Bewegungen analysieren und kategorisieren

0

Wer mit Sportlern arbeitet weiß, dass es nicht immer einfach ist, bestimmte Übungen beizubringen. Beispielsweise sind komplexe Bewegungen wie die Kniebeuge, von einem Optimum an Beweglichkeit, Kraft und Stabilität abhängig.

Gray Cook, Physiotherapeut, Bewegungswissenschaftler und Autor, stellte beim Functional Training Summit letztes Jahr in München zum ersten Mal persönlich seinen Ansatz zur Bewegungsanalyse vor. Dabei schaffte er es nicht nur, den von ihm entwickelten Test zum Erkennen von falschen Mustern vorzustellen, sondern gleichzeitig den Zuhörern ein ganz neues Bewusstsein für Bewegungsverhalten mit auf den Weg zu geben. Klar ist, dass viele Menschen auch ohne Trainer fit werden können. Geht es jedoch darum das Bewegungsverhalten zu optimieren, Verletzungen, Abnutzungen und Überlastungen zu vermeiden, ist ein optimiertes Bewegungsverhalten grundlegend wichtig. Für Trainer sind dann objektivierbare Daten eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für das Erstellen eines Trainingsprogrammes. 

Der Functional Training Summit im vergangenen Jahr zeigte vor allem eins: der Input aus den USA ist für viele Trainer enorm wichtig. So wichtig, dass mehr als 150 Teilnehmer die Gelegenheit nutzten und den Bewegungsspezialisten am Tag vor dem Beginn der Veranstaltung auf einer „Preconference“ mehr als 3 Stunden folgten. Was ihnen da geboten wurde, war im Grunde genommen nichts bahnbrechend neues. Bereits vor über 10 Jahren entwickelte Cook gemeinsam mit seinen Weggefährten Lee Burton, Kyle Kiessel und anderen einen Bewegungstest. 

Bewegungen analysieren 

Wenn Sie als Trainer oder Therapeut einen Trainingsplan entwickeln, orientieren Sie sich an den Schwachstellen, den Zielen und den Bedürfnissen Ihres Klienten. Schon seit Jahren gibt es Testmethoden, die es erlauben die Stabilität, die Flexibilität oder die Kraft bestimmter Muskeln zu beurteilen. All diesen Tests gemeinsam ist die Tatsache, dass es vorkam, dass die erkannten Defizite nicht unbedingt zu einer Verbesserung komplexer Muster führten. Genau hier setzten Gray Cook und seine Mitarbeiter an. Sie erkannten, dass das isolierte Betrachten eines Muskels nicht in das Bild der komplexen Abläufe während einer Bewegung passt. So erkannte er, dass bestimmte Bewegungen nicht unbedingt durch verkürzte oder zu schwache Muskulatur beeinflusst werden. Hier scheint oftmals die nicht optimale Fähigkeit, die Muskulatur ansteuern zu können, Effekte auszulösen. Der Motocortex in der Großhirnrinde ist ein wichtiger Faktor im Entstehen von Bewegungen. 

Bewegungen kategorisieren 

Der Functional Movement Screen bietet die Möglichkeit Bewegungen zu beurteilen und darauf aufbauend Trainingsinhalte ab- zustimmen. Cook legte dabei wert auf die Tatsache, dass Sportler nicht einem „Overcoaching“ ausgesetzt werden dürfen. Das bedeutet, dass die Bewegungen durch Beschreiben an den Sportler weitergegeben werden. Ohne jedoch zu viel zu reden. Das „Erfahren“ und „Spüren“ durch den Sportler ist dabei die zentrale Maßgabe an alle Trainer. Nicht das reine Erfassen von Bewegungen ist das Ziel eines FMS, sondern das Kategorisieren von Bewegungen. Der FMS ist eben ein Schnelltest für die erste Sichtung. 

FMS als Hilfsmittel 

Wichtig zu verstehen ist, dass der Functional Movement Screen zwar von den Übungen her einfach aussieht. Gleichzeitig liefert er jedoch sehr komplexe Informationen. Dennoch kann der FMS immer nur ein Beitrag und Informationsgewinn im komplexen Prozess die Trainingsplanung zu erstellen. Kraft und Beweglichkeit für sich alleine genommen sind nicht mit Bewegung gleichzusetzen. Genau hier liefert der FMS die tiefer gehenden Informationen. Fitness und Gesundheit ist nach diesem Verständnis also nicht allein von gutem Aussehen und schönen Muskeln geprägt. Bei genauer Analyse zeigt sich oftmals sogar, dass sich schöne Körper nicht besser bewegen. Gesundheit und Unversehrtheit sind jedoch höher zu bewerten als Schönheit und Optik. Insbesondere technische Spielereien wie elektrische Muskelstimulation und Vibrationstraining sind unter diesen Gesichtspunkten kritisch zu sehen. Allerdings fügt Cook an, dass im Einzelfall auch derartige Trainingsformen durchaus sinnvoll sein können, wenn beispielsweise aufgrund von schweren Erkrankungen wie Rheuma oder Lähmungen Bewegung gar nicht anders ausgeführt werden können.

 

Lesen Sie weiter in Teil 2 „Wie Sie Ihr Training mit funktionellen Bewegungssystemen optimieren„.

 

Lesen Sie auch:

Grundlegende Inhalte und Prinzipien eines Functional Trainings

Teilen

Über den Autor

Dennis Sandig

Dennis Sandig arbeitete als Sportwissenschaftler am Institut für Sportwissenschaften der Julius-Maximilians Universität in Würzburg. Aktuell ist er bei der Deutschen Triathlon Union als Wissenschaftskoordinator und Referent für Bildung zuständig, sowie für das umfassende Aus- und Fortbildungsprogramm für Coaches im Triathlon.

Leave A Reply