Intervalltraining HIT – die Dosis macht das Gift!

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Dem Intervalltraining gelang in den letzten Jahren eine Art „Renaissance“. Waren lange Zeit Trainingsempfehlungen bei Freizeitsportlern eher auf moderates Ausdauertraining konzentriert, wandelte sich das Bild in den letzten Jahren.

Zunehmend wurden Studien zum Intervalltraining aufgegriffen und die Trainingsempfehlungen für Triathleten, Freizeitsportler und Abnehmwillige geändert. Mittlerweile scheint das Intervalltraining das Mittel der Wahl zu sein, wenn es darum geht in möglichst kurzer Zeit möglichst viel zu erreichen. Aber ist das wirklich so? Wie sehen mögliche „Nebenwirkungen“ aus? 

In den letzten Jahren häuften sich Studien und wissenschaftliche Publikationen zum hochintensiven Intervalltraining (HIT). Auch in Fachzeitschriften für Freizeitsportlern wurden viele dieser Studien zitiert, bei denen dem kurzen und intensivem HIT sehr positive Wirkungen in Bezug auf die Grundlagenausdauer zugeschrieben wurden. Gerade berufstätigen Menschen wird dabei immer wieder suggeriert, fehlende Trainingszeit durch dieses kurze und dafür sehr harte Training ersetzen zu können. Es fehlt Dir Zeit? Trainiere einfach intensiver! – Kann die Trainingsformel für erfolgreiches Training so einfach sein? Ich meine nein! Wie so oft macht die Dosis das Gift und es zählt, dass Trainingsinhalte auf den einzelnen Sportler abgestimmt werden. Das prophetenhafte Lobpreisen einer neuen bzw. wiederkehrenden Trainingsmode sollte skeptisch stimmen. Qualitativ hochwertiges Training muss sich immer an den Bedürfnissen des einzelnen Sportlers orientieren. 

Intervalltraining – aus der Praxis geboren 

Fachsprache leicht gemacht:

Intervalle – Abschnitte im Training, die mit besonderen Inhalten gefüllt werden

Anaerobe Schwelle – Punkt in der Laktatkurve, an dem sich die Laktatproduktion und der Laktatabbau noch die Waage halten

Emil Zatopek, dreifacher Olympiasieger im Laufen über die Marathondistanz sowie über 5000 bzw. 10000 Meter, trainierte nach der Intervallmethode. Dabei wechselten sich bei ihm kurze, sehr intensive Belastungen mit aktiven Pausen ab. Anpassungen scheinen bei dieser Trainingsmethode sowohl im Bereich der hohen Belastungen als auch in der Grundlagenausdauer erreichbar zu sein. 2 in 1 sozusagen – ein Training mit Mehrwert? Entscheidend scheint zu sein, dass eben in der Intervallpause alle energieliefernden Systeme auf „Volllast“ laufen und so durch die hochintensive Lastphase auch Anpassungen auf den aeroben Fettstoffwechsel und die Grundlagenausdauer erreicht werden können. Hinzu kommt, dass in der Intervallpause trotz abfallender Herzfrequenz die Sauerstoffaufnahme weiter ansteigt, so dass das Schlagvolumen weiter ansteigt. Das ergibt eine besondere Reizwirkung auf das Herz. 

HIT – mehr Training in weniger Zeit? 

In verschiedenen Studien wurden HIT-Programme mit kurzen Intervallen bis hin zu längeren Intervallabschnitten bei einer sehr hohen Intensität auf Ihre Wirkung hin untersucht. Gerade in Ballsportarten scheinen derartige Programme sowohl bei den Spielern besser akzeptiert als auch in ihrer Wirkung dem Training in der extensiven Dauermethode überlegen zu sein. Wurde früher das intensive Training mit einer möglichen „Zerstörung“ der Mitochondrien – den „Energiezellen der Muskeln“ in Verbindung gebracht, muss diese Meinung revidiert werden. Die anaeroben Trainingsinhalte in Verbindung mit hohen Laktatkonzentrationen schädigen die Mitochondrien nicht. 

Stattdessen kann das intensive Training auch die Funktion und die Leistungsfähigkeit in Bezug auf die oxidativen Kapazitäten erhöhen. Laktat selbst scheint dabei das verstärkende Signalmolekül zu sein. Die Anpassungen an ein Intervalltraining scheinen zum Teil also mit denen eines aeroben Dauertrainings vergleichbar zu sein1. 

Bringt weniger mehr? 

Gerade der geringere Zeitaufwand bei ähnlichen Effekten wird immer wieder als größter Vorteil eines Intervalltrainings im Vergleich zur Dauermethode gesehen. Berufstätige Menschen sollen so in geringer Zeit große Effekte erzielen können. Allerdings muss man hier auch direkt korrigierend gegenhalten, dass 3 Stunden Intervalltraining sicher nicht die Voraussetzungen für einen Marathonlauf schaffen. Wenn Sie ein Ziel mit langer Wettkampfstrecke verfolgen, müssen Sie unbedingt auch lange Trainingseinheiten umsetzen. Neben den genannten metabolischen Anpassungen müssen eben auch passive Strukturen wie Knochen, Sehen und Bänder widerstands- fähiger werden. Anpassungen des Nervensystems und auch einige Anpassungen des Herz-Kreislaufsystems erfordern ebenfalls auch moderates Training nach der Dauermethode mit rein aeroben Trainingsbelastungen.

Lesen Sie weiter in Teil 2 Intervalltraining HIT – welche Intervallformen gibt es?

Literatur: 

1. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 2013, Bd. 64 (11). S. 318-319. 

2. Sports Medicine, 2002, Bd. 32 (1), S. 53–73.

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Über den Autor

Dennis Sandig arbeitete als Sportwissenschaftler am Institut für Sportwissenschaften der Julius-Maximilians Universität in Würzburg. Aktuell ist er bei der Deutschen Triathlon Union als Wissenschaftskoordinator und Referent für Bildung zuständig, sowie für das umfassende Aus- und Fortbildungsprogramm für Coaches im Triathlon.

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