Die meisten Sportler, insbesondere bei den Laufsportarten, machen sich nur bei heißem Wetter Sorgen um einen möglichen Hitzeschlag. Ein Vorfall in den USA mit beinahe tödlichem Ausgang während eines Marathons bei kühlem Wetter sollte sie allerdings nachdenklich stimmen.
Ein gut trainierter Läufer Ende 30 kollabierte 10 m vor der Ziellinie während eines Rennens bei herbstlichen Temperaturen im Bereich von 6 bis 9,5° C. Im Sanitärzelt verschlechterte sich sein Zustand weiterhin; sein Herzschlag war unregelmäßig und er litt unter Atembeschwerden. In der örtlichen Notaufnahme wurde seine rektale Temperatur mit 40,7° C gemessen – deutlich über dem Grenzwert für einen anstrengungsbedingten Hitzschlag. Des Weiteren wies er hitzebedingte Schäden an Herz, Nieren, Leber und am Blutgerinnungssystem auf. Nach extremer Kühlung kehrte die Körpertemperatur des Läufers wieder auf normale Werte zurück, und auch die Organschäden konnten letztendlich behoben werden. Nach 5 Tagen konnte er zwar das Krankenhaus verlassen; sein Genesungsprozess dauerte jedoch lange an, so dass er erst 6 Monate wieder regelmäßig laufen konnte.
Für die Wissenschaftler stellt sich nun folgende Frage: „Wie kann es sein, dass ein mit Sporthemd und Shorts bekleideter Läufer an einem kühlen, klaren Morgen fast an einem Hitzschlag stirbt?“
Sie bieten 2 mögliche Erklärungen an:
– Der Läufer litt in der Woche vor dem Rennen an Halsschmerzen und befand sich am Wettkampftag noch im Genesungsprozess. Diese Krankheit mag zu einem veränderten Wärmeverlust seines Körpers geführt haben.
– Da der Läufer eine gute Qualifikationszeit für den Boston Marathon benötigte, hatte ein „frischer“ Läufer auf den letzten 16 Kilometern des Rennens Tempo für ihn gemacht. Dieser externe Druck mag dazu geführt haben, dass er die Hitze-Warnsignale seines Körpers, nämlich langsamer zu laufen oder das Rennen ganz abzubrechen, ignoriert hat.
Die Wissenschaftler ziehen daraus folgende Schlüsse:
- Medizinisches Personal sollte bei kollabierten Sportlern immer die Möglichkeit eines Hitzschlages berücksichtigen; das heißt sie sollten immer die rektale Temperatur messen – auch bei kühlem Wetter.
- Läufer sollten bei Krankheit keine anstrengenden Läufe absolvieren bzw. gar nicht laufen.
- Bei Rennen sollten keine externen Tempomacher eingesetzt werden, da es die Sportler davon abhält langsamer zu werden, wenn sie sich krank fühlen.
- Wenn jeder Läufer mit einem Partner läuft, könnten beide Läufer sich gegenseitig auf Anzeichen für einen möglichen Hitzschlag hin beobachten und ihre Gesundheit bewahren.
Medicine & Science in Sports & Exercise, Vol. 38, Nr. 7, S. 1197-1203