Die Frage, wie viele Sätze Sie in Ihrem Training absolvieren sollten, um Ihre Ziele auch umsetzen zu können, wird oft sehr emotional diskutiert. Wir möchten Ihnen in diesem Beitrag eine Übersicht zu den verschiedenen Trainingskonzepten geben und Ihnen helfen, die Frage zu beantworten, wie Sie Ihre Kraft effektiv trainieren.
Mit Krafttraining werden die unterschiedlichsten Zielsetzungen verbunden. Während einige Sportler unter Ihnen ihre Leistung in ihrer jeweiligen Sportart unterstützen möchten, haben andere das Ziel Ihren Körper zu formen. Gewichtsreduktion, Muskelmasse aufbauen oder einfach sich wohlfühlen sind Zielstellungen, die eng mit dem Krafttraining verbunden sind. Das optimale Trainingsvolumen zum Erreichen der verschiedenen Ziele ist seit Jahren Gegenstand kontroverser Diskussionen in der Theorie und Praxis des Krafttrainings.
Was bedeutet „Einsatztraining“?
Je nach Zielstellung existieren Trainingsmethoden, die sich in der Gestaltung von Trainingsintensität, -volumen und -häufigkeit unterscheiden. Die Last und die Widerholungszahlen bestimmen dabei die angestrebten Anpassungen. Das richtige Abstimmen dieser Parameter ist der entscheidende Faktor für die Effektivität Ihres Trainings und das Erreichen Ihrer persönlichen Ziele.
Unabhängig von den Trainingszielen wird oft die Frage diskutiert, ob im Rahmen eines Krafttrainings mehrere Sätze durchgeführt werden sollen oder ob es ausreicht, lediglich einen Satz zu bewältigen. Es gibt Fitnessstudios, in denen das Einsatztraining fest verankert ist und in denen den Mitgliedern allein die Durchführung eines Satzes pro Gerät empfohlen wird oder z. T. sogar nur eine solche Trainingsform erlaubt ist.
Die Abgrenzung muss stimmen!
Der Begriff „Einsatztraining“ wird in diesem Zusammenhang in der Literatur mehrdeutig verwendet. Zum Einen existiert die Variante, ein Training mit einem Trainingssatz pro Übung als Einsatztraining zu bezeichnen, während bei einer anderen Definition erst bei einem Trainingssatz pro Muskelgruppe von einer solchen Trainingsform gesprochen wird. Bei der genauen Betrachtung dieser Definitionen beschreibt die Anzahl der Trainingssätze den Belastungsumfang einer Trainingseinheit. Der Umfang einer Belastung muss sich aber an der trainierten Muskulatur orientieren und kann nicht nach den einzelnen Übungen ausgerichtet werden. Diesem Gedankengang folgend ist ein Einsatztraining also als besondere Trainingsform zu verstehen, bei der für eine Muskelgruppe eine Übung mit nur einem Satz durchgeführt wird. Es ist also nicht in jedem Fall von einem echten Einsatztraining die Rede, wenn diese Bezeichnung im Raum steht.
Die Regeln für das Einsatztraining
Bei der Abgrenzung des Einsatztrainings wird es auch problematisch, wenn komplexe Übungen z. B. mit freien Gewichten gemacht werden, da diese üblicherweise mehrgelenkig sind. Aber auch an Maschinen kommt es vor, dass bei mehrgelenkigen Übungen immer mehrere Muskelgruppen angesprochen werden. Wenn Sie z. B. eine Übung für den breiten Rückenmuskel (Musculus latissimus dorsi) machen, handelt es sich üblicherweise um Zugübungen, wie das Rudern an einem Seilzug oder den klassischen Lat-Zug. Bei diesen Übungen wird immer auch der Armbeuger stark beansprucht, da er an den Bewegungen aktiv beteiligt ist. Wenn Sie nun eine weitere Übung für den Armbeuger einbauen, haben diese Muskeln streng genommen schon kein Training mehr mit nur einem Satz absolviert. Sie wurden vielmehr bei 2 verschiedenen Übungen stark beansprucht. Aufgrund der 2 Reize ist die eigentliche Definition zum „Einsatztraining“ für eine solche Übungsreihenfolge nicht mehr gültig.(1) Bei einer klaren Abgrenzung sind die Bedingungen für eine Trainingsform nach den Regeln des „Einsatztrainings“ also klar festzulegen! Es muss demnach klargestellt sein, dass
– ausschließlich eingelenkige Übungen angewendet werden,
– nur eine einzige Übung pro Muskel und Trainingseinheit geplant wird und
– in den Übungen die Muskulatur unabhängig von anderen Muskeln trainiert wird.
Welche Trainingsform ist tatsächlich effektiver?
Befürworter des Trainings mit nur einem Satz gehen davon aus, dass das einmalige Erreichen einer bestimmten Reizschwelle als Auslöser für die Entwicklung der Muskelkraft genügt.(2) Es wird angemerkt, dass die folgenden Sätze zwar den Reiz mit einer hohen Spannungsschwelle wiederholten, ohne aber einen weiteren Anpassungseffekt zur Folge zu haben. Zudem wird von Verfechtern des Einsatztrainings damit argumentiert, dass das Durchführen von nur einem Trainingssatz den Sportlern höhere Intensitäten ermögliche, da bereits das Wissen von der folgenden Anstrengung eine Zurückhaltung im ersten Trainingssatz zur Folge habe.
All diese Theorien stehen allerdings nur auf sehr wackeligem Fundament. Studien, auf die sich diese Annahmen stützen, zeigen meist die Gleichwertigkeit von Einund Mehrsatz-Trainingsprogrammen in Bezug auf den Kraftgewinn.(3,4) Studien, die eine Überlegenheit des Einsatztrainings in Bezug auf die Zunahme der Kraft oder den Muskelzuwachs zeigen, gibt es nicht. Dass keine Unterschiede zwischen den beiden Trainingsformen in den Studien auftreten könnte zwar daran liegen, dass der Untersuchungszeitraum von zu kurzer Dauer ist. Aber allein daraus auf die größere Wirkung des Einsatztrainings zu schließen, ist im Grunde genommen falsch.
Die Vorteile des Mehrsatztrainings
Nahezu alle Untersuchungen, in denen die Gleichwertigkeit der beiden Trainingsphilosophien gezeigt werden konnte, weisen methodische Schwächen auf. Ein Kritikpunkt ist dabei vor allem die Studiendauer, die meist nur über wenige Wochen geht. Wenn dann noch untrainierte Probanden getestet werden, überrascht es kaum, dass innerhalb der kurzen Zeit keine großen Unterschiede zwischen den Trainingsmethoden auftreten. Das liegt daran, dass bei Anfängern die Kraftzuwächse in den ersten Wochen eines Trainings hauptsächlich mit einer verbesserten Koordination zu erklären sind. Diese Anpassungen sind aber unabhängig von der Satzzahl. Nach längeren Trainingszeiträumen spielen zunehmend die strukturellen Veränderungen der Muskulatur eine entscheidende Rolle. Deshalb sehen länger angelegte Studien ausnahmslos ein Mehrsatztraining im Vorteil. Immer wieder werden diese Voraussetzungen in vergleichenden Studien ignoriert. Das hat zur Folge, dass oftmals Aussagen über die Effektivität eines Einsatztrainings getroffen werden sollen, ohne dass wirklich ein solches durchgeführt wird. Die richtige Beurteilung der gemessenen Effekte wird so unmöglich.
Weniger Trainingszeit ohne langfristige Effekte
Die eben genannten methodischen Schwächen werden z. T. auch von renommierten Wissenschaftlern in Kauf genommen. Das liegt daran, dass Studienergebnisse häufig eng mit finanziellen Interessen verknüpft sind. Im Fitnessbereich wird von manchen Studiobetreibern oder großen Ketten versucht, den Kunden große Erfolge mit einem geringen Aufwand zu verkaufen. Ein beliebtes Verkaufsargument von Fitnessstudios, die Einsatztraining anbieten, ist, dass man in einer viel kürzeren Trainingszeit denselben Nutzen wie bei einem Mehrsatztraining erreichen könne. Wenn Sie ein Einsatztraining durchführen, sind Sie bereits nach einem Bruchteil der Zeit mit Ihrem Training fertig. So gelingt es Studiobetreibern, mehr Kunden in kurzer Zeit durch die Studios zu schleusen. Neueinsteigern wird der geringe Aufwand als Vorteil verkauft, da nur ein geringer zeitlicher Aufwand nötig sei, um Verbesserungen zu erzielen. Dabei helfen natürlich die oben diskutierten Studien. Bezüglich der langfristigen Wirkungen und der möglichen Erfolge werden dem Kunden so jedoch falsche Versprechungen gemacht. Vor allem trainierte Sportler benötigen ein steigendes Trainingsvolumen, um Anpassungen erreichen zu können. Langfristig ist effektiver Muskelaufbau und Kraftgewinn nur mit größerem Trainingsaufwand umzusetzen. Das gilt auch für das bei Frauen beliebte Ziel der Körperstraffung durch Muskelaufbautraining.
Stimmen Sie Ihre Trainingsmethoden und -ziele aufeinander ab

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Bei einem großen Trainingsvolumen über mehrere Sätze spielt der Faktor Ermüdung neben der Spannung in der Muskulatur eine wichtige Rolle. Durch die unvollständige Erholung zwischen den Sätzen werden im 2. Trainingssatz vorher inaktive Motoneuronen aktiviert.(3) So erhält ein größeres Spektrum der Muskelfasern einen Trainingsreiz. Auch scheinen die körpereigenen Hormone nach mehreren Trainingssätzen eine größere Reak tion zu zeigen und vermehrt ausgeschüttet zu werden. All diese Effekte sind bei Ihrem Training langfristig von Bedeutung. Für den Aufbau Ihrer Muskulatur ist das Durchführen mehrerer Sätze zu empfehlen. Wenn Sie in Ihren Trainingsplan ein Krafttraining einbauen wollen, sollten Sie zunächst einmal Ihre Zielstellung zu Grunde legen. Krafttraining macht für Ausdauersportler, Fußballer und andere Mannschaftssportarten unterstützend ganzjährig Sinn. Auch in der Prävention oder in der Rehabilitation ist Krafttraining ein wichtiger Aspekt. Trainieren mit nur einem Satz ist dabei allein in diesen zuletzt genannten Gesundheitsbereichen sinnvoll. Hier können ein geringer Kraftzuwachs und das Beibehalten des Niveaus unter Umständen den persönlichen Zielen genügen. Möchten Sie jedoch effektiv Ihre Kraftfähigkeiten verbessern und Ihr Kraftniveau steigern, sollten Sie dem Mehrsatztraining auf jeden Fall den Vorzug geben. Für Leistungs- und auch für Freizeitsportler muss immer ein Mehrsatztraining empfohlen werden, da die in vielen Sportarten wichtige Schnellkraftfähigkeit und die Kraftausdauer in hohem Maße von der Maximalkraft abhängig sind. Allerdings müssen Sie darauf achten, dass neben der Frage nach der Satzzahl noch einmal ganz spezielle Trainingsmethoden zum Ansteuern der Komponenten der Kraft existieren. Ihre Belastungen sollten Sie also analog zu dem üblichen Ablauf im Ausdauertraining periodisieren.(4) Erst dann sind Sie in der Lage optimal von einem Krafttraining zu profitieren.
Trainingstipps
– Trainieren Sie mit mehreren Sätzen pro Übung
– Komplexe Übungen sollten Sie zu Beginn Ihrer Einheit trainieren
– Richten Sie die Satzzahl nach Ihrem Trainingsziel
– Periodisieren Sie Ihr Krafttraining und unterscheiden Sie verschiedene Trainingsphasen
Quellenangaben:
1. Leistungssport, 1999, Bd. 29 (3), S. 9–11
2. Leistungssport, 1998, Bd. 28 (3), S. 50–51
3. Research Quarterly for Exercise and Sport, 2002, Bd. 74 (4), S. 485–488
4. Journal of Strength and Conditioning Research, 1998, Bd. 20 (6), S. 22–31
Fachsprache:
Maximalkraft – größtmögliche Kraft, die das Nerv-Muskel-System eines Menschen willkürlich gegen einen Widerstand ausüben kann
Kraftausdauer – bezeichnet die Fähigkeit des neuromuskulären Systems eine möglichst große Impulssumme in einer gegebenen Zeit – längstens 2 Minuten – gegen einen Widerstand zu produzieren, der mehr als 50 % der Maximalkraft entspricht
Schnellkraft – beschreibt die Fähigkeit, einen möglichst großen Kraftstoß in einer verfügbaren Zeit zu entfalten