Spezifisches Krafttraining bei Tänzern – (Teil II) Maximalkrafttraining

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Im ersten Teil dieser Artikelreihe wurden die theoretischen Grundlagen zum Maximalkrafttraining für ein besseres Verständnis und für eine logische Trainingsplangestaltung für Tänzer dargestellt. Es folgt hier die Maximalkraftmethode und deren Anwendung im Tanztaining.

 

Spezifische Bewegung: Battement

Sportliche Absicht: Schnelle und dynamische Kraft in Hüftbeuger, Adduktoren und Oberschenkel; Beweglichkeit der hinteren Beinkette (siehe Beweglichkeitstraining bei Tänzern)

  

Maximalkraftmethode – Trainingsmethoden zur Entwicklung der willkürlichen Aktivierungsfähigkeit

Vor jeder neuen Trainingsplanerstellung sollte das exakte Ziel des gewünschten Resultats des Trainings festgelegt werden. Das Ziel bei diesem Trainingsplan ist es, die willkürliche Aktivierungsfähigkeit und die Explosivkraft zu verbessern, damit die Leistungssteigerung primär aufgrund der neuronalen Adaptationen erfolgt und somit keine bis nur geringe Gewichtszunahme mit sich bringt. Dazu wird ein Maximalkrafttraining mit einer spezifischen Reizkonfiguration durchgeführt.(Welche Krafttrainings-Methode bewirkt den maximalen Leistungszuwachs?

 

Reizintensität (Last in % des 1er Maximums) 90-100%
Wiederholung pro Serie 1 bis 3
Serien pro Trainingseinheit (pro Muskelgruppe) 3 bis 6
Serienpause (in min) ≥ 6
Kontraktionsgeschwindigkeit explosiv

Tab. 1 : Reizkonfiguration der Trainingsmethoden zur Steigerung der willkürlichen neuromuskulären Aktivierungsfähigkeit nach Güllich/Schmidtbleicher (1)

 

Bei der Betrachtung der Reizintensität, die 90-100 % des 1 Repetition Maximums (RM) beträgt, wird die maximal realisierbare Rekrutierung der Muskulatur angesprochen. Bei solchen Intensitäten und in einem Zeitraum von vier bis sechs Wochen werden in erster Linie neuronale Adaptationen auf der intramuskulär-koordinativen Ebene erzielt. Ein Hypertrophie-Effekt hingegen fällt mit dieser Methode eher gering aus.(2) Das bedeutet, dass der α-Motoneuronen-Pool gefördert wird, schnelle Aktivierung zu realisieren und die entsprechenden Reizreaktionen entlang der Nervenfaser an die motorische Endplatte zu leiten.(1)

„Es erfolgt also eine effektivere Ausnutzung des vorhandenen Muskelpotenzials ohne gleichzeitige Muskelmassenzunahme und damit ohne Zunahme des Körpergewichts“.(2, S. 367)

In diesem Falle wird auch von Verdichtung des kontraktilen Materials gesprochen.(3) Es sind die explosive Kontraktionsgeschwindigkeit der Muskulatur und die damit verbundenen steilen Kraftanstiege, die ebenfalls maßgeblich für eine Steigerung der Explosivkraft sprechen. Anhand von Untersuchungsergebnissen konnte nachgewiesen werden, dass die Erwerbsfähigkeit, explosive Bewegungen auszuführen, mittels der Maximalkraftmethode am wirksamsten ist. Entsprechend der Studie von Schlumberger et al.(4) wird aber ersichtlich, dass eine Mischung der Maximal- und Schnellkraftmethoden zu höheren Bewegungsgeschwindigkeiten verhilft, als die bis dahin als effektivste angesehene Maximalkraftmethode. Der Parameter Bewegungsgeschwindigkeit stellt eine Größe für die Kraftentfaltung dar und besitzt eine hohe Korrelation mit den Schnellkraftleistungen. Die explosiv ausgeführten Bewegungen stellen überwiegend einen Reiz für die schnellen (Typ-II) Muskelfasern dar. Im Laufe des Krafttrainings erfährt der Körper ökonomisierende Prozesse im Bereich der Muskelsteuerung, weil der Sportler nach einer gewissen Adaptationszeit nur die für die Bewegung notwendige Muskulatur rekrutiert.

Da bei der Maximalkraftmethode die Feuerungsrate aufgrund des automatisierten Selbstschutzes nach kurzer Zeit bereits abnimmt, werden die Wiederholungen pro Serie in so einer geringen Anzahl gewählt.

Die relativ langen Pausen zwischen den Serien dienen nicht oder nur in geringem Maße zur Erholung der Muskulatur, sondern vielmehr zur Regeneration des Reizübertragungsvermögens. Bei einer nicht ausreichenden Erholung der nervalen Leitungsbahnen ist die ermüdungsbedingte Leistungsreduktion und die damit verbundene Verletzungsgefahr relativ hoch.(1,2)

Die Trainingshäufigkeit des Maximalkrafttrainings pro Woche richtet sich nach dem zusätzlich durchgeführten Trainingsvolumen, nach dem bereits erreichten Leistungsniveau des Sportlers und nach der Trainingsphase. Grundsätzlich gilt, dass ein Hochleistungssportler zwei bis vier Trainingseinheiten mit hohen Lasten pro Woche absolvieren sollte.(3,4)

Allgemein kann man zum Training mit Maximalgewichten sagen, dass es Sinn macht, die Bewegungsausführung den Trainings- und den Wettkampfbedingungen anzupassen, um den spezifischen koordinativen Ansprüchen der jeweiligen Bewegung gerecht zu werden.(2)

 

Trainingsbeispiel

Battement nach vorn am Seilzug

Als erstes sollte 1 Repetition Maximum (RM) des Tänzers bestimmt werden. Dies macht man am besten durchs

Abb. 1: Krafttraining der Maximalkraft einer Tänzerin

Abb. 1: Krafttraining der Maximalkraft einer Tänzerin

Ausprobieren. Dabei fangen Sie mit einem Gewicht an, das Sie nur einmal anheben und tasten sich durch weitere Gewichte durch. Die 1 RM sollte sich sehr schwer anfühlen. Sobald Sie das 1 RM bestimmt haben, kann das Training los gehen.

Hier ist es wichtig, dass die Kraftrichtung des Seilzugs von unten kommt. Machen Sie die Manschette am Sprunggelenk fest, stabilisieren Sie den Rumpf und halten Sie das Bein komplett gestreckt, bringen Sie das Bein mit viel Schwung nach oben und lassen Sie es langsam und kontrolliert wieder nach unten. Beachten Sie dabei die Reizkonfiguration aus Tab. 1.

 

Battement zur Seite und nach hinten am Seilzug

Genauso wie beim Battement nach vorn sollten Sie 1 RM bestimmen. Dieser kann im Vergleich zu Battement nach vorn abweichen, da andere Muskelgruppen an der Bewegung beteiligt sind. Die Bewegungsausführung sollte genauso wie oben beschrieben sein.

 

Marina Lewun

 

Literatur

1. Güllich, A.; Schmidtbleicher, D. (1999). Struktur der Kraftfähigkeiten und ihrer Trainingsmethoden. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin 50 (7/8), S. 223-234

2. Schmidtbleicher, D. (1987). Motorische Beanspruchungsform Kraft. Struktur und Einflussgrößen, Adaptationen, Trainingsmethoden, Diagnose und Trainingsansteuerung. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin 38 (9), S. 356-377

3. Schlumberger, A.; Schmidtbleicher, D. (1998). Zeitlich verzögerte Effekte beim Krafttraining. Leistungssport 28 (3), S. 33-38

4. Schlumberger, A.; Wirth, K.; Liu, Y.; Steinacker, J.; Schmidtbleicher, D. (2003). Effekte eines Trainings mit einer Schnellkraftmethodenkombination. Leistungssport 33 (4), S. 14-18

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Über den Autor

Marina Lewun

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