Der Darm ist so etwas wie das zweite Gehirn für unseren Körper. Seine Bedeutung als Steuerungszentrale wird leider viel zu oft unterschätzt. Ein gesunder Darm spielt nämlich eine ganz entscheidende Rolle für Gewicht, allgemeines Wohlbefinden und bei der Bekämpfung vieler Störungen, wie z.B hormonellen Fehlfunktionen oder Depressionen.
So steigern Sie das Wohlgefühl im Darm
Morgens mit einem Glas Wasser starten
Schon mit dem richtigen Tagesbeginn können wir das Wohlgefühl im Darm ganz einfach steigern. Ob Sie mit dem linken oder dem rechten Fuß aus dem Bett steigen, ist ihm völlig egal. Aber er freut sich, wenn Sie gleich nach dem Aufstehen das Glas auf ihn erheben – selbstverständlich mit Wasser, nicht mit Champagner … Die Flüssigkeit auf nüchternen Magen pusht die Verdauung auf natürliche Art. Kleine Faustregel: Kaltes Wasser regt stärker an; wer über einen eher sensiblen Magen-Darm-Bereich verfügt, kann auch lauwarmes trinken, das wirkt sanfter.
Für viele Menschen gilt das dann eigentlich schon als Frühstück, doch da hat Ihr Darm etwas dagegen:
Planen Sie auch im mehr oder weniger hektischen Alltag unbedingt eine morgendliche Mahlzeit – in Ruhe! – ein. Eilig im Stehen ein nur halb zerkautes Brot hinunterzuwürgen ist aus Sicht Ihres Verdauungstrakts absolut tabu.
Viel besser: ein eiweißreiches Frühstück, das Energie für den Tag gibt. Eine berechtigte Renaissance erleben zurzeit Breie, wie das beliebte englische Porridge. Es wird aus Haferflocken mit Milch oder Wasser gekocht, z.B. mit geschnittenem Obst variiert und warm verzehrt. Der hohe Eiweiß- und Ballaststoffgehalt sowie viele Vitamine und Mineralstoffe erfreuen unseren Bauch. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Haferbrei einen positiven Einfluss auf unsere Mikrobiota (Darmflora) hat. Ein frisch zubereitetes Müsli aus Getreideflocken und Nüssen ist ebenfalls ein Lieblingsessen des Darms.
Fertigmischungen hingegen sind häufig eine Zuckerfalle und ernährungsphysiologisch oft nur bedingt empfehlenswert. Schauen Sie unbedingt auf die Zutatenliste. Übrigens: Haferbrei und Müsli haben sehr viele Kalorien. Dafür liefern sie aber auch jede Menge Energie und sättigen lange Zeit. Außerdem halten sie Blutzucker- und Cholesterinspiegel in Schach.
Die richtige Sitzposition auf dem WC: Toilettengang in der Hocke
Über den Vorgang der Darmentleerung wissen wir schon eine Menge. Nicht zu stark drücken, nicht stundenlang auf dem Thron sitzen, die Schließmuskeln nicht ständig überfordern. Der Darm ist ein Gewohnheitstier, das gilt auch für den Stuhlgang.
Für viele Menschen bzw. Därme ist am frühen Morgen ein guter Zeitpunkt zum großen Entrümpeln. Setzen Sie deshalb einen WC-Besuch auf die morgendliche Agenda und räumen Sie dem Bauch etwa fünf Minuten für die Toilette ein, möglichst jeden Tag zur gleichen Uhrzeit.
Apropos WC: Unser Wasserklosett ist in seiner Form eigentlich vollkommen darmunfreundlich. Erstens lädt die gemütliche Position zu unnötig langem Kloaufenthalt ein, zweitens behindert sie den Darmkanal bei der Arbeit. Warum? Weil im Sitzen ein muskelbedingter Knick im Darm entsteht, der den Transportweg verlangsamt. Eine Art zusätzliche Verschlussfunktion, die auch Sinn macht: Im Normalfall möchten wir uns sitzend keinesfalls entleeren. Viel entspannter öffnet sich der Darm in hockender Position; das begradigt die interne Straße, lässt die tempomindernde Kurve verschwinden und das Fahrgeschäft rascher durchs Tor zur Welt verschwinden. Inklusive aller Anhänger, die sonst hinter dem Knick Rast machen und den Anschluss verpassen können.
In vielen anderen Ländern sind den Därmen derartige Verzögerungen schon durch die Anatomie der stillen Örtchen fremd: Löcher im Boden, Hock- und Stehtoiletten sorgen für eine schnellere und gründlichere Entleerung. Und für weniger innere Auffälligkeiten: Hämorrhoiden und Divertikel treten am häufigsten dort auf, wo bequem im Sitzen … Sie wissen schon. Die Schüssel müssen Sie deshalb aber nicht abschrauben: Stellen Sie einen kleinen Hocker zum Abstützen der Füße vors Klo, beugen Sie sich im Sitzen leicht nach vorn – schon hat alles freie Fahrt.
Sport bringt auch den Darm in Bewegung
Workout hier, Training da – überall heißt es: Treib mehr Sport! Denn Bewegung ist schließlich gut für den Körper. Das ist fraglos richtig, doch gilt hier wie in vielen Bereichen des Lebens, das richtige Maß zu halten. Extremer Ausdauersport wie Marathonläufe & Co. verändern laut Studien die Darmwand: Sie wird durchlässiger, sodass von Darmbakterien gebildete Endotoxine in die Blutbahn gelangen können. Diese wiederum rufen entzündliche Prozesse im gesamten Körper hervor. Während gut trainierte Menschen das meist problemlos überstehen, kann es bei weniger Geübten zu massiven Auswirkungen bis hin zur lebensbedrohlichen Immunreaktion kommen. Wer intensiver sporteln möchte, sollte also langsam und kontinuierlich starten.
Eine Ausrede für physische Faulheit ist das aber nicht: Notorische Couch-Potatoes nehmen nämlich in Kauf, dass ihre Muskulatur erschlafft. Und das gilt nicht nur für Arme und Beine, sondern natürlich ebenso für den Bauch. Bewegung ist für einen möglichst wenig von Schmerzen geplagten Körper, dessen Funktionen ungestört ablaufen sollen, daher unerlässlich.
Gerade wer im Job viel sitzt, muss in der Freizeit etwas tun, auch um den Darm auf Trab zu halten. Bewegungslosigkeit quittiert unser Organismus nämlich mit diversen Wehwehchen, unter anderem mit Verstopfung.
Die gute Nachricht für Ihren Darm
Für eine geregelte Verdauung braucht es kein Fitnessstudioabonnement. Regelmäßige Radtouren und Nordic Walking halten den Stoffwechsel in Schwung, Gymnastik unterstützt die Bauchmuskeln. Radfahren – diesmal als Trockenübung auf dem Rücken liegend mit imaginären Pedalen –, Beckenbodentraining und Entspannungstechniken wie Yoga oder Tai Chi regen die Atmung und damit die Bauchmuskeltätigkeit an, sie regulieren den Druck auf unsere Mitte und wirken durch An- und Entspannung entkrampfend.
Achtsames Essen ohne Verdauungsschnaps
Warum essen wir? Wenn wir ehrlich sind, tun wir’s oft aus anderen Gründen als aus Hunger. Oder so formuliert: Es gibt außer dem Hunger des Magens auch mehrere Arten von Appetit. »Augenappetit« zum Beispiel, wenn eine Speise so künstlerisch auf dem Teller drapiert ist, dass Sie Lust bekommen, sie zu essen. Diesen Hunger können Sie alternativ stillen, indem Sie beispielsweise einen Strauß Blumen anschauen.
Riechen Sie an den Blüten – damit befriedigen Sie auf einen Streich auch den Nasenhunger. Der entsteht, wenn Sie frisch gebackenen Kuchen erschnüffeln oder aus dem Nachbarhaus Kochgerüche herüberwehen. Sehr häufig gibt es »Geist-» und »Herzappetit«: Bei Ersterem essen Sie zum Beispiel aus Langeweile. Füttern Sie sich dann – aber statt mit Essen mit neuen Infos. Bei »Herzappetit« suchen Sie Trost oder Belohnung – die Nähe eines anderen Menschen macht Sie dann so satt, wie es kein Mahl vermag.
Unser Verdauungstrakt hat auch ohne überflüssiges Futtern im Laufe des Lebens mit rund 30 Tonnen Nahrung genug zu tun. Wenn wir essen, sollten wir es deshalb bewusst tun und dem Bauch die richtigen Zutaten servieren. Ballaststoffreiches Gemüse – wer zu Blähungen neigt, fügt Kümmel, Anis oder Koriander hinzu – nährt die Darmflora und kurbelt den Speisebreitransport an. Das tun auch die Milchsäurebakterien in Joghurt, Sauerkraut & Co. Fettes Essen hingegen macht den Darm träge und uns gleich mit. Mit rotem Fleisch und Wurst sollten Sie sparsam umgehen: Beides erhöht unter anderem das Krebsrisiko.
Darum ist Furzen und Pupsen so gesund
Hihi, ein Furz. Kaum etwas löst so viel Verlegenheit und infantiles Kichern aus wie heiße Luft aus dem Darm. Und das, obwohl jeder von uns literweise Darmgase produziert – und das täglich. 12,7 Pupse sind es laut Wissenschaftlern, die sie in »epd« (emissions per day) messen. 40 Milliliter Gas treten pro Pups aus, der sich dann mit einer Geschwindigkeit von rund einem Meter pro Sekunde in die Atemluft unserer Mitmenschen davonmacht. Während die meisten Leute draußen relativ beherzt loslassen und in die Freiheit schicken, was rauswill, ist man in geschlossenen Räumen meist deutlich zurückhaltender. Restaurant, Kino oder auch Flugzeug gehören zu den äußerst unbeliebten Pupsplätzen.
Dabei steigt gerade im Flieger der innere Druck: Durch die zunehmende Höhe dehnen sich die Gase in uns aus. Experten nennen dieses Phänomen »Boeing belly«, das in der Maschine für mächtig dicke Luft sorgt. Denn schließlich sind alle Mitreisenden davon betroffen, nicht nur die Passagiere, auch die Crew. Um den Sitznachbar nicht zu verstören, verkneifen wir uns verräterische Geräusche und Gerüche lieber. Doch das kann nicht nur äußerst schmerzhafte Folgen haben:
Wer die Luft im Bauch angestrengt zurückhält, sorgt für einen geblähten Darm, der die Gase an den Krümmungen einklemmt. Das verursacht Bauchschmerzen, Verdauungsprobleme und Krämpfe. Alarm im Darm! Damit das nicht passiert, raten Fachleute einstimmig, der Natur freien Lauf und das Gas fahren zu lassen. »Let it go« heißt das simple und einleuchtende Fazit einer neuseeländischen Studie, die sich auf Blähungen an Bord bezieht. Freiflug für Flatulenzen, das sollten Sie sich auch im Alltag zu Herzen nehmen. Vielleicht werden die Überlegungen, geruchsbindende Aktivkohle in Flugzeugsitzen zu verarbeiten, dann auch auf Kinosessel et cetera ausgeweitet …
Für einen gesunden Darm: Abends nur leichte Kost
Ab 18 Uhr nichts mehr essen, keine Kohlenhydrate am Abend, am besten nur einen Salat zum Nachtmahl einnehmen – Dinnerregeln, die die Hüften schlank und den Darm in Takt halten sollen, gibt es viele. Pauschal für jeden passend sind jedoch nur die wenigsten. Sicher ist, dass Salat und Obst zu später Stunde keine gute Wahl sind: Da wir meist relativ kurz nach dem Abendessen ins Bett gehen, wird Rohkost vorher oft nicht mehr vollständig verdaut.
Während frisches Gemüse und Früchte über den Tag natürlich durchaus empfehlenswert sind, liegen sie uns nachts schwer im Magen oder weiter unten, werden nicht ordnungsgemäß aufgespalten und lösen Gärungs- und Fäulnisprozesse aus. Es bilden sich Gase und sogar Alkohole. Wer einen Mitternachtsobstsalat isst, kann davon sozusagen einen Kater inklusive Kopfschmerzen bekommen.
Aber was soll dann abends auf den Teller? Fette Speisen verursachen ein »Felsbrocken im Bauch«-Gefühl, Kohlenhydrate sind als Dickmacher verschrien. Also gar nichts futtern? Das ist nur sinnvoll, wenn man abspecken möchte – hier kann das sogenannte Dinner-Cancelling tatsächlich sehr hilfreich sein. Wenn Sie sich jedoch »nur« darmfreundlich ernähren möchten, sollten Sie auf eine Kombi aus Eiweißen und Kohlenhydraten setzen.
Nehmen Sie ausschließlich Proteine zu sich, wird’s ganz schön schwer verdaulich, zu viele Kohlenhydrate wiederum werden wirklich in Fettpölsterchen umgewandelt. Und nicht nur das: Sie geben uns viel Energie zu einem Zeitpunkt, an dem wir eigentlich eher müde werden sollten. Daher ist eine Mischung aus beidem, z.B. in Form einer Suppe, ideal. Auch gedämpftes Gemüse mit Vollkornreis oder Kartoffeln (ohne üppige Sauce) schmecken dem Darm und behindern auch nicht die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin. Damit auf den guten Appetit auch eine gute Nacht folgt …
Darmgesundheit: Mindestens sieben Stunden Schlaf
Eine ungestörte Nachtruhe tut unserem Organismus gut. Wir wachen erholt auf, fühlen uns gestärkt für die zu erwartenden Herausforderungen. Schlafmangel wiederum löst gesundheitliche Probleme aus: Die Entstehung von Diabetes, Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen wird durch zu wenig nächtliche Erholung begünstigt. Wer langfristig kürzer als sechs Stunden schläft, hat ein erhöhtes Risiko, an Darmkrebs zu erkranken. Dickdarmpolypen treten bei Wenigschläfern deutlich häufiger auf. Achtung: Die gutartigen Wucherungen können zu bösartigen Tumoren entarten.
Auch unser Immunsystem – 70 Prozent der Abwehrzellen wohnen im Darm – braucht den Erholungsschlaf. Zu wenig Erholung bedeutet, dass sich die Abwehr nicht ausreichend regenerieren kann und schlechter vor Infekten schützt. Erreger haben jetzt leichtes Spiel.
Schlaf benötigt unser Verdauungstrakt aber nicht nur, um nicht krank zu werden, sondern auch für seine charakteristische Aufgabe: die Verdauung. Während Sie nachts gemütlich schlummern und äußerlich eher inaktiv scheinen, geht in Ihrem Darm nämlich die Post ab. Okay, die Schneckenpost. Aber es wird gearbeitet! Und das besonders gründlich: Da wird ausgiebig geknetet, es werden Verdauungssäfte ausgeschüttet, die Organe sind bestens durchblutet – ganz anders als zum Beispiel zur Mittagszeit. Im Darm wird aufgeräumt, der Speisebrei weiterbefördert und auch die letzten Nährstoffe daraus eingesammelt. Dass wir morgens der Toilette gern einen Besuch abstatten, ist also kein Zufall.
Schlafen wir unregelmäßig und zu wenig, kann dies nicht nur zu Verdauungsbeschwerden führen, sondern auch zu einem Mangel an bestimmten Nährstoffen. Verwöhnen Sie sich also möglichst täglich mit mindestens sieben Stunden Erholungsprogramm auf der Matratze. So sind Sie morgens wieder fit für den neuen Tag – mit rundum gutem Bauchgefühl!
Autorin: Kerstin Menzel
Quelle: Darm in 60 Sekunden erklärt
Unser Buchtipp aus der Redaktion
Darm in 60 Sekunden erklärt
Der Darm ist eine Art zweites Gehirn für unseren Körper. Seine Bedeutung als Steuerungszentrale für unsere Gesundheit kann man gar nicht hoch genug einschätzen.
Denn wie Forschungserkenntnisse erwiesen, ist der Darm nicht nur für das Körpergewicht und das allgemeine Wohlbefinden wichtig, sondern er kann der Grund für viele andere physische und psychische Störungen sein, wie etwa Depressionen, hormonelle Störungen u.v.m.
Dieses Buch erklärt auf präzise, verständliche und unterhaltsame Weise alles, was man über Darm und Darmflora wissen muss.
Quellen/Literatur
- Giulia Enders: Darm mit Charme. Alles über ein unterschätztes Organ, Berlin 2015
- Zulley, Jürgen; Knab, Barbara: Die kleine Schlafschule. Wege zum guten Schlaf, Freiburg im Breisgau 2014
- http://www.brigitte.de/gesund/gesundheit/verdauung-anregen-1188879/
- http://www.welt.de/gesundheit/article115198310/Vergessen-Sie-alle-Weisheiten- ueber-Ihre-Verdauung.html
- http://www.spektrum.de/news/extremer-ausdauersport-macht-darmdurchlaessig/ 1351136
- schrotundkorn.de/ernaehrung/lesen/201312e08.html http://www.barbara-knab.de/pdf/Knab_UBG_Essen.pdf
- http://www.welt.de/reise/article134930651/Warum-Sie-im-Flugzeug-lieber- pupsen-sollten.html