Lesen Sie hier retrospektive Analyse von Sportverletzungen bei Langdistanztriathleten, damit Sie Verletzungen vermeiden können.
Über die letzten Jahrzehnte hinweg hat das Gesundheitsbewusstsein in unserer Gesellschaft bedeutend zugenommen. Im Zuge dessen stieg auch die Bereitschaft bei einer Vielzahl von Menschen, ihre Freizeit aktiv zu gestalten, um dadurch ihrem Körper etwas Gutes zu tun. So findet auch die Sportart Triathlon immer mehr Anhänger, wie an den steigenden Starterzahlen bei diversen Triathlon-Events zu erkennen ist.
Welche Verletzungen sind triathlonspezifisch?
Mit dieser aktuellen Studie versuchen wir einen Beitrag zur Klärung der Frage zu leisten, wie hoch die Verletzungswahrscheinlichkeit im Triathlon ist und welche Verletzungen am häufigsten auftreten. Mittels einer retrospektiven Analyse wurden sämtliche Verletzungen der Jahre 2009-2011 von einer Auswahl von Triathleten erfasst. Insgesamt nahmen 383 Triathleten an der Studie teil. Die 127 Langdistanztriathleten unter den Befragten wurden in den speziellen Fokus gerückt.
Verletzungshäufigkeit
Von den Langdistanzlern gaben rund 55 % an, sich mindestens einmal verletzt zu haben. Jedoch kam bei ca. 24 % der Betroffenen eine weitere Verletzung hinzu und ca. 1 % erlitt gar eine dritte.
Hohe Anfälligkeit für untere Extremitäten
Bei einer Analyse der betroffenen Körperteile wurde deutlich, dass sich die meisten Verletzungen (rund 70 %) auf die unteren Extremitäten beschränkten. Spitzenreiter waren hier mit ca. 17 % der Fuß und mit ca. 15 % der Unterschenkel. Auffallend häufig war daneben auch der Rücken (oft ISG-Blockaden) mit einem Anteil von rund 10 % betroffen.
(Lesen Sie auch: Prävention und Rehabilitation von Verletzungen der ischiocruralen Muskulatur)
Betroffene Strukturen
Wendet man den Blick auf den jeweils lädierten Teil des Stütz- bzw. Bewegungsapparats, so stellt man fest, dass Muskeln (ca. 25 %) und Sehnen (ca. 23 %) am anfälligsten sind. Ihnen folgen Bänder- und Knochenverletzungen mit jeweils rund 15 %. Besonders häufig wurden als Verletzung eine ISG-Blockade, die Plantar Fasciitis oder Achillessehnenverletzungen diagnostiziert.
Verletzungsursachen
Was die Verletzungsursachen anbelangt, so wird deutlich, dass vermutlich Überlastungen als Hauptrisiko für Verletzungen gelten können, denn mit einem Anteil von 37,5 % gaben die befragten Athleten selbst an, ihren Körper vor der Verletzung zu stark beansprucht zu haben. Bemerkenswert oft gaben ca. 16 % auch Stürze als Ursache an. Im Schnitt mussten die Athleten rund 82 Tage ihr Training einstellen, um ihre Verletzung auszukurieren (s = 100, 810). Gut jede zweite Verletzung nahm für die Genesung länger als einen Monat in Anspruch.
Verschiedene Einflussfaktoren für eine Verletzung
Auf die Frage nach dem Verletzungszeitpunkt antworteten rund 89 % der Teilnehmer, sich die Verletzung im Training zugezogen zu haben. Allerdings fällt auf, dass die Verletzungswahrscheinlichkeit im Wettkampf bezogen auf 1000 h nahezu doppelt so groß wie im Training ist. Beim Vergleich der Verletzungswahrscheinlichkeit in den einzelnen Teildisziplinen konnte man feststellen, dass sich rund 69 % der Verletzungen und somit der Großteil beim Laufen ereignen. Das Radfahren fiel hierbei mit einem Anteil von ca. 21 % im Gegensatz zum Schwimmen, einer Alternativsportart und dem Athletiktraining ebenfalls noch relativ stark ins Gewicht.
Diese Athletenangaben decken sich auch mit den Erkenntnissen, in wieweit ein Training in den einzelnen Disziplinen nach der Verletzung noch möglich war. Während lediglich ca. 19 % ihr Lauftraining weiter absolvieren konnten, war ein Radtraining oder ein Schwimmtraining in 80 % bzw. fast 76 % der Fälle noch möglich.
Haben anthropometrische Daten Einfluss auf die Verletzungshäufigkeit?
Aus der Studie geht hervor, dass der Anteil der Verletzten bei Frauen um 10 % höher lag als bei Männern (64 % <-> 54 %). Des Weiteren konnte man erkennen, dass sich in den Altersklassen AK 1 und AK 2 fast 70 % verletzten und bei den Senioren Sen 1-2 und Sen 3-4 rund 57 %. Zwischen diesen Klassen, sprich AK 3 und AK 4, lag der Anteil der Verletzten im Vergleich nur bei 49 %. Bei der Betrachtung der Verletzungshäufigkeit in Abhängigkeit vom BMI wurde die Tendenz ersichtlich, dass mit zunehmendem Wert des BMI analog das Verletzungsrisiko anstieg. Während sich bei den Normalgewichtigen „nur“ rund 54 % verletzten, waren es bei den Präadipösen hingegen fast 65 %.
Besonderes Interesse galt in der Studie auch der Abhängigkeit zwischen einer Verletzung und triathlonspezifischen Angaben. So hat man herausgefunden, dass sich Athleten bei einem Gesamttrainingsumfang zwischen 500 und 750 h/Jahr mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 60 % am häufigsten verletzten. Während der Anteil zwischen 750 und 1000 h/Jahr auf rund 53 % abfiel, stieg er hingegen bei steigendem Aufwand von bis zu 1250 h/Jahr auf rund 58 % an.
Interessant waren die Ergebnisse bei der Analyse des Einflusses der Triathlonerfahrung. Die Verletzungen häuften sich zum einen bei den Einsteigern mit einem Verletzungsanteil von 100 % und zum anderen bei den Triathleten mit einer Erfahrung von mehr als 15 Jahren. Hier lag der Anteil der Verletzten bei rund 67 %.
Bezeichnung | Kürzel | Alter |
---|---|---|
Junioren | 18-19 | |
AK 1 | TW / TM 20 | 20-24 |
AK 2 | TW / TM 25 | 25-29 |
AK 3 | TW / TM 30 | 30-34 |
AK 4 | TW / TM 35 | 35-39 |
Sen1 | TW / TM 40 | 40-44 |
Tab. 1: Altersklassen im Triathlon
Überbelastungen als Hauptursache
Wie schon anhand der Ergebnisse zu erkennen ist, haben Überlastungen vermutlich den größten Einfluss auf die Verletzungswahrscheinlichkeit. Ein Großteil solcher Überlastungsverletzungen konnte bei den untersuchten Triathleten auf die Teildisziplin Laufen zurückgeführt werden. Wie lässt sich dieser Zusammenhang erklären? Die Tatsache, dass dem Laufen im Wettkampf bereits zwei Disziplinen vorausgegangen sind bzw. im Training parallel trainiert werden, legt die Vermutung nahe, dass es zu einer kumulativen Stressreaktion des Bewegungsapparats kommt.(1)
Beim Training sind es vor allem Überlastungen, die verantwortlich für Verletzungen sind. Häufig liegt deren Entstehen in einer Kombination aus verschiedenen Faktoren begründet, zu denen man die Art des Lauftrainings, das verwendete Schuhwerk und vor allem die Biomechanik des Laufens zählen kann.(3) Laufen ist eine Sportart, bei der der Körper sehr starken Stoßbelastungen ausgesetzt ist. Ist dieser nicht darauf vorbereitet, so resultiert dies mit hoher Wahrscheinlichkeit in Verletzungen. Speziell der passive Bewegungsapparat benötigt eine gewisse Zeit, um sich auf die Belastungen des Triathlons vorzubereiten. Des Weiteren sollte man bedenken, dass auch eine Steigerung der Trainingshäufigkeit bzw. des Umfangs eben genannte Anpassungen unabdingbar macht.
Was kann man tun?
– feinfühlig mit dem eigenen Körper umgehen
– abgenutzte Laufschuhe ersetzen
– Trainingsumfänge dosiert steigern
– Lauftechnik optimieren
– additives Krafttraining zur Prävention
Fazit
Verglichen mit anderen Sportarten liegt hier eine bedeutend geringere Verletzungshäufigkeit vor. Hinzu kommt, dass ein Großteil der Verletzungen im Wesentlichen Überlastungsbedingte Verletzungen zu sein scheinen, so dass die wichtigste Maßnahme zur Prävention die individuelle Trainingssteuerung sein kann. Werden Umfänge kontrolliert und moderat gesteigert und Intensitäten vorsichtig integriert sind ein Großteil der Probleme von vorneherein vermeidbar.
Christian Roth
Literaturangaben:
1. Cipriani, D.J., Swartz, J.D. & Hodgson, C.M. (1998), Triathlon and the Multisport Athlete. Journal of Orthopaedic & Sports Physical Therapy, Bd. 27, S. 48.
2. Cipriani, D.J., Swartz, J.D. & Hodgson, C.M. (1998), Triathlon and the Multisport Athlete. Journal of Orthopaedic & Sports Physical Therapy, Bd. 27, S. 49.
3. McHardy, A., Pollard, H. & Fernandez, M. (2006), Triathlon injuries: A review of the literature and discussion of potential injury mechanisms. Clinical Chiropractic, Bd. 9, S. 135–136.
4. Migliorini, S. (2011), Risk factors and injury mechanism in Triathlon. Journal of Human Sport & Exercise, Bd. 6, S. 3.
Fachsprache
Plantar Fasciitis – Entzündung der Plantarsehne, welche zur Unterstützung des Fußlängsgewölbes dient