Nachdem die allgemeine Bedeutung des Aufschlags in Tennisspiel und Tennistraining im 1. Teil verdeutlicht wurde, soll nun in den folgenden auf die unterschiedlichen Service-Varianten eingegangen werden. Dieser Teil behandelt den geraden Aufschlag.
(Lesen Sie hier den 1. Teil der Reihe zum Tennisaufschlag)
Der gerade Aufschlag wird im Prinzip nur als erster Aufschlag gespielt. Hier wird versucht, den Schläger maximal zu beschleunigen und so dem Ball die höchstmögliche Geschwindigkeit mitzugeben. Meistens wird durch die Aufschlagfeldmitte serviert, da hier der Weg am kürzesten ist. Sehr wichtig beim geraden Aufschlag ist der Treffpunkt, der sich idealerweise ca. 20 cm vor der Grundlinie am höchsten Punkt befindet. Bis dahin wird der Schläger maximal beschleunigt. Nach dem Treffpunkt muss ein aktives „Abklappen“ des Handgelenks erfolgen, damit der Ball früh genug im Aufschlagfeld aufkommt.
In der Weltspitze können Spieler wie Ivo Karlovic oder Andy Roddick den Ball mit bis zu 250 km/h im gegnerischen Aufschlagfeld unterbringen. Auffällig ist, dass besonders die großen Spieler wie Karlovic (2,08 m) oder John Isner (2,06 m) diese Aufschlagvariante am wirkungsvollsten einsetzen. Grund dafür ist, dass diese Spieler durch ihre Körpergröße und den höheren Treffpunkt einen günstigeren Winkel zwischen Netzkante und Aufschlagfeld haben. Somit wird der Bereich über der Netzkante, in dem der Ball im Aufschlagfeld landet, größer je höher der Treffpunkt beim Aufschlag ist. Daher ist häufig zu beobachten, dass kleinere Spieler wie David Ferrer (1,75 m) oder Olivier Rochus (1,68 m) sogar beim ersten Aufschlag auf die gerade Variante verzichten und stattdessen mit einem taktischen Aufschlag versuchen, den Gegner in Bedrängnis zu bringen.
Der gerade Aufschlag ist deshalb so wirkungsvoll, da dem Returnspieler so gut wie keine Zeit bleibt, zu reagieren. Oft kann man bei erfolgreicher Ausführung durch Asse oder Service-Winner leichte Punkte erzielen. Die Gefahr ist, dass ein guter Retournierer das ganze Tempo des Aufschlags hervorragend mitnehmen kann, wenn der Aufschlag nicht ausreichend platziert ist.
Trainingsbeispiel, um den geraden Aufschlag zu trainieren
Ziel dieser Trainingsform im Techniktraining ist es, mehrere maximal harte erste Aufschläge ohne Fehler ins Feld zu spielen. Passiert ein Fehler wird wieder bei 0 angefangen. Für ambitionierte Turnier- und Mannschaftsspieler sind 6-7 Aufschläge hintereinander eine anspruchsvolle Aufgabe. Für weniger Fortgeschrittene sollten 4-5 Aufschläge genügen.
Vor der Aufschlagserie wird vom Trainer festgelegt, wohin der Aufschlag gespielt werden soll. Hier genügen Angaben wie „nach außen“, „durch die Mitte“ oder „auf den Körper“. Der Aufschläger versucht nun die vorgegebene Anzahl an ersten Aufschlägen ohne Fehler ins Feld zu schlagen.
Wichtig bei dieser Übung ist, dass man sich nicht selbst betrügt und die letzten Aufschläge nur mit halber Kraft ins Feld spielt, um die Serie zu beenden. Deshalb ist diese Übung auch mental eine Herausforderung, da man bei einem Fehler wieder bei 0 anfangen muss. Mit jedem Aufschlag, den man ins Feld geschlagen hat, steigt der Druck. Hat man also bereits 6 Aufschläge hintereinander geschafft, muss auch der 7. mit maximaler Geschwindigkeit ins Feld gespielt werden.
Fazit
Der gerade Aufschlag kann eine unglaublich effektive Waffe im Tennis sein, sofern er mit ausreichender Häufigkeit im gegnerischen Aufschlagfeld landet. Besonders große Spieler sollten sich ihren Vorteil zunutze machen und den geraden Aufschlag intensiv trainieren. Kleineren Spielern ist vor allem in unteren Spielklassen zu empfehlen, eher über die Quote beim ersten Aufschlag zu gehen. Meistens ist das wirkungsvoller als jedes Mal zu versuchen, mit dem ersten Aufschlag ein Ass zu servieren. Hinzu kommt, dass auf den weit verbreiteten Sandplätzen in Deutschland der schnelle gerade Aufschlag nicht die Wirkung hat, wie beispielsweise auf schnelleren Hartplätzen.
Philipp Osburg