Die letzten beiden Grundsätze um die Leistung im Klettern zu steigern und erfolgreich zu werden: Trainieren Sie täglich, trainieren Sie alle Dimensionen und bleiben Sie am Ball!
Lesen Sie hier den 1. Grundsatz: Für Kondition und Kraft: Grundlagen des „Robert & Jürgen early years systems“
Grundsatz 3: Trainieren Sie täglich
Richtig: Dies steht nicht in meinen Ausführungen zur „Nichtperiodisierung“ bzw. meinem Vorschlag zur Gestaltung Ihres Master-Peak-Plans in den Kolumnen 37 bis 41 hier auf www.trainingsworld.com. Was, wenn Sie unser damaliges System, wie eingangs erwähnt, in einer Übergangs- oder Verletzungsphase nutzen möchten, jedoch nicht gilt. Dann können und sollen Sie täglich danach trainieren. Ansonsten wird dieser Grundsatz für Sie als Kletterer, der (normalerweise) Ruhetage im Wochenplan für Fortschritte nun einmal benötigt, umformuliert in:
Nutzen Sie die tägliche Trainingszeit! „Ruhetag bedeutet 2 Stunden Training!“, hieß es in meinem 5. Buch Power-Quest. Kein Geringerer als Ex-Rudernationaltrainer Andrzej Molischewski steht hinter diesen mächtigen Worten. Was damit gemeint ist? Nein! Keine harte Bouldersession und auch keine „Vernichtungseinheit“ an der Vorstiegswand. Doch mit Sauna, Massage, evtl. notwendigen physiotherapeutischen Behandlungen, oder auch propriozeptivem Training, wie Sie es hier vor allem in Kolumne #16 lernen konnten, nutzen Sie die Zeit, selbst an Ruhetagen optimal. Also: NO EXCUSES gleich zu Beginn dieses Kolumnenteils. Reservieren Sie, selbst an klettertrainingsfreien Tagen, zumindest einen Teil Ihrer Trainingszeit für Ihre „sportlichen Hausaufgaben“. Ihre Gesundheit wird es Ihnen danken.
Grundsatz 4: Integrieren Sie alle Dimensionen der komplexen Sportart Klettern!
Das bedeutet Ausdauer, Kraftausdauer, Maximalkraft, Kondition, Beweglichkeit, Koordination und … klar doch: (freundschaftliche) Wettkämpfe!
4.1 Laufen bzw. HIT-Sprinten…
…Sie ins GYM oder den Wald. Die Zeit im Auto ist absolut sinnlos vergeudete Trainingszeit. Besser: Laufschuhe oder Fahrrad! Und wie am „Robert & Jürgen early years Beispiel“ im ersten Teil dieser Kolumnenserie beschrieben: 400 Meter-Sprints mit einem Trainingspartner samt Stoppuhr? Kann Ihnen durchaus auch als Kletterer zugutekommen. Allein, was z. B. die Verkürzung der Regenerationszeiten durch die bessere Grundkonditionierung, aber auch die langfristige Optimierung der Körperzusammensetzung durch die „Sprint-Inputs“ angeht, der indirekte Erfolg ist Ihnen auf jeden Fall sicher! Das Zurückjoggen darf die Regeneration einleiten. Und auch die Ihres Kletter-Workouts.
4.2 A-Disziplinen & Wettkämpfe…
… wie ich es auch in Ihren Kolumnen zum Master-Peak-Plan beschrieb (s. #37 bis #41 hier auf www.trainingsworld.com), kannten wir damals schon. Roberts A-Stationen im Fitness-Parcours waren eindeutig die 400 Meter Sprints, welche ordentlich Power in seine Beine brachten. Weiter ging’s beim Seilklettern und auch bei Klimmzügen – glauben Sie es oder nicht – war er mir oft überlegen! Mein eigenes „Revier“ war das Hangelgerüst, aber auch bei den Liegestützen fühlte ich mich wohl und klar: In einer Disziplin darf ein freundschaftlicher Wettkampf sein, und dieser lautete bei uns meist doch: Klimmzüge.
Ziel ist es, möglichst nicht täglich den „Fight“ gegeneinander in genau den gleichen Disziplinen anzutreten. Selbst heute wähle ich, wenn möglich, andere Kletterprojekte an der Wand, als jene, welche mein Trainingspartner am selben Tag versuchen möchten. Die Zauberworte lauteten „wenn möglich“. Der Tag X oder der simulierte Wettkampftag darf selbstverständlich freundschaftlich, fair und sportlich in regelmäßigen Abständen sehr wohl eintreffen. Schließlich wollen Sie stärker werden. Und dies geht am einfachsten wie? Ein Freund demonstriert Ihnen seine Überlegenheit. Sie bleiben, wie ich damals, oft ein guter Verlierer und vor allem DRAN!
4.3 Karate…
… braucht’s nicht unbedingt zu sein. Doch wäre Kampfsport für Sie, wenn es Sie reizt, sicherlich auch ein idealer Ergänzungs- und Ausgleichssport zum Klettertraining. Übrigens boxt auch Weltcupnewcomer Max Rudigier (AUT), sofern es die Zeit neben den Kletter-Workouts zulässt. Auch der Schweizer Weltcupstar Cédric Lachat (auch auf Power-Quest.cc GOLD-Podcast 164) betreibt diese Sportart äußerst ambitioniert. Kein Scherz: Er versuchte 2012 „nebenbei“, also quasi „on Top“ zu seinen Topplatzierungen im Leadweltcup, sich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren … worin? Richtig: Boxen! Also: Kämpfen, schnell und beweglich sein, koordinative und kraftvolle Herausforderungen meistern und gewinnen, das sind alles Werte, die Ihnen auch im Klettersport in den nächsten Level verhelfen können. Und: Das Selbstbewusstsein wird es Ihnen doppelt danken – dafür garantiere ich!
4.4 Maximalkraft…
… benötigen Sie natürlich für den Klettersport, nicht nur fürs Bouldern, und Sie bekommen sie. Gerade als Einsteiger ist es jedoch nicht notwendig, unter 5 Wiederholungen bzw. Kletterzügen und somit in extrem kurzen und aggressiven Boulderprojekten zu trainieren. Das Risiko eines Rückschlags und einer längeren Kletterpause „dank“ einer Fingerzerrung oder Überbelastung ist einfach zu groß. Einzige Ausnahme: Ihr momentanes Kraftniveau erlaubt Ihnen in verletzungssicheren Übungen (z. B. Klimmzügen) nur 3 Wiederholungen. Dann können Sie sich, entsprechendes Aufwärmen vorausgesetzt, aufgrund der noch zu entwickelnden Grundkraft auch kaum verletzen.
Doch ansonsten gilt, was sich auch in meinem Ausführungen zu Ihrem Master-Peak-Plan (Kolumnen 37 bis 41), hier auf www.trainingsworld.com widerspiegelt: Auch über hochvolumiges Training gelangen Sie zu Qualität, und zwar ohne sich zu verletzen oder Ihren Bewegungsapparat zu überlasten. Sie werden sehen: Lassen Sie einfach die Trainingsjahre für sich „arbeiten“, indem Sie dranbleiben, Spaß haben und … stark und stärker werden!
Grundsatz 5: Bleiben Sie dran
Die Aussagen meines Trainers Gerhard Salchegger kennen Sie bereits aus meinen soeben erwähnten Kolumnen über die Nicht-Periodisierung (Kolumnenserie 37 bis 41) hier auf www.trainingsworld.com. Was sich nun für mich auch im Hochleistungssport beweist, war bereits damals die Essenz unserer Langfristmotivation. Glauben Sie mir: Starten Sie und wechseln Sie niemals ein System, das Ihnen nicht immer – aber vielleicht schon bald immer öfter – den süßen Erfolg der persönlichen Rekorde beschert!
Und last, but not least: An den Wochenenden und an Feiertagen, wann immer möglich, eine zusätzliche ½ Einheit einplanen! ½ Einheit? Sie haben es auch meinen Angaben im Tagesjournal meiner Jugend erkannt: 2 Stunden Training mit Trainingspartner und noch einmal ca. 1 ½ Stunden Zeit alleine zuhause trainierend waren für den Sport reserviert. Samt der Sprints unter Tags (2-mal zum Lehrbetrieb und zurück) kam ich auf recht genau 4 Stunden Trainingszeit. Ich weiß, es mag in der heutigen „Quick fix Fitnesswelt“ utopisch klingen, vielleicht auch für Sie. Menschenmöglich ist aber vieles. Und wie in Teil 1 dieser Kolumnenserie erwähnt: Was Ihnen nun möglich ist, bzw. bislang als völlig unnahbar schien … Ich freue mich, wenn ich Ihnen mit dieser XL-Serie vermutlich einige neue Horizonte, in Bezug auf „NO EXCUSES“ geöffnet habe.
Fazit
Mein Tipp statt fauler Ausreden: Machen Sie sich lieber mein Lieblingsmotto zu eigen: „ALLES GEHT!“
Und wie Teil 4 dieser Kolumnenserie, schließe ich auch diesen finalen Artikel mit einem Zitat, einfach zum nachdenken, ab:
„Die chinesischen Kunstturner trainieren 8 Stunden pro Tag. 6 Tage pro Woche. Der 7. Tag, der „Ruhetag“? Da gibt’s „nur“ 3 Stunden Krafttraining. Vormittags ab 7 Uhr Joggen, brutales Krafttraining und einzelne Kraftelemente der Turnübungen. Vormittags Geräteübungen. Nach 3 Stunden Pause mit Essen und Power-NAP gibt’s nachmittags noch das Training der neuen Elemente. Die Chinesen sind die Weltspitze weil sie mehr und härter trainieren.“ Ex-Weltcupturner und Kunstturntrainer am Olympiazentrum Dornbirn, Luboš Matera in www.Power-Quest.cc GOLD Sendung 16
… UND gleich noch einem zweiten Podcasttipp. Denn klar: 8 Stunden im Boulderraum sind selbst bei Topkletterern eine absolute Seltenheit. Dies meinte in www.Power-Quest.cc Podcast 384 (Gold) kürzlich auch Sebastian Halenke, seines Zeichens jüngster Deutscher Sportklettermeister aller Zeiten. Aber dennoch … hören Sie exakt hin! Auch in seinen Aussagen werden Sie quasi alle meine hier beschriebenen Grundsätze noch einmal nachvollziehen und evtl. danach noch optimaler, in Ihren Master-Peak-Plan integrieren können!
Viel Spaß beim Umsetzen und (smarter, umfangreicher und intensiver) Trainieren und bis bald hier auf www.trainingsworld.com!
Jürgen Reis mit Nikolai Janatsch