Eine Artikelreihe über den optimalen Einsatz und die Wirkung eines Slingtrainings in der Sportart Judo und welches Slingtrainingsgerät das Geeignetste für Judokas ist. Es werden sinnvolle Übungen für Judokas sowie die Diplomarbeit von Thomas Kessler (ehemaliger erfolgreicher Judoka) vorgestellt.
Thomas Kessler trainiert und beschäftigt sich seit Jahren mit dem Slingtrainer. Neben eigenen Erfahrungen hat er sich für seine Diplomarbeit mit der Frage, wie ein intensives Slingtraining sich auf die Rumpfstabilisation eines Judoka auswirkt, eingehend befasst. Zu Beginn wurde der Slingtrainer vor allem im Therapiebereich für Schulter- und Rückenprobleme eingesetzt. Mit den Jahren entwickelten sich nicht nur Varianten des Slingtrainers, sondern auch das Einsatzgebiet. Heute wird der Slingtrainer und Varianten davon in der Physiotherapie, im Fitness– und vermehrt auch im Leistungsportbereich eingesetzt.
Funktionelles Krafttraining
Thomas Kessler (30), ehemaliger erfolgreicher Deutscher Judoka, ist Judotrainer bei Bayer Leverkusen, dort zuständig für die Leistungsgruppe mit dem Ziel OS Rio 2016. Weiter ist er Inhaber von Kessler-Fitness und hat eine AG an der SPOHO mit dem Namen „Affenbande“ ins Leben gerufen, die sich mit funktionellem Krafttraining In– und Outdoor beschäftigt. In dieser AG lernte er auch den Gründer und Vertreiber des aeroSling ELITE® kennen. Das Trainingsgerät faszinierte ihn von Beginn an und mit seiner Abschlussarbeit wollte er den aeroSling ELITE® und das Trainieren mit dem Gerät anderen Judokas näherbringen.
www.kessler-fitness.de
Grundsätzlich braucht man beim Slingtraining zwei feste Seile, die an der Decke an einem Hacken oder draußen an einem Baum befestigt werden. Je nach Standwinkel und -position lassen sich die Widerstände und somit die Schwierigkeit der Übungen variieren. Durch das dauernde Ausbalancieren und Stabilisieren, werden herkömmliche Übungen viel effektiver. Dabei wird nicht nur der Muskel an sich, sondern auch die Koordination und das Zusammenspiel der Muskeln trainiert, die sogenannte intermuskuläre Koordination.
Es geht nicht darum, das bisherige Krafttraining durch funktionelles Training (z. B. durch ein Slingtraining) zu ersetzen, es geht vielmehr darum, das bisherige Training zu ergänzen und zu optimieren. Neben der Kraft werden bei funktionellen Krafttrainingsformen auch die Beweglichkeit, das Gleichgewicht und die Körperstabilität angesprochen, was nach SCHURR (2) das Verletzungsrisiko erheblich verkleinert und die Belastungsverträglichkeit erhöht. Deshalb ist inzwischen funktionelles Krafttraining nicht nur für den Therapie- sondern auch für den Breiten- wie Leistungssportbereich interessant.
Thomas Kessler ist überzeugt davon, dass es sich für jeden Judoka lohnen würde, das Slingtraining in den Trainingsplan mit einzubauen. Es kann jedoch das herkömmliche Krafttraining mit Gewichten, an Maschinen, Kurz- oder Langhanteln nicht ersetzen. „Die Intensität und Ausführungsgeschwindigkeit sind beim Slingtraining limitiert.“(1) So ist es schwierig mit einem Slingtraining im Maximalkraft- und IK-Trainingsbereich zu trainieren. Slingtraining sieht Thomas Kessler jedoch als eine sinnvolle Ergänzung und Erweiterung zum herkömmlichen Training.
Da man die Schwierigkeit einer Übung durch den Körperneigungswinkel selbst bestimmen kann und das Slingtraining nicht mit Zusatzlasten durchgeführt wird, ist Thomas Kessler der Meinung, dass das Slingtraining, neben dem Einsatz im Leistungssportbereich, vor allem auch im Jugendbereich Sinn machen würde.
Welcher Slingtrainer eignet sich am besten für Judokas?
Thomas Kessler hat für seine Diplomarbeit einen Slingtrainer gesucht, mit welchem man Übungen durchführen kann, die den Judobewegungen so nah wie möglich kommen. Thomas Kessler entschied sich für den „aeroSling ELITE®“ von der Firma AEROBIS. Er hat dieses Modell aus folgenden Gründen ausgewählt:
– Erstens wegen der Umlenkrolle. Damit können erweiterte Übungsformen durchgeführt werden und vor allem werden die für den Judosport so wichtigen Zugübungen mit einer Umlenkrolle erst möglich.
– Zweitens, weil man beim aeroSling ELITE® je nach Übungsauswahl die Griffe austauschen kann. So kann man z. B. einfach eine große Schlaufe montieren oder mit einem Click die Griffe durch Judoärmeln ersetzen. So kann das Training variabler und auch sportartspezifischer gestaltet werden.
Wie funktioniert das Slingtraining?

Je mehr sich der Körper neigt, desto schwieriger wird die Übung. © Karin Ritler Susebeek/trainingsworld
Durch Veränderung der Körperlage kann die Übung erschwert oder vereinfacht werden. Dieses Prinzip wird „Prinzip des Körperneigungswinkels“ genannt. Ist der Körperschwerpunkt senkrecht über der Unterstützungsfläche, also im 90°-Winkel zum Boden, ist der Körper im Gleichgewicht. Je kleiner der Winkel vom Körper zum Boden wird (der Körperneigungswinkel vergrößert sich), desto intensiver wird die Übung. (Lesen Sie auch: Die Grundprinzipien des Slingtrainings)
Wenn man mit den Füßen in den Schlaufen hängt und mit den Händen sich auf dem Boden abstützt, wirkt das sogenannte Pendelprinzip. Es wirken keine Kräfte, wenn der Slingtrainer senkrecht nach unten hängt und ruht. Wird das Gerät bewegt, entsteht eine rücktreibende Kraft, um wieder in die senkrechte Ausgangsposition zu kommen. Je höher der Winkel des Slingtrainers zur Senkrechten, desto höher auch die Gewichtskraft, die auf das Pendel wirkt. Bewegt man während einer Übung den Slingtrainer so, dass die rücktreibende Kraft in gleicher Richtung wie die Gewichtskraft verläuft, dann ist die Übung einfacher als wenn die rücktreibende Kraft konträr der Gewichtskraft verläuft.
Das Prinzip der Standfestigkeit ist jedem Judoka bekannt. Je breiter man steht desto stabiler steht man, wobei jedoch auch die Stellung des Körperschwerpunktes eine große Rolle spielt. Darüber hinaus ist der Abstand des Körperschwerpunktes zum Boden auch relevant, so steht man, wenn man leicht in die Knie geht, auch stabiler.
Ausblick
In weiteren Artikeln über Slingtraining wird eine Vielzahl sinnvoller Übungen für Judokas vorgestellt und auf Umfänge, Übungsdurchführung und Einbettung in die Trainingsplanung eingegangen. Darüber hinaus wird die Wirkung eines Slingtrainings thematisiert. Hierzu führte Thomas Kessler im Rahmen seiner Diplomarbeit Tests und Interviews mit Deutschen Spitzenathleten durch.
Karin Ritler Susebeek
Quellenangaben:
1. Kessler, T., Diplomarbeit „ Slingtraining für Spitzenjudoka unter besonderer Berücksichtigung der Rumpfkraft“, DSHS Köln 2012.
2. Schurr, S., Funktionelles Krafttraining mit der Schlinge, Grundlagen & Übungskatalog, Norderstedt 2011.
3. Rühl, J., Schuba, V., Funktionelles Fitnesskrafttraining, Meyer & Meyer Verlag Aachen 2003.