Jedes Asana bearbeitet und dehnt den Körper auf eine Weise, welche die Notwendigkeit und die Möglichkeit zur weiteren Beschäftigung und Veränderung schafft.
Wenn wir uns zum Beispiel mit Urdhva Dhanurasana (erhobener Bogen oder Rad) beschäftigt haben, haben wir sehr viel Druck auf die Hände und die vollständig gestreckten (oder überstreckten) Handgelenke ausgeübt, die Schultern intensiv bearbeitet und gedehnt, die Wirbelsäule vollständig gewölbt, uns über die Füße geerdet, an der Innenrotation der Oberschenkel gearbeitet, die Hüftbeuger und die Bauchmuskulatur kräftig gedehnt. Dadurch können bei manchen Schülern neue Spannungen im Körper entstehen und die Auseinandersetzung mit weiteren Bewegungen nötig werden, die sie neutralisieren, um die vorangegangenen Bewegungen zu integrieren und ein neues, ganzheitlicheres Gleichgewicht herzustellen.
Die nächste Bewegung schon vorbereiten
Diese Neutralisierung wird durch pratikriyasana erreicht. (Prati bedeutet »gegen«, kriya bedeutet »Handlung«.) Das Ziel von Pratikriyasana ist es, die vorangegangenen Bewegungen so zu integrieren, dass sie die Schüler darauf vorbereiten, ohne Spannungen und so ausgeglichen und glücklich wie möglich zum nächsten Asana, zur nächsten Übungsfolge, zur nächsten Stunde oder zur nächsten Tätigkeit überzugehen.
Die Übungsreihenfolge ist wichtig
Dieses Prinzip wird oft seiner wörtlichen Bedeutung gemäß als »Gegenbewegung«, »Ausgleichshaltung« oder »Ausgleichsbewegung« eingesetzt. Dies kann vor allem dann problematisch werden, wenn man es Asana für Asana praktiziert. Bei einer solch engen Auslegung von Pratikriyasana würde man auf tiefe Rückbeugen zum Beispiel tiefe Vor- beugen folgen lassen – und dabei möglicherweise die Muskeln und Bänder der Wirbelsäule überlasten.
Das Gegenteil von Sirsasana I (Kopfstand) wäre Tadasana oder Urdhva Hastasana. Einigen Schülern würde dabei wahrscheinlich schwindelig, vielleicht würden sie sogar hinfallen. Auf jeden Fall aber wäre es nicht der einfachste Weg, aufgestaute Spannungen abzubauen und das Asana zu integrieren. Wir sollten vielmehr mit ähnlichen, nicht mit gegensätzlichen Asanas ausgleichen, integrieren, verfeinern und vertiefen und zugleich darauf achten, dass wir damit aufgestaute Spannungen lösen.
Viele Möglichkeiten, Asanas anzuordnen
Es gibt viele Möglichkeiten, Asanas so anzuordnen, das Pratikriyasana erfolgreich ist. Bieten Sie Schülern ein ausgleichendes Asana immer erst in seiner einfachsten Form, dann in Variationen oder zunehmend komplexen Stellungen an, um Spannungen abzubauen und die allgemeine Festigkeit und Leichtigkeit wiederherzustellen. Gehen Sie Pratikriyasana nicht Stellung für Stellung an, sondern betrachten Sie den größeren Zusammenhang der Praxis. Überlegen Sie, nach welchen kürzeren Übungsabschnitten, aus denen eine Stunde besteht, Ausgleichs- und Gegenhaltungen die Schüler bei der Integration ihrer Praxis unterstützen können.
Quelle:
Stephens, Mark: Yoga Workouts gestalten, 1. Auflage, Riva Verlag 2014, München
Unser Tipp aus der Trainingsworld-Redaktion:
Das Yoga-Faszientraining Onlineprogramm
Fühlen Sie sich durch Ihren Alltag gestresst und unausgeglichen? Haben Sie oft mit Verspannungen und Rückenschmerzen zu kämpfen? Dann ist es höchste Zeit, dass Sie sich selbst etwas Gutes tun! Beim Yoga-Faszientraining arbeiten Sie zusammen mit der Sportwissenschaftlerin Katharina Brinkmann an Ihrer Fitness und Beweglichkeit und steigern so Ihr körperliches Wohlbefinden. Dieses Onlineprogramm verbindet dabei die altindische Lebenslehre des Yogas mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zum menschlichen Fasziennetz.
Das Programm enthält:
- Zahlreiche unterschiedliche Übungen für ganzheitliches Faszientraining
- Drei verschiedene Leistungslevel – vom Anfänger bis zum Yoga-Profi
- Tutorials zu verschiedenen Themen rund um die Themen Yoga und Faszien
- Tipps für eine gesunde Ernährung und einen ausgeglichenen Lifesytle
- Jede Einheit unter der Anleitung von Yoga-Expertin Katharina Brinkmann