Kein Stress für Tänzerknochen

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Ein junger Tänzer ist ein angehender Hochleistungssportler, der sich täglich hohen körperlichen Belastungen, hohem Trainingsvolumen und dem damit verbundenem psychischen Stress aussetzt. Die Gefahr von stressbedingten Knochenbrüchen ist also hoch.

Ein Tänzer zu sein, heißt die Tanztechnik des Klassischen Balletts, des Modern Dances und weitere Tanzvarianten wie traditionelle Tänze aus Spanien zu beherrschen. Besonders junge weibliche Tänzerinnen erfahren eine häufige Unterbrechung ihrer Menstruation aufgrund einer ständigen, intensiven körperlichen Aktivität. Zu Beginn dieser physiologischen Besonderheit erscheint die ausbleibende Menstruation vielleicht sogar als positiv. Denn man bekommt kaum Blasen an den Füßen, keine Krämpfe und die Erschöpfung bleibt aus – all das, was die Proben und Leistung beeinträchtigen könnte.

Aber bereits nach wenigen Wochen führt dies zu einer größeren Wahrscheinlichkeit von Sportverletzungen wie stressbedingten Knochenbrüchen sowie auch zu weiteren körperlichen und psychischen Entwicklungsbeeinträchtigungen.

 

Östrogen und Knochenwachstum

Bei einer Frau ist das Östrogen an dieser Stelle das Schlüsselwort. Denn dieses Sexualhormon bildet die notwendige Komponente für das Knochenwachstum. Wenn eine Tänzerin keine Regelblutung bekommt, hat sie auch zu wenig Östrogen und zugleich eine niedrige bzw. langsame Knochenentwicklung. Die Knochen sind aber die wichtigsten Hauptspeicher für Calcium, welches im Körper für die wesentliche Aufgabe wie Muskelkontraktionen und Reizweiterleitung benötigt wird. Wenn der Körper nicht genug Calcium von außen erhält, um seine geforderten Aufgaben zu erfüllen, nimmt er das Calcium aus den Knochen.

Die daraus entstehende Abnahme in der Knochendichte führt zu einer größeren Wahrscheinlichkeit von stressbedingten Knochenbrüchen und im Alter sogar zur Osteoporose. Zahlreiche Untersuchungen zeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen fehlender Regelblutung, niedrigem Östrogenspiegel und stressbedingten Knochenbrüchen.

Bei den Tänzern entsteht der Bruch oft an der Ossa metatarsale. Denn bei Sprungvorbereitung und beim Relevés wird der erste und zweite Zeh sehr stark unter Druck gesetzt. Während das tägliche Training helfen kann, mit weniger Druck auf dem Fuß zu landen, indem man verstärkt im Demi-Plié landet und komplett über die Zehen abrollt, kommen der alltägliche Unterricht, Proben, häufige Aufführungen und die geschwächte Knochenstruktur durch den Calcium-Mangel hinzu, was das Risiko der stressbedingten Verletzungen steigert. Neben den Füßen sind ebenfalls Schienbeine für stressbedingte Knochenbrüche anfällig, was sich als erstes durch Schmerzen auf der betroffenen Seite beim Stehen oder Springen äußert.

 

Die Diagnose von stressbedingten Knochenbrüchen

Von Natur aus sind stressbedingte Knochenbrüche schwierig zu diagnostizieren. Sie neigen zum Vorkommen, wenn der normale Alltag eines Tänzers durch hohes Probenvolumen oder eine veränderte Situation wie durch eine neue Schule oder wechselnde Tanzprojekte beeinträchtigt wird. Dr. Peter Lavine, ein Orthopäde aus Washington D.C., der lange Zeit mit dem Kirov Ballet gearbeitet hat, konnte beobachten, dass selbst wenn ein stressbedingter Knochenbruch passiert, die Röntgenaufnahme trotzdem negativ bleiben kann. Daher sollte ein Arzt mehrere detaillierte Untersuchungen wie ein Ultraschallbild oder MRT anfordern. Lavine rät allerdings dazu, die Knochen durch eine angemessene Calcium-Zufuhr zu stärken und gleichzeitig Amenorrhoe zu vermeiden.

 

Heilung und Prävention von stressbedingten Knochenbrüchen

Die Heilung von stressbedingten Knochenbrüchen führt oft zu Schwierigkeiten. Es kann passieren, dass eine Tänzerin einen Immobilisierungsschuh tragen soll und dadurch eine ganze Saison verpasst. Wenn man allerdings die Prävention als die Priorität durchsetzt, kann man eine Heilung von mehreren Wochen oder sogar Monaten verhindern.

Wer die Menstruation unregelmäßig oder gar nicht hat, sollte es nicht ignorieren. Geringer Körperfettanteil, unausgewogene Ernährung und emotionaler Stress können zu Amenorrhoe beitragen. Weibliche Teenager erleben die schwierigsten Konsequenzen, insbesondere wenn keine Menstruation bis zum 16. Lebensjahr eingesetzt hat. Die komplette Knochenmasse entwickelt sich in der Regel bis zum 20. Lebensjahr und das Sexualhormon Östrogen spielt dabei eine enorme Rolle.

Eine Möglichkeit, um einen regelmäßigen Zyklus wiederherzustellen, ist die Verwendung von der Antibabypille, welche als Östrogen-Supplement eingesetzt werden kann. Manche neue Versionen der Pille produzieren in geeigneter Weise nur alle 3 Monate einen Zyklus. Dem Allgemeinmediziner Dr. Bill Ross vom Sportmedizinischen Zentrum in San Francisco zufolge stellt diese Therapiemethode kein Risiko für die Knochen dar.

Nichtsdestotrotz bleibt die natürliche Nahrungsaufnahme die erste Quelle für Calcium und andere lebenswichtige Nährstoffe. Aus diesem Grund sollten die täglichen Mahlzeiten, genauso wie das Training selbst, zu einem festen und bedeutenden Ritual werden.

Tänzer brauchen etwa 1200 mg Calcium pro Tag. Auch wenn sie zwei Portionen Joghurt pro Tag essen, reicht es nicht aus – es sind nur ca. 700 mg Calcium. Unter den Lebensmitteln mit einem hohen Calcium-Anteil findet man Mandeln, Sesam, Tofu, Austern, grünes Gemüse wie Spinat und Lauch, Hülsenfrüchte und Eigelb. Die Nährstoffaufnahme allgemein sollte über den ganzen Tag verteilt werden, denn der Körper kann lediglich eine Menge von 500 mg Calcium auf einmal absorbieren. Des Weiteren ist die Absorption über die Nacht größer als morgens. Obwohl Calcium das bekannteste Mineral für starke Knochen ist, braucht man des Weiteren Vitamin D, Magnesium und Bor.

 

Fazit

Eine Tänzerin kann ihr Leistungspotenzial nicht maximieren, wenn der Körper vernachlässigt wird. Man sollte auf einen gesunden Menstruationszyklus, die Ernährung und das Stressniveau achten. Nur wenn man sich selbst stark und im Lot hält, kann man viele Jahre lang gesund und gut tanzen. (Lesen Sie auch: Sportverletzung: Achillessehnenruptur)

  

Marina Lewun

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