Eine Ballerina zu sein, ist oft der Traum von kleinen Mädchen. Rosa Tütüs und überall Glitzer. Aber nicht nur Mädchen, sondern auch Jungs tanzen gern und gut – wie fügt sich ein funktionelles Training in die Ausbildung männlicher Baletttänzer ein?
Diejenigen, die sich bereits als Kinder für diesen Weg entschieden haben, treten in der Regel in eine Ballettschule an der Staatsoper ein, an Tanzhochschulen wie in Frankfurt am Main, Dresden oder Köln oder an anerkannten privaten Ballettschulen. Meistens besuchen die Kinder seit ihrem 9. Lebensjahr solche Einrichtungen und leben dort, denn nur die wenigsten wohnen direkt vor Ort und können ihre Eltern jeden Tag sehen.
In den Debutantenklassen ist das Training zwar an der Ballettbasis orientiert, aber dennoch bereits sehr hart und anstrengend. Mädchen und Jungen besuchen in der Regel wegen der unterschiedlichen Unterrichtsinhalte von Anfang an getrennte Klassen. Mit 15 oder 16 Jahren müssen beide Geschlechter zu einem beinahe perfekten Tänzer herangereift sein. Denn die Tänzerkarriere ist sehr kurz und sollte daher bereits mit 18 Jahren auf einer Bühne beginnen.
Bereits mit 9 oder 10 Jahren wird bei den Jungen ein großer Wert auf Ganzkörperspannung, Sprungkraft und gleichzeitig viel Kraft im Oberkörper gelegt.
Ein typisches Training bei jungen männlichen Tänzern
Bereits in den jungen Jahren dauert eine Trainingseinheit 1,5 Stunden, was für ein Kind recht viel ist. In erster Linie beinhaltet eine Balletteinheit die klassischen Elemente des Balletts. An dieser Stelle erlernen die Jungen die gleichen Elemente wie die Mädchen, z. B. Plié, Relevée, Battement, diverse Verbindungselemente zwischen den eigentlichen Übungen, die Armführung und die Armpositionen.
Dann geht es an das koordinative Lernen von zahlreichen Sprüngen wie Cabriole, Changement, Jeté usw. Parallel zu den koordinativen Fähigkeiten müssen die Jungen natürlich an ihrer Sprungkraft arbeiten. Wer bereits ein klassisches Ballettstück auf der Bühne gesehen hat, wird bemerkt haben, dass eine der Königsdisziplinen der Männer das Springen in der choreographierten Abfolge ist. Je höher der Balletttänzer in der Luft schwebt, desto mehr bleibt der Atem der Zuschauer stocken und desto mehr wird er mit Applaus überschüttet. Wie das Sprungtraining exakt aussehen kann, wurde bereits in einem der letzten Artikel beschrieben (sehen Sie dazu in unserer Tanzkategorie). Eine der wichtigsten Essenzen dieses Artikels war es, dass es Sinn macht, nicht nur beim regulären Sprungtraining des klassischen Balletts zu bleiben, sondern ebenfalls die effektivsten Methoden von anderen Sportarten auf das Balletttraining zu übertragen.
Zusätzlich zu den Sprüngen wird bei den Jungen an der Ganzkörperspannung und am Kraftaufbau besonders im Oberkörper gearbeitet. Hier wird sehr gerne auf die Klassiker jedes Körpergewichtstrainings und Functional Trainings, wie dem Liegestütz, zurückgegriffen. Es wird auch mit freien Gewichten gearbeitet, um die Kraftfähigkeit der Schultern zu erweitern und somit den Jungen für die Hebetechniken des Mädchens vorzubereiten.
In den späteren Trainingsklassen, mit ca. 16 oder 17 Jahren, wenn das eigentliche Ballettrepertoire von den Schülern erlernt wurde und es nun um die Präzision geht, steht das sogenannte Pas de deux (Tanz zu zweit) auf dem Lehrplan. Hier geht es darum, den männlichen und den weiblichen Tanzteil miteinander zu verbinden und ein harmonisches Miteinander zu erarbeiten. Die Darbietung als Paar sieht auf der Bühne zwar sehr leicht und unbeschwert aus, aber es steckt sehr viel harte Arbeit dahinter.
Nun ist die männliche Kraft des jungen Tänzers gefragt, die er sich über Jahre erarbeitet hat. Denn er muss dem Mädchen nicht nur die Drehunterstützung bieten, sondern sie auch heben, tragen und teilweise auch fangen können. Für den Jungen ist es nun ganz wichtig zu wissen, an welchen Körperteilen das Mädchen angefasst wird, damit sie vom Boden kommt und überhaupt getragen werden kann. An dieser Stelle gilt es, den Körperschwerpunkt genau zu erfassen und in der entsprechenden Situation schnell und adäquat zu reagieren. Ein gutes Hilfsmittel für die Erarbeitung und Festigung dieser Fähigkeiten ist das Training auf einer labilen Unterlage mit einem Zusatzgewicht (oft in Form einer Puppe), welches das Körpergewicht einer weiblichen Tänzerin simulieren soll. Dazu stellt sich der Junge auf einem Bein auf einen Bosu oder ein Wackelbrett und führt die exakt gleichen Hebebewegungen wie mit einem Mädchen aus. Dies gibt dem männlichen Tänzer mehr Stabilität und Festigkeit und dem Mädchen das Vertrauen, sich auf die Hebefigur einlassen zu können.
Fazit
Wenn man also in seiner eigenen Disziplin vorankommen möchte, sollte man den sportlichen Blick über andere effektive Trainingsmethoden schweifen lassen und das Sinnvolle für sich übernehmen. (Lesen Sie auch: Functional Training: Joint Mobility)
Marina Lewun