Trainieren Sie Ihre Ausdauerleistung

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Wenn Sie 100 Ausdauerläufer vor sich hätten und herausfinden wollten, welche bei einem 5 km Rennen vorne liegen, wie könnten Sie das anstellen? Eine der einfachsten und effektivsten Vorhersagetechniken ist das Timen jedes Läufers bei einem 20 m Sprint. Die Läufer mit den schnellsten 20 m Zeiten sind auch auf 5 km die schnellsten.

Während diese Verbindung unlogisch erscheint, da der Sprint ein “anaerobes“ Geschehen ist und die 5 km ein Test für die aerobe Veranlagung sind, ist der 20 m Test sehr genau. Sie wurde durch Untersuchungen von Heikki Rusko und seinen Kollegen vom KIHU Research Institute for Olympic Sports in Jyvaskyla, Finnland, in einer Studie an 17 Ausdauerläufern mit ungefähr gleichen 5 km Zeiten verifiziert.(1) Die Verbindung zwischen 20 m und 5 km Geschwindigkeiten war überzeugend, obwohl die durchschnittliche 20-m- Geschwindigkeit mit 8.15 m pro Sekunde ungefähr 76 % schneller war als die 5 km Geschwindigkeit. Die 20 m Zeit war in der Tat ein besserer Indikator der 5 km Geschwindigkeit als die viel gerühmte aerobe Variable VO2max und fast genauso gut wie die Laufökonomie.

 

Kann die Verbindung rein zufällig sein? Wenn Sie geneigt sind, das zu denken, sehen Sie sich einige brandaktuelle Forschungsergebnisse der University of Nebraska an, bei denen Kris Berg und seine Kollegen untersucht haben, ob 10 km-Zeiten durch die Anwendung zweier zusätzlicher “anaerober“ Charakteristika mit einem hohen Genauigkeitsgrad vorhergesagt werden können – der 300 m Sprintzeit und dem plyometrischen Sprungabstand. Darüber hinaus haben Berg und seine Mitarbeiter bedeutsame Wechselwirkungen zwischen der 10 km Leistung und der 50 m Sprintzeit sowie der senkrechten Sprungfähigkeit festgestellt.(2) Warum sollten “anaerobe“ physiologische Eigenschaften so eng mit dem Erfolg bei rein “aeroben“ Vorgängen verbunden sein?

 

Um zu verstehen, um was es wirklich geht, lassen Sie uns die Studie aus Nebraska etwas genauer betrachten. In dieser faszinierenden Arbeit haben die Wissenschaftler 36 trainierte Läufer (20 Männer und 16 Frauen) untersucht, deren 10-km-Zeiten zwischen 32:36 min und 56:24 min variierten. Die Testpersonen, die zwischen 19 und 35 Jahre alt waren, liefen ungefähr 30 Meilen pro Woche und hatten in den letzten 6 Monaten vor der Studie 5 mal wöchentlich trainiert. 19 von ihnen absolvierten irgendeine Form von Krafttraining und 27 bereiteten sich während der Durchführung der Studie auf einen Marathon vor.

 

Berg und seine Kollegen waren so klug, alle Läufer einem 50 m Sprinttest zu unterziehen: denn im Wesentlichen wurde die gesamte für diese Anforderungen benötigte Kraft aerob aufgebracht. Die Energie für den 50 m Sprint kommt aus dem “Phosphatsystem“ der Muskelzellen (d. h. aus vorhandener ATP und hochenergetischen Phosphaten, die von Kreatinphosphat an das ADP abgegeben werden, um ATP zu resynthetisieren). Nicht ein Sauerstoffmolekül ist für diesen Prozess erforderlich und somit ist der 50 m Sprint ein schöner “anaerober“ Test.

 

Der 300 m Lauf war eine weitere gute Wahl: Laufen mit voller Power aus einem stehenden Start heraus stellt nur geringe energetische Anforderungen an das aerobe System; stattdessen schöpft es in ungefähr 10 Sekunden die energiereichen Phosphate aus und ist anschließend ausschließlich auf die Energie der Glykolyse angewiesen, einem sauerstoffunabhängigen System, das wiederum auf die Spaltung von Glukose in Pyruvat und Laktat angewiesen ist, um verwertbare Energie zu produzieren.

 

Die an der Studie teilnehmenden Sportler absolvierten darüber hinaus 2 Tests mit Senkrechtsprüngen, einen aus einer stehenden Position mit einer Ausholbewegung und den anderen aus einer statischen Position mit gebeugten Knie heraus. Für diese Tests wurde die Reichweite jedes Sportlers abgeschätzt, während er/sie bewegungslos neben einem Vertec-Instrument stand, und den dominanten Arm soweit wie möglich ausstreckte, ohne dass die Fersen vom Boden abhoben. Um die tatsächliche Sprunghöhe zu messen, wurde die äußerste Reichweite aus der stehenden Position in Zentimetern von der höchsten Marke auf dem Vertec-Insrtument während eines bestimmten Sprungs abgezogen.

 

Für den Sprung mit Ausholbewegung starteten die Sportler neben dem Vertec-Instrument aus einer stehenden Position heraus, gingen schnell in eine Hockposition mit gebeugten Knien und sprangen dann so kraftvoll wie möglich hoch und versuchten, den höchstmöglichen Punkt auf dem Vertec-Instrument zu berühren. Für den Senkrechtsprung ohne Ausholbewegung starteten die Sportler aus einer Absprungposition heraus, die Knie in einer Beugung von 90 Grad. Jeder Sportler hielt diese Position 3 Sekunden bei und sprang dann so hoch wie möglich.

 

Energiesparende elastische Reaktionen

Der Unterschied zwischen der Höhe der Sprünge mit Ausholbewegung bzw. ohne Auftaktbewegung ist ein Maß für die elastischen Eigenschaften eines Muskels. Bei dem Sprung mit Ausholbewegung liefert das “Zurückschnappen“ der Muskeln, die schnell gestreckt werden, ein beträchtliches Ausmaß der für den senkrechten Sprung benötigten Kraft ohne den Nachteil direkter Energiekosten; bei den Sprüngen ohne Ausholbewegung wird die Kraft vor allem durch aktive Kontraktionen der propulsiven Muskeln bereitgestellt, die aus einem “stehenden Start“ heraus arbeiten müssen. Wie zu erwarten, können Sportler, deren Muskeln viel Arbeit durch energiesparende elastische Reaktionen erzeugen können, sehr effektiv laufen (schwimmen, rudern oder Ski fahren), d. h. mit einem relativ niedrigen Prozentsatz der maximalen Energieverbrauchsrate. Solche Sportler können in der Regel bestimmte Bewegungsgeschwindigkeiten leichter aufrechterhalten als Sportler, deren Muskeln weniger entwickelte elastische Eigenschaften aufweisen.

 

Der endgültige Test der anaeroben Fähigkeiten – der plyometrische Sprungtest – erfolgte aus einer stehenden Position heraus, aus der die Sportler 3 aufeinander folgende Sprünge absolvierten, bei denen sie von einem Fuß auf den anderen sprangen und bei dem letzten Sprung auf beiden Füßen landeten. Der plyometrische Sprungtest ist mit dem Dreisprung in der Leichtathletik zu vergleichen, außer dass er aus einer stehenden Position heraus erfolgt und nicht aus dem Laufen heraus. Die tatsächliche plyometrische Sprungweite wurde von der Startlinie aus bis zu der Ferse gemessen, die nach dem dritten Sprung am nächsten an der Startlinie war.

 

Bedenken Sie, dass all diese Tests leicht draußen ausgeführt werden können und dass zu allen eher eine geschlossene kinetische Kette gehört als offene Bewegungsketten. 4 der 5 anaeroben Tests (50 m Sprint, 2 Arten von senkrechten Sprüngen und plyometrisches Springen) wurden in beliebiger Reihenfolge am selben Tag absolviert; da der 300 m Sprint jedoch zu größerer Erschöpfung führte als die anderen Tests, wurde er als letzter absolviert. Den Tests gingen ein 10-minütiges Aufwärmen und Dehnübungen voraus.

 

Wie sich herausstellte, waren die beiden besten Indikatoren für den 10 km Erfolg die plyometrische Sprungweite und die 300 m Sprintleistung, obwohl signifikante Korrelationen zwischen der 10 km Zeit und dem 50 m Sprint, der Sprunghöhe mit Ausholbewegung, der Sprunghöhe ohne Auftaktbewegung und dem prozentualen Körperfettanteil bestanden. Die plyometrische Sprungweite war allein für 74 % der Abweichungen in den 10 km Laufzeiten des gesamten 36 Personenkaders verantwortlich! Die Einbeziehung des 300 m Sprints half ein wenig, aber nicht viel – und hob die erwähnte Abweichung auf 78 % an.

 

Um es einmal anders auszudrücken, war eine “anaerobe“ Eigenschaft – die plyometrische Sprungweite – für ungefähr ¾ der Abweichungen in den Leistungszeiten dieser relativ großen Gruppe von 10 km Läufern verantwortlich. Sogenannte “aerobe“ Variablen wie VO2max, Laktatschwelle und Laufökonomie hatten in diversen Studien weniger Auswirkungen auf die aerobe Leistung! Zwei “anaerobe“ Eigenschaften zusammen – die plyometrische Sprungweite und die 300 m Laufzeit – waren für ungefähr 4/5 der Abweichungen in der 10 km Leistung verantwortlich, was ebenfalls besser ist als das Abschneiden zweier kombinierter klassischer aerober Variablen in einigen Untersuchungen.

 

Für diese Verbindung gibt es fundamentale Gründe, die wir gleich erklären werden. Verschiedene andere Studien stellen ebenfalls eine Verbindung zwischen den beiden scheinbaren “Gegensätzen“ her. So wurde zum Beispiel der in Heikki Rusko´s Studie vorhergesagte 5 km Erfolg nicht nur durch die 20 m Zeit sondern auch noch durch eine weitere Hochgeschwindigkeitseigenschaft vorhergesagt, die Rusko VMART genannt hat – die maximale Geschwindigkeit, die ein Läufer während einer Reihe von zunehmend schwierigeren, zunehmend anaeroberen Sprints erreichen kann. Während Rusko´s harter VMART Tests liefen die Läufer anfänglich 20 Sekunden mit einer Geschwindigkeit von 3,71 m pro Sekunde (7.14 pro Meile) auf dem Laufband mit einem Anstieg von 4 Grad; nach 100 Sekunden Pause sprinteten sie 20 Sekunden mit einer Geschwindigkeit von 4,06 Meilen pro Sekunde (6:35 pro Meile).

 

Dieses Muster aus 20 Sekunden Sprints, abgelöst von 100 Sekunden Pause bis zur Erschöpfung wurde mit einer Geschwindigkeit gefahren, die bei jedem 20-Sekunden-Sprint sukzessive um 0,35 Meilen pro Sekunde schneller war als bei dem vorherigen Intervall. Die mittlere Geschwindigkeit am Punkt des Zusammenbruchs lag bei 6,557 Meilen pro Sekunde (4:05 pro Meile), die finnischen Querfeldeinläufer erbrachten somit eine gute Leistung. Natürlich lag ihre Geschwindigkeit unter der, die während der 20 m Rennen erreicht wurde (wo die mittlere Geschwindigkeit 8.15 Meilen pro Sekunde betrug), die auf flachem Untergrund mit „ausgeruhten Beinen“ über eine kurze Entfernung durchgeführt wurden.

 

Wie bereits erwähnt, war die endgültige, während des VMART Tests erreichte Geschwindigkeit ein guter Indikator für die 5 km Leistung; sie eignete sich in der Tat genau wie die 20 m Laufzeit besser zur Vorhersage des 5 km Erfolgs als der VO2max und – im Gegensatz zu der 20 m Zeit – sogar besser als die Laufökonomie.

 

Die Erkenntnisse von Rusko und Berg stehen in Übereinstimmung mit denen des großen Tim Noakes, der möglicherweise mit seiner erlesenen, 1988 publizierten Studie den ganzen Ball ins Rollen gebracht hat. In Noakes´ Untersuchung wurde der Erfolg von Ausdauersportlern anhand der Spitzengeschwindigkeit, die die Sportler auf dem Laufband erzielten, relativ präzise vorhergesagt; die Sportler mit den höchsten Spitzengeschwindigkeiten wiesen auch die besten Ausdauerlaufzeiten auf.(3) Genau wie in Rusko´s Untersuchung erwies sich die Spitzenlaufgeschwindigkeit als besserer Indikator für die Leistung als der VO2max und als sehr viel besserer als die Laufökonomie.

Als wäre das nicht genug, konnte auch in einer vollkommen separaten Studie die 50 m Sprintzeit in Verbindung mit der 10 km Leistung gebracht werden.(4) Darüber hinaus haben Ronald Bulbulian und seine Kollegen herausgefunden, dass 58 % der Abweichung in der 5 Meilen Laufzeit bei gut trainierten College-Läufern auf die anaerobe Trainingsfähigkeit zurückgeführt werden konnten.(5)

 

Lernen Sie, Ihre TTE auszubauen

In einer weiteren Studie nahmen der berühmte Trainingsphysiologe Dave Costill und sein Partner Joe Houmard die physiologischen Eigenschaften von 10 Läufern unter die Lupe, die ungefähr 50 Meilen pro Woche absolvierten und eine Durchschnittszeit von 16:43 auf 5 km liefen.(6) Obwohl sauerstoffabhängige chemische Reaktionen ungefähr 93 % der für einen 5 km Lauf benötigten Energie liefern, erwies sich die maximale aerobe Kapazität (VO2max) als schlechter Indikator für die Leistung in dieser Gruppe gut trainierter Läufer. Die beiden besten Indikatoren für die 5 km Endzeit waren die “anaerobe Kraft“ und eine als “Zeit bis zur Erschöpfung“ bekannte Variable (TTE).

 

Die anaerobe Kraft der Sportler wurde während kurzer Sprints und senkrechter Sprünge gemessen. Die TTE wurde wie folgt ermittelt: eine Stoppuhr schaltete sich in dem Moment ein, in dem der Sportler auf einem flachen Laufband bei einer Intensität von 85 % VO2max zu laufen begann, was einer maximalen Herzfrequenz von ungefähr 92 % entsprach; dann wurde die Laufbandsteigung alle 2 Minuten um 3 % erhöht und die Uhr stoppte, wenn der Läufer nicht weiter fortfahren konnte. Die TTE entsprach der Gesamtzeit, die ein Sportler auf dem Laufband laufen konnte und stand für seine Fähigkeit, hoch intensives, im Wesentlichen anaerobes Laufen durchzuhalten.

 

Somit stimmte diese Studie mit den anderen erwähnten Studien in soweit überein, dass anaerobe Faktoren die aeroben Variablen bei der Bestimmung der Gesamtausdauerleistung (auch bekannt als aerobe Leistung) überwogen. Die fundamentalen Mechanismen, die der Verbindung zwischen den auffallenden anaeroben Eigenschaften und den außerordentlichen Ausdauerleistungen zugrunde liegen, sind nicht schwer zu erfassen. So tendieren zum Beispiel Ausdauerläufer mit hohen maximalen Laufgeschwindigkeiten dazu, Läufern mit geringeren Geschwindigkeiten überlegen zu sein, genau wie Individuen mit sehr hohen maximalen aeroben Fähigkeiten dazu tendieren, Individuen mit geringeren Fähigkeiten überlegen zu sein. Wenn Ausdauerläufer A eine Spitzenlaufgeschwindigkeit von 8 Meilen pro Stunde aufweist, während Läufer B eine maximale Laufgeschwindigkeit von 6.8 Meilen pro Stunde aufweist, wer hat dann Ihrer Meinung nach eine bessere Chance, 5 km in 15 Minuten bei gleichmäßiger Geschwindigkeit zu laufen? Für Läufer A bedeuteten 15 Minuten bei gleichmäßiger Geschwindigkeit 70 % der maximalen Geschwindigkeit; für Läufer B wären es 82 %.

 

Um diese Gedanken mit weiteren Zahlen zu untermauern: wenn Sie eine maximale Geschwindigkeit von 8.15 Meilen pro Stunde haben, würde eine Geschwindigkeit von 4.63 Meilen pro Stunde auf 5 km (mit einer Endzeit von 18 Minuten) nur 57 % Ihrer maximalen Laufgeschwindigkeit repräsentieren; andererseits würden Sie während eines 18-minütigen 5 km Laufs 66 % Ihres Maximums einbringen müssen und das Tempo als sehr viel härter empfinden, wenn Sie ein armer Wicht mit einem Maximum von nur 7 Meilen pro Stunde wären. Eine hohe maximale Geschwindigkeit macht es realistischer – und wahrscheinlicher –, dass Sie die Spitze der möglichen Laufgeschwindigkeiten in einem 5 km Lauf, einem 10 km Lauf, einem Halbmarathon und einem Marathon genauso gut handeln werden. Im Grunde genommen haben Sie bereits die Fähigkeit schnell zu laufen und Ihre Schlüsselarbeit besteht darin, auf eine Weise zu trainieren, die die Zeit maximal verlängert, über die Sie schnell laufen können.

 

Andere “anaerobe“ Eigenschaften als die Spitzengeschwindigkeit dürften ebenfalls eine starke Auswirkung auf die Ausdauerleistung haben. Denken Sie zum Beispiel an die VMART-Tests von Rusko, bei denen 20-sekündige Trainingsintervalle auf einem Laufband mit 4 Grad Steigung absolviert wurden, bei denen sich die Geschwindigkeit von 7:13 auf 3:43 (bei einigen Sportlern) verbesserte. Die besten VMART Läufer müssen nicht nur schnell laufen sondern auch die Erschöpfung der Beinmuskeln während eines hoch intensiven Trainings super gut minimieren können. Diese Fähigkeit hängt von einer guten “Pufferung“ in den Muskelzellen (der Fähigkeit, den Anstieg des Laktats, der mit dem schnellem Laufen einhergeht, zu handeln) und von einer ausgezeichneten Laktatabbaufähigkeit ab. Diese Eigenschaften statten Läufer nicht nur mit hohen anaeroben Fähigkeiten aus, sondern führen sie auch bei anstrengenden aeroben Anforderungen zu großen Erfolgen.

 

Aufgrund seiner Laboruntersuchungen ging Tim Noakes davon aus, dass etwas, das “Muskelkontraktilität“ genannt wird – eine Messung von Geschwindigkeit und Kraft der Muskelkontraktionen – sehr wichtig für den Ausdauererfolg war. Er wies darauf hin, dass Sportler mit ausgezeichneter Muskelkontraktilität während intensiver Workouts sehr harte Trainingslasten und somit sehr hohe Sauerstoffbedarfsraten erreichen können. Wenn sie mit relativ höheren Prozentsätzen von VO2max und vVO2max trainieren können, sollten sie auch in der Lage sein, größere Anpassungen bei diesen Schlüsselvariablen zu erreichen als die Sportler, die mit niedrigeren Prozentsätzen trainieren. Mit anderen Worten kann eine “anaerobe Eigenschaft“ – die Muskelkontraktilität oder Muskelkraft – zu größeren als den normalen aeroben Anpassungen führen. Im Übrigen befähigt eine herausragende Kontraktilität einen Sportler auch dazu, einen größeren Teil des Trainings bei maximaler Laufgeschwindigkeit zu absolvieren, was natürlich eine ausgezeichnete Möglichkeit ist, diese entscheidende Leistungsvariable zu optimieren. Bedenken Sie darüber hinaus, dass eine herausragende Kontraktilität auch die plyometrische Sprungweite verbessern würde, die Variable, die Berg und seine Mitarbeiter als so aussagekräftig für die Vorhersage der 10 km Leistung ausgemacht haben.

 

Kurze Fußkontaktzeiten machen einen schnellen Läufer aus

Heikki Rusko, der argumentiert, dass die “neuromuskulären Eigenschaften“ eine Schlüsselkomponente des Ausdauererfolgs sind, verfolgt damit eine etwas andere Annäherung; er meinte damit, dass Läufer, deren Muskeln zu einer schnellen Kraftproduktion mit schnellen, gut koordinierten, explosiven Kontraktionen (wie sie durch die hohen VMART Geschwindigkeiten und ausgezeichneten 20 m Zeiten belegt werden) in der Lage sind, bei Laufveranstaltungen einen definitiven Vorteil hätten. Zur Unterstützung seiner Theorie führte er an, dass die 5 km Geschwindigkeit sowohl bei dem 20 m Sprint als auch bei dem 5 km Lauf selbst in umgekehrter Beziehung zu der Fußkontaktzeit stand. Wenn Sie die Läufer anhand ihrer Fußkontaktzeiten einordnen sollten, mit den schnellsten Fußkontaktzeiten an einem Ende und den langsamsten an dem anderen, hätten Sie bei beiden Tests ihre Aufgabe auch zufriedenstellend erfüllt, wenn Sie sie entsprechend ihrer Laufzeiten eingeordnet hätten. Die besten 5 km Läufer waren nicht die mit dem besten VO2max und der besten Laufökonomie – diese Variablen hatten in der Tat nur eine schwache Vorhersagekraft. Die Spitzenkonkurrenten waren die mit leistungsfähigen neuromuskulären Eigenschaften, die sich in ihrem explosiven Fußaufsatz zeigten.

 

Lassen Sie mich das mit einigen Zahlen belegen: eine Reduzierung der Fußkontaktzeit von nur 1/300 Sekunden kann die 5 km Zeit für einen 5 km Läufer auf 16 Minuten um 10 Sekunden reduzieren (vorausgesetzt sie führt nicht zu einem Verlust in der Schrittlänge), während das Trimmen der Kontaktzeit um 1/100 einer Sekunde zu einer Verbesserung von 30 Sekunden führen kann. Interessanterweise betrug der Unterschied in der durchschnittlichen Kontaktzeit zwischen dem schnellsten und dem langsamsten 5 km Läufer in Rusko´s Studie ungefähr 27 Millisekunden (2.7 Hundertstel einer Sekunde) und dieser Unterschied wurde mit einem 54 Sekunden Unterschied in der Endzeit in Verbindung gebracht.

 

Rusko konnte auch zeigen, dass die Schrittrate in direkter Verbindung zu der 5 km Geschwindigkeit stand: je höher die Schrittrate, desto schneller die Endzeit. Da die Schrittlängen der Läufer in dieser Studie vergleichbar waren, steigerte die Reduzierung der Kontaktzeit eindeutig die Schritthäufigkeit; da dies keinen Rückgang der Schrittlänge mit sich brachte, erlaubte das verkürzte Fußaufprallmuster den Läufern, mit jeder Laufminute mehr Strecke zu bewältigen.

 

Als Läufer sollten Sie sich bewusst sein, dass die “anaeroben Eigenschaften“, die große Auswirkungen auf die Leistung von Ausdauerläufern haben – plyometrische Sprungweite, 20 m, 50 m und 300 m Sprintzeiten, Fußaufprallzeit, Schritthäufigkeit, Muskelkontraktilität, neuromuskuläre Eigenschaften, VMART, Pufferungsfähigkeit der Muskeln und maximale Laufgeschwindigkeit – alle trainierbar sind und dass Sie diese in Ihrem Training betonen müssen, wenn Sie Ihren Spitzentrainingslevel erreichen wollen. Um diese Eigenschaften zu verbessern, brauchen Sie ein Trainingsprogramm, dass das Laufen mit hoher Intensität betont und einen Aufbauplan mit einschließt, der Sie durch propriozeptives Training, allgemeines, laufspezifisches und explosives Krafttraining führt.

 

Das diesem Aufbauprogramm zugrunde liegende Ziel ist, Ihre Koordination zu optimieren, so dass nur wenig muskuläre Kraftproduktion erforderlich ist, um heikle Bewegungen zu stabilisieren und die maximal mögliche muskuläre Kraft stattdessen in den Antrieb zu kanalisieren. Das propriozeptive Training kurbelt diesen Prozess an und das folgende allgemeine Aufbautraining führt diese Entwicklung fort, indem es hilft, den gesamten Körper während des Laufens erschöpfungsresistenter zu machen. Laufspezifisches Krafttraining und darauf folgendes Bergtraining runden den Prozess der Förderung der propulsiven Kraftproduktion durch Ihre Beinmuskeln ab. Das folgende explosive Training führt zu einer schnelleren Erzeugung dieser Kraft und einer Steigerung Ihrer Leistung. Während dieses Trainings wird sich natürlich auch zunehmend die Intensität Ihres reinen Lauftrainings steigern, indem Sie mehr über der Belastungsgeschwindigkeit der entsprechenden Laktatschwelle und bei vVO2max und darüber trainieren.

 

Das konventionelle Training für Distanzanforderungen ist passé! Es reicht nicht länger aus, Kilometer zu absolvieren und sich allein auf die aerobe Entwicklung zu konzentrieren. Das hat in der Tat nie gereicht – uns fehlten lediglich die wissenschaftlichen Kenntnisse, um das zu beweisen. Als wir plötzlich sahen, dass die anaeroben Eigenschaften für Läufer hilfreich sein könnten, haben wir zunächst nicht verstanden, warum dieses offensichtliche Paradox keines war.

 

Die wirklich gute Nachricht ist die, dass die (anaeroben) Kraftfaktoren selbst der langsamsten Läufer verbessert werden können und dass das selbst für unerfahrene Läufer kein gefährlicher Prozess ist. Wenn Sie gestaffelt und vernünftig trainieren, um Ihre Kraft zu verbessern, wird dieser Prozess Verletzungen eher vorbeugen als diese zu verursachen. Mit der Zeit sollten Ihre anaeroben und aeroben Eigenschaften sich verschmelzen, um Sie zu Ihren bestmöglichen Laufzeiten zu führen – von 50 Meter-Läufen bis hin zum Marathon.

 

Owen Anderson

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