Das „richtige“ Laufen ist komplex, denn bei jedem Fußaufsatz müssen verschiedenste Strukturen das eigene Körpergewicht abfangen und wieder beschleunigen, der gesamte Körper ist im Einsatz.
Einen Fuß vor den anderen setzen. Das ist Laufen. Das ist Laufen ganz einfach ausgedrückt. Den Fuß flach unterhalb des Körperschwerpunkts mit 90 Gradwinkel des Unterschenkels zum Boden aufsetzend, dabei die Hüfte aufgerichtet, die Arme seitlich des Körpers schwingend und den Kopf in aufrechter Position haltend, dann den Körper über den Körperschwerpunkt manövrieren indem das Standbein etwas mehr beugt, anschließend fließend in die Streckung übergehend usw. – das ist Laufen kompliziert ausgedrückt.
Vier Punkte für eine bessere Lauftechnik
Dass es sinnvoll ist, sich mit der richtigen Laufbewegung auseinanderzusetzen merken viele Sportler leider erst, wenn Verletzungen auftreten. Eine Verbesserung der Lauftechnik zielt im Wesentlichen auf zwei Dinge ab: das Verletzungsrisiko zu reduzieren und die Laufökonomie zu erhöhen (und damit schneller zu laufen).
Mit diesen vier Fokuspunkten können Sie Ihre Lauftechnik verbessern:
1. Fußaufsatz
In der Literatur finden sich verschiedene Definitionen für den Mittelfuß-Laufstil. Für mich bedeutet Mittelfuß, dass der Fuß flach und fast zentral unterhalb des Körperschwerpunkts aufsetzt, der Unterschenkel dabei senkrecht zum Boden steht und der Kniewinkel offen ist (leicht gebeugt). Dieser Laufstil gilt als gelenkschonend und ökonomisch, da keine lange Bremsphase vor dem Körperschwerpunkt stattfindet (anders als beim Fersenlaufstil) und die Bewegungsenergie gleich in Bewegungsrichtung umgesetzt werden kann. Der Vorteil dieses Laufstils liegt besonders in der vorgespannten Muskulatur, die das Körpergewicht abfangen kann und somit die Gelenke entlastet. Gleichzeitig wird die Bodenkontaktzeit verkürzt. Eine leichte Oberkörpervorlage unterstützt die Beinbewegung und begünstigt das Landen auf dem Mittelfuß.
TIPP: Verbessern Sie Ihren Fußaufsatz durch Übungen aus dem Lauf-ABC, wie die Prellhopser, Skippings, Wechselsprünge, Sprungläufe. Übungen hierzu finden Sie hier.
2. Schrittfrequenz und Schrittlänge
Die Geschwindigkeit des Laufens setzt sich aus Schrittfrequenz mal Schrittlänge zusammen. Studien konnten zeigen, dass eine optimale Schrittfrequenz zwischen 170 bis 190 pro Minute liegt. Die Schrittfrequenz sollte bei jedem Lauftempo in diesem Bereich liegen, die Schrittlänge passt sich der Geschwindigkeit an. Gleichzeitig reduziert sich bei höherem Lauftempo die Bodenkontaktzeit (die Dauer vom ersten Berühren des Fußes auf dem Boden bis zum Verlassen).
TIPP: Zählen Sie beim nächsten Dauerlauf eine Minute lang jeden Fußaufsatz mit dem linken Fuß. Multiplizieren Sie diesen Wert Mal zwei, so erhalten Sie die Schrittfrequenz. Passen Sie diese ggf. an. Nutzen Sie hierzu auch das Intervalltraining und achten Sie stets auf eine hohe Schrittfrequenz von 170-190 pro Minute.
3. Rumpfstabilität
Eine starke Bauch-und Rückenmuskulatur ist entscheidend, um in der Stützphase die Balance zu halten, die Bewegung nach vorne zu unterstützen und somit Fehlbelastungen zu vermeiden. Bei schlecht ausgeprägter Muskulatur kommt es in dieser Phase häufiger zum sogenannten „Sitzen“, dem Absinken des Beckens nach hinten-unten, oder auch zu einem starken Abknicken des Beckens zur Spielbeinseite.
TIPP: Kräftigungstraining mit dem eigenen Körpergewicht gehört in den Alltag eines jeden Läufers. So können die vielfältigsten Verletzungen vermieden und die Laufökonomie erhöht werden. Effektive Übungen sind alle Variationen des Stütz (Unterarm- oder Seitstütz), Sprünge, Crunches, Lunges, usw. Die Effektivität und Vielfalt der Übungen können durch Kleingeräte wie TRX, Hanteln, Balancepad, Miniband, Flexibar usw. erhöht werden.
4. Armhaltung
Die Arme wirken beim Laufen bewegungsunterstützend. Sie schwingen gegengleich mit und erhöhen somit die Stabilität. Es ist darauf zu achten, dass die Hauptbewegung aus der Schulter kommt und sich der Ellenbogenwinkel nur geringfügig verändert. Beim Rückschwingen des Armes sollte das sogenannte „Läuferdreieck“ entstehen, das sich aus Oberarm, Unterarm und Taille bildet. Die Hand schwingt bis Hüfthöhe zurück. Die Schultern geben eine Richtung nach hinten-unten vor. Ein starkes Überkreuzen der Arme vor dem Körper sollte vermieden werden.
TIPP: Kontrollieren Sie Ihre Armhaltung, indem Sie beim Dauerlauf immer wieder für mehrere Minuten mit einem bewussten Armschwung laufen. Ist ihr Ellenbogenwinkel zu offen (zu groß), so können Sie sich mal für wenige Minuten ein Stöckchen zwischen die Ellenbogenbeuge legen.
Ein ausgeglichenes, ganzheitliches Lauftraining umfasst regelmäßige Technikeinheiten und Kräftigungsübungen, die während oder nach einer Laufeinheit ausgeführt werden können. So können Verletzungen reduziert werden und die Laufökonomie erhöht werden. Zudem kann mit regelmäßigem Arbeiten mit der BlackRoll die muskuläre Spannung reduziert werden. Ein Video hierzu finden Sie hier.
Laufen ist eine den gesamten Körper ansprechende Bewegung, die dem Gehen vom Prinzip her sehr nahe ist. Dennoch sollte das Laufen „gelernt“ werden, denn die Belastungen steigen mit der Erhöhung der Geschwindigkeit an. Wer an seiner Lauftechnik arbeitet wird langfristig mit mehr Freude und Gesundheit die Laufschuhe schnüren!
Ingalena Heuck
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