Triathlon ist männlich – Was ist anders für Frauen? Teil 1 – die Physiologie

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Handballerinnen spielen Handball, Basketballerinnen spielen Basketball. Frauen spielen Frauenfußball, was für eine merkwürdige Wortschöpfung.(1) Glücklicherweise betreiben Frauen Triathlon und nicht Frauentriathlon!

In der DTU (Deutsche Triathlon Union) sind momentan 24.000 Startpassinhaber organisiert, etwa 200.000 Sportler betreiben in Deutschland Triathlon.(2) Und nun die Frage: Wie viele dieser Sportler sind weiblich? Im Hessischen Triathlon Verband gibt es zur Zeit (Stand August 2011) 3.694 Startpassinhaber und davon sind 780 Frauen. Somit sprechen wir von mittlerweile 21,1% Frauenanteil im Triathlon in Hessen. Und erfreulicherweise steigen die Zahlen kontinuierlich. Mittlerweile entdecken sogar viele weibliche Prominente den Triathlon!(3)

 

Was motiviert Frauen zum Triathlon?

Zum einen die „Attraktivitätsmotive“, da die drei Sportarten den ganzen Körper trainieren und einseitige Belastungen vermeiden. Das Ergebnis ist meist eine bessere Figur und jüngeres und athletischeres Aussehen.

Die „Befindlichkeitsmotive“ ergeben sich aus der Verbesserung des Wohlbefindens, man kann im Training Ängste und Sorgen vergessen, fühlt sich wohler, schläft besser und fühlt sich im Kopf frei und stark.

Die „Gesundheitsmotive“ umfassen meist die Möglichkeit Sport in der Natur auszuüben, eine gesündere Lebensweise im allgemeinen und die Hoffnung, gesund älter zu werden. Die verbesserte Leistungsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit spielt eine positive Rolle. Oft verbessern sich leichte Verstimmungen und depressive Phasen durch sportliche Betätigung.

Als „Sinn- und Selbstverwirklichungsmotive“ werden mehr Selbstbewusstsein, Selbstverwirklichung und sinnvolle Beschäftigung genannt.

Und nicht zu vergessen die „Sozialmotive“, denn man kann wunderbar neue Bekanntschaften knüpfen, mit dem Partner trainieren und das Training familienfreundlich gestalten. Gruppentraining spornt auch zu höheren Leistungen an.(4)

So viel zur Theorie der Motivation, hier ein O-Ton meiner befreundeten Triathletin Anja-C. S. „Wir sind nicht so stark auf Erfolg nach außen ausgelegt und spucken daher auch meist keine großen Töne vorher. Wir müssen im Normalfall niemandem etwas beweisen. Wir machen das für uns – nicht aus Gründen der Midlife-Crisis, sondern aus Spaß. Wir sind (meistens) nicht so rücksichtslos (z. B. beim Schwimmen) wie die Männer. Wir wollen Spaß gemeinsam haben und sehen eher den Team-Gedanken. Wir lächeln uns gegenseitig auch mal zu und zeigen dadurch stille Übereinkunft. Wir wollen wahrscheinlich auch bei größter Anstrengung noch gut aussehen (wobei die meisten Männer in Sachen Eitelkeit eigentlich kaum zu überbieten sind).“

 

Frauenbeine sind keine Männerbeine

Doch was ist bei Frauen anders als bei Männern? Meine Beobachtung ist immer: Frauenbeine sind keine Männerbeine. Männer fahren meist besser als Rad als Frauen und laufen auch meist besser. Dies lässt sich historisch und wissenschaftlich erklären.

In der Vergangenheit wurden Frauen oft durch gesellschaftspolitische oder ideologische Gegebenheiten an der sportlichen Leistung gehindert. Die Rolle der Frau war klar als „Hausfrau und Mutter“ definiert. Heute beschreibt sich eine Frau mit Familie eher der „Familienmanagerin“, die neben dem Beruf, der Familie und dem Familienleben ihr persönliches Sportprogramm integriert.

Deshalb geht es in der heutigen Betrachtung eher um genetisch bedingte Unterschiede in Organfunktion und Körperbau. (5)

Frauen sind im Durchschnitt kleiner und leichter als Männer. Schon allein die Muskulatur weist bezüglich ihres Anteils am Gesamtkörpergewicht deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede auf. Relativ wie absolut ist der Anteil der Muskulatur bei der Frau geringer als beim Mann.(6) Deshalb ist es notwendig, die Muskulatur verstärkt zu kräftigen, um gut ausgeprägt Knochen, Gelenke und Bänder zu schützen und die Körperhaltung zu optimieren.(7) Sinnvolles Athletiktraining empfiehlt sich deshalb für jede Frau.

Die Unterschiede innerhalb der kardiovaskulären Funktionsgrößen sind bei beiden Geschlechtern individuell unterschiedlich und abhängig bzw. beeinflusst vom Ausprägungsgrad der Anpassungen an Trainingsbelastungen. Insgesamt sind die Werte der Männer im Mittel höher als die der Frauen.(8) Das erklärt die Unterschiede in den sportlichen Leistungen.

Der Anteil des Fettgewebes am Gesamtkörpergewicht Frauen ist höher als beim Mann, das ist bekannt.(9) Die erhöhte Konzentration an weiblichen Geschlechtshormonen führt zu dieser Erhöhung. Das Verhältnis von Muskulatur und Körperfettanteil verändert sich zu Ungunsten der Muskulatur, was die sportliche Leistungsfähigkeit in manchen Sportarten negativ beeinflussen kann.(10)

Durch den höheren Anteil Fettgewebes verfügen Frauen über mehr „aktives Fett“, welches bei Bedarf in Kohlehydrate umgewandelt werden kann. (11) Der Vorteil daran ist: Wir Frauen werden oft als „Ausdauerwunder“ bezeichnet.

Gut zu wissen ist, dass für die überwiegend statisch arbeitenden Muskelgruppen, wie etwa der Bauch- und Rumpfmuskulatur, die Trainierbarkeit bei beiden Geschlechtern identisch ist. Doch was ist mit den anderen Muskelgruppen? Muskelgruppen, die überwiegend dynamische Bewegungsaufgaben ausführen, weisen eine geschlechtsspezifische Differenz hinsichtlich der Größe und der Trainierbarkeit auf. Hier kommt der Einfluss des eiweißanabolen, männlichen Sexualhormons Testosteron ins Spiel.(12) Der Hauptunterschied zwischen der Kraftentwicklung bei der Frau und beim Mann liegt in der differenten Entwicklung von Muskelmasse und Muskelquerschnitt aufgrund des Einflusses der männlichen Sexualhormone.(13)

An dieser Stelle kommt mir die Antwort meiner Triathlon-Freundin Katja M.-P. in den Sinn, die mir auf die Frage: „Was ist bei Jungs anders“ sagte: „Jungs wollen bei einer lockeren Ausfahrt trotzdem am Berg der erste sein. Und dann die Sache mit den Ortsschildsprints. Wir Frauen lassen uns nicht immer auf Rennen ein und powern uns aus, wir sind nicht so testosteron-gesteuert!“

Ein weiterer Nachteil sind die weiblichen Hebelverhältnisse, die schnelles Laufen ungünstig beeinflussen. Um hohe Kräfte nach unten umzusetzen, sollte das Becken schmal sein, doch das Becken der Frau ist proportional betrachtet breiter als das männliche.(14)

Es gibt nicht nur anatomisch Nachteile, unser Vorteil ist der größere Bewegungsumfang der Gelenke. Außerdem sind Muskulatur sowie Sehnen- und Bänderapparat der Frau verglichen mit dem des Mannes dehnbarer und flexibler.(15) Dies erleichtert sehr oft das Schwimmen. Ein weiterer Vorteil für das Schwimmen sind die weiblichen Proportionen, ein breites Becken hat keine wesentlichen biomechanischen Nachteile, vielmehr begünstigt es die Stromlinienform. (16) Weitere Vorteile sind ein gutes Koordinationsvermögen, niedrigen Energieumsatz sowie niedrigerer Blutdruck. Auch durch das günstige Verhältnis zwischen Herzvolumen und Körpergewicht eignen sich Frauen anlagebedingt besser für Ausdauer– als für Schnellkraftleistungen. Frauen sind oft rhythmusbegabter und präferieren gleichförmige Sportarten.(17)

Zusammenfassend ergibt sich eine durchaus gute Ausgangsposition im Ausdauersport für Frauen.

 

Hormonelle Lage

Die hormonelle Lage im Körper spielt immer eine große Rolle. Während der Pubertät, Schwangerschaft, Stillzeit und auch in den „Wechseljahren“ kämpft der Körper mit vielen Einflussfaktoren.

Kommen wir zu einem Punkt, der uns Frauen oft benachteiligt. Schon allein die monatliche Regel ist eine Belastung für viele Frauen. Die Trainierbarkeit und Leistungsfähigkeit der Frau kann zyklusphasenabhängig schwanken. Das Ausmaß ist individuell sehr verschieden.(18) Schon in der Schule gilt immer noch die Ausrede wegen „Frauenproblemen“ nicht am Sportunterricht teilzunehmen. Hier wird schon früh die Annahme gefestigt, dass Sport während der Regel nicht ratsam ist. Das gleiche gilt für die Zeit der Schwangerschaft und Stillzeit. (Buchtipp: Triathlon für Frauen)

Grundsätzlich spricht medizinisch nichts dagegen, sich sportlich zu betätigen. In der ersten Zyklushälfte ist die Leistungsfähigkeit hoch, „Frau“ kann „Berge hochfliegen“ und das Training läuft gut. Die Leistungsfähigkeit sinkt in der zweiten Zyklushälfte und erreicht kurz vor der Menstruation ein Tief. Leichte sportliche Betätigung ist jederzeit möglich, oft löst Bewegung auch Verkrampfungen. Das Training beeinflusst weder die Stärke, noch die Länge der Menstruationsblutung. Lockeres Training ist möglich, aber Höchstleistungen sollten nicht geplant werden.(19) Bei Schmerzen, schlechte Laune oder einer geringeren „gefühlten“ Belastbarkeit ist es ratsam, Alternativen zum Training zu erwägen. Regeneration auf der Couch bewirkt manchmal Wunder und außerdem gilt die Aussage: Die Form wird in der Regeneration gemacht!

Radfahren empfinden einige Frauen während dieser Zeit als unangenehm, dann empfiehlt sich auf Laufen oder Schwimmen auszuweichen. Das ist individuell sehr unterschiedlich und muss von Fall zu Fall immer wieder neu entschieden werden.

Die Frage, ob man in dieser Zeit Wettkämpfe bestreitet, kann nur individuell geklärt werden. Wenn möglich und nötig, sollte der Zyklus in der Trainingsplanung berücksichtigt werden.

Frauen in den Wechseljahren haben mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen. Immer mehr Studien zeigen, dass Frauen, die sich in den Wechseljahren regelmäßig bewegen und Ausdauersport treiben, weniger Beschwerden haben als Sofaköniginnen. Die Hitzewallungen sind seltener und die Stimmung besser.(20) Etwa 50% der Frauen nehmen deutlich an Gewicht zu. Dies liegt vor allem daran, dass der Kalorienbedarf mit dem Alter abnimmt. Durch den Östrogenmangel werden im Gehirn weniger sog. Beta-Endorphine gebildet, die auf unser Essverhalten, Leistungsfähigkeit, Stimmung und Antrieb Einfluss haben. Sportliche Bewegung kurbelt die Endorphinbildung an und hat dadurch vielfältige positive Auswirkungen auf Stoffwechsel, Leistung, Stimmung, Körpergewicht, Knochenaufbau, Blutdruck und Arteriosklerose. (21)

Es gibt mittlerweile vielfältige Möglichkeiten und Ansätze diese wechselvollen Zeiten sorgen- und beschwerdefrei zu durchleben. Ein Arzt mit sportmedizinischem Hintergrund, eventuell in Kombination mit einer Heilpraktikerin oder einer Ernährungsberaterin können oft weiterhelfen und das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit wieder herstellen.

 

Ernährung

Neben der Bewegung übt die Ernährung großen Einfluss auf unseren Körper aus. Wir streben an, dass Organe und Körper besser funktionieren. Besonders bei uns Frauen wollen wir das Absinken des Hormonspiegels in der Lebensmitte vermindern und die Alterungsprozesse von Muskeln, Bindegewebe und Knochendichte hinausschieben. Wie wollen Kaloriensünden ausgleichen und zudem unser verbessertes Körpergefühl genießen. Doch oft wollen wir Körpergewicht reduzieren und es gelingt einfach nicht. Dann hilft eine Ernährungsumstellung und das Weglassen der kleinen Sünden. Frauen übertreffen Männer in der Fettverbrennung, Sportlerinnen verwerten einfache Kohlehydrate besser als ihre männlichen Kollegen.(22)

Auch das richtige Trinken ist eine wichtige Komponente, im täglichen Leben und auch in Training und Wettkampf.

Über die Ernährung vor und während einem Wettkampf gibt es genug Information, wichtig ist an dieser Stelle nur, in Wettkampfsituationen keine neuen Riegel, Gels oder Getränkepulver auszuprobieren. Magenkrämpfe und Übelkeit können die Folge sein, daher alle Produkte vorher in wettkampfähnlichen Situationen testen. Es empfiehlt sich außerdem am Tag vor dem Wettkampf nur Speisen zu sich zu nehmen, die man kennt und verträgt.

 

Monika Sturm-Constantin

 

Weiterführende Artikel:

Triathlon ist männlich – Was ist anders für Frauen? Teil 2: Das Training

Triathlon ist männlich – Was ist anders für Frauen? Teil 3: Die Kleidung

 

Quellenangaben:

1. http://www.n-tv.de/sport/FrauenFussballWM/Elf-Dinge-die-wir-gelernt-haben-article3838071.html

2. http://www.dtu-info.de/daten-fakten.html

3. http://www.gmx.net/themen/gesundheit/fitness/947qzii-neuer-sport-trend-der-stars

4. M. Penker, H. Aschwer, Triathlon für Frauen, 2007, Seite 147ff

5. http://vmrz0100.vm.ruhr-uni-bochum.de/spomedial/content/e866/e2442/e9012/index_ger.html

6. http://vmrz0100.vm.ruhr-uni-bochum.de/spomedial/content/e866/e2442/e9012/e9017/e9295/e9314/index_ger.html

7. M. Penker, H. Aschwer, Triathlon für Frauen, 2007, Seite 104

8.  http://vmrz0100.vm.ruhr-uni-bochum.de/spomedial/content/e866/e2442/e9012/e9017/e9295/e9336/index_ger.html

9. http://vmrz0100.vm.ruhr-uni-bochum.de/spomedial/content/e866/e2442/e9012/e9017/e9295/e9314/index_ger.html

10. http://vmrz0100.vm.ruhr-uni-bochum.de/spomedial/content/e866/e2442/e9012/e9405/e9414/index_ger.html

11. M. Penker, H. Aschwer, Triathlon für Frauen, 2007, Seite 13

12.  http://vmrz0100.vm.ruhr-uni-bochum.de/spomedial/content/e866/e2442/e9012/e9017/e9295/e9314/index_ger.html

13. http://vmrz0100.vm.ruhr-uni-bochum.de/spomedial/content/e866/e2442/e9012/e9017/e9295/e9314/index_ger.html

14. http://www.triathlon-coach.de/index.php?id=100

15. http://vmrz0100.vm.ruhr-uni-bochum.de/spomedial/content/e866/e2442/e9012/e9017/e9295/e9299/index_ger.html

16. http://www.triathlon-coach.de/index.php?id=100

17. M. Penker, H. Aschwer, Triathlon für Frauen, 2007, Seite 13

18. http://vmrz0100.vm.ruhr-uni-bochum.de/spomedial/content/e866/e2442/e9012/e9017/e9177/e9246/index_ger.html

19. M. Penker, H. Aschwer, Triathlon für Frauen, 2007, Seite 104

20. http://www.tk.de/tk/vorbeugen/gesund-bleiben-mit-dr-susanne-holst/wechseljahre/344812

21. http://www.apomarketing.de/themen/wechseljahre.htm xxii M. Penker, H. Aschwer, Triathlon für Frauen, 2007, Seite 131ff

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