Defizite haben, werden Sie die Wirkungen recht schnell spüren, denn trotz der mangelnden wissenschaftlichen Befundlage zum Core-Training kann auf Basis der bekannten Ergebnisse gesagt werden, dass allgemeines athletisches Zusatztraining hilft, Defizite abzubauen. Dann werden Sie Ihre Leistung mit Sicherheit verbessern können. Wichtig ist, dass Übungen mit dem eigenen Körpergewicht immer schlechter zu dosieren sind als Übungen mit Hanteln. Werden Sie stärker, reicht das eigene Körpergewicht irgendwann nicht mehr aus, um einen Trainingsreiz zu setzen. Das Langhanteltraining sollte grundsätzlich die Basis Ihres Trainings bilden, denn Ihre Kraft verbessern Sie nur mit dem Training an schweren Gewichten. So haben Sie die Chance mit schweren Lasten Ihre Kraft zu verbessern und können dann ergänzend mit Hilfe des Rumpfkrafttrainings daran arbeiten koordinative und stabilisierende Aspekte zu verbessern! Entwickeln Sie sich ein eigenes Gesamttrainingskonzept.
Literatur:
1. Journal of Strength and Conditioning Research (2007), Bd. 21 (3), S. 979–85
2. Journal of Strength and Conditioning Research (2009), Bd. 23 (1). S. 133–140
Fachsprache
Core – Körperkern, der unter anderem die Bachmuskulatur, die Rückenmuskulatur aber auch den Sägemuskel und die Muskulatur zwischen den Schulterblättern beschreibt
Bodenreaktionskraft – Wenn eine Kraft übertragen wird, wirkt eine gleich große Gegenkraft auf Füße und Fußgelenke